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Sci-Fi Hörspiel

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Musik
Transkript
00:00Guten Abend, meine Damen und Herren. Am Mikrofon im Studio begrüßt Sie Dieter Ahrberg.
00:06Sie haben es in den Nachrichten sicher schon gehört, in Berchtau sind heute im Laufe des Tages
00:11sieben Kinder im Alter von zwei bis 15 Jahren an einer bisher noch unbekannten Krankheit gestorben.
00:19Wir haben nun unser Programm aus diesem Anlass kurzfristig geändert, um uns in einer aktuellen Stunde
00:25mit dem tragischen Tod dieser Kinder zu befassen.
00:27Dazu begrüße ich nun in einer Konferenzschaltung als erstes Frau Dr. Schertl,
00:34Chefärztin der Kinderklinik St. Christophorus. Frau Dr. Schertl, Sie können uns hören?
00:39Ja, ich höre ja. Guten Abend.
00:41Guten Abend. Dann Herrn Kaiser, Sprecher der Landesregierung.
00:45Herr Kaiser ist freundlicherweise für Gesundheitsminister Werming eingesprungen,
00:48der Minister selber ist leider verhindert.
00:50Guten Abend, Herr Ahrberg. Ich bin froh, dass Sie mir an dieser Stelle Belegenheit geben,
00:55ein paar Richtigstellungen vorzunehmen.
00:57Selbstverständlich.
00:57Gleich, Herr Kaiser, bevor wir mit unserem Gespräch beginnen, möchte ich doch erst noch die anderen Teilnehmer vorstellen.
01:03Entschuldigen Sie, es ist wichtig.
01:05Die verzerrte Berichterstattung der Medien über die Vorgänge in Berchtow hat leider zu einer Verunsicherung der Bevölkerung geführt.
01:10Herr Kaiser.
01:11Und deshalb ist es meine Pflicht, darauf hinzuweisen, dass überhaupt kein Grund zur Beunruhung besteht.
01:16Nach dem jetzigen Stand unseres Wissens gibt es keinerlei Indizien dafür, dass es zu weiteren Todesfällen kommen könnte.
01:23Danke, Herr Kaiser.
01:24Ich gehe davon aus, dass Sie nicht nur Zweckoptimismus verbreiten, sondern dass Sie in dieser Sendung auch ein paar Fakten beisteuern können, die das belegen.
01:32So, vorher möchte ich jedoch auch die anderen Teilnehmer unserer Gesprächsrunde vorstellen.
01:37Das sind Dr. Schirmer vom Verband der chemischen Industrie. Ich hoffe, die Verbindung steht.
01:43Ja, ja, ich verstehe Sie sehr gut, Herr Erberg. Guten Abend.
01:47Guten Abend, Herr Schirmer.
01:48Professor Lohmann, Biologe und Leiter des Forschungsinstituts BIA.
01:55Herr Professor, sind Sie in der Leitung?
01:58Ja, ja, guten Abend.
01:59Guten Abend.
01:59Und Oberst Künzel aus dem Bundesministerium für Verteidigung in Bonn.
02:04Jawohl, guten Abend.
02:04Zuvor halte ich...
02:05Bitte?
02:06Um es gleich vorwegzunehmen, Herr Erberg.
02:08Bei den Verlusten an Menschenleben in Berchtau handelt es sich um ein rein ziviles Problem und nicht um ein militärisches.
02:15Insofern ist mir der Grund für meine Teilnahme an diesem Gespräch nicht ganz einsichtig.
02:19Wenn Sie jedoch der Meinung sind, dass ich irgendetwas zur Aufklärung des Unglücks beitragen kann, bin ich dazu selbstverständlich bereit.
02:25Ich bin der Meinung. Vielen Dank, Herr Oberst.
02:28Zuvor halte ich es allerdings für erforderlich, unsere Zuhörer zu informieren, wo Berchtau liegt und was die Lage des Ortes so prätär macht.
02:38Berchtau ist ein abgelegenes Dorf mit etwa 2000 Einwohnern im Kreis Saumland.
02:42Die nächstgrößere Stadt ist Mainwald, etwa 25 Kilometer nördlich von Berchtau.
02:48Zwischen Berchtau und Mainwald liegt das Atomkraftwerk Walden.
02:52Im Westen grenzt Berchtau an einen Truppenübungsplatz der alliierten NATO-Verbände und im Süden gibt es den Anschluss...
02:58Wir wollen nicht einen Zusammenhang konstruieren aus dem nahen Standort des Truppenübungsplatzes und diesen ominösen Todesfällen in Berchtau.
03:04Nein, nein, nein, nein, Herr Künzel, hier soll gar nichts konstruiert werden.
03:08Wir wollen in dieser Sendung aber auf Gefahrenmomente hinweisen.
03:11Und Sie können nicht leugnen, dass der Truppenübungsplatz in den letzten Wochen wegen einer Reihe von Unfällen ins Gerede gekommen ist.
03:16Ins Gerede gekommen ist auch, sicher verstärkt, wegen seiner hermetischen Abschirmung, das Biologische Institut für Industrielle Agrarnutzung, das BIA.
03:28Dieses Institut hat sich vor etwa zwei Jahren rund drei Kilometer südlich von Berchtau angesiedelt, um dort neue Gentechniken zu erproben,
03:36über die uns trotz aller Geheimhaltung, wie ich hoffe, gleich Professor Lohmann etwas sagen kann.
03:42Ja, ich darf Sie korrigieren, Herr Arberg.
03:44Bitte?
03:45BIA erprobt keine neuen Gentechniken.
03:49Die Forschung beschränkt sich auf Versuche mit ökologischen Methoden der Düngung und dem Einsatz umweltschonender Pestizide.
03:58Wir werden noch darauf zurückkommen, Herr Professor.
04:02Frau Dr. Schertl?
04:03Ja?
04:04Eines der sieben Kinder aus Berchtau ist in die Christophorus-Klinik eingeliefert worden.
04:09Ja.
04:10Es handelte sich bei dem Patienten um einen 15-jährigen Jungen.
04:13Er war der kräftigste von den sieben Kindern und ist als einziger noch lebend in einer Klinik eingetroffen.
04:19Trotzdem konnten wir nichts mehr für ihn tun.
04:21Teilen Sie den Optimismus von Herrn Kaiser, dass es keine weiteren Todesfälle mehr geben wird?
04:26Das lässt sich so mit Sicherheit nicht sagen.
04:31Ich sträube mich natürlich gegen die Vorstellung, dass es sich um eine Epidemie handeln könnte.
04:36Aber als Ärztin muss ich mich auf das Schlimmste gefasst machen.
04:39Ja, also, da muss ich aber widersprechen, Frau Dr. Schertl.
04:42Ja?
04:42Ich halte es für unverantwortlich, die Menschen ohne Grund in Panik zu versetzen.
04:48Ja, und ich frage mich, wie Sie das mit dem ärztlichen Berufsethos vereinbaren.
04:52Danach ist es doch die Pflicht eines jeden Arztes, den Menschen zu helfen.
04:56Nicht aber sie zu verunsichern oder ihnen Angst einzujagen.
05:00Sie brauchen mich nicht zu belehren, Herr Kaiser.
05:03Gerade unser Berufsethos zwingt mich dazu, die Bevölkerung zu warnen.
05:07Und deshalb kann ich allen Betroffenen nur dringend raten, schon bei den geringsten Symptomen einen Arzt aufzunehmen.
05:12Ich wiederhole, Frau Dr. Schertl.
05:13Bitte, Herr Kaiser, Augenblick, bitte.
05:15Frau Dr. Schertl, was sind das für Symptome? Worauf sollen die Eltern bei ihren Kindern achten?
05:20Primär sind es Atembeschwerden, ähnlich dem Anfangsstadium von Asthma-Kranken.
05:26Und im Endstadium kommt dann die Atemtätigkeit ganz zum Stillstand.
05:30Eine neuartige Lungenerkrankung?
05:33Nein, nein, es handelt sich nicht um eine Insuffizienz der Lunge, sondern um eine Form von Paralyse.
05:39Eine Lähmung, die das Atemzentrum im Gehirn betrifft.
05:42Was kann man denn gegen diese Krankheit tun, sofern sie rechtzeitig erkannt wird?
05:46Nichts. Das heißt noch nichts.
05:50Alle Medikamente, die den kranken Kindern verabreicht worden sind, haben sich leider als wirkungslos erwiesen.
05:55Und wie kann man sich gegen die Krankheit schützen?
05:58Auch dazu lässt sich nach dem jetzigen Erkenntnisstand nichts Definitives sagen.
06:02Einspruch.
06:03Ich weiß zwar nicht, woher Frau Dr. Schertl hier wissen hat.
06:05Bitte, wollen Sie sich noch bitte einen Augenblick gedulden, Herr Kaiser?
06:08Sie können gleich dazu stellen und nehmen.
06:09Ich habe nur noch eine Frage, Frau Dr. Schertl, eine Frage.
06:12Wenn es offensichtlich überhaupt keine Hilfe gegen diese Krankheit gibt, warum dann noch einen Arzt aufsuchen?
06:18Gerade weil es für diese Krankheit in der Schulmedizin keine Parallelen gibt,
06:22müssen wir Ärzte die Gelegenheit bekommen, um am akuten Fall Erfahrungen zu sammeln.
