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  • 19.6.2025

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Transkript
00:00In Mönchengladbach wird eine zerstückelte Leiche gefunden.
00:18Die Identität des Toten ist unbekannt, die Polizei steht vor einem Rätsel.
00:22Warum musste ein Mensch auf so grausame Weise sterben?
00:25In Niedersachsen fahndet Hauptkommissar Uwe Breuer über zehn Jahre nach einem Serienmörder.
00:32Und findet schließlich heraus, dass der Täter im Auftrag einer Frau getötet haben will, weil er ihr hörig war.
00:40In Holzminden suchen die Ermittler nach Holger K. Der 35-Jährige ist spurlos verschwunden.
00:47Seinem Chef scheint er ohnmächtig ausgeliefert zu sein, wird angeblich gedemütigt und misshandelt.
00:53Steckt auch hier ein Verbrechen dahinter?
00:5520. Februar 1984
01:15In den Morgenstunden dieses kalten Wintertages machen Mitarbeiter des Buntengartens in Mönchengladbach eine fürchterliche Entdeckung.
01:23Am Wegesrand finden sie die Überreste eines menschlichen Körpers.
01:27Klaus Irgang, ehemaliger Leiter des Kriminalkommissariats 11 und inzwischen Pensionär, erinnert sich noch gut an diesen Tag.
01:35Mit gerade einmal 27 Jahren beginnt hier sein erster Fall, bei dem er zunächst allein die Ermittlungen aufnimmt.
01:45Als ich dann hier ankam, habe ich links und rechts neben dem Weg tatsächlich verschiedene Leichenteile gesehen.
01:51Man konnte auch sofort erkennen, dass Extremitäten wie ein Fuß zu erkennen war, dass auch ein Schädel zu erkennen war.
01:59Allesamt waren sie gefroren, was nicht zu erklären war mit der Wettersituation der vergangenen Nacht.
02:07Wurde der Körper vielleicht in einem Kühlhaus oder einer Kühltruhe zwischengelagert?
02:12Für den Kommissar klingt die Vermutung plausibel.
02:16Ob es sich bei der Leiche um einen Mann oder eine Frau handelt, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar.
02:20In der Nähe des Ablageortes macht die Polizei aber noch eine weitere ungewöhnliche Entdeckung.
02:27In den Sträuchern liegen zahlreiche Plastikdosen.
02:31Im Nachgang gezählt waren es etwa 40.
02:34Der Inhalt war nicht länger zu definieren, was es war.
02:39Die waren ebenfalls komplett durchgefroren, sodass wir auch davon ausgehen konnten,
02:43dass sie offensichtlich gemeinsam mit den Leichenteilen dort abgelegt worden sind.
02:47Der Fund im Bunten Garten wirft viele Fragen auf.
02:51Der Zustand der Leichenteile spricht dafür, dass die Tatausübung viel Zeit in Anspruch genommen hat.
02:57Zur eigentlichen Auffindesituation scheint das allerdings nicht zu passen.
03:01Es hat den Anschein, als wären sie so im Vorbeigehen nach links und rechts abgelegt worden,
03:07gar nicht weit weg vom eigentlichen Weg.
03:10Also auf keinen Fall lagen sie versteckt.
03:13Es folgt die Analyse in der Rechtsmedizin.
03:16Ergebnis? Alle Leichenteile stammen von einem einzigen Mann.
03:21Die Plastikdosen offenbaren zudem ein makabres Detail.
03:25In ihnen befinden sich ebenfalls menschliche Überreste.
03:29Doch bald laufen die Ermittlungen hier in eine Sackgasse.
03:33Bei der Untersuchung in der Rechtsmedizin konnten die Rechtsmediziner nicht mehr feststellen,
03:40wie lange der Mann schon tot war und woran er letztlich gestorben ist, was die Todesursache war.
03:47Das war nicht mehr feststellbar, weil der durchgehende tiefgefrorene Zustand diese Rückschlüsse nicht mehr zuließ.
03:54Die kriminaltechnische Untersuchung der Plastikgefäße dagegen liefert ein wichtiges Indiz.
04:02Auf einer Dose wurde ein Fingerabdruck einer unbekannten Person gefunden.
04:08Diese Person war in der Phase für uns wichtig, weil wir davon ausgingen,
04:14dass diese Person zumindest bei der Entsorgung der ganzen Dosen anwesend war und diese Dose in der Hand hatte.
04:22Könnte diese Person ein Zeuge oder sogar ein möglicher Tatverdächtiger sein?
04:27Bedauerlicherweise kann die Polizei die Spur niemandem zuordnen.
04:31Kommissar Irrgang stellt sich derweil eine andere Frage.
04:35Wer ist das Opfer?
04:36In erster Linie ging es für uns in der Arbeit darum, festzustellen,
04:44können wir diesen Menschen überhaupt noch identifizieren, um sein Schicksal in irgendeiner Form zu ermitteln.
04:53In der Rechtsmedizin wurde dann festgestellt, dass bei den Leichenteilen, die im Park gefunden wurden,
05:01auch die Hände des Mannes waren.
05:03Die Polizei sichert die Fingerabdrücke des Toten und gleicht diese ab mit den internen Archiven des BKA.
05:13Und von da ist die Mitteilung gekommen, dass es sich halt um den Hans-Josef W. handelt,
05:21dessen Fingerabdrücke beim Bundeskriminalamt wegen kleinerer Straftaten entsprechend gespeichert waren.
05:28Kommissar Irrgang kontaktiert nun die Angehörigen des Mannes.
05:33Hans-Josef W. hatte seit gut einem Jahr keinen Kontakt mehr zur Familie.
05:41Das war für die Familie aber auch nicht ungewöhnlich, weil er keinen festen Wohnsitz hatte
05:47und lockeren Kontakt zu Freunden und Bekannten hier.
05:52Durch die Angaben der Familie und auch der Freunde haben wir dann einen Hinweis darauf bekommen,
05:59dass Hans-Josef W. eine Freundin hatte, mit der er sich häufiger getroffen hat.
06:05Bei der Frau soll es sich um seine Geliebte handeln, eine gewisse Martina.
06:10Den Nachnamen der Frau kennt die Familie nicht.
06:13Eine Besonderheit über sie ist allerdings in Erinnerung geblieben.
