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MusikTranskript
00:00Kapitel 9 Unbewegliche Objekte
00:07Dioseras hatte es geschafft, die größte öde Weite auf Antikev zu finden, um dort seinen Palast zu errichten.
00:18Oltöx hatte mehrere Wegstunden von der dürftigen kleinen Zikurat entfernt landen müssen,
00:24nur um einen Felsen zu finden, hinter dem er sein Sichelschiff verbergen konnte.
00:28Da er keinen Zugang zu Antikevs Translationsrelais mehr hatte, war er dazu gezwungen, den Weg zu Fuß zurückzulegen.
00:37Obwohl er schnell genug rennen konnte, um einen sterblichen Läufer weit hinter sich zu lassen, war es eine lange, ereignislose Reise gewesen.
00:46Schon als die Necron Tür Antikev besiedelt hatten, war es ein alter Planet gewesen, dessen Kern schon lange erloschen war.
00:53Die Meere waren wenig mehr als eine knietiefe Salzbrühe, die Berge waren durch eine Ewigkeit von Winden zu kleinsten Stummeln abgetragen worden.
01:04Aber der Planet war nicht vollkommen tot.
01:06In den oberen Breitengraden, wo auch die Hauptstadt angesiedelt war, gab es noch grüne Ebenen, Flüsse und gelegentliche Büsche.
01:14Aber hier, in den äquatorialen Bereichen, gab es nichts anderes als eine Ebene aus pudergleichem Staub, der von Metalloxiden weiß gefärbt war.
01:25Die heißen Winde hatten den Staub zu kleinen Wellen geformt, aber erst ein Blick nach oben enthüllte die wahre Majestät Antikevs.
01:35Dort, wo der Himmel die staubig-trockenen Ränder des Horizonts berührte, schimmerte die Welt golden, ehe sie in unendliches Himmelblau überging.
01:45Über all dem stand die Sonne Antikevs, unter deren Strahlen nicht ein Staubkorn verborgen blieb.
01:52»Beißt Zareks Knochen«, dachte Oltöx, als die weiße Ebene sich vor ihm ausbreitete.
01:58Er hatte vergessen, wie hell Antikev war.
02:01Nach 300 Jahren in Seeds beständigem Halbschatten schien seine Geburtswelt in geradezu unvorstellbar viel Licht getaucht.
02:10»Soll ich eure Matrix neu kalibrieren, mein Fürst?«
02:15meldete sich die analytische Subpartition, die wir immer nicht widerstehen konnte, ein kleines technisches Problem zu lösen.
02:24Damit überging sie auch die explizite Anordnung, dass die Subpartitionen Oltöx während der Dauer dieser Reise nicht zu stören hatten.
02:32Er stimmte mit einer einfachen Bestätigungsglyphe zu, um die Partition von weiteren Gesprächsversuchen abzubringen.
02:40Für einen Moment wurde es schwarz, während Analytik die Matrix zurücksetzte.
02:45Als seine Optik wieder aktiviert wurde, waren die Voreinstellungen der Kronwelt wiederhergestellt und die Welt war nicht länger grell, sondern angenehm beleuchtet.
02:54Es war beinahe, als wäre er zu Hause, doch da waren die kleinen Fehlerglyphen am oberen Rand seines Sichtfeldes, die anzeigten,
03:04dass die Verbindungen mit den königlichen Informationsknoten unterbrochen waren.
03:08Dies zeigte dem Normarchen noch einmal explizit auf, dass er nicht zu Hause war, sondern ein Verbrecher, seit dem Zeitpunkt, ab dem er Kemet abseits von Seed betreten hatte.
03:22Er wusste nicht, wie Djoseras ihn empfangen würde, aber das würde er bald herausfinden.
03:28Vor einiger Zeit hatte Oltex ferne Formationen von reglos positionierten Soldaten umgangen,
03:34deren reflektierende Panzerungen sie wie gleißende Sterne inmitten der Landschaft wirken ließen.
03:39Die mächtigen Legionen des Kühners, die damit beschäftigt sind, nichts zu tun, während Seed sich mit jemandem wie Ned zufrieden geben muss.
03:50Durch das Hitzeflimmern kam endlich der Palast in Sichtweite, dessen Stufenpyramide das einzige hohe Objekt in einem Umkreis von 100 Wegstunden war.
04:01Und dort draußen, vor der Pyramide, kniete Djoseras.
04:07Oltex konnte ihn selbst auf der höchsten Einstellung und mit der stärksten Vergrößerung seiner Okulare nur als ein silbernes Flimmern inmitten der Hitze über der Ebene ausmachen.
04:18Mit einer simplen Distanzsichtung konnte er das schlimmste Flimmern herausfiltern,
04:22womit Oltex auf der letzten halben Wegstunde einen guten ersten Eindruck von dem Älteren bekam.
04:29Oltex ging jetzt nur noch langsam, denn ein Fürst konnte nicht einfach so rennen.
04:38Es schien, als wäre Djoseras mit Putzen beschäftigt.
04:42In all seinen langen Jahren auf Seed hatte Djoseras in Oltex bitteren Fantasien ein Leben an Unas Seite geführt,
04:48mit goldenem Prunk und freudlosen Speichelleckereien.
04:53Aber hier war er, in einem der trockensten, einsamsten Breitengrade des Planeten,
04:59um seine Soldaten von Hand zu reinigen.
05:02Der Kühnerts kniete im Staub und arbeitete mit einem winzigen Präzisionsphasenmesser daran,
05:08geradezu mikroskopische Mängel von dem Knöchelgelenk eines Unsterblichen zu entfernen.
05:14Der schwergebaute Krieger war in makellosem Zustand,
05:18wie alle der 180 identischen Legionäre seiner Abteilung.
05:22Aber makellos war ein relativer Begriff.
05:27Oltex hatte den Verdacht, dass er nie Djoseras Blick für Mängel haben würde.
05:33Nachdem er seine Arbeit betrachtet hatte und den Winkel des Fußes des Unsterblichen
05:38um die Breite von einem Dutzend Sandkörnern korrigiert hatte,
05:42bewegte Djoseras sich zum nächsten in der Reihe.