06:29Nur so wird es möglich sein, die Ursache der Erkrankungen herauszufinden.
06:31Danke, Frau Dr. Schertl.
06:33Bitte.
06:34So, bitte, Herr Kaiser, Sie hatten noch Protest angemeldet.
06:37Bitte.
06:37Ja, Herr Erheblichen.
06:40Bitte.
06:40Bitte.
06:40Sehen Sie, unser Gesundheitsministerium hat ja nicht geschlafen, sondern gleich nach Bekanntwerden der ersten Todesfälle
06:47Professor Traupe damit beauftragt, eine Kommission aus namhaften Wissenschaftlern zu berufen.
06:53Ja, diese Kommission hat ihre Arbeit bereits aufgenommen, nämlich die Ursache der tödlichen Erkrankungen herauszufinden
06:59und, falls erforderlich, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
07:03Ich habe mich noch vor Beginn dieser Sendung über den Stand der Ermittlungen erkundigt
07:07und bei dieser Gelegenheit hat mir Professor Traupe persönlich versichert,
07:11dass es sich bei den Todesfällen aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Zufallsserie von Vergiftungen handelt,
07:19deren Ursachen schon bald bekannt sein wird.
07:21Von einer Epidemie kann also wirklich keine Rede sein.
07:25Eigenartigerweise, Herr Kaiser, arbeiten die Väter der verstorbenen Kinder ohne Ausnahme bei den Vereinigten Chemiewerken in Mainwald.
07:33Herr Dr. Schirmer, ich möchte Sie fragen, könnte es da nicht möglicherweise einen Zusammenhang geben?
07:38Nein. Also kategorisch nein.
07:40Sie haben doch eben gehört, was Herr Kaiser gesagt hat.
07:42Selbstverständlich.
07:43Ursächlich für die Todesfälle waren Vergiftungen und zwar bei den Kindern und nicht bei den Vätern.
07:49Ich weiß nicht, vielleicht haben die Kinder giftige Pilze im Wald gefunden oder gefährliche, dämpfige Schnüffel.
07:53Man weiß ja nie, was die Jugend heutzutage alles ist.
07:55Also bitte, ich fürchte, dass wir es uns damit ein bisschen zu leicht machen, Herr Schirmer.
07:59Aber ich bitte Sie.
07:59Bevor die Todesfälle nicht eindeutig geklärt sind, sollten wir doch eher davon ausgehen,
08:03dass wir es mit einer noch unbekannten Ursache zu tun haben.
08:06In solchem Fall wäre nicht auszuschließen, dass die Väter ihre Kinder als Krankheitsträger angesteckt haben könnten.
08:11Aber Herr Arbrecht, Krankheitsträger wovon?
08:14Das frage ich Sie.
08:14Die Vereinigten Chemiewerke in Mainwald produzieren nichts, was besonders gesundheitsschädlich wäre.
08:21Alle Werke unterliegen der regelmäßigen Kontrolle durch die Gewerbeaufsicht und der Arbeitsschutzbehörde.
08:26Die staatlichen Auflagen sind inzwischen schon so streng, dass die Arbeit in der Chemieindustrie
08:30weniger gefährlich ist als, sagen wir mal, die Teilnahme am Straßenverkehr.
08:34Und daraus entstehen natürlich auch Kosten, die der chemischen Industrie im Wettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz,
08:40das muss man hier mal sagen, schwer zu schaffen machen.
08:43Und die, das muss man auch ganz klar sehen, auch Arbeitsplätze gefährden, wenn der Kostendruck zu stark wird.
08:49Ja, Herr Schirmer hat sicherlich recht mit seiner Feststellung,
08:52dass die hohen Auflagen in puncto Sicherheit für die Industrie eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen.
08:58Ich darf aber auch darauf hinweisen, dass der Schutz des menschlichen Lebens in unserem Staat nun einmal höchste Priorität genießt.
09:06Und das lässt sich nicht in Mark und Pfennig aufrechnen.
09:09Ja, das ist sehr schön gesagt. Es wäre zu wünschen, dass alle Verantwortlichen so denken.
09:15Ja, bevor wir unsere Gesprächsrunde fortsetzen, wollen wir uns aus unserem Übertragungswagen vor Ort berichten lassen,
09:21wie es zurzeit in Berchtau aussieht.
09:23Und dazu rufe ich jetzt unsere Reporterin Gudrun Mirbach.
09:26Bitte, Gudrun Mirbach.
09:28Bin ich auf Sendung?
09:34Okay.
09:38Wir stehen mit unserem Übertragungswagen ungefähr zwei Kilometer nördlich von Berchtau auf der Strecke nach Mainwald.
09:46Die Straße ist gesperrt.
09:48Eine ganze Hundertschaft der Bereitschaftspolizei ist aufgeboten worden, um niemanden nach Berchtau rein oder aus Berchtau herauszulassen.
09:59Ich habe mich bemüht, einen Verantwortlichen zu finden, der bereit gewesen wäre, eine vernünftige Erklärung für diese Maßnahme zu liefern, bislang vergebens.
10:09Das Einzige, was ich von offizieller Seite zu hören bekam, war ein lapidares Kein-Kommentar und die Aufforderung, sofort umzukehren.
10:18Auf der Straße haben sich erschütternde Szenen abgespielt mit Einwohnern aus Berchtau, die in Mainwald zur Arbeit oder zum Einkauf waren und die plötzlich nicht mehr nach Hause können, weil sämtliche Straßen und Wege nach Berchtau gesperrt sind.
10:35Diese Menschen sind voller Ungewissheit und sie bangen um ihre Familien, denn selbst die Telefonverbindungen nach Berchtau sind unterbrochen.
10:44Vor wenigen Minuten ist hier ein kräftig aussehender Mann mitten auf der Straße zusammengebrochen.
10:48Die Diagnose des Notarztes lautete auf Herzversagen, aber war es das wirklich?
10:56Die Menschen sind zutiefst verunsichert und das ist der ideale Nährboden für Gerüchte.
11:00Wenn nur ein Bruchteil von dem stimmen würde, was sich die Leute aus der Umgebung erzählen, dann wäre das alleine schon eine Katastrophe.
11:10Doch bleiben wir bei den Fakten.
11:13Schon auf der Fahrt hierher hatten wir ein recht merkwürdiges Erlebnis, als wir in der Nähe von einer Streife der Militärpolizei angehalten und durchsucht worden sind.
11:22Angeblich handelt es sich bei dieser Aktion nur um eine Übung der Militärpolizei zur Fahndung nach Deserteuren vom nahegelegenen Truppenebensplatz.
11:35Die Tatsache, dass die Zivilbevölkerung in militärischen Übungen einbezogen wird, stimmt jedoch sehr nachdenklich.
11:43Und es drängt sich die Frage auf, ob da nicht doch ein Zusammenhang mit den Ereignissen in Berchtau besteht.
11:49Gut, ich werde der Sache nachgehen und mich wieder melden.
11:57Danke, Gudrun Meerbach.
12:00Ich muss gestehen, der Bericht unserer Reporterin hat mich sehr betroffen gemacht.
12:07Und ich meine, dass wir jetzt unseren Zuhörern Gelegenheit geben sollten, bei uns anzurufen.
12:11Wenn Sie also zu unserem Thema eine wichtige Information haben oder wenn Sie Fragen an unsere Expertenrunde haben, dann bitte rufen Sie uns an.
12:20Herr Kaiser, die totale Abgrenzung eines Dorfes von der Außenwelt in Friedenszeiten ist, also gelinde ausgedrückt, recht ungewöhnlich.
12:33Und ein solcher Vorgang dürfte ja wohl auch einmalig sein.
12:36Auf jeden Fall steht doch aber diese Maßnahme im krassen Widerspruch zu Ihrer verharmlosenden Darstellung der Vorfälle in Berchtau.
12:42Ja, meinen Sie nicht, dass es jetzt an der Zeit wäre, die Bevölkerung darüber aufzuklären, was wirklich in Berchtau geschieht?
12:48Also Herr Arberg, jetzt dramatisieren Sie aber ein bisschen.
12:52Und ich glaube nicht, dass dies der Sache besonders dienlich ist.
12:57Ich sagte bereits, dass die Landesregierung eine Kommission eingesetzt hat, die sich intensiv mit den Todesfällen in Berchtau befasst.
13:05Dazu sind natürlich auch Untersuchungen und Befragungen der Bevölkerung vor Ort erforderlich.
13:11Ein Erfolg dieser Untersuchungen kann aber nur gewährleistet sein in einem Klima der Abgeschiedenheit.
13:16Abgeschiedenheit und der Ruhe.
13:20Was wir am wenigsten gebrauchen können, sind Sensationstourismus und aufdringliche Reporter.
13:27Ach, Herr Arberg, lassen Sie.
13:28Die unsere Wissenschaftler bei der Arbeit behindern, sehen Sie, aus diesem einfachen Grund hat sich die Landesregierung gezwungen gesehen,
13:34Berchtau eine Zeit lang für den Durchgangsverkehr zu sperren.
13:37Ja, aber damit ist doch nicht erklärt, warum es selbst Einwohnern aus Berchtau nicht gestattet ist, in ihr Dorf zurückzugehen.
