Mit gerade einmal 17 Jahren führt Werner Gladow eine der berüchtigtsten Berliner Gangsterbanden der Nachkriegszeit an. Sein Vorbild ist der legendäre Mafioso Al Capone. Das Markenzeichen seiner Bande: Maßanzüge, weiße Krawatte und Budapester Schuhe.
In der zerstörten Stadt leiden immer noch viele Menschen an Hunger und bitterer Armut. Lebensmittel und andere Waren sind knapp, der Schwarzmarkt blüht. Berlin ist in Sektoren der vier Siegermächte aufgeteilt, soll aber von den Siegermächten gemeinsam regiert werden. Doch der Konflikt zwischen Ost und West spitzt sich im beginnenden Kalten Krieg zu, die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Behörden und Gerichten in den Ost- und Westsektoren wird immer schwieriger. Die Folge ist eine Art „rechtsfreier Raum“: Wer im Osten mordet und in den Westen entkommt, ist wie „verschluckt“. Ganove Werner Gladow macht sich diese Umstände zunutze. (Text: ZDF)
In der zerstörten Stadt leiden immer noch viele Menschen an Hunger und bitterer Armut. Lebensmittel und andere Waren sind knapp, der Schwarzmarkt blüht. Berlin ist in Sektoren der vier Siegermächte aufgeteilt, soll aber von den Siegermächten gemeinsam regiert werden. Doch der Konflikt zwischen Ost und West spitzt sich im beginnenden Kalten Krieg zu, die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Behörden und Gerichten in den Ost- und Westsektoren wird immer schwieriger. Die Folge ist eine Art „rechtsfreier Raum“: Wer im Osten mordet und in den Westen entkommt, ist wie „verschluckt“. Ganove Werner Gladow macht sich diese Umstände zunutze. (Text: ZDF)
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00:00Werner Gladow führte im Alter von nur 17 Jahren eine der berüchtigsten Verbrecherbanden der deutschen Nachkriegszeit an.
00:21Wir nehmen uns, was wir wollen! Und wir nehmen es uns, wie wir es wollen!
00:29In den Trümmern Berlins hatte er Dutzende von Jugendlichen und Gangstern um sich gescharrt.
00:37Am Ende legte man der Bande über 350 Straftaten zur Last, darunter auch Mord.
00:43Sehen Sie jetzt anhand von Originalaufnahmen und Aktenauswertungen die wahre Geschichte von Gangsterboss Werner Gladow.
00:50Schmeiß die Pfanne an! Heute gibt's Buletten!
00:59Vater!
01:05Die Leute hungern und du schleppst hier Fleisch an. Hältst du mich für blöd? Glaubst du vielleicht, ich weiß nicht, was hier abläuft?
01:12Ja, da muss man sich schon was einfallen lassen, wenn der Alte nicht da ist.
01:17Ohne Werner wären wir...
01:18Du lässt ihn einfach machen und sagst kein Wort, aber damit ist es...
01:20Ich spreche nicht so mit dir.
01:23Schluss! Ich habe genug! Hört auf zu streiten! Ich will nichts mehr hören, ihr beiden!
01:30Mein Werner ist ein guter Junge. Und dass er überhaupt noch lebt, ist ein Wunder.
01:36Als die Russen kamen, musste er mit seinen 14 Jahren im Volkssturm kämpfen.
01:41Er weiß schon, was er da alles erlebt hat in den Trümmern.
01:47Noch viel schlimmer ist die Eroberung Berlins im April, Mai 1945 mit etwa 180.000 Toten,
01:54die überall auf den Straßen lagen mit den Vergewaltigungen, die die Menschen erlebt haben.
02:00Das heißt, für die Jugendlichen, die damals in Berlin gewesen sind, war Gewalt etwas ganz Normales.
02:06Hey.
02:29Du weißt genau, dass ich keine Kartoffelschalen mehr sehen kann.
02:37Kein Grund, Rübsalzeblasen, Muttchen.
02:40Bitte, Werner. Sei vorsichtig, ja? Ich will dich nicht verlieren.
02:57Dieser fürchterliche Krieg hat Spuren hinterlassen.
03:01Mein Mann Ernst, Werners Vater, war erst jahrelang verschollen.
03:04Und jetzt findet er keine Arbeit, wie so viele.
03:08Es gibt kaum noch was zu kaufen, außer natürlich auf dem Schwarzmarkt.
03:12Und gegen den gehen die Besatzer rigoros vor, besonders hier bei uns im sowjetischen Sektor.
03:17Aber was bleibt uns übrig? Jeder macht das.
03:22Gerade viele Jugendliche merkten schnell, dass sie beim Schwarzhandel, in dem sie dort tätig wurden,
03:30betrogen, vielleicht auch Diebstähle ausübten, dass sie dort besser leben konnten,
03:36als wenn sie einer ganz normalen Arbeit, von der es sowieso nicht viel gab, nachgingen.
03:41Man zählte etwa unmittelbar nach dem Krieg 40 Jugendbanden, und Glaro war nur einer von denen.
03:50Neulich haben sie dann meinen Werner bei einer Razzia festgenommen.
03:54Dabei wollte er doch nur Butter besorgen, für seine kleine Schwester Renate.
03:58Und dann haben sie ihn in Plötzensee eingesperrt.
04:04Drei Monate.
04:07Ich habe nur gehofft, dass er irgendwie durchhält.
