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  • 21.5.2025

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Transkript
00:00Es sind sehr wertvolle Erinnerungsstücke des berühmten Beatles-Sängers John Lennon,
00:19die 2018 plötzlich auf dem Berliner Kunstmarkt auftauchen. Zwölf Jahre zuvor waren sie Joko
00:25Ono, der Witwe von John Lennon, gestohlen worden. Sechs alte Meister von unschätzbarem Wert bleiben
00:3240 Jahre lang verschollen und tauchen dann überraschend auf. Es ist der größte Kunstraub
00:36der DDR-Geschichte. Und er hat Fälschungen bis zu 50 Millionen Euro in Umlauf gebracht und hat
00:44damit den größten Kunstskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte ausgelöst. Fälle wie diese
00:49sind für ihn Alltag. Kunstkommissar René Allange vom Berliner Landeskriminalamt ist eine
00:55Koryphäe seines Fachs. Er setzt alles daran, sie aufzuklären.
01:12Köln. Es ist eine spektakuläre Versteigerung, mit der ein Kunstkrimi beginnt. Im November 2006
01:22wird im Kunsthaus Lempertz das rote Bild mit Pferden von Heinrich Kampendonk für 2,4 Millionen
01:29Euro versteigert. Ein stolzer Preis für den rheinischen Expressionisten. So viel wurde für
01:35einen Kampendonk zuvor noch nie bezahlt. Vier Jahre später wird genau dieses Bild
01:42Kunstkommissar René Allange aus Berlin auf die Spur der berüchtigten Beltracchi-Bande führen.
01:53Ich glaube schon, dass man den Fall Beltracchi heute zum größten Kunstfälschungsskandal der
01:59deutschen Kriminalgeschichte zählen kann. Das hängt einfach auch mit der Menge und Masse
02:05an gefälschten Werken zusammen, aber auch mit den Schadenssummen, die er verursacht hat,
02:11und auch den Summen, die er selber nachweislich eingenommen hat. In dieser Dimension ist mir
02:16bislang in Deutschland kein anderer Fall bekannt. Bei einer Berliner Kunstspedition heben Allange
02:22und seine Leute im März 2010 das Lager eines Kunsthistorikers aus, der Fälschungen in Umlauf
02:28gebracht hat. In seinen Unterlagen finden sich Hinweise auf drei gefälschte Aquarelle von
02:34Kampendonk, die nach England, Deutschland und in die Schweiz verkauft worden waren.
02:39Und da gab es ein Detail, was dann uns auf Wolfgang Beltracchi lenkte, nämlich ein Zeuge
02:46in diesem Verfahren sagte damals, diese ganzen Aquarelle, die stammen aus derselben Quelle wie
02:53das rote Bild mit Pferden, was 2006 bei Lempertz versteigert wurde. Wie sich später herausstellt,
03:00ist die Aussage des Zeugen zwar nicht korrekt, doch rein zufällig bringt sie Kommissar Allange
03:05auf die Spur des größten Kunstfälschungsskandals der deutschen Nachkriegsgeschichte. Im Rahmen
03:11seiner Ermittlungen bricht Kommissar Allange auf nach Köln zum Kunsthaus Lempertz.
03:16In erster Linie waren wir ja im März 2010 wegen der gefälschten Kampendonk-Aquarelle dort in Köln
03:26im Kunsthaus Lempertz. Die entscheidenden Unterlagen, die uns dann übergeben haben,
03:30gaben uns Aufschluss darüber, wer die Fälschung dort eingeliefert hat und wer sie auch erworben
03:38hat. Dadurch ergaben sich für uns neue Ermittlungsanhalte, denen wir nachgehen konnten.
03:43Und wir haben uns damals aber nicht damit begnügt, sondern wir haben das Kunsthaus
03:49Lempertz ganz konkret gefragt, was es denn mit dem roten Bild mit Pferden auf sich hat.
03:54Die Antwort lässt Kommissar Allange aufhorchen. Obwohl das Gemälde vor der Versteigerung gründlich
04:01geprüft worden war und mehrere Experten seine Echtheit bestätigt hatten, waren nach der
04:06Versteigerung im Jahr 2006 Zweifel laut geworden. Es könne sich um eine Fälschung handeln.
04:12Das hat uns damals sehr elektrisiert. Wir hatten auch nicht mit dieser spontanen
04:19Äußerung so gerechnet. Es war auch noch nirgendwo bei den Ermittlungsbehörden bekannt,
04:25denn immerhin stand ja der Verkauf eines Millionen-Gemäldes im Raum und es war
04:32ein Millionen-Schaden zu befürchten. Zurückgekehrt nach Berlin beginnt
04:37Kommissar Allange, sich intensiver mit dem Gemälde Rotes Bild mit Pferden zu beschäftigen.
04:42Im Auktionskatalog ist auch die Rückseite abgebildet. Auffällig ist ein Aufkleber,
04:48der darauf hinweist, dass das Bild aus der Sammlung des berühmten Kunsthändlers
04:52und Sammlers Alfred Flechtheim stammt. Diesem Aufkleber kommt nun eine entscheidende Rolle zu.
04:59In diesen Tagen wendet sich eine Kunstexpertin aus Frankreich an Kommissar Allange. Sie
05:05übersendet Allange Abbildungen von drei Gemälden des Künstlers Jean Metzinger,
05:09die sie eindeutig als Fälschungen enttarnt hat. Sie hat uns dann Abbildungen dieser Arbeiten
05:15geschickt und vor allen Dingen Abbildungen von der Rückseite dieser Fälschungen. Was ich dann
05:22gesehen habe, hat mich sehr elektrisiert. Da war nämlich auch dieses Flechtheim-Label
05:27darauf zu sehen, und zwar das gleiche Label wie beim Roten Bild mit Pferden. Und da habe
05:33ich schon den Rückschluss gezogen, dass das unter Umständen doch ein größerer,
05:38sich anbahnender Fälschungsskandal werden könnte. Kurz darauf wendet sich eine weitere
05:44Expertin an Kommissar Allange. Die Kunsthistorikerin ist sich sicher, mehrere Fälschungen des
05:50Expressionisten Max Pechstein ausgemacht zu haben. Und wieder entdeckt René Allange auf der Rückseite
05:55den mysteriösen Aufkleber der Galerie Flechtheim. Hinzu kam, dass in derselben Zeit auch der
06:04Experte für den Künstler Georges Gros, Ralf Jentsch, sich an uns gewandt hat und hier im
06:11Landeskriminalamt im Foyer sich auch Fälschungen aus einem ganz anderen Verfahren ansehen wollte.