13:42Wahrscheinlich handelt es sich da um ein oder zwei Einzelfälle, die auf ein Missverständnis zurückzuführen sind.
13:48Eine Überreaktion der Polizei vielleicht.
13:52Nun, die Beamten sind doch auch nur Menschen.
13:54Aber lassen Sie mich hier in aller Deutlichkeit sagen, dass solche Maßnahmen nicht beabsichtigt sind.
14:00Ich werde mich persönlich darum kümmern, dass Ähnliches nicht wieder vorkommt.
14:04Ja, gut, das klingt ja wirklich sehr beruhigend.
14:07Bitte?
14:07Ja.
14:08Ach, wir müssen kurz für eine Verkehrsmeldung unterbrechen.
14:15Eine Nachricht für unsere Autofahrer.
14:18Aus dem gesamten Kreis Saumland werden starke Truppenbewegungen gemeldet.
14:22Es ist mit erheblichen Verkehrsbehinderungen zu rechnen.
14:25Herr Künzel, wir haben es alle gehört.
14:30Fahndung nach Deserteuren, Truppenbewegungen im Kreis Saumland.
14:33Was hat das zu bedeuten?
14:34Nichts.
14:35Nichts, worüber man sich den Kopf zerbrechen müsste.
14:37Ja, aber irgendjemand hat sich doch wohl den Kopf zerbrochen.
14:39Sonst würde es diese Aktivitäten des Militärs ja nicht geben.
14:42Suchen Sie doch nicht nach Verbindungen, wo es keine Verbindungen gibt, Herr Haberg.
14:46Bei den sogenannten Aktivitäten des Militärs handelt es sich um Übungen, die von langer Hand geplant worden sind.
14:52Ein Zusammentreffen mit den Ereignissen in Berchtau ist rein zufällig.
14:56Na ja, gut, gut. Aber wie soll das die Bevölkerung wissen?
14:58Sie hätte durchaus Grund zur Beunruhigung.
15:01Herr Künzel, es ist bekannt, dass auf dem Truppenübungsplatz bei Berchtau auch Soldaten einer ABC-Spezialeinheit Manöver durchführen.
15:09A steht für atomare Waffen, B für biologische Waffen und C für chemische Waffen.
15:15Der Verdacht liegt nahe, dass dort bei einer Übung etwas schiefgelaufen ist und dass Zivilisten nun die Leidtragenden sind.
15:22Herr Künzel, ich habe mir mal den Wetterbericht der letzten Tage angesehen und danach hatten wir fast ständig leichte Winde aus westlichen Richtungen.
15:30Es kann also gut und gerne einiges an schädlichen Stoffen vom Truppenübungsplatz nach Berchtau und Umgebung herüber geweht sein.
15:37Das ist gänzlich ausgeschlossen.
15:38Wenn auf dem Truppenübungsplatz etwas passiert wäre, müsste ich das wissen.
15:43So.
15:43Ich war erst gestern noch an Ort und Stelle.
15:45Im Übrigen müsste Ihnen doch auch hinlänglich bekannt sein, Herr Aberg, dass die Bundesrepublik weder ABC-Waffen produziert noch ABC-Waffen besitzt.
15:53Ja, schon, schon. Das hindert jedoch nicht unsere Verbündeten, ABC-Waffen zu besitzen und das hindert uns nicht, auf diesem Gebiet Forschungen zu betreiben.
16:01Ja, aber die Forschung, die Forschungen dienen allein dem Zweck in der Verteidigung wohlgemerkt. Das ist doch ein erheblicher Unterschied.
16:07Ja, die Grenzen zwischen Angriff und Verteidigung waren schon immer fließend.
16:11Also, das ist...
16:11Wie wollen Sie denn beweisen, Herr Kaiser, dass die Ursache für die Atemlähmung der Kinder nicht doch auf dem Truppenübungsplatz zu suchen ist?
16:19Weil Gase und radioaktive Strahlungen lassen sich messen, nicht wahr?
16:25Auch wenn sie noch so schwach sind.
16:27Unsere Experten haben in Berchtau nichts dergleichen festgestellt.
16:30Ja, danke, ja.
16:31Entschuldigung, gerade flattert mir eine Meldung auf den Tisch.
16:35Moment, bitte.
16:36Der Herr Danke aus Kalkhof hat angerufen, er ist CB-Amateurfunker, hat gerade einen CB-Notruf von einem Mann namens Frank Rotbusch aus Berchtau aufgefangen.
16:48Ich lese mal vor, was hier steht.
16:55Oh mein Gott.
16:58Berchtau liegt im Sterben mehr als die Hälfte der Einwohner sind tot.
17:02Berchtau liegt im Sterben mehr als die Hälfte der Einwohner sind tot.
17:12Die Untersuchungskommission war nur eine Stunde hier.
17:14Sie hat uns Hilfe versprochen, aber da kommt nichts.
17:18Warum hilft uns denn niemand?
17:22Ja, Herr Kaiser.
17:24Herr Kaiser, warum hilft da niemand?
17:29Wollen Sie immer noch behaupten, dass alles ganz harmlos ist und keinerlei Gefahr für die Bevölkerung besteht?
17:33Ja.
17:37Ja, das will ich.
17:39Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich da jemand einen, aber wirklich ganz üblen Scherz erlaubt hat.
17:46Und mir fehlt auch jedes Verständnis dafür, dass Sie sich dazu hergeben, erfundene Horrormeldungen zu verbreiten.
17:51Ich halte das schlichtweg für einen Skandal.
17:53Und ich kann Ihnen versichern, das wird Konsequenzen haben.
17:57Und ich kann Ihnen versichern, Herr Kaiser, dass sich die Mitarbeiter dieses Senders ihrer journalistischen Verantwortung durchaus bewusst sind.
18:04Die Regie hat sich, bevor ich die Meldung verlesen habe, von der Seriösität des Anrufers überzeugt.
18:10Wodurch, bitte?
18:11Von dem Notruf des CB-Funkers aus Berchtau existiert ein Mitschnitt.
18:14Das ist ja nicht zu fassen.
18:15Da sterben ganz offensichtlich viele Menschen an einer unerklärlichen Krankheit und von offizieller Seite wird niemand nur dementiert und verharmlagt.
18:21Herr Arrberg, ich muss doch wirklich sehr bitten.
18:24Sie wissen wohl gar nicht, was Sie mit Ihrem leichtfertigen Gerede für einen Schaden anrichten.
18:28Umgekehrt, umgekehrt. Wir möchten den Schaden gerne begrenzen und zur Aufklärung der Krankheitsfälle beitragen.
18:34Dafür haben wir ein qualifiziertes Experten-Team. Ihnen geht es doch nur um die Sensation.
18:41Mit Polemik kommen wir nicht weiter.
18:45Sehr richtig.
18:49Herr Professor Lohmann.
18:51Herr Professor, Sie hören mich?
18:53Ja, ich höre Sie.
18:55Sie sind Biotechnologe und Experte für Mikroorganismen.
18:59Ja, ja.
19:01Ja, jetzt frage ich Sie.
19:05Die Gentechnologie hat doch in den vergangenen Jahren einen enormen Aufschwung erlebt.
19:09Niemand weiß genau, wie weit die Entwicklung schon fortgeschritten ist und was da heimlich nicht nur in deutschen Labors,
19:14sondern weltweit alles zusammengebraut wird.
19:17Das birgt natürlich auch ungeheure Risiken.
19:21Und deshalb möchte ich im Namen vieler Anrufer von Ihnen gerne wissen, wie sicher sind Labors?
19:29Und besteht nicht vielleicht doch die Möglichkeit, dass gefährliche Mikroorganismen durch Unfälle freigesetzt werden können?
19:34Herr Arbeck.
19:36Ja.
19:37Diese angebliche Gefahr, die Sie da gerade angesprochen haben, ist so minimal, dass wir sie praktisch ausschließen können.
19:45Ich möchte daran erinnern, dass die Bundesrepublik gerade in Bezug auf die Genforschung das Industrieland mit der restriktivsten Gesetzgebung und den strengsten Kontrollen ist.
19:55Entschuldigung, wenn ich mich einmische, ich möchte da Herrn Professor Lohmann voll und ganz recht geben, ich möchte das bestätigen.
20:02Und von einer Gesellschaft, die durch ihre Industrie zu Wohlstand gekommen ist, kann man wohl auch erwarten, dass sie bereit ist, ein, sagen wir, ein gering, aber wirklich geringfügiges Restrisiko zu akzeptieren.
20:13Ja, ein gutes Stichwort, Herr Schirmer.
20:15Das Problem ist ja nur, dass die Meinungen, was denn nun als Restrisiko zu betrachten ist, sehr weit auseinander gehen dürfen.
20:20Wenn das Restrisiko so aussieht, dass die Konsumenten für die produziert wird, daran zugrunde gehen, dann muss doch auch die Frage erlaubt sein, ob weniger langfristig gesehen nicht mehr wäre.
20:32Oder mal andersrum, was macht es für einen Sinn zu produzieren, um des Produzierens willen, wenn es eines Tages keine Konsumenten mehr gibt, um die Produkte abzukaufen?
20:40Ja, was dann?
20:41Ich bitte Sie, Herr Arnberg, Sie können getrost davon ausgehen, dass die Industrie nicht daran interessiert ist, sich ihrer Kundschaft zu entledigen und deshalb sind Ihre Ängste vollkommen unbegründet.