04:10Zum Glück weiß er sich zu helfen.
04:19Du bist also der Boxer, hm?
04:21Ja, wieso?
04:24Na dann, kannst du dich auch wehren?
04:27Wenn du dich traust.
04:40Für dich gibt es erstmal Einzelhaft.
04:44Das passiert, wenn du dich mit dem Doktor anlegst.
04:49Also Glaro wollte ja ein großer Gangster werden.
04:53Er las also Kriminalromane, und sein großer Traum war, es nicht nur dem Al Capone gleich zu tun,
05:01sondern ihn noch in Berlin zu übertreffen.
05:04Eine Villa zu besitzen, mit schusssicheren Jalousien,
05:08mit dicken, gepanzerten, amerikanischen Autoschlitten, mit viel Geld.
05:22Ey, du Pennerloh!
05:27Mach dein Kram weg!
05:38Holt mich hier raus!
05:42Oder ich mach nen Wachstreck aus der Wanze!
05:45Ey, Boxer, Boxer.
05:47Lass mal gut sein.
05:53Hier, für dich.
05:57Wieder gut machen.
06:10Wozu glaubst du, dass sich das damit erledigt hat?
06:12Reaktionen.
06:14Das war nicht persönlich, verstehst du?
06:16Ich musste mir doch vor den ganzen Figuren ja erstmal Respekt verschaffen.
06:19Also so rügt man den Größten und Stärksten raus und zähmt einmal vor die Glocke.
06:25Ich bin ein Doktor.
06:27Hab mein Semester Medizin studiert.
06:34Doktor!
06:37Du!
06:39Eine Mädelsromier-Doktortaste.
06:42Im Sandkasten.
06:44Vielleicht.
06:48Sag einfach Sony.
06:55Deine Sachen nimmst du trotzdem.
07:01Diese ganzen Knalltüten werden irgendwann genau das machen, was ich ihnen sage.
07:05Ich mach ne große Kolonne auf.
07:09Aber deine Mama lässt dich nach Zunahlein auf die Straße, wa?
07:12Ich hab mit 14 in Volksstimme auf die Russen geballert.
07:15Erwachsener wird's nicht mehr werden, glaub mir.
07:19Hm.
07:22Ich hätt dir sehr sick gehalten.
07:25Die Hunde.
07:28Hab immer noch zwei Knarren im Keller.
07:35Mensch, Sony.
07:38Dann hab ich ja eh nur den richtigen einen geballert.
07:41Sony ist der erste Rekrut von Dokterchen.
07:44Werner Gladow hat nach dem Krieg auf dem Schwarzmarkt klein angefangen.
07:48Doch es soll nicht mehr lange dauern, bis er der Kopf einer Bande ist, die die ganze Stadt in Atem hält.
07:54Schon kurz nach Kriegsende 1945 wird der Ton zwischen den Siegermächten rauer.
08:01Der Kalte Krieg bahnt sich an.
08:04Berlin ist in vier Sektoren eingeteilt.
08:07Die Stadt ist kein einheitlicher Rechtsraum mehr.
08:09Für Menschen wie Werner Gladow kein Problem, sondern ein Vorteil.
08:14Am Schwarzmarkt Alexanderplatz macht er sich schnell einen Namen.
08:19Dabei hilft ihm sein Überzeugungstalent und der ein oder andere Taschenspielertrick.
08:29Hm. Landei.
08:32Landei.
08:38Na, Meister. Nicht von hier, wa?
08:42Ein guter Rat unter Freunden.
08:45Wenn ihr nicht aufpassen lassen sollt, abend im Kanal. Kehl oben. Dass ihr es nicht ohne.
08:50Danke der Fürsorge. Ich kann selber auf mich aufpassen.
08:56Was hast denn da für ein Schatz versteckt?
09:02Sterling-Silber. 72 Teile.
09:07Leider schwer verdaulich. Butter oder Speck wäre was.
09:1120.000. Meine Frau braucht dringend Medikamente, ansonsten würde ich es nicht so willig hergeben.
09:16Verrückt. Dafür kriege ich 100 Schachteln Zigaretten im Mann.
09:2010.
09:2315.
09:25Alles klar. Aber nicht hier, wo alle sehen, was das Landei für eine Stange Geld einsteckt.
09:30Lass uns da um die Ecke gehen.
09:33Zuerst das Geld zeigen.
09:55Schmiere von rechts! Mensch, beeilt euch!
10:00Gib mir das ganze Geld los!
10:02Du läufst da lang. Ab! Auf geht's! Oder willst du die Schmiere laufen? Ab!
10:17Gib mir viel. Hab ich mir reichlich verdient.
10:30Was? Das ist ja nur...
10:40Guck dir das an. Das ist echtes Sterling-Silber.
10:44Das waren keine Kinder mehr in dem Sinne, wie wir das jetzt verstehen.
10:48Das waren vollkommen traumatisierte Jugendliche.
10:51Und dann plötzlich haben sie eine Gruppe, in der Regel junge Männer.
10:55Die tun sich zusammen und sehen, sie können etwas erreichen.
10:57Wenn die Gruppe stark ist, kann sie sich gegenüber anderen Gruppen, Gleichaltrigen, da können sie sich wehren.
11:04Sie sehen, ich bin wer, die Leute sehen mich so, wie ich selber gesehen werden möchte.