06:18Der Kunsthistoriker Ralf Jentsch arbeitet seit drei Jahrzehnten am Werkverzeichnis von
06:24Georges Gros und gilt gleichzeitig als größter Kenner des Kunsthändlers und Sammlers Alfred
06:29Flechtheim. Was Kommissar Allange nicht ahnt, Jentsch ist dem Roten Bild mit Pferden bereits
06:34seit 2008 auf der Spur. Die Verfasserin des Werkverzeichnisses von Kampendonk hatte damals
06:40bei ihm angefragt, ob er etwas zur Herkunft des Gemäldes sagen könne. Ich habe dann gesagt,
06:45schicken Sie mir doch eine Abbildung zu. Und dann kam eben, wie gesagt, diese Abbildung,
06:51gefaltetes Blatt und selbst in der schlechten Abbildung habe ich sofort gedacht, das ist nie
06:59in Kampendonk. Was für eine Gurke. Und das hat 2,8 Millionen gebracht. Der Verdacht wird zur
07:07Gewissheit, als Jentsch den Aufkleber auf der Rückseite sieht. Nun, als ich zum ersten Mal
07:14dieses dümliche Flechtheim-Porträt sah, war mir sofort klar, das hat nichts mit Flechtheim zu tun.
07:21Aber das war genau der Punkt, an dem mir sofort aufgefallen war, die Dinge sind falsch. Wenn die
07:26Rückseite falsch ist, ist auch die Vorderseite falsch. So einfach ist das. Ralf Jentsch ist
07:32sich sicher, das Flechtheim-Label ist eine Fälschung. Er sucht das Gespräch mit Kollegen
07:37und informiert die Auktionshäuser. Überlegen Sie sich mal, Sie stehen alleine da. Das hat einen
07:44Weltrekordpreis gebracht, fast drei Millionen Euro. Und Sie stehen da und sagen, hier, das Bild
07:50ist falsch. Das war nicht ganz einfach. Und die ersten Gespräche liefen auch dahingehend,
07:59dass man mich in Zweifel gezogen hat. Und dann hat mich der Ehrgeiz gepackt. Und ich habe dann
08:07Kataloge durchgeblättert. Und ich habe innerhalb kurzer Zeit etwa 15 Gemälde gefunden, alle mit
08:14falschen Aufklebern auf der Rückseite. Und habe diese Liste dem Landeskriminalamt in Berlin
08:20übergeben. Und dann hatte ich die Unterstützung, die man brauchte, um diesen Burschen zu schnappen.
08:28Kommissar Allange ist sich jetzt sicher, einer international agierenden Wande von Kunstfälschern
08:34auf die Spur gekommen zu sein. Bilder aus dieser Quelle tauchen seit fast 25 Jahren
08:40auf dem internationalen Kunstmarkt auf. Regelmäßig zieren die Fälschungen dabei
08:45die Titelseiten der internationalen Auktionshäuser. So wie diese Fälschung bei Droho in Paris. Diese
08:52bei Christie's London. Oder auch beim größten deutschen Auktionshaus Lempertz.
08:57Am Anfang unserer Ermittlungen konzentrierten wir uns auf die Einlieferinnen zu diesen mutmaßlichen
09:07Fälschungen. Das waren eine Helene Bertracchi, ist uns da als Name genannt worden. Und eine
09:16Janett S. aus Köln. Wie sich dann herausstellte, waren das beides Schwestern. Und es gab noch einen
09:24Mann aus Krefeld, der auch mit diesen Fälschungen zu tun hatte. Der immer wieder in den Akten
09:30auftauchte. Mal als Einlieferer, mal als jemand, der sich sehr um eine Expertise gekümmert hat.
09:37Für diese Arbeiten. Und diese drei Namen standen zuerst auf dem Aktendeckel.
09:42Kommissar Allange lässt die Telefone von Helene Bertracchi, ihrer Schwester Janett S. und Otto S. überwachen.
09:49Alle drei sind der Polizei bislang nicht aufgefallen. Unklar bleibt außerdem, wer genau die Bilder fälscht.
09:56Kommissar Allange erwirkt einen Durchsuchungsbeschluss.
10:00Ich war an diesem 25. August Durchsuchung bei Janett S. in Köln. Das war damals ein Einfamilienhaus.
10:14Sie selber war gar nicht vor Ort gewesen. Angetroffen haben wir ihren Sohn. Und als der Sohn den
10:21Durchsuchungsbeschluss las, hat er spontan geäußert, das kann doch nur mit dem Wolfgang
10:27zusammenhängen und seinen gefälschten Bildern. Das war eine Spontanäußerung, die aber für uns
10:34natürlich zu dem Zeitpunkt sehr wichtig war.
10:38Mit Wolfgang kann nur der Ehemann von Helene Bertracchi gemeint sein. Der Mann lebt mit seiner Familie in der Nähe von Montpellier.
10:45Auch Wolfgang Bertracchi ist für die Polizei bisher ein unbeschriebenes Blatt. Ist er der Kopf der Fälscherbande?
10:52Auf der Telefonüberwachung gab es plötzlich Bewegung und wir merkten, wie sich eine männliche Stimme meldete.
11:00Es war ein überwachter Anschluss der Helene Bertracchi. Und offensichtlich aus Südfrankreich ein Anruf nach Freiburg ging.