05:45Momentan arbeitete Djoseras in der Mitte der vordersten Reihe des dritten von fünf Blöcken
05:51aus Unsterblichen vor dem Palast, welche lediglich seine persönliche Garde darstellten.
05:58Er würde den letzten Unsterblichen nicht erreichen,
06:01bevor sich auf dem ersten schon wieder tausende Sandkornbreite Kratzer angesammelt hatten.
06:07Überhaupt über eine solche Arbeit nachzudenken war bereits Wahnsinn.
06:11Schon in der Zeit des Fleisches war Sauberkeit eine Priorität für Djoseras gewesen.
06:18Doch mit dem Biotransfer war es zu einer Fixation geworden.
06:24Es schien, als hätte diese ihn in den letzten Jahrhunderten verschlungen.
06:29Seit dem Kampf bei Temenos hatte Oltex viel über Djoseras nachgedacht,
06:33wobei er zwischen dem Vertrauen und angenehm gewordenen Hass und komplexeren Gefühlen wankte,
06:40die er lieber nicht analysierte.
06:42Seine Meinung zu Djoseras mochte noch nicht feststehen,
06:45aber Oltex kam dennoch nicht umhin zu bemerken,
06:48dass seine Hassgedanken ungewöhnlich langsam aufwallten.
06:53Besonders wenn er dieser bescheidenen Gestalt zusah, die dort im Sand kniete.
07:00Die Sonne war weit genug über den Zenit gewandert,
07:03dass die Pyramide einen Schatten warf, als Oltex an der Zikurat eintraf.
07:08Auf der letzten kurzen Distanz begann Oltex noch etwas anderes über das Rauschen des Windes hinweg zu hören.
07:16Es war Musik.
07:18Oder zumindest etwas, was so ähnlich klang.
07:21Die leblosen, künstlichen Glockenklänge,
07:23Glockenklänge, die von arhythmischen Trommeln begleitet wurden,
07:27gingen von Djoseras aus.
07:29War dies eine Komposition des Thronfolgers?
07:33Wenn das der Fall war,
07:34dann konnte Oltex wenigstens ein wenig Trost in dem Gedanken finden,
07:38dass der Ältere wenigstens in irgendetwas schlechter war als er.
07:43Die Necron-Tür war noch nie ein besonders musikalisches Volk gewesen.
07:49Aber als Necrons hatten sie erst richtig abgebaut.
07:52Alles an Kunst, was über die brachiale Darstellung von Majestät hinausging,
07:57war mit dem Biotransfer zu einer finsteren Parodie ihrer selbst geworden.
08:03Das hier war sogar noch schlimmer als eine Parodie.
08:06Als etwas ertönte, von dem Oltex befürchtete,
08:09dass es die Hauptmelodie dieser Trauermusik war,
08:11klang es wie das Krachen eines beschädigten Karnop-Tech-Konstruktes,
08:16das ein langes und tiefes Loch hinunterstürzte.
08:19Das Knallen der Luken,
08:21wenn die orkischen Transportfahrzeuge ihre Ladung abwarfen,
08:24war melodiöser als das hier.
08:27Das ist die schrecklichste Musik, die ich je gehört habe,
08:30rief Oltex dem Älteren über die Wüste hinweg zu,
08:34unfähig, sich noch zurückzuhalten.
08:36Er hatte den ganzen Fußweg damit zugebracht,
08:38Möglichkeiten zu ersinnen, wie er 300 Jahre Stille brechen konnte,
08:44nur um das von sich zu geben.
08:47»Es ist nicht mein bestes Werk,« antwortete Juseras mit einem Blick über die Schulter.
08:53Oltex' Anwesenheit schien ihn keinesfalls zu überraschen.
08:57»Aber es hilft mir bei der Konzentration, wenn ich arbeite.«
09:01»Wenn wir schon dabei sind,« sagte Oltex.
09:05Er zögerte nun, da er die Person vor ihm nicht beleidigen wollte.
09:09»Dafür gibt es Garabeen.«
09:12»Das wisst ihr, nicht?«
09:13»Seid ihr euch sicher, dass dies eine angemessene Nutzung eurer Zeit ist?«
09:19So penibel er auch sein mochte, so schien es doch merkwürdig,
09:23dass der ältere Thronerbe seinen Untergebenen so viel Aufmerksamkeit zukommen ließ.
09:28Immerhin hatte Juseras einmal eine Kohorte Soldaten schlicht deswegen umgebracht,
09:33um Oltex zu zeigen, wie wenig sie als Individuen wert waren.
09:38»Oder hat er sich vielleicht geändert?«
09:41Juseras dachte einen Moment darüber nach und wog seine Antwort ab.
09:46»Es ist eine sehr gute Nutzung.
09:49Denkt doch nur daran, wie diese Truppen ausgesehen haben,
09:53als ihr über die Wüste herangeflogen seid.«
09:58Oltex versuchte Juseras darstellerisches Gebaren mit der stumpfsinnigen Antwort zu kontern,
10:03die ihm in den Sinn kam.
10:05»Die Truppen, geehrte Älterer, sehen wie ein großes, glänzendes Quadrat aus,
10:12das aus vielen kleinen, ebenso glänzenden Quadraten besteht.«
10:16»In der Tat«, sagte Juseras mit subtiler Freude, ehe er sich wieder seiner Arbeit zuwandte.
10:23»Aus der Ferne werden sie zu einer einzigen Masse, zu einem Tropfen reinen Silbers,
10:28welcher wiederum im glänzenden Becken der dynastischen Stärke untergeht.
10:33»Je perfekter die Komponenten, desto perfekter das Ganze.«
10:38»Bravo«, stimmte Oltex doktrinelle Subpartition zu, die kurz aus ihrer Partition ausbrach.
10:45Doktrin hatte sich seit dem Vorfall am Beinhaus Wortkark gegeben
10:50und Oltex mit mürrischer Schweigsamkeit gestraft,
10:54wann immer er gezwungen war, mit der Subpartition zu sprechen.
10:56Und jetzt, da er ihr befohlen hatte, nicht zu sprechen,
11:01konnte sie nicht umhin, seinen Rivalen zu loben.
11:04Die Partition teilte nicht nur Juseras Selbstverliebtheit,
11:08sondern auch seine Liebe zu guten Lehrsprüchen.