20:53Ein solcher Fall, das versichere ich Ihnen, wird nicht eintreten.
20:56Unbegründet?
20:58Augenblick bitte, ich kriege da, ja, ich kriege da gerade ein Zeichen. Mir scheint, unsere Reporterin hat sich wieder gemeldet. Ja, Regie?
21:05Ja, Gudrun Mirbach vom Ü2 aus Mainwald.
21:08Um genau zu sein, wir sind noch ein paar Kilometer von Mainwald entfernt und wir haben erfahren, dass es vor vier Tagen auf dem Truppenübungsplatz bei Berchtau eine Explosion gegeben hat,
21:22bei der zwei Soldaten einer ABC-Einheit ums Leben gekommen sind und drei Soldaten verletzt worden sind.
21:30Bislang ist dieser Unfall von den verantwortlichen Militärs wie eine geheime Kommandosache behandelt worden.
21:36Das heißt, die ganze ABC-Einheit steht unter Quarantäne und weder die Öffentlichkeit noch die Angehörigen der verletzten und getöteten Soldaten sind bislang benachrichtigt worden.
21:49Dennoch ist die Geschichte durchgesickert und zwar von Angehörigen anderer Truppenteile, die sich zum Zeitpunkt der Explosion ebenfalls auf dem Truppenübungsplatz aufgehalten haben.
22:00Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche, Gudrun Mirbach. Von wem haben Sie diese Informationen?
22:04Die Informationen stammen aus erster Quelle und sind absolut zuverlässig. Ich habe mich jedoch dafür verbirgt, die Namen meiner Informanten, es sind mehrere, aus verständlichen Gründen nicht preiszugeben.
22:17Es ist jetzt Sache der Politiker und des Militärs, Klarheit zu schaffen und dem Eindruck zu begegnen, dass hier, ich muss das einfach so drastisch formulieren, eine riesengroße Sauerei vertuscht werden soll.
22:31Gibt es weitere Fakten über die Explosion auf dem Truppenübungsplatz?
22:34Jede Einzelheit könnte von ungeheurer Wichtigkeit sein.
22:39Also von der Explosion ist so viel bekannt, dass sie relativ schwach war, eher eine Verpuffung.
22:46Damit sind herkömmliche Sprengstoffe wie Munition, Minen oder Granaten schon mal ausgeschlossen,
22:51was den Schluss zulässt, dass auf dem Truppenübungsplatz versehentlich biologische oder chemische Kampfstoffe hochgegangen sein könnten.
22:59Leider ist das nicht alles. Inzwischen mehren sich hier im Kreis Saumland die Meldungen von unerklärlichen Todesfällen mit ähnlichen Symptomen,
23:10wie sie bei den Kindern in Berchtau aufgetreten sind.
23:13Wir wollen diesen Meldungen nachgehen und werden uns dann wieder melden.
23:23Oberst Künzle, Sie haben den Bericht von Gudrun Mierbach gehört, jetzt sind Sie dran.
23:27Fragen Sie, hat sich diese Explosion oder diese Verpuffung vor vier Tagen auf dem Truppenübungsplatz bei Berchtau zugetragen?
23:36Ja.
23:37Trifft es zu, dass seit diesem Vorfall eine ganze ABC-Einheit unter Quarantäne steht?
23:43Ja.
23:44Ja, dann haben Sie mich vor Ihnen angelogen.
23:46Nein.
23:47Und die Toten und Verletzten?
23:48Hat es nie gegeben. Das Ganze war eine Übung.
23:52Ich sagte ja bereits, dass ich dem Truppenübungsplatz erst gestern einen Besuch abgestattet habe.
23:56Speziell, um mich über den Verlauf dieser Übung zu informieren.
24:00Sie war sehr realistisch angelegt und wie sich gezeigt hat, ein voller Erfolg.
24:04Eine Gefährdung der Zivilbevölkerung hat nie bestanden und es besteht auch jetzt keine.
24:08Zumindest nicht von Seiten des Militärs.
24:11Vielleicht darf ich bei dieser Gelegenheit erwähnen, dass unser politischer Auftrag lautet,
24:14unser Land und das deutsche Volk gegen Bedrohungen und Angriffe von außen zu schützen.
24:19Nicht aber dem eigenen Volk zu schaden.
24:20Sie müssen mir schon glauben, Herr Arberg, dass wir diesen Auftrag sehr ernst und sehr genau nehmen.
24:25Hoffentlich.
24:26Trotzdem darf eine gesunde Portion Misstrauen wohl angebracht sein.
24:31Stichwort neue Erkrankungen und Todesfälle, Herr Kaiser.
24:34Wollen Sie immer noch behaupten, dass es sich bei der unbekannten Krankheit lediglich um harmlose Vergiftungen handelt?
24:39Ich muss Sie korrigieren, Herr Arberg. Ich habe nie von harmlosen Vergiftungen gesprochen.
24:44So?
24:44Sondern von Vergiftungen allgemein.
24:47Ja und?
24:47Ich gebe zu, dass inzwischen neue Todesfälle bekannt geworden sind, die Rätsel aufgeben.
24:55Im Augenblick lässt sich aber noch nicht mit absoluter Sicherheit sagen, wie diese Todesfälle einzuordnen sind.
25:01Und ob sie überhaupt in das Krankheitsbild passen, über das wir hier sprechen.
25:06Ich muss hinzufügen, leider beginnt sich im Kreis Saumland mittlerweile eine gewisse Art der Hysterie breit zu machen.
25:13So, dass vielfach schon nicht mehr unterschieden wird zwischen dem ganz natürlichen Ableben eines Menschen und einem Tod, der möglicherweise auf eine unbekannte Ursache zurückzuführen ist.
25:25Wollen Sie damit etwa unterstellen, dass die Ärzte unfähig sind, eine Todesursache zu diagnostizieren?
25:29Ich möchte gar nichts unterstellen.
25:32Die Ärzte vielleicht nicht.
25:35Aber die Angehörigen der Toten.
25:38Gerüchte verbreiten sich schnell, nicht wahr?
25:40Nicht zuletzt tragen auch die Medien dazu bei.
25:43Gerüchte sind aber nur wieder schwer auszurotten.
25:45Sagen Sie mal, finden Sie es nicht zynisch, lapidar von Gerüchten zu sprechen, wenn die Menschen um uns herum wegsterben und offensichtlich keiner etwas dagegen machen kann?
25:53Sie können sich darauf verlassen, Herr Ahrberg.
25:55Professor Traupe und sein Team wissen, was zu tun ist.
25:59Diesen Männern gehört unser volles Vertrauen.
26:02Und inzwischen ist die Kommission erweitert worden, sodass ihr jetzt die besten Experten aus allen wissenschaftlichen Disziplinen angehören.
26:09Und die Ergebnisse?
26:12Aus dem Kreis Saumland wird hohes Verkehrsaufkommen gemeldet.
26:16Die Polizei bittet, speziell den Raum Mainwald großzügig zu umfahren.
26:20Sie wollten etwas über die Ergebnisse der Untersuchungskommission berichten, Herr Kaiser.
26:28Nun, ich will der Kommission nicht vorgreifen.
26:31Und es ist vielleicht auch noch ein wenig verfrüht, detaillierte Angaben zu machen.
26:36Aber lassen Sie mich so viel sagen, Herr Ahrberg.
26:38Es gibt konkrete Hinweise darauf, wie es zu den Vergiftungen gekommen sein könnte.
26:44Nämlich?
26:47Herr Kaiser.
26:48Dazu möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen.
26:52Ist es ein Gift, das in die Nahrungsmittelkette gelangt ist?
26:57Bei aller gebotenen Vorsicht.
27:00Ja, so könnte man es ausdrücken.
27:02Ja, dann sagen Sie doch um Himmels Willen, worum es sich handelt.
27:04Damit die Menschen es erfahren und auf den Verzehr der vergifteten Lebensmittel verzichten.
27:08Das ist leider nicht möglich.
27:10Solange die Beweise juristisch nicht hieb- und stichfest sind, können wir mit unseren Erkenntnissen nicht an die Öffentlichkeit gehen.
27:18Denn das würde garantiert eine Verleumdungsklage und Regressansprüche zur Folge haben.
27:21Warum ist denn das in dieser Situation so wichtig?
27:23Es geht um Leben und Tod.
27:24Da müssen die Karten auf den Tisch.
27:26Darauf haben die Menschen ein Recht.
27:27Herr Ahrberg, ich verstehe Ihre Erregung.
27:30Und Sie können mir glauben, dass der tragische Tod der vergifteten Menschen nicht nur Ihnen nahe geht.
27:36Trotzdem erlaubt die Situation keine Freiräume für Rechtsbrüche.
27:40Zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat.
27:42Ach, das sind doch Formalien.
27:43Das sind keine Formalien.
27:45Unsere Vorgehensweise mag Ihnen vielleicht nicht ganz einsichtig sein, Herr Ahrberg.
27:49Im Ergebnis wird sich jedoch zeigen, dass sie richtig war.
27:52Und ich bin ganz sicher, dass die Bürger in unserem Land diesbezüglich mit mir einer Meinung sind.
27:56Da bin ich eher skeptisch.