11:11Zu einer Festnetznummer, die wir jetzt so noch nicht weiter kannten. Und das stellte sich als das eigentliche Anwesen der
11:20Bertracchis in Deutschland heraus. Es war eine Anschrift, die wir zu dem Zeitpunkt nicht kannten.
11:25Es ist ein Anruf wie in einem Mafia-Film. Der ältere Mann aus Südfrankreich gibt dem Jüngeren in Freiburg Anweisungen,
11:33seine Festplatte verschwinden zu lassen.
11:36Weg! Einfach weg! Und dann gehst du ins Geschäft, kannst ja das Geld abheben, kauf dir ein neues Laptop, da spielst du deine
11:42wichtigen Sachen drauf, die du brauchst und alles andere weg. Mach das sofort!
11:47Es stellte sich heraus, dieser Anrufer aus Südfrankreich war Wolfgang Bertracchi selbst.
11:53Und der Angerufene in Freiburg, das war sein Sohn Manuel aus seiner ersten Beziehung, der in diesem Haus lebte.
12:02Und er hat im Prinzip seinen Sohn aufgefordert, Beweismittel aus dem Anwesen in Freiburg zu schaffen.
12:08Und das hat die Staatsanwaltschaft als Verdunklungshandlung gewertet.
12:12Das ist ein Haftgrund und hat entsprechend auch für alle Beschuldigten damals Haftbefehle erlassen.
12:20Der Laptop, den der Sohn von Wolfgang Bertracchi verschwinden lassen sollte, kann später bei einem Freund sichergestellt werden.
12:26Aufgeschreckt von den polizeilichen Maßnahmen verlässt Bertracchi sein Anwesen in Südfrankreich, um in Deutschland nach dem Rechten zu sehen.
12:33Wir haben nur zwei Tage später mitbekommen, wie sich Wolfgang Bertracchi und seine Schwägerin und seine Frau zusammen in einem Auto nach Deutschland bewegten und nach Freiburg einreisten.
12:49Und als wir das mitbekommen haben, haben wir die Kollegen abermals gebeten, zu dem Anwesen zu fahren und die Haftbefehle zu vollstrecken.
13:00Und so kam es praktisch dazu, dass auf der Anfahrt zu dem Anwesen die Kollegen schon das Fahrzeug, was Bertracchi und seine Familie benutzte, sahen, das Fahrzeug stoppten und es dann dort in Freiburg zur Festnahme der Verdächtigen kam.
13:20Kommissar Allange wendet sich an das Rattgen-Forschungslabor in Berlin, um für den Prozess sieben Fälschungen genau untersuchen zu lassen.
13:27Der Chef des Rattgen-Forschungslabors ist zu der Zeit beruflich in Görlitz unterwegs.
13:32Ich habe einen Anruf bekommen vom LKA in Berlin. Man hat mich gefragt, haben Sie die Süddeutsche gelesen heute?
13:40Und ich habe gesagt, nein, nicht. Ich bin gerade auf dem Weg von Polen, habe ich nicht.
13:44Und dann hat Herr Allange eben gesagt, dann gehen wir zum Kiosk und kauf dir mal die Süddeutsche, dann weißt du, was du das nächste Jahr machen wirst.
13:51Über ein Jahr lang untersuchen die Experten des Rattgen-Forschungslabors sieben Bilder von der Hand Beltracchis mit naturwissenschaftlichen Methoden.
13:59Dabei geht es um Leinwände und Rahmen, vor allem aber auch um den Farbauftrag und die Pigmente der verwendeten Farben. Beispiel Titanweiß.
14:10Titanweiß wird seit 1920 als Künstlerpigment verwendet.
14:15Wenn in einem Bild, das vor 1920 entstanden sein soll, Titanweiß nachgewiesen werden kann, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit gefälscht.
14:26Die Ergebnisse sind eindeutig. Bei allen sieben Bildern können Pigmente nachgewiesen werden, die bei ihrer angeblichen Entstehung noch gar nicht verwendet wurden.
14:36Jeder einzelne Bericht umfasst 150 Seiten. Diese Berichte werden erst lange nach Prozessbeginn fertig.
14:43Irgendwann haben wir dann im WDR am Abend gesehen, wie dieser Wagen in den Gerichtssaal gerollt wurde mit unseren Aktenordnern.
14:49Wie gesagt, es waren sieben Aktenordnern mit jeweils 150 Seiten.
14:52Und das war dann auch der nächste Tag, der Tag, an dem das Geständnis gekommen ist.
14:58Und meine ganz persönliche Interpretation war, dass der leitende Richter gesagt hat, also ihr habt jetzt zwei Möglichkeiten.
15:04Wenn ihr mich zwingt, diese hunderten von Seiten vom Rathen-Forschungslabor zu lesen, dann wird das ein hartes Urteil.
15:11Im Angesicht der Beweise bleibt der Bande nichts anderes übrig, als zu gestehen. Experten kennen bis heute rund 100 gefälschte Arbeiten.
15:19Beltracchi selber behauptet, 200 bis 300 Fälschungen in Umlauf gebracht zu haben. Um welche Bilder es sich handelt, sagt er nicht.
15:26Der Schaden liegt zum Zeitpunkt des Urteils bei 50 bis 70 Millionen Euro.
15:31Wolfgang Beltracchi wird vor dem Landgericht Köln im Oktober 2011 wegen 14 nachgewiesener Fälschungen zu sechs Jahren Haft verurteilt.
15:39Sein Komplize Otto S. zu fünf Jahren, seine Frau Helene zu vier Jahren, ihre Schwester zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung.
15:49Alle Angeklagten wurden wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges verurteilt. Das ist für mich eine sehr wichtige Feststellung.
15:59Denn das Gericht hat sowohl die Bande bestätigt, als auch diese Gewerbsmäßigkeit, also die Qualifikation dieses Betruges
16:07und hat damit auch eindeutig eine Wertung vorgenommen, dass es sich hier um ein Verbrechen handelt, was passiert ist.