11:12Und der Kühnerts hatte schon immer mit Aphorismen aufwarten können.
11:17Zumindest das hatte sich nicht geändert.
11:20Derart mit der Gefasstheit des Kühnerts konfrontiert,
11:24wollte Oltex nichts lieber tun, als ihn aufzustacheln.
11:29Vielleicht sollte er fragen, ob die Unsterblichen denn so viel Wert
11:32auf ihr Äußeres legten, oder ob sie sich dessen überhaupt bewusst waren.
11:37Allerdings würde dies hier sowieso zu einer explosiven Konversation werden,
11:42weswegen es keinerlei Grund gab, mit voller Absicht
11:45auf eine Wiederholung ihres Duells zuzusteuern,
11:49nach welchem sich ihre Wege getrennt hatten.
11:52Oltex würde sich zurückhalten,
11:54denn manchmal, so dachte er,
11:57bedeutete Pragmatismus auch gute Manieren.
12:01Ich bin mir nur nicht sicher, ob es wert ist, für sie zu knien,
12:05sagte er schließlich mit einem Schulterzucken.
12:07Es ist bewundernswert, log er weiter.
12:11Aber ihr werdet dort unten doch sicherlich mehr Staub sammeln,
12:14als ihr von euren Soldaten entfernen könnt.
12:18Djoseras winzige Klinge hielt inne, dann schaltete er sie ab.
12:23Der Kühnertz stand auf und drehte sich so langsam herum,
12:26dass er gerade unbekümmert genug aussah.
12:29Oltex sah jedoch, dass Djoseras kurz nach unten blickte
12:32und dabei die Staubkörner sah, die an seinen Beinen klebten.
12:37An seinen Knoten knisterten kaum wahrnehmbare Ekelmuster entlang,
12:41während er dagegen ankämpfte, sich zu reinigen.
12:44Er hat also nie darüber nachgedacht, dachte Oltex bei sich,
12:50einmal mehr erstaunt darüber, wie jemand so klug und gleichzeitig so dumm sein konnte.
12:56Mit schroffem Tonfall, damit er seine Verlegenheit überspielen konnte,
13:01wechselte Djoseras das Thema.
13:02Ich nehme es als gegeben an, dass ihr mir für die Erlaubnis dankt,
13:07überhaupt landen zu dürfen, nachdem ich euch seit eurem Eintritt in das System beobachtet habe.
13:13Ihr solltet euch gewahr sein, Oltex, dass es Gnade und nicht Stumpfheit war,
13:19die die Geschütztürme meines Palastes zurückgehalten haben.
13:23Also werde ich beinahe wie in der Geschichte des verlorenen Siegelträgers mit offenen Armen empfangen?
13:30fragte Oltex mit gespielter Freude.
13:32Bei den Lügen des Gauklers.
13:35Mentep muss diese Farbe sicher einhundertmal erwähnt haben.
13:39Jetzt fange ich schon selbst damit an.
13:41Ich würde wirklich nicht so weit gehen, sagte Djoseras kühl, wobei er langsam auf Oltex zutrat.
13:49Ich würde behaupten, das ist genauso wahrscheinlich, wie, dass eure Absicht hier eine Wiedergutmachung ist.
13:57Nun, was auch immer der Grund für euer Auftauchen ist, ich werde euch zumindest anhören.
14:04So großzügig, sagte Oltex, beinahe vollkommen ehrlich.
14:09Ich bin froh, euch so sauber zu sehen.
14:15Tatsächlich hätte Djoseras frisch aus dem Bio-Ofen kommen können,
14:19wenn man vom Staub absah, den er nun verstohlen von sich gauste.
14:23Anders als der itakische Adel hatte er ein asketisches Erscheinungsbild gewählt,
14:29sodass lediglich feinste Goldfilamente seinen adeligen Rang verrieten.
14:33Das Siegel auf seiner Kartusche war auf die grundlegenden Elemente reduziert,
14:38ohne große Verzierungen oder ein persönliches Wappen.
14:43Er war nicht so schwer gebaut wie Oltex, nicht so langgliedrig wie Mantep,
14:47nicht so hoch aufragend wie Yennek, sondern einfach gewöhnlich, geradezu langweilig.
14:54Für Djoseras wäre dies jedoch ein Kompliment gewesen,
14:57denn die Einfachheit seiner Gestalt unterstrich nur, wie makellos er aussah.
15:04Ich meine damit, dass ihr gut ausseht, sagte Oltex, sodass sein Lob weniger wie eine Beleidigung klang.
15:11Ich würde gern dasselbe behaupten, aber ihr seht scheußlich aus,
15:14gab Djoseras mit einem kurzen Röntgenpuls aus seinen Okularen zurück, der seine Geringschätzung verriet.
15:20Aus Oltex Kern stieg Wut auf, was die merkwürdige Leichtigkeit zerschlug,
15:26in die diese Konversation geglitten war.
15:29»Onas hat euch meine Exkoriation befohlen,« krollte Oltex, und seine Stimme verzerrte sich dabei.
15:37»Das hat er getan,« gab Djoseras hart wie Stein zurück.
15:42»Aber ich habe mich nicht darauf bezogen, Oltex.
15:45Die Vergangenheit ist die Vergangenheit.
15:48Denkt nicht, dass ich so kleinlich wäre, euch damit anzustacheln.
15:53Nein, es ist euer Auftreten, eure Knotenakzente, diese merkwürdigen, wie soll ich sagen, Ticks,
16:02die ihr euch angeeignet habt.
16:05Es sind diese kleinen Details, die verraten, dass ihr euch nicht so pflegt, wie ihr solltet.
16:11Und ihr wisst natürlich alles über solche Kleinigkeiten.
16:15»Schätze ich,« schnaubte Oltex und hob das Kinn in Richtung des Unsterblichen,
16:21den Djoseras eben noch poliert hatte.
16:23Dennoch konnte er nicht anders, als über diese Kritik nachzudenken
16:26und dabei seine Haltung zu korrigieren.
16:30»Welche Ticks,« meint er, »hat Seed schon sichtbare Spuren hinterlassen?«
16:38»Das war jetzt wirklich kleinlich,« sagte Djoseras mit erhobenem Finger.