27:59So, unsere Reporterin Gudrun Meerbach mit ihrem Bericht aus Mainwald.
28:03Bitte, Gudrun.
28:06In Mainwald breitet sich Entsetzen aus.
28:09Viele Menschen, egal welchen Alters, sind durch die schreckliche Krankheit gestorben.
28:15Eine Krankheit, die keinen Namen hat, von der niemand weiß, woher sie kommt und was sie auslöst.
28:21Ein Killer-Virus geht um, sagen die Leute.
28:24Und vielleicht haben sie damit sogar recht.
28:26Schätzungen über die Anzahl der Opfer schwanken zwischen mehreren Hundert und mehreren Tausend.
28:33Man hat die Übersicht verloren.
28:36Die Ärzte sind total überlastet.
28:38Und alle Krankenhäuser melden Überfüllung.
28:41Sanitäter verschiedener Hilfsorganisationen sind pausenlos im Einsatz.
28:45Die Beerdigungsinstitute haben Hochkonjunktur.
28:49Lautsprecherwagen der Polizei fahren durch die Straßen und mahnen die Bevölkerung zur Ruhe und Besonnenheit.
28:56Die Kirchenglocken läuten und rufen die Gläubigen zum Gebet in dieser schweren Stunde.
29:03Noch sind die Menschen wie gelähmt.
29:09Fast apathisch verharren sie in der Hoffnung, der Killer-Virus möge an ihnen vorbeigehen.
29:17Doch unter der Oberfläche rodelt es.
29:23Und es steht zu befürchten, dass sich die Massen schon bald in ihrer Verzweiflung aufbäumen werden.
29:33Aufbäumen gegen ein Schicksal, das sie nicht verdient haben.
29:41Und dann wird ihr Zorn schrecklich sein.
29:47Ich melde mich wieder.
29:54Gudrun?
29:56Gudrun, bist du okay?
30:00Verehrte Zuhörer, die Verbindung zu unserem Übertragungswagen ist leider abgebrochen.
30:05Wir machen hier weiter.
30:07Frau Dr. Schertel, ihr Verdacht, dass es sich bei der Krankheit um eine Epidemie handeln könnte, hat sich auf schreckliche Weise bestätigt.
30:13Ja, ja.
30:14Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte mich...
30:15Was wäre denn jetzt nach Ihrer Meinung nach zu tun?
30:37Ich kann mir nicht vorstellen, dass das unbekannte Virus oder was immer der Auslöser dieser schrecklichen Epidemie sein mag,
30:43buchstäblich aus dem Nichts entstanden ist.
30:45Nein, es muss eine Ursache geben und es muss Wissenschaftler und Laboranten geben, die ihr Wissen zurückhalten.
30:50Vielleicht aus Furcht oder aus Scham.
30:53Wir können nur hoffen, dass diese Leute noch am Leben sind und dass sie sich quasi in letzter Sekunde auf ihre Verantwortung gegenüber der Menschheit besinnen.
31:00Denn nur wenn diese Leute ihr Wissen preisgeben, wird es eventuell möglich sein, noch rechtzeitig ein Gegenmittel herzustellen.
31:05Das sind ja trübe Aussichten.
31:06Ja.
31:06Was sagen Sie denn dazu, Herr Kaiser? Halten Sie denn noch immer an Ihrer Vergiftungstheorie fest?
31:12Ähm, die Lage ist ernst, keine Frage.
31:15Ja.
31:16Trotzdem sehe ich das nicht ganz so pessimistisch wie Frau Dr. Schertel.
31:19Ach.
31:19Denn nach meinen letzten Informationen steht unser Experten-Team unter der Leitung von Professor Traupe kurz vor dem Durchbruch in den Bemühungen, Herr über die Krankheit zu werden.
31:31Äh, ich kann deshalb unsere Bürger draußen im Land nur auffordern, Ruhe zu bewahren und sich ein bisschen in Geduld zu üben.
31:40Es wird alles getan werden, um ein weiteres Ausbreiten der Krankheit zu verhindern.
31:44Ja, aber ich fürchte, mit Versprechungen alleine werden sich die Menschen bald nicht mehr abspeisen lassen.
31:47Sie wollen Taten sehen.
31:49Ja, wir hatten gerade einen anonymen Anrufer.
31:52Äh, normalerweise werden von unserem Sender anonyme Anrufe nicht entgegengenommen, aber in diesem außergewöhnlichen Fall scheint es mir jedoch angemessen zu sein, eine Ausnahme zu machen, zumal die Nachricht des Mannes von einiger präsent ist.
32:03Er behauptet, dass das Biologische Institut für Industrielle Agrarnutzung über einen Bioreaktor verfügt, in dem geklonte Bakterienkulturen für Freilandversuche produziert werden.
32:14Vor ein paar Wochen hat es dort eine Panne gegeben, und zwar ist es aus bisher unbekannten Gründen bei einem der Bakterienstämme zu einer spontanen Mutation gekommen.
32:22Das bedeutet, die Kultur ist außer Kontrolle geraten.
32:26Herr Lohmann, Herr Lohmann, so wie sich das anhört, könnte das eine Insider-Information sein.
32:32Um was für einen Bakterienstamm handelt es sich hier, und was ist daraus geworden?
32:38Professor Lohmann, sind Sie noch da?
32:41Natürlich, natürlich.
32:43Ja.
32:43Also, ich glaube, da will sich einer wichtig machen.
32:49Ach so, mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?
32:53Nein.
32:55Sind Sie sicher, dass Ihre Freilandversuche mit geklonten Bakterienkulturen keine Gefahr für die Menschen darstellen?
33:01Das kann ich mit gutem Gewissen verneinen.
33:03Im Gegenteil, wir haben uns zur Maxime gemacht, die Forschung in den Dienst der Menschheit zu stellen.
33:09Insbesondere versuchen wir auch, die dritte Welt zu unterstützen bei der Bewältigung ihrer Ernährungsprobleme.
33:14Also, das ist ja wohl nicht zu fassen.
33:17Wo man hinhört, alles geschieht immer nur zum Wohle des Menschen.
33:20Kann mir eigentlich mal jemand erklären, wieso die Menschheit an diesen Wohltaten langsam aber sicher zugrunde geht?
33:26Das ist billige Agitation, Herr Arberg.
33:33Ich glaube nicht, dass wir uns auf diesem Niveau weiter unterhalten sollten.
33:36Ja, ich verstehe, auch wenn die ganze Erde bebt, die Form muss gewahrt bleiben.
33:40Moment bitte, Herr Arberg.
33:42Vielleicht darf ich nach all den Hiobsbotschaften, die wir nun gehört haben, jetzt auch mal eine positive Nachricht verbreiten.
33:47Bitte, Herr Schömer, bitte.
33:48Die angeschlossenen Firmen des Verbandes der chemischen Industrie haben sich soeben in einer konstatierten Aktion bundesweit verpflichtet,
33:55Ihr gesamtes Know-how und alle notwendigen Kapazitäten wie Labors und Personal uneingeschränkt zur Aufklärung und Bekämpfung der türkischen Krankheit zur Verfügung zu stellen.
34:04Sehr begrüßenswert.
34:05Moment, ich meine, dass wir damit einen guten Schritt weitergekommen sind und dass die Menschen nun berechtigte Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Epidemie haben dürfen.
34:13Ein wahrer Akt der Humanität.
34:15So ist es.
34:16Ich kann die Initiative der chemischen Industrie nur begrüßen, Herr Schömer.
34:20Ja, Ihre Fachleute wären aber sicher gut beraten, wenn Sie sich zum Zwecke einer sinnvollen Koordination mit Herrn Prof. Traube vom Gesundheitsministerium absprechen würden.
34:29Aber Herr Kaiser.
34:30Vielleicht sollte man sogar einen Ausschuss konstituieren, der sich mit dieser Problematik befasst.
34:34Ich bitte Sie, Herr Kaiser, bloß keinen Ausschuss. Das funktioniert auch so bei uns. Wir haben darin Erfahrung.
34:39Die chemische Industrie lässt sich nicht gerne in die Karten gucken, Herr Kaiser.
34:42Aber Herr Arberg, darum geht es doch gar nicht. Wir haben nichts zu verwenden.
34:44Moment, Moment. Ich bekomme ein Zeichen. Ich nehme an, dass wir jetzt eine Direktübertragung von der Verkehrsüberwachung...
34:50...kommen. Ja.
34:52Ja, okay. Karl Berger berichtet uns aus dem Helikopter Alpha 4 über die Verkehrslage auf den Straßen im Kreis Saumland.
34:59Ich habe den Kreis Saumland von Norden nach Süden überflogen. Und es ist unvorstellbar.
35:05Selbst in den Hauptreisezeiten hat es noch nicht eine solche Ansammlung von Autos auf den Straßen gegeben, wie heute Abend.
35:11Es scheint, als ob die gesamte Bevölkerung aus dem Landkreis auf der Flucht ist.
35:15Viele haben ihre Wagen verlassen und wandern nur mit dem nötigsten Handgedeck zu Fuß weiter über Wiesen und Decker.
35:23Vereinzelt liegen leblose Körper am Straßenrand.
35:27Opfer der Seuche.
35:29Grauenhaft.
35:30Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld.
35:34Ich fliege jetzt weiter nach Süden, um die Ursache für den Stau herauszufinden.