16:15Und die Verurteilung erlangte dann auch später Rechtskraft.
16:22Alle Mitglieder der Beltracchi-Bande befinden sich heute wieder auf freiem Fuß.
16:26Der Anführer hat es mittlerweile zu einiger Popularität gebracht. Als Kunstfälscher, der der Branche den Spiegel vorgehalten haben will.
16:35Als Ermittler habe ich natürlich dazu eine andere Meinung, denn ich habe ja gesehen, wie viel Schaden angerichtet wurde,
16:43wie viel Geld vernichtet wurde, welche Künstler beschädigt wurden und auch welche Sammler geschädigt wurden.
16:51Und da habe ich natürlich überhaupt kein Verständnis dafür, dass im Nachgang daraus auch so eine Heroisierung erfolgt.
17:05New York.
17:09Das Attentat auf den berühmten Beatlesänger John Lennon am 8. Dezember 1980.
17:16Sein gewaltsamer Tod erschüttert die Menschen in aller Welt.
17:20Ein Fall, der 35 Jahre später auch Kunstermittler René Allange beschäftigt.
17:26Wichtige Andenken von John Lennon wie seine Tagebücher sind gestohlen worden.
17:31Die Ermittlungen führen Allange unter anderem zu einer einschneidenden Begegnung mit der Lennon-Widwe Yoko Ono.
17:39Es begann eigentlich damals mit einem ziemlich harmlosen Anruf.
17:43Es war im Juni 2017, als sich ein Anwalt an uns gewandt hatte.
17:49Er hatte angerufen bei uns auf der Dienststelle und bat um ein vertrauliches Gespräch.
17:56Der Anwalt betreut die Insolvenz des Internet-Auktionshauses Auktionata in Berlin.
18:01Im Lager der Firma hat er 86 sehr private Andenken von John Lennon gefunden.
18:07Darunter eine Zigarettendose. Lennon rauchte Gitane. Ein Schulheft für Schreibübungen.
18:14Ein Konzertmitschnitt der Beatles von 1965. Urheberrechtsurkunden für verschiedene Kompositionen.
18:21Ein Musikpreis von 1980. Und sogar drei Tagebücher aus den Jahren 1975, 79 und 80.
18:30Die Ermittler sollen die Fundstücke überprüfen.
18:34Als wir damals die Sachen vom Insolvenzverwalter abholten, haben wir uns, mein Kollege und ich, in ein Zimmer eingeschlossen.
18:44Haben vorne ein Schild drangemacht, bitte nicht stören, weil wir uns wirklich absolut ungestört diese Sachen ansehen wollten.
18:56Gespannt vertieft sich Kommissar Allange in die Tagebücher.
19:02Da standen so viele detaillierte Informationen, sowohl aus dem privaten Bereich der Eheleute Lennon,
19:08aber auch zu Umständen mit einzelnen Mitgliedern der Beatles.
19:13Also es waren sehr detaillierte Informationen, die man auch jederzeit hätte überprüfen können.
19:19Zahnarzttermine, Gewicht des gemeinsamen Kindes, also das war so ein richtiges Tagebuch mit sehr vielen persönlichen Informationen.
19:30Der letzte Eintrag stammt vom 8. Dezember 1980. Es ist der Todestag.
19:34Es war dort notiert, dass es einen Fototermin mit der Ann Leibovitz gab, dass man nochmal ins Studio gehen wollte zu einer bestimmten Uhrzeit.
19:44Es war noch ein Titel von dem letzten Album Double Fantasy dort notiert.
19:50Und ich glaube, es war sogar die Zeit notiert, wann er aufgestanden ist an dem Tag.
19:55Also er muss das irgendwann im Laufe des Mittags, Nachmittags verfasst haben, diese letzten Zeilen.
20:02An diesem Abend wird John Lennon gegen 22.45 Uhr von einem Psychopathen erschossen.
20:08Auf der Spur der Tagebücher ermittelt Kommissar Allange bei dem Insolventen-Auktionshaus Auktionata in der Berliner Fränklinstraße.
20:16Das Konvolut-Auktionshaus in der Berliner Fränklinstraße.
20:19Das Konvolut der 86 Andenken an John Lennon war 2014 hier eingeliefert worden.
20:25Der Wert war auf 3,14 Millionen Euro geschätzt worden.
20:29Kommissar Allange findet heraus, bereits vor diesem Deal wurde eine Uhr von John Lennon bei der Online-Plattform Auktionata versteigert.
20:38Herzlich willkommen bei Auktionata Live aus Berlin zur letzten Auktion in diesem Jahr.
20:43Herzlich willkommen bei Auktionata Live aus Berlin zur letzten Auktion in diesem Jahr.
20:48Der Countdown hat schon längst begonnen, meine Damen und Herren. Ich zähle hier nur die Sekunden.
20:522013 wurde diese Uhr damals eingeliefert bei Auktionata und ist dann praktisch versteigert worden für über 600.000 Euro an einen Uhrensammler aus Italien.
21:05Damals hatte sich das Auktionshaus darauf verlassen, auf eine eidesstattliche Versicherung des Einlieferers, dass er rechtmäßig im Besitz dieser Uhr gewesen wäre.
21:17Er hätte sie von Yoko Ono geschenkt bekommen. Das hat den damaligen Verantwortlichen gereicht und sie haben die Uhr versteigert.
21:24Doch Kommissar Allange will es genauer wissen.
21:27Der Einlieferer der Uhr und der anderen Andenken ist ein türkischer Geschäftsmann aus Berlin.
21:32Er sagt aus, einen Hintermann in der Türkei zu haben.
21:36Er hat uns erklärt, dass er diesen Mann kennengelernt habe im Zusammenhang mit einem Verkauf einer Immobilie in der Türkei.
21:45Und die 500.000 Euro konnte praktisch dieser türkische Hintermann nicht aufbringen.