06:17Martina soll eine Schlange besitzen.
06:19Für Schlangen braucht man spezielles Lebensfutter und dann haben wir die entsprechenden Zoo-Geschäfte abgeklappert
06:30und haben da letztlich über ein Geschäft, wo regelmäßig Futter gekauft wurde von Martina Z.,
06:37die Anschrift bekommen und konnten die so auch aufsuchen in ihrer Wohnung.
06:41Vielleicht kann sie Auskunft darüber geben, mit wem Hans-Josef W. im letzten Jahr Kontakt hatte.
06:48Zu Klaus-Ehrgangs Überraschung ist Martina Z. verheiratet und hat zwei Kinder.
06:53Das war eine elegante, gut aussehende junge Frau, die Familie hatte.
06:58Und das passte grundsätzlich nicht zu Hans-Josef W., der völlig anders auch in seinem äußeren Erscheinungsbild war.
07:06Zur weiteren Befragung nehmen die Ermittler das Ehepaar mit auf die damalige Polizeidienststelle.
07:13Um die beiden als Tatverdächtige auszuschließen, werden sie erkennungsdienstlich behandelt.
07:19Dazu gehört auch das Abnehmen von Fingerabdrücken.
07:22Was heute dank digitaler Technik nur wenige Minuten dauert, war 1984 noch mühsame Handarbeit.
07:29Hartmut Beiß, Leiter der KTU in Mönchengladbach, erklärt, wie seine Kollegen damals vorgegangen sind.
07:36Da war das Problem, dass wir nur Zählennadeln in der Lupe zur Verfügung hatten.
07:40Zählennadeln sind im Prinzip zwei wie so kleine Schraubenzieher von der Größe her,
07:46dass man von Papillarleiste zu Papillarleiste zählen kann, wo sich die anatomischen Merkmale befinden.
07:53Weil wir müssen ja schauen, wo befinden sich diese Individualisierungspunkte.
07:57Dann kommen wir nachher zum Ergebnis, die Spur ist von dieser Person verursacht.
08:01Zu 100 Prozent. Ohne Wenn und Aber. Mit absoluter Sicherheit.
08:07Die Fingerabdrücke der Eheleute vergleichen die Ermittler mit der bislang unbekannten Spur auf dem Plastikgefäß.
08:14Zu unserer aller Überraschung passte dann tatsächlich Martina Z. Fingerabdruck zu dem an der Kunststoffdose gefundenen Fingerabdruck.
08:23Für den Kommissar steht fest, Martina Z. muss die Dosen in der Hand gehabt haben.
08:30Ist das nur ein Zufall oder steckt doch mehr dahinter?
08:33Was hat diese Frau mit der Tötung ihres Geliebten zu tun?
08:371994. Ein Waldparkplatz bei Lutterberg in Niedersachsen. Es ist Sommer.
08:53Von der Straße aus bemerkt ein Autofahrer einen Feuerschein.
08:57Er parkt seinen Wagen und macht einen ungeheuerlichen Fund.
09:01In einem Graben liegt eine bis zur Unkenntlichkeit verbrannte männliche Leiche.
09:04Sofort ruft er die Polizei.
09:08Kriminalhauptkommissar Uwe Breuer übernimmt den Fall.
09:11Für ihn ist schnell klar, der Unbekannte wurde nicht an dieser Stelle umgebracht.
09:16Wir haben festgestellt, dass der Leichnam in Teppichreste eingewickelt gewesen ist,
09:21dass er stark verbrannt war.
09:22Man konnte daraus schließen, dass der Tatort nicht hier gewesen ist.
09:27Und dass der Täter oder die Täter versucht haben, möglichst große großflächige Spuren zu verwischen,
09:32um zu verhindern, dass die Identität des Toten festgestellt werden kann.
09:37Neben der Leiche findet man ein Taschentuch mit DNA-Anhaftungen.
09:41Könnte dieser Gegenstand die Polizei auf die Spur des Mörders führen?
09:45Schnell stellt sich jedoch Ernüchterung ein.
09:47Die DNA lässt sich keiner Person zuordnen.
09:50Täter und Opfer bleiben Phantomen.
09:52Ein halbes Jahr später, rund 70 Kilometer vom ersten Leichenfundort entfernt.
09:59Die Kripo wird erneut zu einer männlichen Brandleiche gerufen.
10:03Dieses Mal findet man das Opfer in einem Straßengraben.
10:07Also auffallend war, dass beide Leichnamen ja stark verbrannt sind im oberen Körperbereich,
10:13auch der Kopfbereich dieser Leiche.
10:14Die Leiche war im Graben abgelegt.
10:17Und als Besonderheit kann man sagen, dass eine Plastiktüte über den Kopf gezogen war.
10:19Trotz der schweren Verbrennungen ist es möglich, Rückschlüsse auf die Identität des Toten zu ziehen.
10:27Teile des Fädels waren noch erhalten.
10:29Und man hat dann mit wissenschaftlichen Methoden versucht, den nachzuformen.
10:33Und dann eben auch das Gesicht zu rekonstruieren, abzufotografieren und natürlich veröffentlichen,
10:39um zu sehen, gibt es jemanden.
10:43Selbst aus verwesten oder verbrannten Leichen können Gesichter rekonstruiert werden.
10:48Markante Gesichtsmerkmale sind von der Schädelform vorgegeben.
10:53Eine Gesichtsrekonstruktion kann sich dem Original nur annähern,
10:56dieses aber nie zu 100 Prozent darstellen.
11:01Mithilfe dieser Rekonstruktion erhofft sich die Polizei einen neuen Ermittlungsansatz.
11:06Aber niemand meldet sich.
11:09Kommissar Breuer allerdings gibt nicht auf.
11:12Denn Mord verjährt nie.
11:1313 Jahre später kommt Bewegung in den Fall.
11:19In Bodenfelde in Niedersachsen, knapp 40 Kilometer vom ersten Leichenfundort entfernt,
11:25streitet sich Hausbesitzerin Lydia L. mit ihren Nachbarn.
11:29Es geht um die Grundstücksgrenzen.
11:31Weil auch Beleidigungen fallen, wird die Polizei eingeschaltet.
11:34Die Ermittler laden Siegmund S., genannt Siggi, als Zeugen vor.
11:40Er darf im Gartenhaus von Lydia L. kostenlos wohnen.