35:37Und werde mich dann wieder melden. Ende.
35:40Danke, Karl Berger.
35:42Das ist ja entsetzlich.
35:44Es ist ein Albtraum. Mir, schlimmer noch.
35:47Ja, mir fehlen die Worte.
35:48Herr Arberg.
35:49Sie werden verstehen, dass ich mir auch große Sorgen um unsere Reporterin in Mainwald und den Fahrer des Übangs mache.
35:53Herr Arberg, ich...
35:54Gudrun, wenn du mich hörst, ihr müsst nach Norden fahren. Nach Norden. Da kommt ihr vielleicht noch raus.
35:59Herr Arberg.
36:00Ja, Herr Lohmann.
36:01Ich habe etwas...
36:02Entschuldigen Sie, Herr Lohmann. Gerade meldet sich Gudrun Meerbach. Gudrun.
36:14Ich befinde mich in der St. Johanneskirche am Stadtrand von Mainwald.
36:20Hier hat ein Hofflein von Gläubigen hinter den dicken Mauern der Kirche Schutz vor dem Killer-Virus gesucht.
36:28Draußen in den Straßen herrscht gähnende Leere.
36:33Die Stadt scheint nach der überhasteten Flucht der Bewohner wie ausgestorben zu sein.
36:40Bestreute Gepäckstücke liegen auf den Gehwegen, aber auch ein paar Leichen.
36:45Vereinzelt sind Plünderer am Werk. Die Polizei ist machtlos. Sie ist dem Chaos nicht gewachsen.
36:53Mein Kind ist tot!
36:57Marion, mein Kind!
37:00Sag doch was!
37:03Marion!
37:03Die ist Zult!
37:10Die da! Die hat die Krankheit eingeschleppt!
37:16Ich fürchte ich...
37:18...eine nicht.
37:21Es ist wohl besser, wenn ich...
37:23Verdammt! Die schmeißen mit Gesangbüchern nach mir!
37:28Ich muss hier weg!
37:29Herr Arberg?
37:35Herr Arberg, sind Sie noch da?
37:37Ja, ja, natürlich bin ich noch da. Ich... Verzeihen Sie, ich...
37:40Ich bin etwas mitgenommen.
37:42Ja, vielleicht sollten wir die Sendung an dieser Stelle abbrechen.
37:44Nein, nein, nein, nein, auf keinen Fall. Nein, nein.
37:46Ich meine, dass gerade die verzweifelte Situation, in der wir uns befinden, es erforderlich macht, Herr Kaiser, die Sendung vorzuführen.
37:52Herr Lohmann, Herr Lohmann, ich hatte Sie vorhin leider unterbrechen müssen, um unsere Reporterin zu Wort kommen zu lassen, aber jetzt sind Sie dran.
37:59Herr Lohmann?
38:01Herr Lohmann?
38:03BEA hat...
38:05...militärische Forschung.
38:07Das ist doch ungefeuerlich.
38:09Ich bin in dieser Stunde der nationalen...
38:10Ja, ja, ja, später, Herr Künze, jetzt ist Herr Lohmann dran.
38:12Was wollten Sie sagen, Herr Lohmann?
38:13Wir brechen die Sendung jetzt ab.
38:16Seien Sie doch mal ruhig, Herr Künze.
38:17Ja, Herr Künze.
38:20Was ist mit der militärischen Forschung, Herr Lohmann?
38:22Bitte, Herr Lohmann, lasse mich nicht dafür benutzen, an so einer Sendung teilzunehmen.
38:27Halt Sie doch bald im Unterkönig.
38:30Das ist ja Abitation und keine Information.
38:34Wen soll ich fragen, Herr Lohmann?
38:35Wen?
38:37Fragen Sie, Oberst.
38:39Ja, Herr Oberst, welche Kinder?
38:40Welcher Oberst?
38:43Ist es echt, Herr Lohmann?
38:44Fragen Sie, Oberst, Künze!
38:47Aber der Ohrigkeit, denn nur so wird es uns gelingen, die ungeheure Herausforderung, vor
38:52die wir uns...
38:52Ja, bitte.
38:52Herr Künzelt, jetzt reicht's!
38:54Ist ja ganz dringend jetzt.
38:56Gott, schütze Deutschland.
38:57Vor den falschen Männern, jawohl.
39:00Herr Lohmann, hören Sie, Herr Lohmann.
39:04Merkwürdig, die Leitung steht noch, aber er antwortet nicht.
39:07Das ist sehr schade, denn ich hatte gehofft, dass uns Herr Lohmann noch einen wichtigen Hinweis
39:11in Bezug auf die militärische Forschung im Biologischen Forschungsinstitut für industrielle Agrarnutzung
39:16geben könnte.
39:17Ich fürchte, dass der Professor nun selbst ein Opfer der Seuche geworden ist und vielleicht
39:21wollte er angesichts des Todes sogar sein Gewissen erleichtern.
39:26Immerhin konnten wir von ihm erfahren, dass Oberst Künzel auch etwas über die militärische
39:31Forschung weiß.
39:33Nun, Herr Künzel, hätten Sie mit Ihrem pathetischen Appell an die Obrigkeitshörigkeit des deutschen
39:38Volkes nicht noch warten können, bis Herr Lohmann zu Ende gesprochen hat?
39:42Sie müssen doch zugeben, dass Ihr Verhalten also gelinnig gesagt recht ungewöhnlich war und
39:45ich meine, dass Sie unseren Zuhörern jetzt eine Erklärung schuldig sind.
39:52Schweigen ist auch eine Antwort.
39:55Ja.
39:57Ah, Moment.
39:58Ja, ich erfahre gerade von der Regie, dass die Leitung zu Oberst Künzel abgebrochen ist.
40:04Er ist demnach nicht gewillt, uns Rede und Antwort zu stehen und man kann daraus nur schließen,
40:07dass uns das Militär etwas zu verheimlichen hat.
40:10Herr Kaiser?
40:12Ja?
40:12Ist jetzt nicht die Politik gefragt?
40:14Ich meine, wäre es nicht endlich an der Zeit, ein paar Leute zum Sprechen zu zwingen?
40:17Ich kenne Oberst Künzel persönlich als eine integere Persönlichkeit und ich möchte deshalb
40:25davor warnen, voreilige Schlüsse zu ziehen.
40:28Es kann viele Gründe haben, warum er dieses Gespräch so abrupt abbrechen musste.
40:34Sein Hinweis auf feindliche Agenten ist für mich ebenfalls neu.
40:38Es scheint mir jedoch schlüssig zu sein, zumal auch die Kommission unter Professor Traupe
40:44einen Terroranschlag auf unseren Staat nicht mehr ausschließen mochte.
40:50Ja, was die Aussage von Professor Lohmann anbetrifft, nun also, da habe ich doch erhebliche Zweifel
40:58anzumelden, ob BIA tatsächlich Forschungen für das Militär betrieben hat.
41:03Ich weiß zwar nicht, was ihn zu dieser Behauptung veranlasst hat,
41:08allerdings hatte ich den Eindruck, dass Professor Lohmann, sagen wir mal, ein bisschen verwirrt schien.
41:16Ja, also diesen Eindruck von Herrn Kaiser kann ich nur bestätigen.
41:19Sie, Frau Dr. Schertel, hatten Sie auch diesen Eindruck?
41:21Aber nein, im Gegenteil, Professor Lohmann hat mit dem Tod gerungen, um uns diese Mitteilung zu machen.
41:26Und der hat es sich auch nicht leicht gemacht, denn in der Regel neigen die Menschen ja eher dazu,
41:30für eine falsche Sache zu sterben, als sich einzugestehen, dass sie sich geirrt haben könnten.
41:34Ja, da hat es noch einen Anrufer gegeben, Herr Fromm aus Mainwald.
41:38Er sagt, dass er zu alt ist, um vor der Seuche zu fliehen und dass er seinem Ende gelassen entgegenblickt.
41:44Herr Fromm ist Angehöriger der Werksfeuerwehr bei den Vereinigten Chemiewerken in Mainwald.
41:48Für aktive Einsätze ist er zwar zu alt, aber er macht noch tagtäglich Kontrollgänge durch die Werksanlagen.
41:53Vor etwa einem Monat hat sich im Labortrakt der Vereinigten Chemiewerke ein Großbrand ereignet,
41:59der hinterher vor der Presse als belanglos heruntergespielt worden ist.
42:01Es hat damals große Unruhe unter der Belegschaft gegeben, weil durch den Brand gefährliche Substanzen freigesetzt worden sind.
42:07Und Herr Fromm hält es immerhin für möglich, dass sich aus diesen Substanzen die Seuche entwickelt haben könnte.
42:13Was sagen Sie dazu, Herr Schirmer?
42:16Nichts.
42:16Nichts?
42:20Ja, nichts, weil es nichts dazu zu sagen gibt.
42:22In einer Firma von der Größe der Vereinigten Chemiewerke mit fast 5000 Beschäftigten wird viel geklatscht.
42:28Je weniger man weiß, umso mehr wuchert die Fantasie und dann schwirrt es nur so von Gerüchten.
42:32Das Märchen von Herrn Fromm ist so ein Gerücht.
42:33Ach so, dann hat es den Laborbrand gar nicht gegeben.
42:36Eines Wissens hat ein Papierkorb gebrannt, mehr oder weniger.