11:09Die respektieren mich, ich habe einen Status, ich habe Anerkennung. All das, was ich vorher nicht hatte.
11:19Hi. Doktorchen.
11:24Sind die beiden Neuen?
11:27Die beiden Herrschaften würden gerne mitmachen.
11:30Sollen sich hinten anstellen.
11:46Äh, ich heiße...
11:47Klappe! Dein Name geht nur mich was an, kapiert? Hast du keinen Spitznamen?
11:53Eisbein.
11:58Konischek, ich bin ein...
12:00Mensch, hast du immer noch nicht kapiert? Das hat niemanden hier zu interessieren.
12:05Wenn die Schmere einen von euch in die Mangel nimmt, soll der sofort jeden Lebenslauf hier aufbeten können?
12:09Nein!
12:11Ihr haltet gefacet die Klappe. Auch untereinander. Kapiert?
12:15Ja!
12:17Also, wenn ich nicht wüsste, dass ihr alle Analphabeten seid, müsste jeder von euch dieses Buch hier lesen und auswendig lernen.
12:23Das hier ist nämlich die Bibel für Leute wie uns.
12:29Jack Bilbo hat das geschrieben. Der Leibwächter von Al Capone persönlich.
12:35Ohne Waffe ist ein Mann kein Mann. Nur eine Waffe gibt einem Mann wirkliches Selbstvertrauen.
12:43Aber was haben wir? Sonys klapprige Schießeisen?
12:47Sind wir echte Männer?
12:49Nein!
12:51Wollen wir damit ernsthaft wie Al Capone die ganze Stadt aufmischen?
12:54Nein!
12:57Ist ja nicht so, als ob es in dieser Stadt keine Waffen gäbe.
13:01Also, warum nehmen wir sie uns dann nicht?
13:06Die verbreiten dann Angst und Schrecken. Und ob das jetzt ein strafbares Verhalten ist und welche rechtlichen Kontrollen es gibt,
13:12das blenden die total aus. Das ist nicht wichtig.
13:15Das, was ich als Erwachsener erstrebenswert finde, das findet in deren Leben erstmal überhaupt nicht statt.
13:22Berlin ist damals wie heute das Zentrum für Bandenkriminalität in Deutschland.
13:28International organisierter Autodiebstahl, Menschenhandel, Drogenraub.
13:33Und bei all dem immer vorne mit dabei der Remo-Clan.
13:37Einer seiner spektakulärsten Coups war der Diebstahl einer 100 Kilo schweren Goldmünze.
13:432017 wanderten sie in den frühen Morgenstunden über die Gleise des Bahnsteigs Hackischer Markt bis zum nahegelegenen Bode-Museum.
13:52Über den weiteren Tathergang waren sich die Ermittler René Allange und Carsten Pfohl schnell im Klaren.
13:59Die drei Remos kletterten mehrmals durch die Stadt.
14:02Die drei Remos kletterten mit einer Leiter zu einem Fenster, das nicht alarmgesichert war,
14:08schlugen es ein und zertrümmerten mit einer Axt die Vitrine. Angeblich aus Panzerglas.
14:14Dann schipperten sie die millionenschwere Goldmünze mit einer Schubkarre entlang der Gleise
14:20bis zu einer Stelle, wo schon ein Transporter auf sie wartete.
14:23Naja, fangen wir mal bei Dennis Wehpunkt an. Dennis Wehpunkt ist der Wachmann im Museum gewesen,
14:30der Tippgeber, der ursprüngliche. Er ist mit Achmed zusammen zur Schule gegangen.
14:35Die kennen sich aus der Schule, die waren eng befreundet gewesen.
14:39Und in diesem Zusammenhang ist er dann tatsächlich im Museum gewesen,
14:44meines Erachtens auch in diesem Raum und hat die Münze gesehen.
14:47Und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, hat er die Münze fotografiert und dann tatsächlich auch
14:53als Foto an Achmed geschickt. Mit der Maßgabe, guck mal, was hier rumsteht.
15:00Und das war sozusagen der Ausgangspunkt des Tagplans.
15:07Anders als in den Jahren nach dem Krieg ist es heute noch so.
15:11Verbrechen spielen sich oft vor laufenden Kameras ab.
15:15So auch der Diebstahl der Goldmünze aus dem Bode-Museum.
15:19Also anhand der Kameraaufnahmen konnten wir sehen, dass die Täter praktisch aus diesem Bereich gekommen sind,
15:25sind dann praktisch an dieser Wand langgelaufen und sind diesen Treppenaufgang hochgelaufen.
15:30Und die Kamera, die jetzt hier im Museum ist, die hat die Münze aufgenommen.
15:35Es war mitten in der Nacht. Kein Zugverkehr, kein Strom auf den Gleisen.
15:40Aber ungewöhnlich leistungsstarke Überwachungskameras zeichnen jede Bewegung auf.
15:48Also wenn ich diese Bilder jetzt wieder sehe, dann ist es so,
15:52dass die Täter in der Nähe der Münze, also in der Nähe der Münze,
15:56in der Nähe der Münze, in der Nähe der Münze, in der Nähe der Münze,
16:01Also wenn ich diese Bilder jetzt wieder sehe, ist für mich eigentlich klar,
16:07die Täter wussten ganz genau, dass dieser Bahnhof überwacht ist.
16:11Man sieht schon so, wie sie laufen, als wenn ganz bewusst ein bestimmter Gang erzeugt werden soll.