16:43»Dies war eindeutig ein Scherz, Kühnertz,« beißt Sareks Rippen.
16:48»Ich dachte, ich hätte in all dieser Zeit keine gute Gesellschaft gehabt.
16:53Aber mir scheint, euer soziales Feingefühl unterbietet das meine.
16:57Aber es sollte mich wohl nicht überraschen, wenn ihr Jahrhunderte hier draußen damit zugebracht habt,
17:02unsichtbaren Staub von euren Truppen zu wischen und dabei Unsinn von euch zu pfeifen.«
17:08»Und ihr tut es schon wieder. Ihr könnt einer guten Provokation einfach nicht widerstehen, nicht wahr?«
17:17»War eure Ausdrucksweise schon immer so unflätig? Und dann noch die Lästerungen auf Sareks Namen?«
17:24Djoseras verschränkte die Arme, während das kleinste Anzeichen von Belustigung über seine Entladungsmatrix flackerte.
17:30»Genoss der Ältere dieses Streitgespräch etwa?«
17:35»Ich werde nicht verneinen, wie seltsam diese Situation für mich ist, Djoseras.
17:39Ich bemitleide euch sogar ein wenig.
17:42Aber versteht dies nicht als Verachtung, sondern als Freude darüber, dass ihr euch beschäftigt haltet.
17:48»Mantep besteht immerhin immer darauf, dass Obsession unser bester Anker ist und...«
17:55»Mantep!«, unterbrach ihn Djoseras mit leicht schiefgelegtem Kopf.
17:58»Nicht etwa Mantep von Carnotide?«
18:01»Das weiß ich nicht.«
18:03Gestand Oltöcks, der noch nie von Carnotide gehört hatte.
18:07»Man könnte Mantep den Seuchendoktor von Seed nennen.
18:11Er wurde in meinen nomarchialen Berichten oft erwähnt, die sicherlich verpflichtende Lektüre am Hof sind.
18:18Daher bin ich überrascht, dass ihr nichts von ihm wisst.
18:21Ihr lest doch all meine Berichte, nicht wahr?
18:24Oh, edelster Älterer!«
18:27Djoseras sah ein wenig unangenehm berührt aus, sagte aber nichts.
18:32Oltöcks verzeichnete dies als einen kleinen Sieg für sich und sprach weiter.
18:36»Nun, Mantep sagte, dass der beste Anker für unsere Geister in den Strömen der Zeit eine Obsession ist, an der wir uns festketten können.
18:49Er soll uns davon abhalten, zu sehr darüber nachzudenken, war es.
18:53Nun, ihr wisst schon.«
18:55Oltöcks wies auf das leblose Metall seines Körpers hin, welches in der ofengleichen Hitze der Wüste leise knackte.
19:02Er versuchte dabei, nicht bewusst darüber nachzudenken, dass er nicht atmete.
19:08Djoseras nickte heftig, um sie von dem Tabu des Unaussprechlichen wegzulenken.
19:14»Dies ist sicherlich eine Perspektive,« stimmte er zu.
19:20»Ich gestehe, dass ich in dieser Arbeit einen Trost finde.
19:24Ihr wisst, ich habe schon immer geglaubt, dass ein reiner Körper einen reinen Geist mit sich bringt.
19:30Aber ob Obsession einen gesunden Verstand ersetzen kann?«
19:34Djoseras erzeugte das leere, tickende Geräusch, das ein Analog für ein unverbindliches Grunzen war.
19:40»Dann müsste wohl Trasin, der Dieb von Solemnus, den klarsten Geist von uns allen besitzen.«
19:46»Es gibt eindeutig Grenzen.«
19:49»Aber ich versuche damit zu sagen, dass ihr geistig scheinbar bei bester Gesundheit seid.«
19:54Oltix zeigte ein Ehrlichkeitsmuster auf seinem Thorax, mit dem vorsichtigen Gefühl, dass die Konversation in die richtige Richtung ging.
20:02Er hoffte jedoch, Djoseras würde ihn nicht nach seiner Obsession fragen.
20:07Das Eingeständnis, dass seine Obsession der Hass auf den Dynasten und manchmal auch Djoseras selbst war, wäre wohl ein Schritt zu weit gegangen.
20:17»Ich hoffe, dass mein Geist gesund ist,« sagte der Kühnertz.
20:22»Ich kann dieses Kompliment auch zurückgeben, zumindest insofern ich bestätigen kann, dass sie noch immer ihr selbst zu sein scheint.«
20:32Wenn sie noch aus Fleisch und Blut gewesen wären, dann hätte er und Djoseras sich wohl in diesem Moment ein flüchtiges Lächeln zugeworfen.
20:39So aber starrten sie einander nur ausdruckslos an und schwiegen für einen Moment.
20:46Es war kein unangenehmes Schweigen, nur ein wenig seltsam.
20:51Hier draußen, inmitten des weißen Staubes, musste Djoseras sich ebenso wie Oltix an lange Perioden der Stille gewöhnt haben,
21:00da eine Konversation hier so wahrscheinlich wie Regen war.
21:04Endlich jedoch, während die Sonne über ihnen den langen Sturz zum äquatorialen Sonnenuntergang begann, sprach Djoseras wieder.
21:14»Ihr müsst wissen, dass ich nicht unbedingt Vergangenes wieder ausgraben will.
21:18Aber es gibt da etwas, was ich euch seit Jahren fragen wollte.«
21:23Oltix ließ ein kurzes Fragemuster aufblitzen, um sein Interesse zu bekunden, und Djoseras fuhr fort.
21:29»Oltix, habt ihr nie darüber nachgedacht, dass eure Berufung als Normarch...«
21:35»Mein Exil, wollt ihr sagen?«
21:37Djoseras stieß ein leises Rauschen über diese Korrektur aus und neigte bedauernd seine Gesichtsplatte.
21:43»Die Bedingungen eures Exils, ja. Ist euch in diesen drei Jahrhunderten nie aufgefallen, dass nichts darin euch verbat, sich über Trägerwellen mit mir zu unterhalten?«
21:57Der ältere Erbe hatte noch nie große Emotionen gezeigt, wenn er es zu verhindern wusste.
