- 25.7.2025
True-Crime-Reportage Deutschland 2025 +++ Neun tote Babys,
verscharrt in Kübeln und Eimern, werden 2005 bei
Aufräumarbeiten auf einem Grundstück bei Frankfurt (Oder)
entdeckt. Das Aufsehen ist groß, wochenlang ist der Fall Thema
in den Medien. Die Kriminalpolizei ermittelt die Mutter der
toten Kinder schnell: Die damals 40-jährige Sabine H. aus
Frankfurt (Oder) hat die Kinder zwischen 1988 und 199
.....
verscharrt in Kübeln und Eimern, werden 2005 bei
Aufräumarbeiten auf einem Grundstück bei Frankfurt (Oder)
entdeckt. Das Aufsehen ist groß, wochenlang ist der Fall Thema
in den Medien. Die Kriminalpolizei ermittelt die Mutter der
toten Kinder schnell: Die damals 40-jährige Sabine H. aus
Frankfurt (Oder) hat die Kinder zwischen 1988 und 199
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TVTranskript
00:00Willkommen an diesem Sonntagabend. Willkommen zu einem Täter-Opfer-Polizei-Extra.
00:20Heute wieder zu einem Verbrechen, das bereits aufgeklärt werden konnte, aber vermutlich für alle, die hier in der Region schon länger leben, unvergessen ist.
00:28Es führt uns nach Frankfurt oder der Ort, in dem ich aufgewachsen bin und niemand, niemand konnte sich damals vorstellen, dass so etwas in dieser Stadt passieren könnte.
00:37Neun tote Babys und erst 2005, also vor genau 20 Jahren, wurden sie entdeckt.
00:50Bis heute ist der Fall einmalig in der deutschen Kriminalgeschichte.
00:54Eine Frau steht wochenlang vor Gericht, weil neun ihrer Kinder nicht überlebten.
01:04Einerseits gab es eine große Wut, weil es ja wirklich auch schlimme Verbrechen sind, die sich da herauskristallisiert haben.
01:11Aber andererseits gab es auch eine große Betroffenheit, also um den Tod dieser Kinder.
01:14Da muss man schon dreimal schlucken, auch als gestandene Kapitaldezernente.
01:19Es ist tief traurig und tief tragisch für alle, die daran in irgendeiner Weise beteiligt werden.
01:27Alles fängt in Frankfurt-Oder an, als der Ort noch eine Bezirksstadt der DDR war.
01:381987 zieht in dieses Wohnhaus ein junges Paar ein.
01:43Eine junge Familie mit drei kleinen Kindern.
01:45Damals ist Sabine H. 21 Jahre alt.
01:51Ihr Mann Oliver 23.
01:54Er geht arbeiten und verdient das Geld in den Büros der Staatssicherheit, dem Geheimdienst der DDR.
02:03Sie bleibt zu Hause und versorgt die drei Kinder.
02:06Anfangs meistert das Paar die Herausforderungen des Alltags.
02:10Doch dann kommt der Tag, der wohl alles ändert.
02:17Er droht damit, sie zu verlassen, wenn sie wieder schwanger wird.
02:20Wenn also ein viertes Kind kommt.
02:23Doch wahrscheinlich war es da schon zu spät.
02:33Sabine H. wird später behaupten, dass sie die Schwangerschaft 1988 nicht bemerkte.
02:38In einer Septembernacht hat sie dann Bauchkrämpfe und schleicht sich ins Bad, will Mann und Kinder nicht wecken.
02:49Die junge Frau hat starke Schmerzen.
02:51Dann sei irgendwie etwas aus ihr herausgerutscht, so erzählt sie es später.
02:56Und dass sie einem Baby ins Gesicht schaute, das blau angelaufen war.
03:02Ob es lebte, kann oder will sie nie beantworten.
03:05Schließlich nimmt sie ein Handtuch und wickelt das gerade geborene Kind ein.
03:19Doch wohin damit?