11:44Weitere Befragungen im persönlichen Umfeld der beiden zeichnen ein seltsames Bild.
11:50Nicht nur finanziell ist der arbeitslose Mann von der ehemaligen Prostituierten abhängig.
11:55Er wird von ihr für niedere Arbeiten ausgenutzt.
11:58Sie behandelt ihn wie einen Diener.
12:00Es war immer eindeutig, so der Tino, dass er ihr Gehilfe war, ihr Lakai.
12:06Er hatte keine Möglichkeit, so hat es auch geschildert, sich ihr zu entziehen.
12:09Er hatte kaum Möglichkeiten, sich ihr zu widersetzen.
12:13Er hatte auch Angst, diese Geborgenheit, die es im gewissen Sinne für ihn ja war, aufzugeben,
12:19indem er etwas nicht tut, was sie möchte.
12:21Es war ein sehr gespaltenes Verhältnis, muss ich sagen.
12:24Und er hat trotz aller Bedenken, die er auch in dieser Beziehung festgestellt hat, versucht, sich von ihr zu lösen.
12:33Aber das ist mir nicht gelungen.
12:35Die Ermittler nehmen SIGS mit aufs Revier.
12:38Doch anstatt sich zum harmlosen Nachbarschaftsstreit zu äußern, offenbart er den Beamten etwas Unfassbares.
12:44Er sagte gleich zu Beginn der Vernehmung, wenn wir hier fertig sind, dann klicken die Handschellen.
12:51Ich habe ihn dann gefragt, was er sagen möchte.
12:53Und er sagte, er möchte den Mord an drei älteren Herren bestehen, die er im Auftrag von Lydia E. umgebracht habe.
13:00Welch riesiges Ausmaß diese Mordserie letztlich haben wird, ahnt der Kommissar zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
13:14Mönchengladbach. Im Februar 1984 findet man im Stadtpark Bunter Garten die sterblichen Überreste von Hans-Josef W.
13:24Seine Leiche wurde zerstückelt, tiefgefroren und zum Teil in Plastikdosen gefüllt.
13:29An einem der Gefäße sichert die Polizei einen Fingerabdruck.
13:33Sie finden heraus, dieser Fingerabdruck gehört Martina Z., der Geliebten des Opfers.
13:39Die Frau ist allerdings verheiratet und hat Familie.
13:42Für Klaus Irgang steht fest, Martina Z. muss mit den Dosen hantiert haben.
13:48Was hat sie mit der Tötung ihres Geliebten zu tun?
13:51Zunächst jedoch rückt ihr Ehemann in den Fokus der Ermittlungen.
13:55Motivlage für den Ehemann ist natürlich vordergründig die Eifersucht, dass er den Liebhaber seiner Frau möglicherweise getötet hat.
14:05Das war nach dem, was wir zu dem Zeitpunkt schon an Feststellungen hatten, für uns eher erklärbar.
14:14Die Polizei durchsucht die Wohnung.
14:18Hier findet sie eindeutige Beweise dafür, dass nicht nur der Mann, sondern auch Martina Z. an der Entsorgung der Leiche beteiligt gewesen sein muss.
14:26Im Schlafzimmer der Wohnung wurde im Kleiderschrank eine Tüte mit Bekleidung von Hans-Josef W. gefunden.
14:34In einer Vitrine wurden in einer Schmuckdose die Zähne von Hans-Josef W. gefunden.
14:40Und in einer üblichen Tiefkühltruhe, die im Schlafzimmer stand, konnte man an den vereisten Seitenwänden erkennen, dass größere Teile in der Truhe gelagert waren.
14:53Die Ermittler konfrontieren die beiden mit den Fundsachen.
14:57Zur Überraschung aller gesteht aber nicht der Ehemann, sondern Martina Z. selbst die Tat.
15:03Sie sagt aus, dass Hans-Josef W. seit einem Jahr tot ist und sein Körper in der Kühltruhe lagerte.
15:08Ihren Liebhaber empfand sie damals als Störfaktor.
15:12Weil sie die dominante Person in der Beziehung ist, nutzt sie ihre Macht über den Mann aus.
15:17Mit einer Lüge will sie ihn loswerden.
15:20Beide haben sich entschieden, dann in einer Badewanne sitzend mit einem Tabletten-Alkohol-Cocktail das Leben zu nehmen.
15:30In irgendeiner Form hat sie Hans-Josef W. überzeugen können, dass er als Erster diesen Cocktail trinkt.
15:36Und sie hat dann einfach ihren nicht getrunken.
15:42Martina Z. hatte nie die Absicht, sich selbst zu töten.
15:45Es war lediglich ein Vorwand, um ihren Geliebten zum Suizid zu überreden.
15:50Nach der Tötung ist es dann natürlich dazu gekommen, dass Martina Z. ihrem Ehemann gestehen musste,
15:57dass Hans-Josef W. im Badezimmer, in der Badewanne tot zurückgeblieben ist.
16:04Ihr Mann willigt ein, bei der Entsorgung des Körpers zu helfen.
16:08Er leiht Werkzeug aus.
16:10Martina Z. zerteilt die Leiche schließlich allein in der Badewanne und verstaut Teile davon in Plastikdosen.
16:17Für die Lagerung kaufen die beiden eine Kühltruhe und stellen sie ins Schlafzimmer.
16:21Welche Gründe haben sie zu einer so schrecklichen Tat bewegt?
16:27Solche Handlungen sind schwer nachzuvollziehen.
16:32In ihren Äußerungen hat Martina Z. immer wieder vorgeschoben und vorgegeben,
16:39dass es um die Beseitigung des Körpers aus dem Badezimmer, aus der Badewanne ging.
16:45Ob es tatsächlich nur dieser Gedanke war, muss man spekulativ erstmal so stehen lassen.
16:52Dazu hat sie in ihren Aussagen auch keine eindeutigen Angaben gemacht.
16:57Ist das wirklich die einzige Erklärung?
17:00Warum musste dieser Mann sterben?
17:02Warum bewahrte sie seinen Körper in der Wohnung auf?
17:05Ging es Martina Z. um Macht über ihr Opfer?
17:08Macht, die sogar über den Tod hinausreicht?
17:11Psychologe Borwin Bandelow ordnet die Geschehnisse ein.