16:17Das ist auch in gewisser Weise für uns als Ermittler gedacht, um es halt schwieriger zu machen bei der Identifizierung.
16:23Wie weit die Kriminaltechnik inzwischen ist, das zeigen wir später.
16:27Jedenfalls war die Polizei im Nachkriegs-Berlin von solchen Hightech-Möglichkeiten Welten entfernt.
16:34Sie war chronisch unterbesetzt und auf Beschluss der Siegermächte nur mit Armbinden und Knüppeln ausgerüstet.
16:41Erst nach und nach erhielten deutsche Polizisten von den Alliierten Schusswaffen.
16:48Pistolen besaßen vor allem ostdeutsche Polizisten an der sowjetischen Sektorengrenze.
16:53Und das wusste natürlich auch der stets gut informierte Werner Gladow.
17:16Hey, was soll das hier? Aufstehen! Hände hoch!
17:20Nun macht euch doch nicht unglücklich, Jungs.
17:23Schnauze!
17:32Nach rechts Richtung Nachbarboss marschieren!
17:35Ein falscher Ton oder eine falsche Bewegung und wir rücken ab!
17:39Acht Knarren und keine Maschinenpistole?
17:43Das reicht nicht mal für einen Kindergeburtstag.
17:49Na Mensch, was hast du denn? Willst du jetzt noch einen Krieg mit der Roten Armee anfangen, oder was?
17:54Das ist doch mehr als genug.
17:56Warum nicht?
18:00Ich weiß nicht.
18:01Willst du jetzt noch einen Krieg mit der Roten Armee anfangen, oder was? Das ist doch mehr als genug.
18:05Warum nicht?
18:08Was ist schon die Rote Armee gegen Gladows Kolonne?
18:12Die Volkspolizei in Ostberlin, die ihre Macht nur entfaltete auf Gnaden der sowjetischen Besatzungsmacht,
18:18die hatte ein besonderes Autoritätsproblem, denn sie sollte anfangen, Kontrollen an der Sektorengrenze zu machen.
18:26Die waren in Berlin besonders umstritten und bei vielen auch verhasst,
18:29weil für die Berliner war die Stadt eine Einheit.
18:32Deshalb nahm ein Teil der Bevölkerung es durchaus mit Belustigung wahr,
18:36dass es Glado gelungen war, ausgerechnet Volkspolizisten die Waffen zu entwenden,
18:41weil man hatte die Volkspolizisten ohnehin auf dem Kieker.
18:45Berlin mit seinen vier Sektoren wird zum zentralen Schauplatz des Kalten Krieges zwischen West und Ost.
18:52Erster Höhepunkt des Machtkampfes ist die vollständige Abregelung von West-Berlin durch die Sowjets.
18:58Sie stoppen jeden Bahn- und Güterverkehr und schneiden damit die Lebensmittelversorgung ab.
19:04Mit dem Beginn der Blockade am 24. Juni 1948 änderte sich das Verhältnis der Polizisten in den unterschiedlichen Sektoren erheblich.
19:17Denn es war jetzt nicht mehr möglich, dass Polizisten vom Ostsektor in einen der drei Westsektoren gingen oder umgekehrt.
19:27Es gab zwar noch keine Mauer, aber die Demokrationslinie war den Kollegen auf den Revieren
19:34an den Grenzen der Sektoren natürlich bekannt und da änderte ihre Zuständigkeit.
19:39Das machte sich auch die Glado-Bande zu nutzen.
19:42Wo sind die losgeritten zwei? Ab! Raus!
19:51Hände hoch! An keinen Mucks!
19:54Zack, zack, zack, Männer! Jetzt muss ich los!
20:00Männer, kommt!
20:11Besonders verhängnisvolle Folgen hat die Spaltung der Berliner Polizei.
20:15Die gesamte, seit Jahrzehnten mühevoll aufgebaute Verbrecher-Kartothek befindet sich im rechtmäßigen Polizeipräsidium im sowjetischen Sektor.
20:23Das auf Befehl der westlichen Sektoren-Kommandanten überstürzte, eingerichtete zweite Präsidium verfügt über keinerlei Unterlagen zur Bekämpfung der Verbrecher.
20:32Den Vorteil haben die Kriminellen.
20:34Sie wechseln, wenn sie sich der Verhaftung erziehen wollen, einfach in einen der drei westlichen Sektoren,
20:40wo die Polizei weder über Verbrecheralben noch über eine Kartei von Fingerabdrücken und Laboratorien verfügt.
20:52Der Bericht.
20:59Wenn du mich fragst, gibt es da einen Zusammenhang.
21:02In unseren Sektoren-Posten werden die Waffen geraubt und dann...
21:05Das sind Westagenten, politische Provokateure.
21:11Seitdem das losgeht, häufen sich brutale Überfälle, die immer nach einem ähnlichen Muster ablaufen.
21:18Ladenbesitzer werden mit Waffen bedroht, zur Flucht kapern die Täter ein Taxi und beim kleinsten Widerstand wird geschossen.
21:25Dieses Spiel treiben sie wahrscheinlich auch in den anderen Sektoren.
21:29Aber wir wissen zu wenig, was drüben im Westen passiert.
21:33Das hat uns nichts zu interessieren. Befehl von oben, nicht unser Revier.