03:21Die Antwort findet sie in jener Septembernacht auf dem Balkon ihrer Wohnung.
03:26Dort vergräbt sie das Bündeln einem mit Erde gefüllten Aquarium.
03:29Ein spontaner Entschluss, so ihre Aussage später.
03:38Dann braucht sie Alkohol.
03:40Viel Alkohol.
03:43So wird es sich achtmal wiederholen.
03:47Ein Ablauf, der Sachverständige bis heute beschäftigt.
03:50Es handelt sich ja hier um eine Tatserie.
03:58Und die beginnt mit der ungewollten Schwangerschaft einer Frau, die bereits Kinder hat.
04:06Die Alkohol missbraucht.
04:07Die in einer abhängigen Beziehung lebt zu einem Mann in einer belasteten Ehe.
04:15Diese erste Tat, die kann man aus meiner Sicht noch aus dieser Konfliktsituation einer überforderten,
04:26vielleicht auch suchtkranken, jungen Frau unter Druck erklären.
04:30Die dann die Schwangerschaft so lange versucht zu ignorieren, versucht zu leugnen,
04:38bis es dann so weit ist, dass das Kind geboren wird und die dann aus der Angst und aus der vollkommenen Überforderung der Situation heraus das Kind nicht versorgt.
04:55Bilder aus Briesko-Finkenherd, einer Gemeinde knapp 15 Kilometer von Frankfurt-Oder entfernt.
05:01Hier wächst Sabine H. in den 60er Jahren auf.
05:05Hier lebt sie mit ihren Eltern und den zwei Schwestern.
05:08Sie gilt als unkompliziertes, intelligentes Kind.
05:13In der Schule hat sie keine Probleme.
05:19Zwei Mitschülerinnen, die gemeinsam mit Sabine H. den Schulabschluss machten,
05:24erinnern sich an sie, nachdem der Fall öffentlich wurde.
05:28Das Lernen fiel ihr absolut leicht.
05:30Sie hat ein Buch geschaut, sie hat gewusst, was los ist.
05:33Sie brauchte sich nicht erst schon lange hinsetzen, zu parocken, zu lernen.
05:36Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sabine irgendein Lieblingsfach hatte oder in einem Fach schlechter war,
05:41vielleicht mal eine Zwei oder so auf ein Zeugnis.
05:44Ja, aber ansonsten war sie eben durchgehend gut.
05:47Zu Hause ist sie das Nesthäkchen, um das sich vor allem der Vater kümmert.
05:54Er arbeitet bei der Eisenbahn und ist im evangelischen Kirchenrat.
06:02Eisenhütten-Stadt ist die nächste Lebensstation für Sabine H.
06:06Anfang der 80er Jahre startet sie hier ihre Berufsausbildung zur Zahnarzthelferin.
06:13Auch wenn die Seminare keinen Spaß machen, beendet sie die Ausbildung.
06:18Und wird 1984 zum ersten Mal schwanger.
06:22Von ihrer großen Liebe Oliver.
06:25Da ist sie 17.
06:26Mit 21 ist sie dann schon Mutter von drei Kindern.
06:33Die Familie lebt in Frankfurt-Oder, wo der Alltag für das Paar nun anstrengend ist.
06:39Das verändert die Beziehung.
06:43So rekonstruieren es später auch die Ermittler.
06:45Man wollte ja das Leben anders planen, als sich um drei kleine Kinder kümmern zu müssen.
06:59Und der Ehemann hat ihr, oder soll ihr zu der Zeit auch beachtliche Vorhaltungen gemacht haben.
07:091992, also vier Jahre nachdem das Baby im Aquarium vergraben wurde, ist sie wieder schwanger.
07:15Die Zeiten sind unsicher.
07:19Die DDR gibt es nicht mehr.
07:21Und ihr Mann droht, sie zu verlassen.
07:24Doch warum geht sie in dieser Situation nicht zum Frauenarzt?
07:28Warum sucht sie sich diesmal keine Hilfe?