21:53Er konnte damals nur 250.000 Euro aufbringen und hätte dann für den Rest diese goldene Uhr übergeben, die dann versteigert wurde.
22:03Und so sei man sich dann praktisch näher gekommen und weil das so gut lief mit der goldenen Uhr, hätte man dann weitere Stücke hier in Berlin eingeliefert.
22:13Der Hintermann in der Türkei ist kein geringerer als Koral K., der langjährige Chauffeur von Yoko Ono.
22:19Mittlerweile hat Kommissar Allange Post aus New York erhalten.
22:23Allange hatte die Anwälte von Yoko Ono angeschrieben. Und die erzählen eine andere Geschichte als der ehemalige Chauffeur.
22:30Yoko Ono schien offensichtlich Opfer eines Diebstahls oder einer Veruntreuung, Unterschlagung geworden zu sein.
22:38Das ist natürlich strafbar und wenn dann solche Stücke aus einer strafbaren Handlung hier in Deutschland zur Versteigerung kommen sollen,
22:47dann kann es sein, dass der Verdacht der Hehlerei oder des versuchten Betruges im Raum besteht.
22:54Und dementsprechend haben wir nach dieser Rückmeldung auch offizielle Ermittlungen eingeleitet und dann die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
23:02Wie in jedem Verfahren will Allange die Geschädigte persönlich vernehmen. Yoko Ono stimmt zu.
23:09Wir haben uns damals dazu entschlossen, die Vernehmung von Yoko Ono im Deutschen Generalkonsulat in New York zu machen.
23:18Auch vor dem Hintergrund, dass wir dadurch die ganzen Wege etwas vereinfachen, weil es ist ein deutsches Territorium, wo praktisch die Vernehmung stattfindet.
23:30Am 31. Oktober 2017 ist es soweit. Zwei Staatsanwälte, zwei Ermittler und das Personal des Deutschen Generalkonsulats warten auf Yoko Ono.
23:40Da saßen also schon einige Personen in diesem großen Raum und irgendwann klopfte es dann an der Tür.
23:47Die Tür ging auf und Yoko Ono wurde von ihrem Anwalt in einem Rollstuhl in den Raum gefahren und dann konnte es beginnen.
24:02Kommissar Allange beginnt jetzt, Yoko Ono die Andenken Stück für Stück vorzulegen.
24:08Bei allen 86 Stücken hat sie uns eindeutig gesagt, dass es ihr Eigentum ist.
24:14Und der einprägsamste Moment in dieser Vernehmung war die Identifizierung des letzten Tagebuches aus dem Jahr 1980,
24:25auch mit der letzten handschriftlichen Eintragung ihres ermordeten Ehemannes.
24:31Diese Zeilen, da hat sie immer wieder mit dem Finger drüber gestrichen.
24:37Sie hat sehr leise gesprochen, mitunter brauchte sie sehr lange, um zu antworten.
24:44Also sie war sehr betroffen von der Situation.
24:47Zurückgekehrt nach Berlin erwirkt Kommissar Allange einen Durchsuchungsbeschluss für das Haus des Berliner Geschäftsmanns,
24:54der die Gegenstände beim Auktionshaus eingeliefert hatte.
24:58Ich glaube den Fund des Tages hat eine Kollegin gemacht, in der Tiefgarage in einem Zweitwagen dieses Berliner Geschäftsmanns,
25:07wo im Kofferraum in einer Rattenmulde eine Tasche war und dort waren die Notenpartituren sehr bekannter Biedelstücke enthalten,
25:17aber auch eine weitere Brille von John Lennon und die konnten wir diesmal ganz genau ihm zuordnen,
25:23weil da war noch das ärztliche Rezept mit drinnen, seines Augenarztes, mit der Dioptrienstärke auch.
25:32Und das war dann kein Zweifel, dass das auch eine authentische Brille war.
25:37Der ehemalige Chauffeur Koral K. bleibt in der Türkei für die deutschen Behörden unterwegs.
25:43Doch sein Berliner Komplize kommt in Untersuchungshaft und kooperiert nun vollumfänglich mit den Behörden.
25:52Seine Aussage, die hat sich auch für ihn selber, für die Bewertung seines Handelns gelohnt.
25:59Er ist letzten Endes um eine Anklage herumgekommen.
26:03Er hat also einen Strafbefehl damals über einen hohen fünfstelligen Betrag,
26:08akzeptiert und hat auch nochmal eine weitere größere Summe an eine gemeinnützige Einrichtung gezahlt.
26:15Er hat dann auch noch zugestimmt, dass alle Sachen, die gefunden wurden,
26:21also in der Konkursmasse von Auktionator, aber auch bei ihm zu Hause,
26:27dass die umgehend an Dioko Ono zurückgegeben werden können.
26:31Der Anwalt von Dioko Ono kommt nach Berlin, um die kostbaren Andenken an den weltberühmten Musiker zu übernehmen und nach New York zu bringen.
26:41Kommissar Allange bleibt die Begegnung.
26:44Eine Begegnung mit einer anderen Seite des verstorbenen John Lennon, die nur sehr wenige kennenlernen durften.
26:52Die Lektüren, die wir in Berlin haben, die sind immer noch da.
26:55Die Lektüre der Tagebücher hat mir vor allem eines gezeigt.
27:00Neben dieser großen Berühmtheit John Lennon gab es auch den privaten Menschen John Lennon,
27:07der so wie alle anderen Menschen auch ist, der seine Probleme hat, der diese Probleme auch mit seinem Tagebuch ausgetragen hat,
27:16der auch im Zwiespalt über viele Dinge war, sowohl mit den Beatles, aber auch mit zeitgeschichtlichen Ereignissen,
27:25der sehr politisch interessiert war, der auch eine enorme Gabe hatte,
27:32nämlich er konnte offensichtlich sehr gut zeichnen, das war mir überhaupt nicht bewusst,
27:37er konnte also zu Lebenssituationen, die ihn gerade bewegten,
27:41offensichtlich aus dem Stehgreif auch Karikaturen erstellen,
27:46das war also wirklich ein wahrer Fundus an interessanten Lebensgeschichten, die er dort dokumentiert hatte.