17:14Es ging ihr wohl darum, auch bei der Tötung von Hans-Josef,
17:18um die ultimative Machtausübung, auch um ihre Mordlust.
17:23Und dadurch, dass sie die Leichenteile wie ein Trophäe bei sich aufbewahrt hatte,
17:27konnte sie sich immer wieder daran ergötzen und sich immer wieder bestätigen,
17:33welche Macht sie ultimativ auf Hans-Josef gehabt hat.
17:38Ein Jahr lang bewahrt Martina Z. die sterblichen Überreste im Schlafzimmer auf.
17:42Im Februar 1984 ist es schließlich ihr Ehemann, der das Ganze nicht länger aushält.
17:48Was ihn psychisch sehr zu schaffen machte, war dann in der Folge,
17:53dass für lange Zeit die Leichenteile von Hans-Josef W. in der Tiefkultur gelagert waren,
17:59die unmittelbar am Fußende des Ehebettes standen.
18:03Und er mit jedem Einschalten der Tiefkultruhe daran erinnert wurde,
18:07dass eine Leiche in der Tiefkultruhe ist.
18:11Hans-Josef W. muss aus der Wohnung verschwinden.
18:14Die Eheleute verstauen den Körper in Koffern und Plastiktüten.
18:18Mitten in der Nacht transportieren sie ihn mit Fahrrädern in den bunten Garten.
18:22Aus den Aussagen von Martina Z. und ihrem Ehemann haben wir ganz klar herausgehört,
18:30dass es nicht mehr darum ging, die Leichenteile und diese Dosen zu verstecken.
18:35Für die beiden ging es nur darum, die Leichenteile und die Dosen aus der Wohnung zu schaffen,
18:41damit sie nicht mehr da sind und nicht mehr belastend für beide in der Wohnung liegen.
18:46Obwohl der Ehemann bei der Entsorgung des Körpers geholfen hat,
18:50war er nicht aktiv an der Tötung beteiligt.
18:53Seine Handlungen sind nicht strafbar.
18:56Per Gesetz ist er auch nicht dazu verpflichtet, seine Frau bei der Polizei anzuzeigen.
19:01Martina Z. muss sich vor Gericht verantworten.
19:04Im Zuge des Prozesses lässt man sechs psychologische Gutachten über sie anfertigen.
19:09Doch selbst diese können kein eindeutiges Motiv ergründen.
19:14Das Urteil fällt 1985.
19:17Acht Jahre Haft wegen Totschlags.
19:20Die Mordmerkmale konnten vom Gericht nicht erkannt werden,
19:25weil es lediglich ihre Aussage gab zum Tatgeschehen.
19:28Und das Gericht auch angenommen hat, dass Hans-Josef W. auch mit seinem Tod einverstanden war.
19:35Das Gericht spricht die Angeklagte vermindert schuldfähig.
19:39Ihre Haftstrafe sitzt sie in einer psychiatrischen Einrichtung ab.
19:43Heute lebt sie nicht mehr.
19:45Der Fall Martina Z. ist mir auch nach 40 Jahren in Erinnerung geblieben.
19:52Zum einen, weil es mein erster Fall war.
19:55Und auch, weil es in Mönchengladbach in meinen 40 Dienstjahren
19:59keinen zweiten vergleichbaren Fall gegeben hat,
20:03der so spektakulär in der Gesamtheit war.
20:06In ihrer Persönlichkeit bleibt Martina Z. bis heute rätselhaft.
20:11Ganz durchschaut hat Klaus Irgang diese Frau nie.
20:15Wohl auch deshalb wird er seinen ersten Fall nie vergessen.
20:19Bodenfelde, Niedersachsen.
20:282007 streitet sich Lydia L. mit ihren Nachbarn.
20:31Weil die Parteien ausfallend werden, wird die Polizei eingeschaltet.
20:35Die Ermittler laden dafür Sigi S. als Zeuge vor.
20:39Er wohnt in einer Gartenhütte von Lydia L.
20:41Doch anstatt über den harmlosen Konflikt zu sprechen,
20:44gesteht der Mann drei Morde.
20:47Er habe sie im Auftrag von Lydia L.,
20:49einer ehemaligen Prostituierten, begangen.
20:52Unter den Opfern sollen auch zwei Brandleichen sein,
20:55die vor 13 Jahren auf einem Parkplatz
20:57und in einem Straßengraben gefunden wurden.
21:00Können die bislang ungelösten Fälle nun endlich aufgeklärt werden?
21:04Sigi sagt aus, dass Lydia die Männer
21:08über Zeitungsinserate kennengelernt habe.
21:11Er nennt einen Namen.
21:13Der Tote des ersten Mordes 1994 sei Günther S.
21:18Kommissar Uwe Breuer glaubt dem Zeugen.
21:21Sie hat zu jedem etwas sagen können.
21:22Das war für mich dann eben schon noch so ein Bauschrein in dieser Aussage,
21:26dass man sagen könnte, das, was Sigi sagt, das passt schon irgendwie.
21:31Die Polizei durchsucht das Haus von Lydia L.
21:34Dabei fällt der luxuriöse Lebensstil der Beschuldigten auf.
21:37Im Bad teure Fliesen.
21:40Anders als bei Sigi S.
21:41Die Gartenhütte ist völlig verwahrlost.
21:44Die Lebensverhältnisse der beiden
21:45spiegeln ihr Abhängigkeitsverhältnis wider.
21:49Sigi ist Lydias Lakai.
21:51Er muss sie bedienen, wird von ihr ausgenutzt.
21:54Aber stimmen seine Anschuldigungen?
21:56Hat diese Frau mehrere Morde in Auftrag gegeben?
21:59Kommissar Breuer braucht ein Motiv und konkrete Beweise.
22:02Er untersucht die Kontobewegungen der 68-Jährigen im Zeitraum der letzten 15 Jahre.
22:09Und wird fündig.
22:11Wir haben dann festgestellt, im Rahmen der Ermittlungen,
22:14dass deutliche Finlandströme in Richtung ihres Kontos gelaufen sind von den Verstorbenen.
22:20So ist eine Rentenzahlung umgeleitet worden über mehrere Jahre auf ihr Konto
22:25und eine größere Summe aus dem Vermögen eines der Verstorbenen in ihr Bausparkonto geschlossen.