22:02Aber jetzt, nachdem er diese Worte gesagt hatte, waren seine Entladungsmuster kurz so unverfälscht wie jene von Oltix.
22:11Da waren Zuneigung, Enttäuschung, Reue und...
22:15»Äh«, dachte Oltix bei sich, als er das große Ganze erkannte.
22:21»Es ist... Trauer!«
22:25Djoseras hatte sich in seiner Abwesenheit also doch verändert.
22:30Vielleicht hatte er sich aber auch gar nicht verändert, und Oltix' Erinnerung hatte die Vorstellung von ihm,
22:37in seinem Geist lediglich wie ein Schatten im Sonnenuntergang verzerrt.
22:42Sein Exil war auf Unnas Anweisung hin erlassen worden, nicht auf Djoseras bestreben.
22:48Er konnte Djoseras noch immer nicht dafür vergeben, dass er nicht eingeschritten war.
22:52Aber jetzt, von Angesicht zu Angesicht, fiel es ihm schwer, diesen ungeschickten, verbitterten Einzelgänger zu hassen,
23:01der so weit von dem Konstrukt entfernt war, dass er aus dem Samen der Erinnerung gezogen hatte.
23:08Das Trauermuster intensivierte sich deutlich, als Djoseras leise weitersprach.
23:16»Es ist nur so schade, dass wir erst jetzt wieder miteinander sprechen.
23:20Ihr müsst im vollen Bewusstsein hierher gekommen sein, dass dies zugleich euer Todesurteil ist.«
23:26»Jetzt wäre der optimale Zeitpunkt, den Kreuzzug zu erwähnen, Meister«,
23:32meldete sich die strategische Subpartition.
23:35Sie hätte nicht weniger an diesen Gefühlen interessiert sein können
23:38und sah hier eine Möglichkeit, ihr bevorzugtes Thema anzuschneiden.
23:43»Krieg.«
23:45»Ich werde darauf zurückkommen«, dachte Oltix, entnervt darüber,
23:50dass er praktisch mit einer Gruppe passiv-aggressiver Bediensteter in seinem eigenen Geist gefangen war.
23:56»Aber wenn du nicht deine weitreichenden Talente dafür aufgewandt hast,
24:00an einer neuen, diplomatischen Subpartition zu arbeiten,
24:03dann wäre ich sehr dankbar, wenn du es mir überlässt, den Zeitpunkt zu wählen.
24:07Ich habe mich schon Millionen Jahre vor deiner Kreation mit Djoseras herumgeschlagen.
24:14Wie ihr wünscht, bedenkt allerdings, dass die Menschen nicht warten,
24:19während ihr drei Jahrhunderte Streitereien nachholt.«
24:24Die Subpartition hatte recht und Oltix wusste, dass er zum Punkt kommen musste.
24:29Er tat sein Bestes, nutzlose Emotionen aus seinem ausführenden Speicher zu wischen,
24:34ehe er auf die Reihen der Soldaten deutete, die noch immer wie Spiegel in der untergehenden Sonne blitzten.
24:41»Dioseras, allein unter eurem Kommando stehen 900 Unsterbliche hier, die überhaupt nichts tun.
24:49Ihr seid der Kommandeur und tut dennoch nichts mehr, als sicherzugehen, dass sie alle perfekt aussehen.
24:56Die drei Thessarione von Seths Garnison teilen sich 108 Unsterbliche, von denen zwölf kaum noch laufen können.
25:06Bei allem Respekt, Normarch. Seth ist eine Randwelt.
25:11Ihr könnt nicht erwarten, wie die Thessarione des Kühnerts ausgestattet zu werden.
25:16»Und deswegen zerfällt unsere Grenze,«, konntete Oltix mit einer Geste, welche die Legionen einschloss.
25:22»Es sind nur noch die Bodensätze der Dynastie, die sich gegen die Unreinen stemmen,
25:28während die Macht der Kronwelt tatenlos in der Wüste herumsteht.«
25:32»Der Dynast hat angeordnet, dass die königlichen Armeen auf Antikev zu verweilen haben,«, sagte Dioseras,
25:39der jedes Wort wie einen Stein für eine Mauer aufbaute.
25:42Das hier war reiner Selbstschutz.
25:45Und während er hinter dieser Mauer hervorstarrte, legte sich ein warnender Schatten über seine Okulare.
25:51»Wenn ihr nicht unbedingt wieder zu unserer Diskussion zurückkehren wollt,
25:57was die Loyalität zur Krone betrifft, dann gibt es darüber nichts mehr zu sagen.«
26:02»In dieser Hinsicht gibt es tatsächlich nichts wieder aufzunehmen,«, sagte Oltix verbittert.
26:07»Ihr habt es selbst gesagt. Die Vergangenheit ist die Vergangenheit,
26:13und ihr habt mich schon vor langer Zeit bezwungen.«
26:17»Ich bin traurig, dass ihr dies so seht,« sagte Dioseras leise,
26:21während die Sonne hinter die Spitze der Zikurat sank und sie beide in Schatten tauchte.
26:27Oltix wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, also kehrte er zum vorherigen Thema zurück.
26:32»Ihr mögt mich für arrogant halten, aber ich bin nicht in der Erwartung hierher gekommen,
26:41eure Meinung mit Worten zu ändern. Ich hoffte jedoch, dass ich euch die Umstände zeigen könnte,
26:47damit diese für sich selbst sprechen.«
26:50Sein vokaler Umwandler wurde für einen Moment von frustrierter Statik erfüllt.
26:54»Wenn ihr oder tatsächlich irgendjemand auf diesem Planeten den Berichten Aufmerksamkeit schenken würdet,
27:01dann würde ich mich damit nicht aufhalten müssen.«
27:06Oltix senkte den Kopf, denn er begriff plötzlich, dass er Dioseras auf keinen Fall umstimmen konnte.
27:13Es gab hier nichts mehr zu tun, als die unvermeidlich lang gefasste,
27:18aber sichere Abweisung des Kühners über sich ergehen zu lassen.
27:22Er hätte genauso gut auf Seed verweilen können, um das Ende der Dynastie mit allen anderen zu erwarten.