27:56Gotha. 14. Dezember 1979. Museum Schloss Friedenstein.
28:03Am frühen Morgen bemerkt ein Wachmann auf seinem Rundgang einen Einbruch.
28:08Aus der Sammlung fehlen fünf unersetzlich wertvolle Bilder.
28:13Die Namen der alten Meister lesen sich wie ein Huheshuh der Kunstgeschichte.
28:18Hans Holbein der Ältere, Franz Hals, Van Dyck, Jan Bruegel der Ältere und ein Zeitgenosse von Rembrandt, Jan Liefens.
28:28Die Gemälde bleiben spurlos verschwunden. Es ist der größte Kunstraub in der Geschichte der DDR.
28:3540 Jahre später erhält Kunstermittler René Allange eine ungewöhnliche Information.
28:40Ich erhielt einen Anruf von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz,
28:44dass im Radgen-Forschungslabor die Anlieferung von Kunstwerken ansteht.
28:50Und dabei könnte es sich möglicherweise um Diebesgut aus dem Kunstraub Gotha handeln.
28:56Mehr als ein Jahr zuvor hatte ein Anwalt im Namen einer Erbengemeinschaft in Göthe
29:01einen Anruf von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
29:05Mehr als ein Jahr zuvor hatte ein Anwalt im Namen einer Erbengemeinschaft die Stadt Gotha angesprochen.
29:12Er forderte über 5 Millionen Euro für die Rückgabe der Gemälde.
29:16Der Bürgermeister von Gotha ist zunächst auf das Angebot eingegangen, gegen einen Nachweis der Echtheit der Bilder.
29:23Die Gemälde sollen daraufhin im Radgen-Forschungslabor in Berlin geprüft werden.
29:27Was niemand ahnt, Kunstkommissar René Allange hat seine Leute vor Ort postiert.
29:31Er ist entschlossen, den größten Kunstraub der DDR 30 Jahre nach der Wende endlich aufzuklären.
29:38Wir befinden uns hier an einem sehr wichtigen Ort bei den Ermittlungen zum Kunstraub Gotha.
29:44Am 30. September 2019 sollte hier die Übergabe der gestohlenen Kunstwerke stattfinden.
29:52Wir sind hier auf dem Innenhof vom Radgen-Forschungslabor.
29:56Und wir haben uns damals natürlich sehr vorbereitet auf diesen Einsatz.
30:01Wir hatten hier die ganze Gegend mit Polizeibeamten auch verpostet, sagen wir.
30:06Und gegen 13.30 Uhr an diesem Tag fuhr dann ein dunkler Venn auf diesen Innenhof rauf.
30:13Am Steuer des kleinen Busses sitzt ein Mann.
30:16Er verlässt den Wagen und übergibt fünf in Luftpolsterfolie verpackte Bilder.
30:20Nach kurzer Verhandlung besteigt der Unbekannte wieder sein Fahrzeug und verlässt den Innenhof.
30:26Wir haben uns damals entschlossen, nicht gleich einen Zugriff zu machen.
30:30A, weil wir nicht wussten, ob wirklich die gestohlenen Bilder in diesen verpackten Folien waren.
30:36B, wollten wir ja auch langfristig überhaupt die Echtheit dieser Kunstwerke prüfen lassen hier im Radgen-Forschungslabor.
30:43Und C, wollten wir überhaupt erstmal wissen, wer ist hier angekommen, wer verbirgt sich hinter dem Fahrzeug.
30:50Was ist das für ein Mann, der diese Werke hier angebracht hat?
30:54Noch während der Übergabe gelingt es, den Lieferanten der gestohlenen Bilder zu identifizieren.
30:59Es handelt sich um Christoph S., einen Arzt aus Ostfriesland.
31:03Kommissar Allange lässt ihn unauffällig beschatten.
31:05Weitere Erkenntnisse erhofft er sich aus den Ermittlungsunterlagen der damaligen DDR-Volkspolizei nach dem Raub 1979.
31:14Man hat also mit viel Aufwand versucht, dort Tatverdächtige zu finden.
31:19Man hat eine Sonderkommission eingerichtet, es arbeiteten über 40 Ermittler an diesem Fall.
31:28Man hat aufwendige Tatortrekonstruktionen gemacht.
31:32In der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 1979 klettern Einbrecher an der Eisenstange eines Blitzableiters am Schloss in den zweiten Stock.
31:42Die Täter hatten sich Steigeisen aus Metall angefertigt. Zwei davon lassen sie am Tatort zurück.
31:49Der verwendete Stahl kommt aus einem Stahlwerk in Freital und wird nur an zwei Verarbeitungsbetriebe der DDR ausgeliefert.
31:57Gerd Schlegel ist damals als Kommissar bei der Volkspolizei an den Ermittlungen beteiligt.
32:04Es wurden also baugleiche Steigeisen hergestellt, die man auf die gleiche Weise in den Blitzableiter eingebracht hatte.
32:16Und von mutigen Männern ist der Versuch unternommen worden, an diesen Steigeisen bis zu dem Einstiegsfenster zu klettern, der hat das geschafft.
32:28Wenn man das also jetzt in der Summe nimmt, haben wir daraus abgeleitet,
32:35dass sehr wahrscheinlich nur ein Täter an diesen Steigeisen entbohr gestiegen ist und auch den Einstieg durch das Einstiegsfenster vollzogen hat
32:48und auch die fünf fehlenden Gemälde zusammengesucht hat.
32:54Es gelingt den Ermittlern am Tatort Schuhabdrücke zu sichern, die offensichtlich vom Täter stammen.
32:59Nachdem der Täter die Bilder von der Wand genommen hat, seilt er sie mit einer Schnur ab und schafft seine Beute durch den Park zu seinem Auto.