22:32Auch auf das Geld von Günther S. hat es Lydias abgesehen.
22:35Der 73-Jährige lebt mit ihr zusammen unter einem Dach.
22:39Für die Beschuldigte ist es ein Leichtes, an seine Bankdaten zu kommen.
22:43Sie fälscht die Vollmacht für sein Konto und hebt regelmäßig die Rente ab.
22:46Außerdem stellt sie ihn mit Medikamenten ruhig.
22:50Als der Mann das merkt, muss er sterben.
22:54Sie hat ihm Tabletten verabtreibt, sodass er quasi hilflos, bewusstlos wurde.
23:00Und dann Sigi aufgefordert, ihn zu töten.
23:05Er hat eine Plastiktüte über seinen Kopf gestülpt und zugedrückt, bis er tot war.
23:09Mit einem Wohnmobil transportieren sie die Leiche schließlich auf einen Waldparkplatz.
23:16Den Körper wickeln sie in einen Teppich und verbrennen ihn, um die Identität zu verheimlichen.
23:23Sigi S. gesteht auch den Mord in Thüringen.
23:26Es ist die gleiche Vorgehensweise.
23:28Uwe Breuer hat keine Zweifel an seiner Aussage.
23:32So nannte er zum Beispiel den Ablageort in Volkerode in Thüringen.
23:37Dann hat er einen Graben beschrieben und ganz konkret gesagt, dass an der einen Stelle ein Rohr rausguckte.
23:43Das passte auf die Realität. Insofern ist das auch eine Sache, die kann nur der Täter wissen.
23:48Aber wer ist der Tote?
23:49Die Polizeizeichnung erkennt niemand.
23:52Sigi kann das Rätsel lösen.
23:54Es ist Paul G., ein Unternehmer aus zwei Brücken.
23:57Der 81-Jährige hatte sich auf eine von Lydias Kontaktanzeigen gemeldet.
24:02Um an sein Vermögen und an seine Rente zu kommen, lässt sie ihn umbringen.
24:05Sie fälscht wieder Vollmachten und lässt sich einen Bausparvertrag auszahlen.
24:11So bereichert sie sich um knapp 120.000 Mark.
24:14Anderen gegenüber behauptet sie, Paul G. sei ins Ausland gezogen.
24:19Mit seinen Enthüllungen ist Sigi aber noch nicht am Ende.
24:23Er nennt einen dritten Namen, Gerhard G.
24:26Der Mann aus Hannover lebte zurückgezogen, suchte im Alter eine neue Partnerin.
24:30Genau wie bei den anderen Opfern gab es niemanden, der ihn vermisst hat.
24:34Auch er konnte der Liebesfalle von Lydias nicht entkommen.
24:38In den Medien wird sie die Schwarze Witwe genannt.
24:41Genau wie die gleichnamige Spinne, die ihren männlichen Partner nach dem Paarungsakt tötet.
24:47Gerhard G. hatte eine Anzahlung für ein Wohnmobil geleistet, über 20.000 DM.
24:51Seinen Ermittlungen nach sind wir davon ausgegangen, dass Gerhard G. das Geld zurückhaben wollte und Lydia L. nicht bezahlen wollte.
25:00Offenbar sein Todesurteil.
25:03Sigi S. führt die Beamten zu einem Gartengrundstück bei Hannover.
25:07Hier will er die Leiche vergraben haben, nachdem Lydia ihm den Auftrag zum Morden erteilte.
25:12Lydia L. hat dann zu Sigi gesagt, hier kommst du ja wohl alleine klar.
25:17Für ihn war das eine Aufforderung, das zu tun, was er vorher schon getan hat,
25:22nämlich die Plastiktüte über den Kopf von Gerhard G. zu stülpen und zuzudrücken.
25:27Das hat er dann auch getan.
25:30Nur war Gerhard G. kräftiger als die anderen, sodass er Lydia L. zurückrufen musste, damit sie mit anfasst.
25:36Das hat sie dann auch getan.
25:38Also hat man ihn gemeinsam getötet.
25:39Der dritte Mord.
25:43Doch Sigi S. ist mit seinem Geständnis immer noch nicht am Ende angelangt.
25:56September 2000.
25:58Ein Stahlbetrieb in Holzminden in Niedersachsen.
26:02In einem Brief an das Gewerbeamt beschweren sich Nachbarn über die schlechten Zustände.
26:06Die Firma sei völlig heruntergekommen.
26:09Es fällt auch der Name Holger K., ein Hilfsarbeiter, der von seinem Chef angeblich misshandelt wird.
26:16Einen Monat später wird die Firma überprüft.
26:19Weil Umweltdelikte und eine mögliche Körperverletzung im Raum stehen, ist auch die Polizei vor Ort.
26:24Kriminalhauptkommissar Martin Wünsch kann sich noch gut an den Einsatz vor 20 Jahren erinnern.
26:30Von dem Nachbarn wurde in dem Schreiben geschildert, dass er halt unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen arbeiten musste,
26:40dass er dem Zorn, dem Jezorn seines Chefs schutzlos ausgeliefert war.
26:46Geschrieben wurde auch, und das fanden wir damals besonders bedrückend, dass er gezwungen wurde, sich selber zu ohrfeigen,
26:52wenn er irgendwelche Fehler gemacht hatte oder der Meinung war, dass da Fehler begangen worden sind.
26:59Direkt neben dem Betrieb fließt ein kleiner Bach.
27:02In dem Brief ist auch die Rede davon, dass Holger K. den ganzen Tag im eiskalten Wasser stehen und Steine sammeln musste.
27:09Ihn selbst können die Ermittler nicht befragen. Er ist nicht da. Dafür aber Rainer B., sein Chef.
27:17Rainer B. hatte damals angegeben, dass es hier zu einer Vielzahl von Diebstählen, auch von Gelddiebstählen war die Rede, gekommen war.
27:28Und dass Holger K. vermutlich aus Angst, dass er dafür jetzt zur Verantwortung gezogen wird, abgehauen ist.
27:36Die Polizei schreibt eine Strafanzeige gegen Holger K. Sein Chef dagegen will ihn nicht anzeigen.
27:43Er habe mit den Eltern von Holger bereits eine Vereinbarung getroffen.
27:47Mit ihnen sucht Kommissar Bündsch nun das Gespräch.