07:31Sie hatte eine wahnsinnige Angst, dass man bei ihr feststellen kann,
07:38dass sie schwanger war, dass sie ein viertes Kind hätte haben müssen.
07:44Und dieses Kind nicht vorweisen konnte.
07:48Berlin ist für Sabine H. 1992 ein Anlaufpunkt.
07:53Hier arbeitet sie für ein Dentallabor.
07:56Ihre damalige Chefin erinnert sich an die erste Begegnung.
07:59Eines Tages stand sie im Eingangsbereich und ich sah sie und ich habe sie angesprochen und habe gesagt,
08:06sind Sie die neue Mitarbeiterin im Außendienst?
08:09Ja, sagte sie.
08:10Ja.
08:10Sag ich, aber Sie sind doch hochschwanger.
08:13Und da guckte sie mich an.
08:14Nein, wie kommen Sie denn darauf?
08:16Ich bin doch nicht schwanger.
08:16Sabine H. zerstreut Zweifel, fährt 1992 für den neuen Job zu einer Fortbildung
08:24und bekommt in einem Hotelzimmer das zweite ungewollte Kind.
08:30In Goslar.
08:32Weit weg von zu Hause.
08:34Weit weg von ihrem Mann.
08:36Gerade bei diesem Kind hatte sie die Möglichkeit, das Kind ohne weitere Probleme am Leben zu lassen.
08:46Am Leben zu lassen, indem sie sich in ärztliche Behandlung geht, indem sie in ein Krankenhaus geht,
08:55indem sie völlig anonym die Entbindung durchgeführt hätte.
09:00Doch die Frau entscheidet sich anders.
09:05Sie lässt auch dieses Kind sterben, wickelt es in ihren Mantel und nimmt das Bündel mit nach Hause.
09:12Mit dem toten Baby im Kofferraum fährt sie zurück nach Frankfurt.
09:18Und vergräbt das Kind wieder auf dem Balkon.
09:23Diesmal in einer Babywanne.
09:24Sie stellt sie neben das Aquarium.
09:29Neben das andere tote Baby.
09:32Dann greift sie wieder zur Flasche.
09:35Das wirkt wie ein Muster.
09:37Was man sieht, emotionale Vermeidung ist ein Verhalten,
09:42was wir zeigen als Menschen, wenn wir in problematischen Situationen sind.
09:46Dann können wir aktiv nach vorne gehen und die Situation bewältigen.
09:50Oder aber wir suchen den kleinen Ausweg.
09:56Sucht ist ein ganz typisches Beispiel für den kleinen Ausweg.
10:02Suchtkrank wird man, wenn man regelmäßig in schwierigen emotionalen Situationen,
10:08wenn man Konflikte hat, Ängste und so weiter,
10:11sich kurzfristig beruhigt, indem man zum Beispiel Alkohol trinkt.
10:15Trotz allem schafft es Sabine H. weiterzuarbeiten.
10:20Und Fragen zu umgehen.
10:22Als ich es das nächste Mal wieder gesehen habe, war der Bauch weg.
10:27Und da habe ich mir noch gedacht, vielleicht spinnst du ja auch ein bisschen.
10:31In der ganzen Zeit ist sie für ihre ersten drei Kinder eine zuverlässige und liebevolle Mutter.
10:38Wahrscheinlich fällt auch deshalb im sozialen Umfeld niemandem auf,
10:41dass etwas schiefläuft in dieser Familie, die Beziehung zum Mann wohl zerrüttet ist.
10:47Dennoch wird sie immer wieder schwanger.
10:51Jahrelang. Bis 1998.
10:55Ein Phänomen, für das es eine Erklärung gibt in der Wissenschaft.
10:58Das folgt dem Muster emotionaler Vermeidung.
11:03Also statt die Probleme ihrer Ehe zu lösen, statt ihre Alkoholprobleme zu lösen,
11:08statt die Probleme ihrer körperlichen Verfassung zu lösen,
11:13das macht sie alles nicht.