42:38Ja, vielleicht wissen Sie nicht alles.
42:40Möglich, möglich, Herr Arberg.
42:42Aber wenn es sich um eine große Sache gehandelt hätte, dann wüsste ich es.
42:45Darauf können Sie sich verlassen.
42:48Im Übrigen lassen Sie mich doch einmal klarstellen.
42:51Gerade weil wir es, wie zum Beispiel in der Pharmazie,
42:55zuweilen mit giftigen Substanzen zu tun haben,
42:57sind unsere Labors mehrfach durch Schleusen und feuerhemmende Materialien abgesichert.
43:02Das sollte Herr Fromm eigentlich wissen.
43:04Demnach schließen Sie die Möglichkeit aus,
43:06dass der Brand in den Labors der Vereinigten Chemiewerke,
43:08ob nun groß oder klein, etwas mit der Seuche zu tun haben kann?
43:11Ja, aber natürlich, definitiv ja.
43:13Es gibt in dieser Hinsicht nicht die geringsten Beweise.
43:15Und wenn es sie gäbe, würden Sie dann darüber sprechen?
43:17Ja, aber selbstverständlich, Herr Arberg.
43:20Ich würde mich doch nicht an dem Massensterben der Menschen schuldig machen wollen.
43:23Anscheinend hat es Kontakte zwischen BIA und dem Militär
43:25auf dem nahen Truppenübungsplatz bei Berchtau gegeben.
43:28Das...
43:28Gibt es auch Kontakte, Herr Schirmer, zwischen den Vereinigten Chemiewerken und dem Militär,
43:32respektive zwischen den Vereinigten Chemiewerken und dem Biologischen Forschungsinstitut
43:37für Industrielle Agrarnutzung?
43:39Es tut mir leid.
43:41Darüber kann ich keine Auskunft geben.
43:42Dürfen Sie nicht oder wollen Sie nicht?
43:43Ich sagte doch, ich kann nicht, Herr Arberg.
43:46Warum fragen Sie nicht die Geschäftsführung der Vereinigten Chemiewerke?
43:49Ich habe als Vertreter des Verbandes der chemischen Industrie
43:51keinen Einblick in die Interna unserer Firma.
43:54Augenblick, ein Anruf.
43:55Diesmal hat die Regie ihn sogar durchgestellt.
43:57Na, wollen wir hören.
43:58Aktuelle Stunde.
43:59Ich verstehe nicht, warum immer bloß geredet und geredet wird.
44:06Die Menschen sterben weg wie...
44:08wie die fliegen, aber es wird nur geredet und nichts getan.
44:13Das kann doch nicht so weitergehen.
44:16Ist denn keiner verantwortlich?
44:19Wo sind denn die schlauen Leute, die sonst über alles wissen?
44:23Wir sind verzweifelt.
44:25Ich kann nicht mehr.
44:32Aufgelegt.
44:34Im Prinzip hat die Anruferin ja nicht ganz unrecht, nicht wahr, Herr Kaiser?
44:39Ich verstehe natürlich den Schmerz dieser Frau.
44:42Aber verzeihen Sie, es ist doch nun wirklich nicht so,
44:45dass von den Verantwortlichen überhaupt nichts getan wird.
44:48Gerade eben habe ich erfahren, dass in unserem Land der allgemeine Notstand ausgerufen worden ist.
44:53Dies ist ein erster Schritt, um wieder zur Ruhe und Ordnung zu kommen.
44:58Ja, denn nur so wird es uns möglich sein, die Bevölkerung vor einer weiteren Ausbreitung der Krankheit zu schützen.
45:03Ja, weiß man denn nun endlich, um was für eine Krankheit es sich handelt?
45:06Die Indikationen sind ziemlich eindeutig.
45:09Mehr möchte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
45:11Ja, mit anderen Worten, man weiß genauso wenig wie zu Beginn der Seuche.
45:14Das war eine sehr unüberlegte Äußerung, Herr Ahrberg, die durch nichts begründet ist.
45:18Herr Schirmer, ist denn die chemische Industrie in Ihren Untersuchungen inzwischen weitergekommen?
45:24Herr Dr. Schirmer.
45:30Er meldet sich nicht mehr.
45:33Also, ich darf jetzt wohl mal...
45:34Ich habe jetzt die Pflicht, die Bürger in unserem Land mit den wichtigsten Notstandsverordnungen bekannt zu machen.
45:39Paragraf römisch 1, Absatz 3b.
45:42Jeder Bürger ist verpflichtet...
45:43Was soll der Quatsch?
45:45Sie glauben doch nicht im Ernst, dass irgendein Zuhörer für sowas noch Aufnahme fehlt?
45:48Bitte, Sie haben doch alle verdammt noch mal andere Sorgen im Kopf.
45:50Herr Ahrberg, behindern Sie mich nicht bei der Ausübung einer Amtshandlung.
45:53Sie machen sich strafbar.
45:54Alle Sender sind verpflichtet...
45:55Ruhe, unsere Reporterin meldet sich.
45:56Gudrun, wo steckst du?
45:57Wie geht's dir?
45:58Wir stecken fest.
45:59Es geht nicht vor, hört so nicht zurück.
46:02Um uns herum ist das totale Chaos.
46:05Überall Autos, alle ineinander verkeilt.
46:07Das heißt, die Straße sei gesperrt, aber keiner weiß warum.
46:11Im Hintergrund, du hörst ja wahrscheinlich, sind Explosionen zu hören.
46:13Wir haben Angst.
46:14Neben mir stirbt gerade eine Faust.
46:15Es ist pippa.
46:17Inzwischen regnet es heftig und sieht so aus, als wenn sich die Seuche jetzt noch schneller ausbreitet.
46:21Jeder weiß, dass er der nächste sein kann.
46:24Ich hab schon welche gesehen, die den Druck nicht aushalten konnten und wahnsinnig geworden sind.
46:28Dieter, es ist mir egal, wenn es um den Sinn da geht.
46:34Ich fühle dich.
46:35Gudrun.
46:37Oh, Mistverdammter.
46:38Warum hört dieser Wahnsinn nicht auf?
46:41Gudrun.
46:42Geh zu.
46:43Ich versuche, dich da rauszuholen.
46:45Sag mir, wo ihr steckt.
46:46Tu es nicht, Dieter.
46:47Es hat keinen Zweck.
46:48Du kommst nicht dort.
46:48Doch, vielleicht kann Karl.
46:49Er ist mit dem Hubschrauber unterwegs.
46:51Ich muss nur wissen, wo ihr seid.
46:52Wir stehen auf der B311.
46:53Zwei Kilometer hinter Winkels...
46:56Okay, bleibt da.
46:57Ruhert euch nicht rund weg bis Karl Karl.
46:58Herr Arberg, es kann ja wohl nicht angehen, dass Sie den Sender zum Privatfunk umfunktionieren.
47:04Ich bestehe darauf, dass Sie mich jetzt die Notstandsverordnung verlesen lassen.
47:07Oder...
47:08Oder?
47:10Oder Sie müssen mit einer empfindlichen Strafe rechnen.
47:13Machen Sie doch nicht lächerlich.
47:14Bringen Sie lieber Ihr Experten-Thema-Fordermann, damit endlich etwas gegen die Seuche unternommen wird.
47:19Herr Arberg, wir leben in einem Notstand.
47:21Sie wissen wohl nicht, was das bedeutet.
47:23Da kann nicht jeder machen, was er will und schon gar nicht eine Senderanstalt.
47:27Alle Nachrichten unterliegen ab jetzt der Genehmigungspflicht.
47:31Ihre aktuelle Stunde ist nicht genehmigt.
47:33Das heißt, Sie arbeiten außerhalb der Legalität.
47:35Stellen Sie sofort diese Sendung ein.
47:37Herr Kaiser, das ist Zensur.
47:38Damit kommen Sie nicht durch.
47:39Solange wir kein Sendeverbot für Wortbeiträge in amtlicher Form, schwarz auf weiß in der Hand halten,
47:44sehen wir uns als öffentliche Anstalt verpflichtet,
47:46unserer Informationspflicht gegenüber den Hörern auch weiterhin nachzukommen.
47:49Nun gut, wenn Sie auf Ihrer Informationspflicht bestehen, Herr Arberg,
47:52dann darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass es auch und primär zu dieser Informationspflicht gehört,
47:58die Hörer über die Notstandsverordnungen aufzuklären.
48:00Wenn Sie es nicht tun, üben Sie ungerechtfertigt und ungesetzlich Zensur aus.
48:05Gut, wenn die Obrigkeit meint, dass unser weiteres Wohl und Wehe von den Notstandsverordnungen abhängt,
48:10dann will ich mich dem natürlich nicht widersetzen.
48:12Vielleicht darf ich aber meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass auch die Killerviren mithören und sich an die Verordnungen halten.
48:19Ach, wissen Sie, Ihr Spott ist im Ernst der Lage in keiner Weise angemessen, Herr Arberg.
48:23Er zeugt vielmehr von einem bedauerlichen Mangel an staatsbürgerlichem Bewusstsein.
48:28Paragraf römisch 1, Absatz 3b.
48:31Jeder Bürger ist verpflichtet...
48:32Entschuldigen Sie, Herr Kaiser, es ist nicht Böswilligkeit, wenn ich Sie jetzt unterbreche.