27:50Sie wissen auch nicht, wo ihr Sohn ist.
27:52Aber es tauchen Listen auf, die offenbar von Holger K. selbst geschrieben wurden.
27:58Alle gestohlenen Gegenstände sind hier aufgeführt.
28:01Seine Schulden stotterte Holger K. nach und nach bei Rainer B. ab.
28:06Den Rest sollten seine Eltern zurückzahlen.
28:10Im Rahmen der Vernehmungen der Eltern wurde dann bekannt, dass schon beträchtliche Geldsummen an Rainer B. geflossen sind.
28:19Es wurde dann auch bekannt, dass eine Versicherungssumme, die der Holger K. bekommen hatte,
28:26weil er sich während der Arbeit in die Hand gesägt hatte, dass diese Versicherungssumme auch an Rainer B. geflossen ist.
28:34Das war möglich, weil zu diesem Zeitpunkt Rainer B. bereits Zugriff auf das Konto des Holger K. hatte.
28:42Die Eltern bestätigen, Rainer B. nutzt ihren Sohn aus und misshandelt ihn.
28:48Gewährt hat sich Holger nie.
28:50Ist er also abgehauen, weil er wieder geklaut und Angst vor den Konsequenzen hatte?
28:55Holger K. ist zum Zeitpunkt seines Verschwindens 35 Jahre alt.
29:00Nachdem er sich von seiner Frau getrennt hat, zieht er in eine Wohnung auf dem Betriebsgelände.
29:04Er war in der Firma für das Sandstrahlen von Metall zuständig.
29:09Er trug deswegen den Spitznamen Strahlemann.
29:12Und er musste offenbar ohne den vorgeschriebenen Schutzanzug arbeiten.
29:16Nur im Blaumann, der mit ihm verschwunden ist.
29:20Kollegen und Freunde beschreiben ihn als unselbstständig.
29:23Von der Persönlichkeit würde ich sagen, dass Holger K. eher einfach strukturiert war.
29:30Und wir haben uns nicht vorstellen können, dass er dort einfach seinen Lebenskreis verlässt und irgendwo anders ganz alleine neu anfängt.
29:39Die Ermittler haben Zweifel an der Geschichte, die Rainer B. ihnen auftischt.
29:44Ein weiteres Detail macht den Kommissar stutzig.
29:48Holger K. war im Besitz eines Autos.
29:50Und dieses Auto war dort auch noch vorhanden.
29:54Dieses Auto ist auch nach dem Verschwinden von Holger K. von Firmenangehörigen benutzt worden.
30:03Und das erschien uns sehr, sehr komisch.
30:05Weil wenn sich jemand absetzt, dann macht er das ja eigentlich mit seinem Auto.
30:09Und das war schon sehr merkwürdig, dass dieses Auto zurückgelassen worden ist.
30:14Doch Holger K. bleibt verschwunden.
30:17Alle Ermittlungen laufen ins Leere.
30:19Erst im März 2001. Etwa ein halbes Jahr später gibt es eine neue Spur.
30:26Ein Nachbar hat ein Gespräch mitgehört.
30:29Darin habe Rainer B. erwähnt, er hätte dafür gesorgt, dass der Strahlemann nie wieder telefonieren könne.
30:34Ja, letztendlich war für uns relativ schnell klar, dass Holger K. nicht freiwillig dort weggegangen ist.
30:45Dass er nicht irgendwo anders ein neues Leben begonnen hat, sondern dass vielmehr der Verdacht besteht,
30:52dass er ums Leben gebracht worden ist und seine Leiche irgendwo verscharrt ist.
31:00Aufgrund der gesamten Ermittlungslage damals ergab sich gegen den Rainer B. der Verdacht eines Tötungsdeliktes.
31:11Die Polizei erwirkt einen Durchsuchungsbeschluss für die Firma.
31:15Rainer B. zeigt sich von alledem unbeeindruckt.
31:18Er bleibt bei seiner Aussage.
31:20Jeden Stein drehen die Ermittler um.
31:22Es sind die Räumlichkeiten in dem Haus durchsucht worden, aber auch Büroräume und Produktionsräume hier auf dem Grundstück.
31:31Unter anderem auch wurde hier die Betonsohle eines frisch angelegten Hundezwingers aufgebohrt und mit Leichenspürhunden überprüft.
31:41Die Nase eines Hundes ist 1024 Mal empfindlicher als die eines Menschen.
31:52Leichenspürhunde sind nicht ausschließlich auf Leichengerüche, sondern auch auf Blutspuren konditioniert.
31:58Unter optimalen Bedingungen kann eine Blutspur auch nach mehreren Jahren gerochen werden.
32:04Keiner der Leichenspürhunde schlägt auf dem Gelände an.
32:07Auch die Kanalisation sucht man mit einer Spezialkamera ab.
32:12Nirgendwo gibt es Hinweise auf ein Verbrechen.
32:15Erst als sich Kommissar Wünsch die Wohnung des Vermissten anschaut, fällt ihm etwas auf.
32:20Der Teppich im Flur wurde großflächig entfernt.
32:23Sollten hier Spuren beseitigt werden?
32:26Rainer B. hatte damals angegeben, dass dieser Teppich von Hunden verunreinigt worden ist und er aus diesem Grunde herausgeschnitten worden ist.
32:35Bei den Untersuchungen konnten wir auf jeden Fall nichts Gegenteiliges beweisen.
32:40Wünsch lässt nicht locker und setzt sich mit dem Bundeskriminalamt in Verbindung.
32:44Die BKA-Beamten durchsuchen das gesamte Anwesen noch einmal.
32:48Das Ergebnis bleibt aber dasselbe.
32:52Wir standen dann zu diesem Zeitpunkt mit der Vermutung da, dass hier ein Gewaltdelikt passiert war.
33:00Was uns fehlte, war die Leiche.
33:01Wo ist Holger K.?
33:04Alle Ermittlungsansätze sind ausgeschöpft.
33:07Wird es die Polizei schaffen, diesen Vermisstenfall doch noch aufzuklären?
33:18Zurück in Bodenfelde.
33:202007 befragt die Polizei wegen einer Streitigkeit unter Nachbarn verschiedene Zeugen.
33:26Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass dadurch eine schreckliche Mordserie aufgedeckt werden wird.