11:14Das führt zu einem entsprechend unangenehmen inneren Zustand,
11:18den man unter anderem zum Beispiel dadurch regulieren kann, dass man schwanger ist,
11:22weil man einfach in einen anderen hormonellen Zustand kommt.
11:24Der ist am Anfang schwierig, in der Mitte, aber durchaus positiv in der Wirkung auf den Körper und auch auf die Psyche.
11:36Aus meiner Sicht kann man anders gar nicht erklären, warum sie das fast suchtartig, könnte man ja sagen,
11:44also immer wieder, immer wieder diese Situation aufgesucht hat,
11:47trotzdem sie normal intelligent war und hätte verhüten können, weil der Mann ja keine Kinder wollte.
11:52Der Mann bemerkt von den Schwangerschaften angeblich nichts und auch nichts von den Geburten.
11:59So wird er es später vor Gericht immer wieder aussagen.
12:04Dabei bringt seine Frau zehn Jahre lang im Vollrausch Kinder zur Welt und vergräbt sie dann auf dem gemeinsamen Balkon.
12:16Dann geschieht das, was sie immer befürchtet hat.
12:20Ihr Mann trennt sich.
12:22Sie muss im Frühjahr 2002 aus der großen Wohnung in Frankfurt-Oder ausziehen und bringt ihre Sachen erst mal zu ihren Eltern nach Briesko-Finkenherd.
12:32Auch die Babywanne, das Aquarium und all die anderen Gefäße, in denen die toten Kinder liegen.
12:39Die stehen dort drei Jahre lang im Garten, bis zum 31. Juli 2005.
12:44An diesem Tag räumt der Neffe von Sabine H. das Grundstück in Briesko-Finkenherd auf und entdeckt etwas.
12:54Das meldet er umgehend der Polizei.
12:59Bei der Fundortsicherung offenbart sich selbst für erfahrene Polizisten ein Verbrechen von erschütternder Dimension.
13:12Sie müssen sich das so vorstellen, die ersten beiden, ja, die akzeptieren sie.
13:15Da ist was Schlimmes passiert, die akzeptieren sie, geht los.
13:18Dann nehmen sie sich das nächste Gefäß und sagen, nee.
13:21Dann nehmen sie sich das nächste.
13:22Und irgendwann kommt dann, wo sie gucken, ich habe noch so und so viele Gefäße, eigentlich will ich das gar nicht mehr.
13:30Regionale Medien begleiten den Fall von Anfang an.
13:38Das war damals so, dass wir einen Anruf erhalten haben, also meines Wissens nach auch von der Polizei,
13:45also von jemandem, der auf die Sache aufmerksam machen wollte.
13:50Und das war auch so, dass relativ schnell bekannt wurde, dass es um tote Kinder geht.
13:58In Frankfurt oder, in ganz Deutschland, löst der Fund starke Emotionen aus.
14:05Die Schlagzeilen dieser Zeit spiegeln wieder, welche Wirkung die Details haben, die nach und nach öffentlich werden.
14:13Also einerseits gab es eine große Wut, weil es ja wirklich auch schlimme Verbrechen sind, die sich da herauskristallisiert haben.
14:22Aber andererseits gab es auch eine große Betroffenheit, also um den Tod dieser Kinder.
14:26Also das ist dieses eine Telefonat, ich erinnere mich, da war wirklich eine Frau am Telefon, die anrief,
14:34die einfach so völlig fassungslos war und dann eben auch geweint hat am Telefon.
14:40Und dieser Fall ist mir eben in Erinnerung geblieben, weil es eben auch nicht jeden Tag vorkommt,
14:44dass Leute anrufen und am Telefon weinen.
14:46Und es gab eben aber auch ganz andere Meinungen, dass Leute eben gesagt haben,
14:52also die Frau für immer wegsperren und eben auch noch schlimmere Sachen, die ich jetzt nicht unbedingt wiederholen möchte.