27:28Während er auf die Abweisung wartete, bemerkte Oltix, dass seine analytische Subpartition zum Zeitvertreib
27:35die Sandkörner zählte, die um seine Füße lagen.
27:39Sie zählte schnell, doch sie hatte bereits sieben Millionen Körner erfasst,
27:43ehe Oltix lange genug aus seinem Selbstmitleid ausbrechen konnte,
27:46um zu bemerken, dass Dioseras nicht geantwortet hatte.
27:50Der Kühnert stand regungslos im Schatten des Palastes,
27:53doch von ihm ging weder die herablassende Aura noch der selbstgefällige gebieterische Groll aus,
28:00den Oltix erwartet hatte.
28:02Da war nur pure Trauer.
28:05Was ist?
28:08fragte Oltix, der nur auf einen Vortrag wartete.
28:11Ich lese die Berichte, Oltix, sagte Dioseras so sanft wie die langsam wandernden Dünen.
28:23Alle Berichte?
28:25Alle.
28:27Oltix blieb für lange Zeit still,
28:30während er versuchte, die Implikationen dieses Umstandes zu begreifen.
28:34Die Sonne hat ihren schnellen Untergang zum Horizont hin begonnen
28:37und die Soldaten warfen länger werdende Schatten in den Staub.
28:43Also wisst ihr es bereits?
28:47Ja, Nomarch.
28:49Ich weiß Bescheid.
28:50Ich habe euren letzten Bericht wie jeden anderen auch gelesen.
28:55Dioseras stieß ein langsam leiser werdendes Rauschen aus.
28:58Ich habe die menschlichen Schiffe gesehen
29:00und verstehe auch, was dies zu bedeuten hat.
29:04Obwohl sich so viele andere Fragen in seinem Sprachzwischenspeicher drängten,
29:09war die drängendste unter ihnen die Frage,
29:11ob der Ältere, da er alle Berichte gelesen hatte,
29:15stolz oder entsetzt darüber war,
29:18wie Oltix die Verteidigung von Seed koordiniert hatte.
29:22Er hielt jedoch seine Vokalmotorik an,
29:24ehe diese Worte laut ausgesprochen werden konnten.
29:27Oltix war entschlossen,
29:29dass es nicht wichtig sein sollte.
29:32Warum habt ihr mir nicht gesagt,
29:35dass ihr bereits Bescheid wisst?
29:37fragte er endlich.
29:39Vielleicht habe ich einfach nur das Gespräch genossen.
29:44Ich wusste, dass es enden muss,
29:46sobald dieses Thema aufkommt.
29:49Wie kann es enden,
29:51wenn ihr bereits wisst, was kommt?
29:53brüllte Oltix,
29:54der nicht fähig war,
29:55die Emotionsladungen auf seinem aufgerauten,
29:58dunklen Äußeren zu unterdrücken.
29:59Wo sind dann die Verteidigungen,
30:02die Soldaten?
30:04Der Dynast selbst muss doch erkennen,
30:06welcher Gefahr wir gegenüberstehen,
30:08dass wir uns bereit machen müssen.
30:10Ihr,
30:11ihr habt es Unas doch gesagt,
30:13nicht wahr?
30:14Ich habe eine Nachricht in die Hauptstadt geschickt,
30:18sagte Djoseras kühl,
30:20hielt lange inne
30:21und fuhr dann fort.
30:23Die königliche Zitadelle hatte davon abgesehen,
30:26mir eine Antwort zu schicken.
30:29Bei Zarex' verrottenen Zähnen,
30:32dachte Oltix,
30:33als er ein bekanntes Muster in Djoseras Kernfeuer
30:37in dessen Thorax-Kartusche sah.
30:39Ist das etwa...
30:41Scham?
30:43Ihr mögt mich für störrisch halten,
30:46sagte Djoseras,
30:47der Oltix vorhergehende Worte wiederholte.
30:50Ich habe dreimal versucht,
30:52Unas um Hilfe anzusuchen.
30:55Aber in seiner Weisheit hat er entschieden,
30:57untätig zu bleiben.
30:59Denkt doch an die Dynastie,
31:01flehte Oltix,
31:02der nun auf die Knie ging.
31:04Die Unsterblichen um sie herum
31:06starrten noch immer in die Ferne,
31:08in die länger werdenden Schatten.
31:10Denkt an alles,
31:11was wir erreicht haben,
31:12was wir waren,
31:13was ausgelöscht werden wird,
31:15weil Unas...
31:16weil...
31:17Unas...
31:18wahnsinnig ist.
31:20Noch als er es aussprach,
31:22wurde Oltix bewusst,
31:23dass er zu weit gegangen war,
31:25aber er konnte seine Worte
31:26nicht mehr zurücknehmen.
31:28Unas...
31:29ist der Dynast?
31:31sagte Djoseras,
31:32dessen Worte sich immer mehr verzerrten,
31:35während er mit seiner Wut rang.
31:37Doch endlich...
31:38explodierte er.
31:40Und ich habe dir noch an dem Tag gesagt,
31:42den wir nie mehr zu erwähnen geschworen haben,
31:45dass der Dynast die Dynastie ist.
31:48Djoseras verlor endgültig die Beherrschung
31:52und holte aus,
31:53um Oltix mit der flachen Hand zu Boden zu schlagen.
31:56Als er stürzte,
31:57fragte sich Oltix lediglich verwirrt,
31:59welchen Tag Djoseras meinen mochte.
32:02Er konnte sich nicht erinnern,
32:04aber das konnte er kaum zugeben.
32:06Djoseras fasste sich wieder
32:08und zeigte dann grob mit einem Finger
32:10in Richtung der Zekurat seines Palastes.
32:13Ich weise einmal mehr auf die Steine hin,
32:16Oltix.
32:17Beachte ihre Form.
32:19Eine Pyramide,
32:20eine Zekurat,
32:21ist mehr als Architektur.
32:24Es ist ein Symbol,
32:25eine breite Grundfläche,
32:27die zu einem einzigen Stein zusammenläuft.
32:29Wir sind das Bauwerk,
32:31Oltix.
32:32Und der Dynast,
32:34der Schlussstein.
32:35Was er tut oder nicht tut,
32:38das Tun oder Unterlassen,
32:39auch wir.