33:31Ein Mann namens Sigi S. sagt aus, dass er im Auftrag von Lydia L. mehrere Senioren getötet haben will.
33:39Über Kontaktanzeigen sucht die Frau nach wohlhabenden Männern.
33:43Diese manipuliert sie, betrügt sie um ihr Erspartes und zwingt anschließend Sigi, die Rentner zu beseitigen.
33:50Denn Sigi ist von Lydia abhängig.
33:52Er ist ihr Werkzeug.
33:53Durch sein Geständnis konnten die Schicksale von drei Menschen nach zwölf langen Jahren endlich aufgeklärt werden.
34:02Sigi hat aber noch mehr zu sagen.
34:05Kommissar Breuer vernimmt den Mann insgesamt elfmal.
34:08Und schließlich gesteht er noch einen vierten Mord.
34:11Das vierte Opfer war der Ehemann von Lydia L., der Adolf B.
34:16Der wollte sich von ihr allerdings wieder scheiden lassen.
34:19Und unsere Ermittlungen haben dann ergeben, dass aus dem Grunde, dass sie vermutete, das Haus dann zu verlieren und keinen Zugriff mehr darauf hat, sie ihn hat umbringen lassen durch Sigi.
34:29Adolf B. ist vermögend, besitzt ein Grundstück im nordhessischen Melsungen.
34:35Bereits 1994 will Sigi den Rentner mit einem Kissen erstickt haben, nachdem Lydia ihn mit Tabletten betäubt hatte.
34:43Bei der Leichenschau wird der Mord übersehen.
34:48Es gibt keine genauen Zahlen, wie viele Straftaten nach einer Leichenschau unentdeckt bleiben.
34:54Nur wenn es Zweifel an einem natürlichen Tod gibt, wird eine gerichtliche Obduktion angeordnet.
34:59In Deutschland werden rund zwei Prozent aller Verstorbenen obduziert.
35:05Ohne Konsequenzen für die Täter wird Adolf B. beerdigt.
35:09Kurze Zeit später brennt sein Haus in Melsungen.
35:12Sigi sagt aus, dass er im Auftrag von Lydia Feuer gelegt habe.
35:16Sie wollte die Versicherungssumme von 300.000 Mark kassieren.
35:20Eine Brandstiftung und vier Morde hat Sigi für diese Frau begangen.
35:24Auch er stand unter dem Bann der schwarzen Witwe.
35:26Wie entsteht ein solch fatales Abhängigkeitsverhältnis?
35:31Das lag möglicherweise zum einen daran, dass er intellektuell minderbegabt war und deswegen auch leichter manipulierbar war.
35:39Aber der wichtigere Teil ist, dass Lydia L. aufgrund ihrer antisozialen Persönlichkeit auch in der Lage war, diese Macht auf ihn auszuüben.
35:48Oft ist es so, dass die Opfer gar nicht merken, in welchem Abhängigkeitsverhältnis sie sind.
35:54Das liegt hauptsächlich an der psychologischen Macht, die die dominante Person ausüben kann.
36:01Das geht entweder durch Erzeugung von Angst, aber auch durch Lügen und durch eine geschickte psychologische Manipulation,
36:10wozu nur eben diese antisozialen Persönlichkeiten in der Lage sind.
36:14Macht auf der einen, Ohnmacht auf der anderen Seite.
36:18Siggis Aussagen scheinen zu stimmen.
36:21Trotzdem muss überprüft werden, ob er nicht doch allein für die Taten verantwortlich ist.
36:26Das konnten wir dann aber relativ schnell ausschließen, weil Sigi S. keinen Führerschein hatte.
36:31Keine wirkliche Motivlage, die Gelder sind auf das Konto von Lydia S. gegangen.
36:38Sie hatte die einzig und allein die Vorteile.
36:40Sigi S. hat vielleicht mal 100 Mark gekriegt.
36:43Er war auch vom Intellekt nicht in der Lage, so eine Tat zu planen und alleine durchzuführen.
36:49Jetzt fehlt noch der entscheidende Beweis, um Lydia L. zu überführen.
36:52Kommissar Breuer erinnert sich, am ersten Leichenfundort im Wald sicherte die Polizei eine unbekannte DNA-Spur an einem Taschentuch.
37:01Diese lässt er mit der DNA von Lydia L. vergleichen.
37:05Beide stimmen überein.
37:06Die Frau war also dort.
37:08Sie wird festgenommen und vom Landgericht Göttingen wegen vierfachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
37:15Das Gericht stellt die besondere Schwere der Schuld fest.
37:19Um mehr als eine Million Mal soll sie sich bereichert haben.
37:22Sigi S. hingegen bekommt nur zwölf Jahre.
37:25Er ist vermindert schuldfähig.
37:28Sie selbst wollte sich die Hände nicht schmutzig machen, aber sie hat ihre eigenen Tatbeiträge geleistet.
37:33Und ganz massiv muss ich natürlich auswirken, dass sie diejenige war, die ein Interesse an den Taten hatte,
37:38nicht Sigi, der eben einfach nur mitgelaufen ist.
37:40Ohne sie wäre er nie zum Mörder geworden.
37:43Jahrelang ließ sich Sigi manipulieren, war Lydias Macht schutzlos ausgeliefert.
37:49Doch am Schluss wollte er nicht mehr.
37:51Also ich denke, es war für ihn erstmal sehr schwer, diesen Weg zu gehen, weil er damit mit Lydia L. gebrochen hat.
37:56Das war ja für ihn eine sehr wichtige Beziehung, eine familiäre Beziehung.
38:00Allerdings hatte man dann zum Ende hin in den Vernehmungen schon durchaus den Eindruck,
38:03dass er sehr, sehr erleichtert war, seine Lebensbeichte ablegen zu können.
38:07Der Fall der schwarzen Witwe beschäftigt Kommissar Breuer bis heute.
38:12Ein völlig aus dem Gleichgewicht geratenes Machtverhältnis führte dazu, dass vier Menschen ihr Leben verloren haben.
38:19Ihre Taten hat Lydia L. vor Gericht stets geleugnet.
38:22Doch mit Siggis Geständnis kann schließlich auch sie überführt werden.
38:26Im Oktober 2000 verschwindet der 35-jährige Holger K.