21:39Sieh mal. Überfall auf einen Schmuckladen im Westsektor.
21:44Mit einem Fluchtauto sind sie in kurzer Zeit an der Sektorengrenze und damit in Sicherheit.
21:50Umgekehrt, ein Laden hier im Osten, zwei Minuten zum Übergang West.
21:57Und unsere Kollegen haben nicht die kleinste Chance.
22:03Damals erschweren fehlende Kommunikation und Kooperation die Polizeiarbeit erheblich.
22:10Heute hilft moderne Technik immer öfter bei der Überführung von Straftätern, wie den Mitgliedern des Remo-Clans.
22:18Hier an der Hochschule Midweida entwickelte der Bioinformatiker Prof. Dirk Labudde eine neue forensische Methode.
22:26Sie kann helfen, Verdächtige wie die Remos zu überführen, auch wenn sie sich vermummen.
22:32Verschleierung bedeutet, dass auch jemand diesen Gang verschleiern kann.
22:36Ich kann bewusst darauf achten, dass ich einen Hüftschaden habe oder was auch immer, obwohl ich keinen habe.
22:42Also ist es mir nicht möglich, anhand einer Bewegung, die ich registrieren kann, jemanden zu identifizieren.
22:50Ich stelle mir ein ganz einfaches Beispiel vor. Jede normale Situation im Alltag hat Einfluss auf meine Bewegung.
22:58Ich gehe zum Chef, werde gekündigt, komme aus diesem Büro raus, habe ich eine ganz andere Bewegung, als wenn ich gerade noch mal 2000 Euro mehr verdiene im Monat.
23:07Also, woran haben Sie es festgemacht?
23:08Wenn wir genau hingucken, wir repräsentieren eigentlich sein inneres, also sein wahres Skelett mit diesem Strichmännchen.
23:18Das heißt, er kann gewisse Bewegungen ausführen, aber die einzelnen Verhältnisse zueinander, Oberarm, rechter Oberarm, zu linken Unterarm oder das Gleiche für die unteren Extremitäten, das bleibt ja immer gleich.
23:32Das heißt also, ob er sich jetzt sozusagen in verschiedene Posen begibt oder denn eben seine Bewegung verschleiert, ist eigentlich egal.
23:41An diesem Strichmännchen, wie Sie gerade gesagt haben, ändert sich eben nichts.
23:45Ist denn dieses digitale Skelett, was Sie von jedem Menschen erstellen können, so individuell und so einzigartig wie ein Fingerabdruck?
23:52Ja.
23:54Nimmt die Polizei einen Verdächtigen fest, wird er erkennungsdienstlich behandelt.
23:58Und wenn es Videoaufnahmen gibt, fotografiert den Professor Labudde, so wie mich.
24:03Markiert werden entscheidende Stellen des Körpers, Schulter, Ellenbogen, Handgelenk und so weiter.
24:11Also wir sehen, wir haben jetzt mehrere Kameras und machen jetzt eigentlich sozusagen, wenn Sie sich jetzt so schön drehen, machen die also immer Foto, Foto, Foto, Foto, Foto.
24:21Und demzufolge habe ich ja die gesamte Information des Objektes, was sich dreht.
24:27Und in diesem Bild sind dann diese Markierungen zu sehen. Und mithilfe dieser Markierung setze ich dann das digitale Skelett ein.
24:35Und so sieht das am Ende aus, wenn man mein digitales Skelett mit unseren Aufnahmen vom Hackischen Markt vergleicht.
24:43Heute ein rechtssicherer Beweis, der vor Gericht so viel gilt wie eine DNA-Spur.
24:51In den Westsektoren ist das Geld wieder was wert. Durch die Einführung der neuen D-Mark gibt es einiges zu kaufen und auch besseren Lohn.
25:01Werner sagt, dass er drüben gute Arbeit gefunden hat. Im Himmel sei Dank.
25:11Ein anständiger Janove trägt anständige Klamotten.
25:15Ja, ja. Ist klar.
25:25Sie zahlen viel mehr als hier im Osten, sagt er. Er bringt auch häufiger Geschenke mit. Nicht nur Fleisch und Butter.
25:35Doch manchmal mache ich mir Sorgen. Die Russen blockieren nach wie vor die Versorgungswege in die Berliner Westsektoren.
25:42Die Menschen dort müssen oft auf Strom verzichten. Was, wenn es wieder Krieg gibt?
25:48Was, wenn meinem Jungen etwas zustößt? So viele Schreckensmeldungen.
25:53Der Westen, der Stadt wird nicht mehr über den Landweg versorgt, sondern muss über diese unendlich komplizierte Luftbrücke versorgt werden.
26:02Das heißt, die Westgardiener Polizei ist zu einem Gutteil damit beschäftigt, die Luftbrücke zu organisieren.
26:07Die stehen doch an den Flugzeugen.
26:10Die passen auf, dass dort niemand die Lebensmittelpakete, die rüber geflogen werden, gleich direkt beim Flugzeug plündert und so weiter.
26:17Die bauen ihre eigene Polizei auf. Das heißt, die haben so viele Verantwortungen gerade.
26:22Die sind mit so viel beschäftigt, dass sie gar nicht hinterherkommen mit der Lösung dieses kriminellen Falls.
26:28Bewaffnete Raubüberfälle sind an der Tagesordnung. Und auch die GLADO-Bande wird immer gewalttätiger.