33:07Unabhängig voneinander wollen mehrere Zeugen in dieser Nacht einen seltenen blaulackierten P70 der Automobilwerke Zwickau gesehen haben.
33:16Doch auch diese Spur bringt die Ermittler damals nicht weiter.
33:19Mein Resümee ist, dass die Kriminalpolizei in Gotha alles ihr Mögliche getan hat, um diesen Fall aufzuklären.
33:27Man hat Unmengen, Tausende von Seiten beschrieben, man hat Zeugen befragt, man hat Spuren ausgewertet, man hat Ersuchen in die ganze Republik geschickt,
33:42man hat jahrelang an diesem Fall und an der Aufklärung gearbeitet und dennoch musste man nach Jahren feststellen,
33:51dass man eigentlich keine heiße Spur hatte, dass der Fall erstmal nicht zu lösen ist.
33:5640 Jahre später gibt es endlich vielversprechende Neuigkeiten in dem Fall.
34:01Eine Erbengemeinschaft wollte der Stadt Gotha die Bilder zum Verkauf anbieten.
34:05Am 4. Dezember 2019 schlagen die Ermittler schließlich zu. Hausdurchsuchung bei einem der Erben, Christoph S. in Ostfriesland.
34:14Diese Situation damals in diesem Arbeitszimmer, die war insofern auch bedrückend, weil Christoph S. auch anfing zu weinen.
34:22Man hat gemerkt, dass ihn der ganze Sachverhalt emotional sehr stark berührte. Es spielten auch viele familiäre Komponenten für ihn eine Rolle.
34:33Ich hatte das Gefühl, dass für ihn an diesem Tag eine Welt zusammenbrach und da ist es für uns dann als Ermittler auch wichtig,
34:42entsprechend vorsichtig vorzugehen, einfühlsam, aber immer trotzdem auch die Sache im Blick zu haben.
34:51Und was er uns dann schilderte, war für uns dann auch sehr überraschend.
34:58Christoph S. und seine Geschwister sind in Ingelheim bei Mainz aufgewachsen.
35:03In den 1980er Jahren hätten im Einfamilienhaus der Eltern plötzlich neue Bilder gehangen. Fotos belegen, es handelt sich tatsächlich um die fünf gestohlenen Kunstwerke aus Gotha.
35:20Keiner wusste, wie sie dort hingekommen sind. Man hat diesen Umstand als ziemlich normal angenommen.
35:28Die Eltern hätten sich wohl Kunst interessiert gezeigt, fanden diese Bilder schön.
35:34Niemand hat offen darüber gesprochen, dass das Bilder aus einem der größten Kunstdiebstähle der DDR waren.
35:42Erst 2009, nach einem Bericht in den Medien, sei auch den Kindern klar geworden, dass es sich um die Bilder aus dem Kunstraub von Gotha handelt.
35:51Bruchstückhaft sei die Wahrheit ans Licht gekommen.
35:53Als die Mutter dann schwer erkrankte und sich auch das Ende dann abzeichnete, hätte die Mutter auf dem Totenbett wohl gesagt,
36:02dass ihr das sehr leid getan hätte, was sie den Kindern angetan hätte.
36:07Sie sei mal mit ihrem Mann in einer Nacht- und Nebelaktion in die DDR gereist und hätte sich dort zu etwas hinreißen lassen,
36:16was überhaupt nicht ihrem Naturell und der Lebensgewohnheiten entsprach.
36:22Sie hätten wohl dort etwas in den Westen geschmuggelt und sie hat sich leider dann nie so richtig eindeutig gezeigt und gesagt,
36:32dass es sich um die gestohlenen Kunstwerke handelte.
36:35Erst nach dem Tod der Mutter rückt der Vater mit der ganzen Geschichte raus.
36:391986 sei ein Rudi B. bei ihm aufgetaucht. Rudi B. sei der jüngere Bruder eines alten Kriegskameraden gewesen.
36:48Er stammte aus der DDR, war dort wegen Fluchtabsichten inhaftiert und kurz zuvor freigekauft worden.
36:55Rudi B. habe Geld gebraucht und bot dafür kostbare Bilder zum Tausch.
37:00Mithilfe der Angaben konnten wir Rudi B. identifizieren.
37:06Zu diesem Zeitpunkt war uns dann sehr schnell bewusst, dass wir ihn nicht mehr selber befragen können, weil er schon 2016 verstorben ist.
37:15Aber seine zweite Ehefrau lebte noch und es gab auch noch Kinder und insofern gab es noch eine Menge Personen, die wir befragen können.
37:25Und für uns war halt das Interessante, dass Rudi B. aus Schmalkalden kam, einem Ort in unmittelbarer Nähe von Gotha.
37:36Rudi B. arbeitet als Lokführer in der DDR. Mehrfach kommt er wegen Diebstahl und Einbruch mit dem Gesetz in Konflikt.
37:44Zahlreiche Indizien sprechen dafür, dass Rudi B. für den Jahrhundertraub von Gotha verantwortlich ist.
37:49Rudi B. hat damals Zugriff auf einen blauen P70. Seine Schuhgröße stimmt mit den am Tatort gefundenen Abdrücken überein.
37:58Und auch die am Tatort gefundenen Steigeisen sprechen eine eindeutige Sprache.
38:04Wir wussten aus der Aktenlage der Gotha-Ermittler, dass diese Steigeisen praktisch selbst hergestellt wurden von jemandem,
38:11der sich also in der Eisenbearbeitung sehr auskannte, der auch Schweißtechnik beherrschte und das traf auf Rudi B. zu.
38:19Und dann gab es eine Erkenntnis, die mich auch elektrisiert hat, nämlich dieser Stahl für die Steigeisen wurde ja an zwei Betriebe in der DDR ausgeliefert.
38:32Nur an zwei Betriebe und genau in einem arbeitete Rudi B.