15:01Inmitten der aufgewühlten Atmosphäre stehen die Ermittlungsbehörden unter Druck.
15:05Und vor einem riesigen Berg an Arbeit, denn jeder einzelne Fund dieser neun toten Kinder muss geklärt werden.
15:12Für uns stand fest, wir müssen über einen Zeitraum von wenigstens 20 Jahren ermitteln.
15:20Wir haben ja das persönliche Lebensumfeld sehr umfassend aufklären müssen.
15:28Wir mussten ermitteln, wir wussten ja nicht, wann diese Kinder geboren worden sind.
15:33Wir wussten nicht, wann diese Kinder zu Tode gekommen sind.
15:37Sabine H. wird in Frankfurt-Oder festgenommen und kommt in Untersuchungshaft.
15:49Kurz danach hat sie einen Rechtsanwalt in ihrer Seite.
15:55Also wenn man nur diese Vorwürfe kennt und die Person nicht kennt,
16:00dann stellt man sich ja irgendwie was ganz Furchtbares vor.
16:03Und das war nun überhaupt nicht so. Das war eine Frau, die einem, wenn man mal das ausblendet, was man ihr vorwirft,
16:13die intelligent war, mit der man sich unterhalten konnte, die aufgeschlossen war, die sympathisch war.
16:22In der Gerichtsmedizin Frankfurt-Oder laufen zu der Zeit bereits wichtige Untersuchungen.
16:28Hier werden 2005 die Überreste der Babyleichen obduziert.
16:32Im Ergebnis unserer Obduktion konnten wir eindeutig feststellen, dass alle neun Neugeborenen reif geboren waren.
16:43Also sie waren reif, hatten keinerlei Zeichen einer Unreife, die möglicherweise auch einen Tod hätten erklären können.
16:50Wir haben keine Todesursache feststellen können bei keinem Kind.
16:53Klar ist nach der Obduktion auch, es waren zwei Jungs und sieben Mädchen.
16:57Und alle haben denselben Vater, den Ehemann von Sabine H.
17:02Unklar bleibt erstmal, ob die Kinder aktiv getötet wurden, starben, weil niemand sie versorgte oder ob die Babys bereits tot zur Welt kamen.
17:11Fragen, die im Landgericht Frankfurt-Oder über Monate eine Rolle spielen.
17:18Denn hier beginnt im April 2006 der Prozess, den auch die Journalistin Beate Bias mitverfolgte.
17:24Das ist immer so ein großer Augenblick, also wenn dann im Gerichtssaal alle sitzen und warten.
17:32Das war eine sehr unscheinbare Frau, also klein, zierlich und sie wirkte sehr scheu.
17:39Also sie war auch, glaube ich, so ein bisschen sehr beeindruckt von der Situation dieses großen Gerichtssails, der vielen Menschen, alle guckten auf sie.
17:46Über Wochen folgen dann immer wieder diese Bilder.
17:52Die inzwischen 40-Jährige wird in den Gerichtssaal geführt.
17:55Die Anklage lautet mehrfacher Mord.
17:58Doch sie schweigt, macht keine Aussagen zu den Geburten oder den toten Kindern.
18:04Auch nicht dazu, warum sie die Kinder in Gefäßen vergrub und sie alle bei sich behielt.
18:09Diese Originalaufnahmen wurden auch im Prozess gezeigt.
18:19Als Gefäß wurde alles benutzt, was offensichtlich da war.
18:23Die Wanne, das Aquarium bis hin zu Plastikeimern und Kochtöpfen.
18:28Die Kinder, die befanden sich also in Folientüten, also Einkaufsbeuteln in der Art, beziehungsweise auch in Stoffbeuteln und dann im Erdreich.
18:37Und ringsherum war noch allmöglicher Müll, der sich möglicherweise in der Wohnung befunden hat, im Bad oder wie auch immer.
18:44Wie zum Beispiel Toilettenspül-Tabs, also was man da so einhängt in Toilettenbecken.