26:36Boss, die Kohle ist nicht hier.
26:44Jetzt mach endlich das Maul auf. Ich weiß, dass die Geldkassette hier ist.
26:55Schuhe, Socken aus.
27:05Schuhe, Socken aus.
27:36Wenn ich will, dass der Mann brennt, dann brennt der Mann.
27:42Das war Meuterei. Und du weißt, was auf Meuterei steht.
27:51Jeder weiß, was auf Meuterei steht.
27:54Und du weißt, was auf Meuterei steht.
28:00Jeder weiß, was auf Meuterei steht.
28:05Werner.
28:13Heutzutage würde man Werner GLADO wohl als Intensivtäter bezeichnen.
28:18Seine biometrischen Daten wären wahrscheinlich in sämtlichen Datenbanken hinterlegt
28:23und seine Verbrechen dadurch für jeden Ermittler mit einem Mausklick ersichtlich.
28:29Dank Digitalisierung können Spuren, Überwachungsbilder und Zeugen blitzschnell zu einem Ergebnis führen.
28:36Und so war beim Diebstahl der Goldmünze schon nach einem Tag klar, wer dahinter steckt.
28:41Also hier haben wir jetzt Teile der Tatmittel noch, die also sehr groß waren.
28:48Die haben wir hier in so einem Extraraum untergebracht.
28:52Oh ja, da sehe ich die Schubkarre, mit der die Täter die Münze transportiert haben.
28:58Sie wurde nur einmal benutzt und eigentlich auch nur auf einer Strecke.
29:03Hier lag die Goldmünze letztendlich drinnen.
29:06Am Hackischen Markt, ne? Aber wenn ich mir das jetzt vorstelle, wie viel hat die Goldmünze gewogen? Ungefähr 100?
29:12Also sie hat genau 100 Kilo gewogen und ich glaube, dass die Täter damit ganz schön jonglieren mussten.
29:18Jetzt haben wir hier diese ganzen Asservate gesehen. Sie haben dann ziemlich schnell die Spuren ja auch gesammelt.
29:24Wie schnell kamen Sie drauf, dass es was mit den Remmus zu tun hat?
29:28Wir hatten also an mehreren Tatmitteln DNA-Spuren von Mitgliedern des Teilnehmers.
29:34Von Mitgliedern des Berliner Remmoklans.
29:39Und ja, etwa zur selben Zeit ging auch ein Hinweis ein und benannte teilweise dieselben Personen, zu denen die DNA-Spuren aufgegangen sind.
29:48Und da war für uns doch als Ermittler die Zielrichtung ziemlich klar.
29:53An der Lösung des Falls sind mehrere Polizeidezernate beteiligt.
29:57Schließlich stürmten rund 300 Einsatzkräfte gleichzeitig 14 verschiedene Orte.
30:02Im Nachkriegs-Berlin undenkbar.
30:14Viele Polizisten waren ja neu.
30:18Es gab aber ein paar alte Kollegen, die immer noch da waren in den Westsektoren, Polizisten aus der Zeit der Weimarer Republik.
30:27Anrufen war erst mal nicht möglich.
30:31Aber man konnte sich an der S-Bahn treffen oder direkt an der Grenze.
30:35Das war also mehr konspirativ, als dass es den offiziellen Dienstweg nahm.
30:40Und so tauschte man sich mit Erfahrungen ehemal auch noch aus.
30:49Das hier bleibt unter uns, ja.
30:52Ich treffe hier nur ein paar Kollegen von früher zu einem kleinen Plausch.
30:57Es ist immer dieselbe Maskierung und dann noch die Krawatten.
31:01Ihren Chef nennen sie Doktorchen.
31:04Und gerade erst hat er auf ein Juwelier geschossen.
31:10Die Frage aller Fragen ist, wo sitzt die Bank?
31:14Bei uns oder bei euch?
31:18Ja, im Ballon.
31:20Wo sitzt die Bank? Bei uns oder bei euch?
31:25Wir haben allein in unserem Sektor zehn Doktoren und Doktorchen in der Kartei.
31:31Das hilft uns also nicht weiter. Aber...
31:35Moment mal, warte, warte.
31:40Gustav Woeppel, der Hehler.
31:44Richtig, er operiert in allen vier Sektoren.
31:47Das heißt, er vertickt das Raubgut unseres Doktorchens.
31:50Er soll zur Zeit ziemlich aktiv sein bei euch.
31:54Ja, diesen Woeppel haben wir schon länger auf den Kieker.
32:01Danke.
32:03Komm.
32:05So wird das nichts, Doktorchen.
32:08Jetzt fang du auch noch an. Was ist denn los mit euch?
32:16Das hier ist nicht Chicago.
32:19Schau dir das mal an.
32:22Das hier ist nicht Chicago.
32:25Schau dir das mal an.
32:28Das hier ist nicht Chicago.
32:30Das hier ist nicht Chicago.
32:33Schau dich doch mal um.
32:37Das ist ein Rattenkeller.
32:41Und du?
32:44Du bist nicht Elke Brun.
32:47Schau mal in den Spiegel.
32:51Du bist ein Berliner Junge mit zu viel Fantasie.
32:56Aber Elke Brun...
32:58Berater.
33:04Ach, Doktorchen.
33:08Jetzt werd erwachsen.
33:11Denk nach.
33:16Du machst hier einen auf dicke Gangster-Backe.