38:40Er arbeitet in einem Stahlbetrieb in Holzminden in Niedersachsen.
38:44Weil er dort für das Sandstrahlen von Metall zuständig ist, trägt er den Spitznamen Strahlemann.
38:52Die Polizei wird eingeschaltet und findet heraus, Holger K. wird massiv von seinem Chef Rainer B. gequält und misshandelt.
39:02Beim Sandstrahlen darf er keine Schutzkleidung tragen, sondern nur einen Blaumann.
39:08Rainer B. behauptet, dass ein Angestellter abgehauen sei, nachdem er mehrfach geklaut habe.
39:14Aber für die Ermittler steht schnell fest. Holger K. wurde Opfer eines Verbrechens.
39:21Der Hauptverdächtige? Rainer B.
39:23Doch Beweise dafür gibt es keine.
39:26Im Juli 2002 wendet sich die Polizei an die Öffentlichkeit.
39:30Er lebte in einem Dorf bei Holzminden in Niedersachsen.
39:34Eines Tages verschwand er spurlos.
39:37Inzwischen ist wohl auch ziemlich sicher, Holger K. wurde ermordet.
39:44Wir haben also durch diese wiederholten Gänge in die Öffentlichkeit einen sehr, sehr hohen Fahndungsdruck erzeugt und hatten die Hoffnung, dass letztendlich dann irgendwann mal jemand umfällt.
40:00Die Zermürbungstaktik geht auf.
40:03Ein Jahr später, im Sommer 2003, meldet sich Rita L., die Lebensgefährtin von Rainer B. bei der Polizei in Holzminden und macht eine Aussage.
40:12Rita L. hat damals angegeben, dass sie den leblosen Holger K. auf dem Bett hat liegen sehen und dann später bei der Entsorgung der Leiche zugegen gewesen ist.
40:34Rainer B. habe sie gezwungen, das Auto zu fahren.
40:37Die Leiche von Holger K. lag im Kofferraum.
40:40Zuvor habe ihr Lebensgefährte stundenlang auf ihn eingeprügelt.
40:44Sein Vorarbeiter, David S., sei bei der Tat und der anschließenden Entsorgung auch dabei gewesen.
40:50Der Mann bestätigt, Holger K. wurde massiv gequält.
40:54Rainer B. schweigt zu den Anschuldigungen.
40:56Ein Teil der Tathandlungen hat auch hier in diesem Badezimmer stattgefunden.
41:03Hier ist Holger K. in die gefüllte Badewanne gelegt worden und dann immer wieder mit dem Kopf untergetaucht worden.
41:11Man hat da also so Ertrinkungszustände simuliert und ihn da erheblich gequält.
41:19Holger K. stirbt an den Folgen der Misshandlungen.
41:22Eine entscheidende Frage bleibt.
41:25Warum hat sich dieser Mann nicht gewehrt?
41:29Ja, haben wir es damit zu tun, dass das Vernunftgehirn bei Holger K. ausgeschaltet war.
41:35Dieses Gehirn hätte ihm wohl gesagt, geh hier weg, du kannst woanders vielleicht einen besseren Job bekommen.
41:40Hier wirst du nur ausgebeutet und gequält.
41:43Aber auf der anderen Seite denke ich, dass eben das Angstsystem das Denken von Holger K. bestimmt hat.
41:49Er hatte einfach Angst, von Rainer B. geschlagen zu werden, gequält zu werden, gefoltert zu werden.
41:56Diese Angst war so im Vordergrund, dass er offensichtlich dann nicht damit gerechnet hat, dass er letztendlich an diesem Abhängigkeitsverhältnis stirbt.
42:05Holger K. ist tot. Aber wo ist die Leiche?
42:09Nur mit ihr können die Ermittler nachvollziehen, was wirklich geschehen ist und den Mord auch beweisen.
42:15Die Beteiligten sagen aus, sie hätten Holger K. bei Fallingbostel, rund 150 Kilometer vom Tatort entfernt, vergraben.
42:22Das Areal ist groß und unübersichtlich.
42:24Bereitschaftspolizisten aus Göttingen und Braunschweig rücken an.
42:29Doch selbst mit Leichenspürhunden finden sie nichts.
42:32Schließlich ist es Martin Wünsch, der die entscheidende Idee hat.
42:36Ja, nachdem zwei Absuchen mit Leichenspürhunden erfolglos verlaufen sind, haben wir uns entschlossen, dann mit Muskelkraft zu suchen.
42:46Wir haben im Abstand von ungefähr anderthalb Metern parallele Gräben gezogen und haben dann letztendlich die Leiche von Holger K. gefunden.
42:56Rippenbrüche, innere Blutungen und eine durchbohrte Lunge sind das Resultat der anschließenden Obduktion.
43:02Die Verletzungen sind so zahlreich, dass eine genaue Todesursache nicht ermittelt werden kann.
43:08Eines steht jedoch fest. Holger K. wurde brutal ermordet.
43:13In seiner Lunge findet man eine große Menge Sand. Ein Indiz für das Arbeiten ohne Schutzanzug.
43:19Im November 2002 wird Rainer B. wegen Mordes zur lebenslange Haft verurteilt.
43:25Der Mitangeklagte David S. muss wegen Beihilfe zum Mord fünf Jahre ins Gefängnis.
43:30Rita L. bekommt eine Bewährungsstrafe, da sie ausgesagt hat.
43:36Martin Wünsch hat in seinen fast 45 Dienstjahren viele Fälle bearbeitet.
43:41Der Mord an Holger K. wird ihm aber wegen der besonderen Skrupellosigkeit des Täters immer in Erinnerung bleiben.
43:47Also gemäß den geführten Ermittlungen, den Vernehmungen und auch nach meiner Einschätzung hat es die Diebstähle zumindest in dem Maß, wie sie ihm vorgeworfen worden sind, nicht gegeben.
44:02Das ist auch die Meinung der Eltern. Ihnen gegenüber hat Holger auch immer nur mit einem Schulterzucken auf diese Vorwürfe geantwortet.
44:12Ein Mord ohne Anlass. Aus reiner Grausamkeit. Den Kommissar Wünsch geklärt hat.
44:20Wenigstens haben die Hinterbliebenen jetzt einen Platz zum Trauern.
44:24Untertitelung des ZDF für funk, 2017

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