32:41So sind wir.
32:42Das sind wir.
32:44So haben wir die Galaxie erobert.
32:46Und so werden wir sie auch halten.
32:49Oltix war in der Zwischenzeit
32:50wieder auf seine Füße gekommen
32:52und behielt die Fassung,
32:54als er sprach.
32:55Das waren wir.
32:57Einmal Djoseras.
32:58Die Dynastie,
33:00in ihrer Blüte,
33:01von Unas verkörpert.
33:04Das war einst ein Bollwerk
33:05gegen den Zorn des Himmels selbst.
33:07Doch die Zeit schleift alles.
33:11Gegen den kommenden Sturm
33:12können die alten Strukturen
33:14niemals bestehen.
33:16Wenn ihr dies nicht erkennen könnt
33:17und das Alte nicht neu aufbauen wollt,
33:20dann bleibt uns nur noch zu warten,
33:22bis der Sturm die Flamme
33:23der Dynastie erstickt.
33:25Der Ältere hatte sich von Oltix abgewandt,
33:27während er noch sprach.
33:28Jetzt, als er sich ihm wieder zuwandte,
33:31war die Wut verschwunden
33:32und hatte Müdigkeit Platz gemacht.
33:34Steine, Stürme und Feuer.
33:40Ihr vermischt eure Metaphern,
33:43nur mach ich.
33:45Ihr habt mir über die Jahre
33:46zu viele Metaphern mitgegeben,
33:49um sie logisch zu verbinden,
33:52krummelte Oltix.
33:53Ich bin mir sicher,
33:55ihr versteht, was ich sagen will.
33:57Das tue ich, aber es ändert nichts.
34:02Selbst wenn ich euch zustimme,
34:04kann ich nicht einfach wählen,
34:06Unas Befehle zu missachten.
34:08Seine Anordnungen sind faktische Aussagen.
34:11Wenn das Universum dieser Wahrheit
34:13nicht gerecht wird,
34:14dann ist es unsere Pflicht als Untertanen,
34:17sie neu zu formen,
34:19beendete Oltix.
34:20Er begann sich zu fragen,
34:21wie viele seiner Gedanken
34:23lediglich Theoseras Worte
34:25in einem neuen Gewand waren,
34:28nachdem er seine Erinnerungen
34:29an ihre erste Erwähnung ausgebrannt hatte.
34:33Ich erinnere mich daran.
34:35Aber ihr habt es nie begriffen,
34:37widersprach Theoseras.
34:39Ihr dachtet immer,
34:41dass ein Erbe zu sein
34:42lediglich bedeutet,
34:44sich die Zeit zu vertreiben,
34:45bis ihr den Thron besteigt,
34:47dass ihr eure Pläne
34:48für den Erhalt der Spezies entwerfen könnt
34:51und diese dann an euren Armeen ausprobiert,
34:54während ihr ungeduldig auf den Tod wartet,
34:56der den Thron freiräumt.
34:59Aber darum ging es nie.
35:01Nun, das ist eindeutig,
35:05denn als Konstrukte
35:06können wir nicht mehr sterben,
35:09scherzte Oltix kühl,
35:11was ihm einen finsteren Blick einhandelte.
35:13Ihr wisst, was ich damit sagen will,
35:15ihr Narr.
35:16Königliches Blut bedeutete immer schon,
35:19ein Diener zu sein.
35:21Ihr könnt niemals begreifen
35:23oder darauf vorbereitet sein,
35:25was es bedeutet,
35:26zu führen,
35:28wenn ihr den Dienst nicht versteht.
35:30Ich diene, Oltix,
35:33egal, wohin es mich führen wird
35:34und wenn es sein muss,
35:37auf immer.
35:39Dann seid ihr der Narr,
35:42stieß Oltix aus.
35:43Es war keine gute Antwort,
35:45aber die einzige, die er hatte.
35:47Das mag ich vielleicht auf so manche Art sein,
35:51stimmte Djoseras bedrückt zu.
35:53Wie es scheint,
35:54wird mein Dienst meinen Untergang bedeuten,
35:57den Untergang von ganz Anti-Kev.
36:00Aber wenn Itakas aufgrund derselben Prinzipien
36:03untergeht,
36:04auf denen es aufgebaut wurde,
36:06dann sei es so.
36:07Und ich werde bei dieser Entscheidung bleiben.
36:09Wenn ich eines weiß,
36:11Oltix,
36:12dann ist es,
36:13dass ich niemals eine Ausnahme
36:15von meinem Glauben machen werde,
36:17so verlockend sie auch sein mag.
36:19Wenn ich mit einer Ausnahme beginne,
36:22werde ich nicht dabei aufhören.
36:24Es werden mehr und mehr folgen,
36:26bis ich schließlich ohne Kompass
36:28und verloren bin,
36:30während ich auf das falsche Licht
36:31der Verdorbenheit zuhalte.
36:33Wie ich,
36:36meint er,
36:38fragte Oltix verletzt.
36:40Was genau wollte Djoseras damit andeuten?
36:43Die Verteidigung von Seth?
36:45Neds Begnadigung?
36:47Die Flucht in die Tiefen der Gräber?
36:49Die Entfesselung der Verfluchten?
36:51Oltix hatte in seinen Berichten nicht gelogen
36:53und der Thronfolge hatte sie alle gelesen.
36:56Der Wind frischte auf
36:57und ließ Staub über die Brustplatten
36:59der Unsterblichen kratzen,
37:01trug die erste Kälte des Abends heran.
37:05Djoseras hob die Schultern
37:06und wandte sich wieder den stillen Reihen zu.
37:10Ich könnte es nicht sagen,
37:12sagte Djoseras so leise
37:14wie das Flüstern von Staub gegen Metall.
37:17Dann blieb er stumm.
37:19Sie verweilten lange in dieser Stille,
37:22denn eine Wiederaufnahme des Gesprächs
37:24war einfach zu kompliziert.
37:26Die Sonne sank tiefer,
37:28wechselte ihre Farbe von Silber
37:30zu dunkle Orange.
37:31Endlich fand Oltix wieder Worte.
37:34Werdet ihr mich also aufhalten,
37:36wenn ich zu Unas gehe?