18:51Verpackungsmaterial von Toilettenpapier, von Windeln, so etwas fand sich alles noch mit in diesem Erdreich.
18:56Einige Gefäße sind mit Blumen und Kräutern bepflanzt worden.
19:02Alles stand auf dem Balkon, den auch die Familie nutzte.
19:07Jedes Jahr kam ein neues Gefäß dazu.
19:11Insgesamt neunmal.
19:12Die Behauptung von Sabine H. in diesen Jahren exzessiv getrunken zu haben, wird im Prozess bestätigt.
19:23Durch die gerichtsmedizinische Untersuchung der Babys.
19:26Bei drei wurden aus den Weichteilen dann später noch Ethylglocoronid versucht zu bestimmen oder festgestellt, auch festgestellt in den Weichteilen.
19:37Dabei handelt es sich um ein Abbauprodukt von normalen Ethanolalkohol und der sich in die Weichteile einlagert.
19:43Das heißt, die Kinder waren mit Sicherheit alkoholisch beeinflusst, als sie geboren worden sind und haben möglicherweise auch nicht mehr geschrieben.
19:51Unklar bleibt damit auch, ob sie bei der Geburt gelebt haben.
19:55Und das war so der Punkt, auf dem ich als Verteidiger umgeritten bin, dass sie gesagt hat, wenn wir das nicht wissen,
20:03dann können wir sie natürlich ihr auch nicht vorwerfen, dass sie die Kinder umgebracht hat.
20:08Aber das hat das Gericht letztlich anders gesehen.
20:11Am 1. Juni 2006 wird Sabine H. zu 15 Jahren Haft verurteilt.
20:17Aber nicht wegen Mordes, sondern nur wegen mehrfachen Totschlags.
20:21Weil laut Gericht nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie die Neugeborenen aktiv getötet hat.
20:28Der Vater der Kinder wird in dem Verfahren als Zeuge gehört.
20:32Er erklärt nichts von den Schwangerschaften seiner Frau bemerkt zu haben.
20:36Oder von den Geburten.
20:39Das Gericht kann ihm nicht das Gegenteil beweisen.
20:42Sabine H. kommt ins Frauengefängnis, in die JVA Lukau-Duben.
20:49Dort beginnt zwangsläufig ein neues Leben für sie.
20:52Und eine Zeit des Wartens.
20:55Denn monatelang ist unklar, ob das Urteil so bleiben wird, weil beim Bundesgerichtshof Revision eingelegt wurde.
21:012008 gibt es dann tatsächlich einen 2. Prozess.
21:07Wieder in Frankfurt-Oder.
21:09Noch einmal muss ihre Schuldfähigkeit geprüft werden.
21:13Zum 1. Mal spricht sie nun selbst vor Gericht.
21:17Die inzwischen 42-Jährige spricht über ihre Ehe, ihre Alkoholsucht und die toten Babys.
21:23Dabei erklärt sie, nur dem 1. Kind hat sie ins Gesicht geschaut.
21:30Doch geliebt hätte sie alle.
21:34Das hat sie auch so beschrieben.
21:36Das wäre möglicherweise nie rausgekommen, wenn sie z.B. die sterblichen Überreste einfach entsorgt hätte.
21:45Das konnte sie nicht, das hat sie nicht gemacht.
21:47Die mussten bei ihr bleiben.
21:49Außerdem beschuldigt sie nun, ihren Ex-Mann von den Schwangerschaften gewusst zu haben.
21:53Eine Aussage, die auch Prozessbeobachter beschäftigt.
21:58Er hat ja damals gesagt, er hat nichts von diesen neuen Schwangerschaften mitbekommen.
22:03Aber es war ja so, dass die nicht in einem Palast gewohnt haben, sondern in einer Neubauwohnung.
22:09Haben zusammen in einem Bett geschlafen.
22:12Und für mich ist es deshalb nur schwer nachvollziehbar, dass er nichts mitbekommen hat.