33:20Aber es kommt überhaupt nichts bei rum.
33:23Ein paar Schmuckstücke.
33:25Ein paar Scheine.
33:28Und dafür auf Leute schießen.
33:43Ich bin raus.
33:46Und wenn du mich schon erschießen willst,
33:49dann musst du mir schon in den Rücken schießen.
33:52Schaut besser aus.
33:55Schaut besser aus.
34:01Der kannte keine Grenzen.
34:04Die alte Rechtsordnung war weg, eine neue gab es nicht.
34:07Also hat er sich seine eigenen Regeln gemacht.
34:10Und seine eigene Regel war, Glado geht es gut.
34:13Er erreicht das, was er erreichen möchte.
34:16Er wird angesehen, er wird gefürchtet von der Bevölkerung.
34:19Und irgendwann kippte das.
34:22Und dieser Chauffeur war Raubmord.
34:25Und der Chauffeur war Raubmord.
34:50Am 11. Mai 1949 wird Werner Glado endgültig zum Kapitalverbrecher.
34:55Er ermordet den Chauffeur Eduard Alte,
34:58weil der sein Auto nicht herausrücken will.
35:01Der Familienvater hinterlässt drei kleine Kinder.
35:04Genau wie ich dachte.
35:07Der Fahrer und der Juwelier wurden mit derselben Waffe getötet.
35:12Und das Auto hat man im Müggelsee gefunden.
35:15Das war unser Doktorchen, glaub's mir.
35:18Laut Zeugenaussage war der Täter noch ein sehr junger Mann.
35:22Das Doktorchen ist ein Milchbubi.
35:25Naja, wenn diese Stadt eines im Überfluss hat,
35:28dann sind es jugendliche Kriminelle.
35:31Siegielowski?
35:36Und wie alt?
35:39Gerade mal 18.
35:42Ich komme.
35:45Wölpels Frau hat den Kollegen gesteckt, wer das Doktorchen ist.
35:47Bleib du hier und besorg mir Verstärkung.
35:50Ich fahr da hin.
35:59Im Mai 1949 endet die Blockade.
36:02Im Juni wird Glado verpfiffen.
36:05Und die Nachricht, wer Glado ist und wie diese Wande funktioniert,
36:09das dringt dann von West-Berlin nach Ost-Berlin.
36:12Das heißt, es gibt ein punktuelles Zusammenarbeiten.
36:14Zwischen der West-Berliner Polizei und der Volkspolizei im Osten.
36:18Was vorher zu Blockade-Zeiten so nicht möglich gewesen wäre.
36:27Schon als es klingelte, hatte ich ein ungutes Gefühl.
36:30Doch was dann geschah, hätte ich mir in meinen schlimmsten Albträumen
36:34nicht ausmalen können.
36:37Guten Morgen. Krüger. Ich bin vom Arbeitsamt.
36:40Wohnt hier ein Werner Glado?
36:42Werner, die Polizei ist da.
36:45Heute würde man das natürlich ganz anders machen.
36:48Bewaffnete Straftäter wären von einem Spezialeinsatzkommando festgenommen.
36:53Man geht auch nicht um 9 Uhr morgens hin,
36:56sondern möglichst um 5 oder um 6, wenn die Leute schlafen,
37:00um sie da zu überraschen.
37:03Nein!
37:13Werner, Werner, bleib bei mir.
37:16Du darfst nicht sterben, hörst du? Lass uns nicht allein.
37:37Ein Polizist hatte sich hier unter dem Balkon postiert.
37:394 weitere versuchten, oben in die Wohnung einzudringen.
37:42Der Einsatz endete mit 2 schwerverletzten Beamten
37:45und auch Glado entging nur knapp dem Tod.
37:48Ein Desaster.
37:51Es war grauenhaft.
37:54Ich habe nur noch geschrien.
37:57Geschrien, dass sie endlich aufhören sollen.
38:00Und dann wurde Werner ohnmächtig.
38:03Wohl durch seinen Blutverlust.
38:06Er hatte Schusswunden am Kinn, Hals und Oberschenkel.
38:11Mich haben sie auch festgenommen.
38:14Sie behaupteten, ich hätte Werner bei der Schießerei geholfen.
38:17Doch das stimmt nicht.
38:20Der Volkspolizei gelang es, die gefährlichen Burschen festzusetzen.
38:23Die Wohnung des 18-jährigen Bandenchefs Werner Glado.
38:26Hier überwältigte ihn die Volkspolizei nach einstündigem Feuergefecht.
38:29Doktorchen, so nannten ihn die Beamten,
38:31trat ab von der Bühne der Unterwelt und des schwarzen Marktes.
38:34Im Polizeipräsidium am Alexanderplatz sind wir Augenzeuge einer Vernehmung.
38:37Bandenmitglied Kurt Gäbler.
38:40Sie heißen Kurt Gäbler? Jawohl.
38:43Warum habt ihr den Schock für Alte unter den Linden erschossen?
38:46Doktor, beabsichtigte seit längerem,
38:49beziehungsweise so lange, wie ich ihn kannte,
38:52größere Banden zu schießen.
38:55Das war der Grund.
38:57Der 17-jährige Werner Pappke.
39:00Welche Straftaten haben Sie begangen?
39:03Bis jetzt sind es acht Rauburteile.
39:06Der Prozess selbst begann dann erst im März 1950.