37:39Ich werde euch nicht aufhalten.
37:42Ihr wisst genauso gut wie ich,
37:43wie eure Aussichten stehen.
37:46Ich schätze,
37:47dass ihr zu weit gekommen seid,
37:49als dass ich euch ein angemessenes Ende
37:52zu eurer weiten Reise verweigern könnte.
37:54Oltix nickte dankbar.
37:57Dann sah er zu Boden
37:58und trat ein wenig Sand beiseite.
38:01Es war ein langer Weg.
38:05Oltix konnte sich nicht dazu überwinden,
38:07die Anfrage so direkt zu formulieren.
38:10Doch Djoseras Knoten verriet mit einem kurzen,
38:13kerzengleichen Aufblitzen von Belustigung,
38:16was er von Oltix Unbeholfenheit hielt.
38:20Nun gut.
38:21Ich werde euch Zugang zur Translation geben,
38:24zumindest bis zu den Außenbezirken der Hauptstadt.
38:28Zudem gebe ich euch Siegel
38:29für die Tore der Nekropole mit.
38:32Oltix zwischen Matrix zuckte kurz,
38:34als die Siegel überreicht wurden.
38:36Ich bin sicher,
38:37ihr würdet dank eurer Findigkeit
38:39ohnehin hineinkommen,
38:41aber ich biete es dann noch an.
38:43Im Geiste dessen, was einmal war.
38:47Ihr seid sehr großzügig,
38:50mir diese Zeit zu sparen,
38:52sagte Oltix,
38:53der die Überraschung in seinen Okularen
38:55nicht gänzlich überspielen konnte.
38:57Es war noch schwieriger,
38:59die tiefgreifende Trauer zu verbergen,
39:01die darunter lag.
39:03Er konnte sich nicht erlauben,
39:04jetzt noch auf einen Neuanfang
39:06mit Djoseras zu hoffen
39:07oder dass sie sich so kurz vor dem Ende
39:10versöhnen würden.
39:11Sie konnten noch über 1000 Sonnenzyklen
39:14hier stehen
39:14und es wäre doch nicht alles gesagt.
39:17Also wechselte er das Thema.
39:20Warum nur habt ihr euren Palast
39:22so weit abseits des Hofes errichtet?
39:25Ich bin sicher,
39:26er stand einmal näher.
39:28Es ist hier draußen ruhiger,
39:30brummte Djoseras,
39:32so als wäre es irrelevant.
39:33Er begann mit dem Protokoll,
39:35das den Normarchen
39:36auf den Weg schicken würde.
39:38Mich kümmert das...
39:41Leben in der Hauptstadt
39:43nicht mehr?
39:45Das ist alles.
39:47Die Antwort kam nur stockend.
39:50Oldtix hätte nur zu gerne gewusst,
39:52was der Kühnärzt damit meinte
39:53oder was er beinahe
39:55stattdessen gesagt hätte.
39:57Aber die Translationsenergien
39:58begannen zu fließen,
40:00was bedeutete,
40:01dass die nächsten Worte
40:02ihre letzten sein würden.
40:03Er schuldete diese Worte
40:05so gesehen eher seinem
40:07alten Begleiter und Mentor
40:10als seiner eigenen Neugierde.
40:13Also ist dies ein Abschied,
40:17fragte Oldtix
40:17mit der Andeutung
40:18eines Schulterzuckens.
40:20Mit Sicherheit.
40:22Smaragdgrünes Licht
40:23spiegelte sich
40:24auf Djoseras Gesichtsplatte,
40:26während Oldtix Beine
40:27langsam eingehüllt wurden.
40:28Seid ihr sicher,
40:30dass ihr nicht mitkommen wollt?
40:32Ich bin mir dessen sicher.
40:34Nun gut.
40:36Ich dachte,
40:36ich sollte es
40:37zumindest anbieten,
40:40sagte der Nomarch,
40:41ehe ein listiges Aufblitzen
40:43von Infrarot
40:44durch seine Okulare ging.
40:46Es ist nur,
40:48ihr habt vergessen,
40:49mich bei Sichtkontakt
40:51auszulöschen,
40:52wie es in den
40:53Bedingungen meines Exils steht.
40:55Und jetzt helft ihr mir
40:57offensichtlich,
40:57zu Unas zu gelangen.
40:59Das scheint mir doch sehr,
41:01als hättet ihr eure Meinung geändert.
41:03Ein reines Versehen,
41:05brach es aus Djoseras heraus.
41:08Er winkte ab,
41:09so als wollte er
41:09den Nomarchen
41:10durch den Zwischenraum
41:11davon scheuchen,
41:13ehe er noch mehr
41:13sagen konnte.
41:15Oldtix hätte gegrinst,
41:16wenn er dennoch gekonnt hätte.
41:19Ihr macht hier gerade
41:20eine Ausnahme,
41:22nicht wahr?
41:23Nein.
41:24Das tut er.
41:26Inkorrekt.
41:28Widersprach der Kühnertz.
41:30Etwas zu hastig.
41:32Seine Entladungsmatrix
41:34wurde vom Licht
41:35der Translation
41:35beinahe überdeckt.
41:37Lebt wohl!
41:39Seine Sprachmotorik
41:40wollte noch
41:41ein anderes Wort formen,
41:43doch sie setzte sich
41:44mit einem Klicken zurück.
41:47Lebt wohl,
41:47Nomarch.
41:49Und viel Glück.
41:49Während Oldtix in den Zwischenraum sank
41:53und den Älteren
41:55einmal mehr verließ,
41:56konnte er die Muster analysieren,
41:59die in dem letzten Bruchteil
42:00der Sekunde
42:01über Djoseras Panzerung
42:03blitzten.
42:04Es hätte ein Ausdruck
42:05von Verwirrung sein können,
42:07von Trauer,
42:08von 100 anderen,
42:09vorhersehbaren,
42:11sturen Mustern,
42:12aber nein,
42:14es war Hoffnung.
42:16So unwahrscheinlich
42:17es auch schien,
42:18glaubte Oldtix
42:19zum ersten Mal,
42:20dass er sich
42:21erinnern konnte,
42:23einen Anflug
42:24von Stolz
42:25inmitten des Musters
42:27zu erkennen.
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