38:36In den Unterlagen der Ermittler von 1979 taucht der Name Rudi B. nicht auf.
38:43In den Akten der Staatssicherheit entdeckt Kommissar Allange allerdings einen ungewöhnlichen Vorgang.
38:50Das Ministerium für Staatssicherheit, kurz Stasi, war die Geheimpolizei der DDR.
38:56Die Stasi überwachte heimlich das gesamte Leben der Bürger, um jede Opposition im Keim zu schützen.
39:03Laut Aktenlage nahm die Stasi im benachbarten Bezirk Sud Rudi B. zwei Jahre nach dem Einbruch von Gotha ins Visier,
39:11wegen eines versuchten Bilderschmuggels in die BRD.
39:15Man konnte anhand der Bildbeschreibung überhaupt nicht an Gotha vorbeiraten,
39:20die Beschreibung der anderen Komplizen zu den Kunstwerken, die Rudi B. schmuggeln wollten,
39:25waren dermaßen detailliert, dass man auf jeden Fall hätte die Ermittler in Gotha informieren müssen.
39:32Und das ist nicht passiert. Ich weiß nicht, warum es nicht passiert ist.
39:36Die Akte gibt darüber leider auch keine hinreichende Erklärung.
39:41Rudi B. kommt unbehelligt davon, aber die Stasi beschattet ihn weiter.
39:46Auch nach seiner Ausreise auf die DDR-Berliner Flüchtlinge,
39:49Und in der Stasi-Akte entdeckt Allange ungewöhnliche Fotos.
39:54Rudi B. wird 1987 auf der Transitstrecke heimlich fotografiert.
40:00Er ist dort mit seinem privaten Fahrzeug eingereist und hat sich dort einerseits,
40:07das wissen wir heute, mit den Kindern aus seiner ersten Beziehung,
40:12Das können wir anhand der dokumentierten Kennzeichen nachvollziehen.
40:17Aber wir sehen auch noch einen zweiten wichtigen Umstand.
40:21Es taucht auch noch ein Opel mit Mainzer-Kennzeichen auf.
40:25Und das ist genau der Opel, den wir im Familienalbum von dem Teil der Erbengemeinschaft gesehen haben.
40:32Das ist nämlich das Fahrzeug von dem Vater.
40:36Alles nur Zufall?
40:39Oder hat die Stasi an dem Verkauf der Bilder eventuell sogar mitverdient?
40:44Kommissar Allange ahnt, dass die ganze Wahrheit vielleicht nie ans Licht kommen wird.
40:49Im Mai 2018 verstirbt der Vater von Christoph S.
40:54Die Erben entschließen sich, dass die Stasi ihn nicht mehr verleihen wird.
40:58Im Mai 2018 verstirbt der Vater von Christoph S.
41:03Die Erben entschließen sich, die gestohlenen Bilder zu Geld zu machen.
41:07Die Stadt Gotha soll zahlen.
41:10Eine Anwalt wird beauftragt, Gothas Bürgermeister Knut Kroich anzusprechen.
41:18Da haben wir uns sehr gut unterhalten über Gott und die Welt.
41:21Und am Ende legte er mir fünf Kuvert auf den Tisch und sagte, deswegen bin ich gekommen, wegen dieser Kuvert.
41:28Dann habe ich das erste Kuvert geöffnet. Die Zahl fünf kam mir schon irgendwie ein bisschen komisch vor.
41:34Fünf. Ich wusste ja, dass es mal fünf Meisterwerke waren.
41:38Und als ich das erste Kuvert geöffnet habe, waren darin Farbfotografien.
41:42Farbfotografien der Gotha-Meisterwerke. Und da wusste ich sofort, hier ist ein ganz großes Ding am Laufen.
41:50Der Anwalt fordert 5,25 Millionen Euro und absolute Verschwiegenheit.
41:55Bürgermeister Kroich zögert keine Sekunde. Obwohl er damit seine Kompetenzen überschreitet.
42:03Sie können doch noch so viele Betriebe hier eröffnen oder Schwimmbäder bauen oder was.
42:07Aber davon wird die Nachwelt eines Tages sprechen, wenn die sagen, der Kroich hat nach 18 Jahren, was hat denn der gemacht?
42:13Der hat die Bilder zurückgeholt. Das werden die sagen.
42:16Und da haben sie einen solchen Adrenalinkick in sich, da denken sie nicht mehr rationell.
42:21Der Bürgermeister findet einen Verbündeten.
42:24Der Chef der Ernst von Siemens Kunststiftung, Martin Hörnes, signalisiert Bereitschaft, den Rückkauf der Bilder zu finanzieren.
42:32Aber nur, wenn ihre Echtheit bestätigt wird.
42:35Wir haben dann immer, immer weiter verhandelt, bis letztendlich die Hinterleute des Anwaltes zugestimmt haben,
42:44dass im September zu der Übergabe der Bilder kommt in Berlin.
42:47Die Bilder können sichergestellt werden.
42:50Im Angesicht der Ermittlungsergebnisse von Kunstkommissar René Allange verzichtet die Erbengemeinschaft freiwillig auf ihre Forderungen.
42:58Das Verfahren wegen Erpressung wird eingestellt.
43:02Mich macht dieser Fall auch deshalb stolz, weil er natürlich über einen sehr langen Zeitraum ging, 40 Jahre,
43:10bis man also eine halbwegs Gewissheit hat, was in diesem Fall passiert ist.
43:16Ich selber komme aus der DDR und wenn man dann praktisch auch noch Jahre später so beteiligt ist an einem Fall,
43:26der zur Aufklärung führte, dann macht mich das sehr zufrieden
43:31und erinnert mich auch gerne an diese ganzen Ermittlungen, die auch mein Team hier geleistet hat.
43:3740 Jahre lang haben Menschen in beiden Teilen Deutschlands um die Aufklärung des Falls gerungen.
43:43Ohne ihren Einsatz wären die Bilder nie mehr nach Gotha zurückgekehrt.

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