22:18Die Staatsanwaltschaft hat ihm das aber abgenommen.
22:20Und von daher ist ja damals ja auch kein Ermittlungsverfahren gestartet worden und auch keine Anklage dementsprechend erhoben worden.
22:28Das Urteil gegen seine Ex-Frau Sabine H. wird im Revisionsverfahren dagegen bestätigt.
22:34Ihr wird volle Schuldfähigkeit bescheinigt.
22:37Die Frau ist zweimal forensisch-psychiatrisch untersucht worden.
22:43Und beide Fachärzte sind unabhängig voneinander zu der Erkenntnis gekommen,
22:54dass sie in keinster Weise in irgendeiner Form in ihrer Handlungsfähigkeit, Schuldfähigkeit beeinträchtigt gewesen ist.
23:07Sie muss also wieder zurück in die JVA Lukau-Duben.
23:13Das Urteil, 15 Jahre Haft wegen mehrfachen Totschlags, ist rechtskräftig.
23:19Es war eine sehr emotionale Geschichte, einer der emotionalsten Fälle, die wir hier in der Region hatten,
23:29weil es eben zum einen um Kinder ging und Kinder, die auch noch getötet worden sind.
23:35Die Leute haben sich damit beschäftigt.
23:36Ich glaube, kein Familientreffen oder auch kein Stammtisch hat nicht über diesen Fall gesprochen.
23:41Also es war sehr präsent in der Stadt und also eben nicht nur in der Stadt Frankfurt, sondern auch darüber hinaus.
23:48Hier in Frankfurt-Ode wurden die neun Kinder in aller Stille beerdigt.
23:52Bis heute löst ihr Schicksal Nachdenken aus.
23:57Was wäre mit den Kindern heute? Hätten sie einen Beruf gelernt? Wie wären sie groß geworden?
24:02Hätten sie eigene Familien gehabt?
24:03Und so gerade auch, weil es eben nicht nur ein Kind war, sondern so viele Kinder, die ganz individuell möglicherweise in die große Welt gegangen wären.
24:15Über das, was sich über Jahre in einer Brandenburger Wohnung abspielte, wurde in zwei Gerichtsprozessen geurteilt.
24:25Trotzdem gibt es nur Erklärungsansätze für das Unerklärbare.
24:29Es gibt eine psychodynamische Hypothese, dass, wie wir mit unseren Kindern umgehen, verspiegelt wieder, wie wir mit dem verletzbaren, bedürftigen Teil in uns selbst umgehen.
24:47Aus dieser Hypothese heraus können Sie sich vorstellen, was diese Frau mit sich selbst gemacht hat, bevor sie die Kinder sterben lassen, getötet hat.
24:54Und diese Zweischneidigkeit, diese Beschädigung der eigenen Person, die in diesen Handlungen steckt und das Unschuldige nicht zu schützen, ein neues Leben.
25:10Und das so häufig zu wiederholen für den eigenen Vorteil, darin steckt eine sehr große Kälte und Härte.
25:28Neben allem Leid, das diese Frau sicherlich erlebt hat.
25:31Neun Babys wurden verscharrt und vergraben.
25:39Es bleiben neun nicht-gewehrte Leben.
25:42Inzwischen lebt Sabine H. wieder in Freiheit.
25:492015 wurde sie nach zehn Jahren Gefängnis vorzeitig aus der Haft entlassen.
25:54Ihre älteste Tochter hat sie aufgenommen und ist gemeinsam mit ihr in eine andere Stadt gezogen.
25:59Das war's für heute. Danke fürs Zuschauen.
26:01Nächste Woche geht's weiter mit unserer Reihe Die Spur der Täter.
26:04Den ganzen Sommer lang zeigen wir, wie es der Polizei gelungen ist, spektakuläre Verbrechen aufzuklären.
26:10Los geht's wie immer um 19 Uhr. Bis dahin, alles Gute.
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