48:36Herr Berger meldet sich gerade aus dem Helikopter und ich meine, der Umstände halber und auch der Aktualität wegen sollten wir ihn zuerst zu Worte kommen lassen.
48:43Es ist der reinste Horror.
48:46In Deutschland herrscht Krieg, was kein Mensch jemals für möglich gehalten hätte.
48:51Jetzt ist es eingetroffen.
48:52Deutsche Soldaten führen einen unerklärten Krieg gegen die Zivilbevölkerung in unserem Land.
48:58Der gesamte Kreis Saumland ist großflächig umstellt und abgeriegelt.
49:02Das Ziel kann nur sein, ein weiteres Ausspreiten der Seuche auf andere Gebiete der Bundesrepublik mit allen Mitteln zu verhindern.
49:11Vielleicht aber ist auch das Militär inzwischen von der Seuche befallen.
49:16Ich glaube, dass meine Aufgabe im Verkehrsgrund erfüllt ist.
49:20Ich fliege nach Hause.
49:21Denn es ist doch ein Zuhause.
49:22Karl, Karl, Gudrun und Max sind doch draußen. Sie stecken mit Ü2 im Stau.
49:27Wo?
49:29B311, zwei Kilometer hinter Winkelsbrück.
49:31Ich bin ganz in der Nähe.
49:33Ich hole Sie da raus.
49:35Sie sollen sich bereithalten und Lichtzeichen geben, wenn Sie mich sehen.
49:38Danke, Karl.
49:40Das werde ich dir nie vergessen.
49:45Deutsche Soldaten gegen deutsche Zivilisten.
49:49Wir haben es weit gebracht.
49:50Schade, dass Oberst Künzel die Verbindung zu uns abgebrochen hat.
49:56Es wäre sicherlich sehr aufschlussreich gewesen, von ihm zu erfahren, wie der Einsatz des Militärs von offizieller Seite gerechtfertigt wird.
50:02Oder können Sie etwas dazu sagen, Herr Kaiser?
50:06Wir können in jedem Fall davon ausgehen, dass sich unsere Regierung die Entscheidung nicht leicht gemacht hat.
50:15Es war, wenn Sie so wollen, eine Güterabwägung.
50:18Hier Fortbestand der Freizügigkeit, dafür aber eine unkontrollierte Ausbreitung der Seuche.
50:24Da gewisse Einschränkungen der Menschenrechte und dafür die Möglichkeit, die Seuche zu begrenzen.
50:31Das klingt sehr vernünftig und harmlos.
50:34Von Karl Berger wissen wir jedoch, dass die Auswirkungen des militärischen Einsatzes alles andere als harmlos sind.
50:40Haben die Verantwortlichen diese Entwicklung billigend in Kauf genommen?
50:44Niemand hat irgendetwas billigend in Kauf genommen, Herr Arberg.
50:49Denn niemand konnte voraussehen, welche Katastrophe da über uns hereinbrechen würde.
50:53Es hat aber von Anfang an warmende Stimmen gegeben, zum Beispiel Frau Dr. Schertel.
50:56Aber von offizieller Seite, unter anderem auch von Ihnen, ist jedoch immer nur abgewägelt und bagatellisiert worden.
51:03Sie können unsere Regierung doch nicht für die Epidemie verantwortlich machen.
51:08Die Maßnahmen der Politik waren abgestuft und dem jeweiligen Entwicklungsstand der Ereignisse durchaus angemessen.
51:16Leider hat es aber immer wieder Behinderungen durch einzelne Gruppen und Personen gegeben,
51:20denen die Verfolgung eigener Interessen wichtiger waren als die Belange der Allgemeinheit.
51:24Dazu gehören auch Sie, Herr Arberg.
51:27Denn Sie hindern mich, unsere Bürger mit den Notstandsverordnungen vertraut zu machen.
51:32Ihr Verhalten ist unverantwortlich und skandalös.
51:35Also, über skandalöses Verhalten, da ließe sich sicherlich eine ganze Menge sagen, aber...
51:41Bitte, verkünden Sie, was der Staat von seinen gesetzestreuen Bürgern verlangt.
51:47Paragraf Römisch 1, Absatz 3b.
51:53Jeder Bürger ist verpflichtet...
51:57Das Telefongeklingel macht mich ganz verrückt.
52:00Können Sie das nicht mal abstellen?
52:03Ja, aber gewiss doch.
52:06Hallo?
52:07Ist da der Rundfunk?
52:09Ja, ganz richtig.
52:10Sie sind direkt verbunden mit der Sendung Die Aktuelle Stunde.
52:13Mein Name ist Schwind.
52:17Ich bin Pferdner im Atomkraftwerk Walden.
52:25Unser Personal ist an der Seuche gestorben.
52:32Ablösung kommt nicht mehr.
52:37Keiner kontrolliert das Werk.
52:43Eiler muss Reaktoren abschalten.
52:49Helfen Sie!
52:51Herr Schwind.
52:52Reaktoren abschalten.
52:56Ja, danke, Herr Schwind.
53:02Er hat versucht, der Menschheit einen letzten Dienst zu erweisen.
53:11Ob es ihm auch gelungen ist?
53:15Herr Kaiser, besteht die Möglichkeit, Fachleute zum AKW Walden zu schicken, um es stillzulegen?
53:23Herr Kaiser, warum antworten Sie nicht?
53:26Man kann doch so ein Werk nicht sich selbst überlassen.
53:29Herr Kaiser!
53:32Ach so, die Leitung ist unterbrochen.
53:36Ja.
53:38Welche Gründe ihn auch immer bewogen haben könnten, sich aus unserer Konferenzschaltung hinweg zu stillen?
53:45Wir können nur hoffen, dass er rechtzeitig Maßnahmen einleitet, die eine weitere Katastrophe für die Menschen in dieser Region verhindern.
53:51Da er jedoch darauf verzichtet hat, die Notstandsverordnungen zu Ende zu lesen, wird niemand erfahren, was Paragraf Römisch 1 Absatz 3b bedeutet.
53:59Der Bürger ist verpflichtet, in seiner Wohnung zu bleiben oder sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten.
54:05Ach, das wussten Sie?
54:09Ja.
54:11Oh, Gott sei Dank, da meldet sich noch einmal unsere Reporterin, Gudrun Mürbur.
54:15Kai, kommt!
54:16Wir haben ihm ein Lichtzeichen gegeben, er fliegt auf uns zu!
54:19Andere haben den Helikopter auch gesehen.
54:24Alle hoffen auf Rettung, es wird schwierig werden.
54:27Max und ich laufen jetzt auf das freie Feld, damit Karl uns an Bord nehmen kann!
54:31Ich habe Ö2 entdeckt und befinde mich im Einflug.
54:38Da!
54:39Gudrun und Max laufen aus das freie Feld.
54:41Sehr vernünftig.
54:43Sie werden verfolgt.
54:44Die wollen alle mit.
54:46Verdammt, das sind zu viele.
54:48Offenbarlich schaffen sie es von den anderen.
54:50Drei Meter über dem Boden.
54:51Zwei Meter.
54:52Komm, Gudrun, komm!
54:54Ein Meter.
54:55Gleich.
54:56Gudrun Straub.
54:57Max hat sie aufgeschlagen.
54:59Hebt sie den Helikopter.
54:59Sie ist abort.
55:01Max auf, ich starte durch.
55:04Los, Rassern!
55:05Ich kann euch nicht alle mitnehmen.
55:08Komm, verdammt, sie hängen in den Fett an den Kuchen.
55:11Es sind zu viele, zu schwer.
55:12Es ist eben zu schwer.
55:13Ich kriege das Gerät nicht wieder hoch.
55:15Sie lassen mich los, verdammt.
55:17Ich verliere die Kontrolle.
55:22Oh mein Gott.
55:24Alles vergebens.
55:28Herr Arberg.
55:29Gudrun ist war...
55:32Ich hab's geahnt.
55:35Furchtbar.
55:38Es war alles umsonst.
55:42Die Seuche hat längst schon die Landeshauptstadt erreicht.
55:44Das ganze Land ist von ihr befallen.
55:48Keine Rettung mehr.
55:53Sterben Sie wohl, Herr Arberg.
55:54Es gibt kein Widersinn.
55:58Frau Doktor.
56:00Das kann doch nicht Ihr letztes Wort sein.
56:02Frau Doktor Schertl.
56:08Regie, ich mach Schluss.
56:10Bringt Musik oder sonst was.
56:11Ich mach Schluss.
56:11Was ist, hört Ihr mich nicht?
56:18Technik.
56:20Ist denn da keiner in der Technik?
56:23Schlaft Ihr denn alle?
56:25Verdammt noch mal, Ihr sollt Musik bringen.
56:30Wo steckt Ihr denn?
56:31Ist denn kein Mensch mehr in diesem verdammten Haus?
56:32Ihr könnt doch nicht...
56:35Tod?
56:47Gibt es noch Zuhörer?
56:49Gibt es da draußen überhaupt noch Leben?
56:52Falls Sie mich empfangen, bitte, rufen Sie mich an.
57:03Warum meldet sich denn niemand?
57:12Komisch, Telefon ist in Ordnung.
57:14Darum kann es nicht liegen.
57:15Komisch, Telefon