39:09Es herrschte großes Gedränge.
39:12Der Saal war knackend voll.
39:15Und auf der Straße standen auch noch hunderte von Neugierden.
39:18Es gab einiges zu sehen.
39:21Es gab einiges zu sehen.
39:24Es gab einiges zu sehen.
39:27Es gab immer noch einige neugierige Menschen,
39:30um die Ankunft und die Abfahrt der Bande in Augenschellen zu nehmen.
39:33Die Menschen waren begierig, dort eingelassen zu werden.
39:36Es heißt sogar, dass auf dem Schwarzmarkt
39:39die Zulassungen für den Gerichtsprozess verhandelt worden sind.
39:42Es wurden ganz viele Polizisten beauftragt,
39:45die dann die Wege gesichert haben.
39:48Man befürchtete angeblich, dass er befreit werden könnte.
39:51Von wem muss man sich fragen?
39:54Aber auch das ist eine Machtdemonstration des Staates.
39:57ein viel größeres Gebäude genommen, damit da ganz ganz viele Zuschauer hinkommen können und
40:01jeder von denen sehen kann, guck mal, wozu dieser Staat fähig ist und auch willens ist und das auch
40:06durchsetzen wird. Auch ich war angeklagt wegen Anstiftung zum Mord. Sie haben einen riesigen
40:15Schwurgerichtsprozess aufgeboten. Hunderte von Menschen starrten meinen Werner und seine Jungs
40:21jeden Tag an. Sonny saß auch auf der Anklagebank. Den Gäbler hat seine Freundin schick gemacht.
40:28Rogasch bewahrte wie immer Haltung, trotz der Anklage wegen Mordes. Werner Gladow ging ganz
40:35selbstverständlich davon aus, dass er nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden würde und
40:40man sieht das auch auf den Aufnahmen am Anfang des Prozesses, wo er in die Kamera strahlt,
40:46wo er dort lässig sitzt, wo er sich fast sonnt in der Aufmerksamkeit, die ihm entgegengebracht
40:51wird. Die haben überhaupt, ich glaube, zu keinem Zeitpunkt begriffen, wie ernst ihre Situation ist
40:58und schon alleine dieses Verhalten von dem Gladow und seinen Freunden zeigt, das waren keine Erwachsene.
41:06Jeder Erwachsene hätte direkt gemerkt, jetzt geht es eins Eingemachte, das ist ernst. Erst vor
41:12Gericht sah ich meinen Jungen wieder, denn auch ich war in Untersuchungshaft. Da war schon fast
41:17ein Jahr vergangen. Im Prozess musste Werner den Überfall auf den Chauffeur nachstellen,
41:24zusammen mit Rogasch und Gäbler. Werner versuchte offenbar den Mann aus dem Wagen zu ziehen,
41:32doch der wehrte sich. Dann drang ein Schuss durch seine Schulter in den Brustkorb. Ich konnte das
41:38alles nicht glauben. Der Gutachter ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er, dass sein Reifeprozess
41:45nach wie vor andauert und er im Grunde genommen in der Pubertät stecken geblieben ist. Und kein
41:49Gericht jetzt hätte ihn zu mehr als zehn Jahren verurteilt, weil kein Gericht auf die irrwitzige
41:56Idee gekommen wäre, ihn nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen. Als ich gesehen habe, dass der
42:02Polizeipräsident und der Justizminister beim Prozess auftauchten, schwankte mir Böses. Sie
42:08wollten den Gladow zu Tode verurteilen, um einfach ihre Macht zu demonstrieren? Vergeltung? Es war
42:14ja der erste Höhepunkt des Kalten Krieges und man wollte die Überlegenheit des sozialistisch
42:21kommunistischen Systems darstellen. Und das konnte man natürlich sehr gut, wenn man zeigte, dass
42:26schon die Arbeit der Polizei unendlich erfolgreich ist. Als das Todesurteil gegen ihn Rogasch und
42:36Gäbler verlesen wurde, wirkte Werner wie gelähmt. Gladow hat sich im falschen Sektor erwischen
42:45lassen. Er hätte auch woanders wohnen können, aber so traf ihn die volle stalinistische Wucht.
42:51Liebe Eltern und Schwesterchen, ich verbringe jetzt mit Rogasch meine letzten Stunden. Mir ist
43:02irgendwie gar nicht so mutig, als wenn ich sterben muss.
43:14Der Galgenhumor hält bei uns bis zur letzten Stunde an. Ich bin noch in meiner letzten Nacht
43:19zum Raucher geworden. Mutig, wie wir gelebt haben, sehen wir dem Tode entgegen. Ich fühle mich
43:26keineswegs als Mörder und bin zufrieden, dass ich nicht so gewesen bin, wie ich geschildert wurde,
43:31der rasende, amoklaufende Massenmörder. Eine Mutter, wie du es bist, gibt es nicht alle Tage und
43:41ich danke dir für all deine Liebe, die du mir entgegengebracht hast. Seid mir bitte nicht allzu
43:46böse, dass ich euch so viel Schande bereitet habe und verzeiht mir bitte. Tragt es tapfer,
43:53wie ich es getragen habe. Und nun, liebe Mutti, Papa und Schwesterchen, seid noch
44:00einmal herzlich gegrüßt von eurem euch liebenden Sohn und Bruder, Werner.
44:04Weißt du was? Ich höre mit dem Rauchen auf.