"Zero Waste" gehört längst zum Alltag in Capannori. Die Gemeinde in der Toskana produziert seit Jahren so gut wie keinen Müll mehr, der nicht recyclebar ist. Dazu gehören auch Möbel, Fahrräder und Kleidung.
00:00500 Kilo Müll pro Person pro Jahr, das ist der Schnitt in Europa.
00:07Und der Abfall, der wächst. Jeden Tag.
00:10Aber eine Stadt in Italien sagt Stopp und zeigt, dass es auch anders geht.
00:16Wir sind eine fünfköpfige Familie. Drei Kinder, zwei Erwachsene.
00:21Im Jahr produzieren wir etwa drei Säcke Restmüll. Das sind rund 30 Kilo.
00:26Nur 30 Kilo Müll im Jahr? Klingt verrückt, ist aber Alltag.
00:32In Capanori, einer Stadt in der Toskana, leben Familien fast müllfrei.
00:36Schritt für Schritt mit System. Und mittendrin Martina.
00:39Das ist der Eimer für den Restmüll. Hier endet alles, was nicht weiter recycelbar ist.
00:47Zum Beispiel die Wattepads, die ich für meine Arbeit verwende.
00:50Leider auch für den Restmüll diese Gummi-Einweg-Handschuhe, die ich ebenfalls wegen meiner Arbeit verwenden muss.
01:01Und auch bei der gesamten Einrichtung gilt dasselbe Prinzip.
01:04Nichts Neues, alles wiederverwertet. So wird man zur Zero-Waste-Familie.
01:08Die Matratze, der Lattenrost und dieser Schrank stammen aus einem Haus in der Stadt, das umgebaut wurde.
01:16Wir wurden angerufen und um Hilfe gebeten. Und so haben sie uns diesen Schrank geschenkt, der von 1920 stammt.
01:22Dingen eine zweite Chance zu geben, ist ein wunderschönes Konzept, das man nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis jeden Tag anwenden sollte.
01:30Russano Ercolini steckt hinter der Revolution von Capanori.
01:38Regelmäßig wird der Restmüll gewogen und Stichproben entnommen.
01:41Was ihn interessiert, ist das, was am Ende übrig bleibt.
01:4586,5 Prozent des Mülls von Capanori werden bereits recycelt, dank eines Tür-zu-Tür-Sammelsystems.
01:52Für ihn ist Müll kein Abfall, sondern ein Designfehler.
02:02Der Bürger trennt, aber wenn etwas nicht trennbar ist, liegt die Verantwortung beim Hersteller.
02:07Das hier ist ein Designfehler.
02:09Produkte sollten so gemacht sein, dass sie recycelbar oder wiederverwendbar sind und nicht als Müll enden.
02:18In seinem Forschungszentrum wird Müll untersucht.
02:21Was zu oft im Rest landet, landet auf einer Liste.
02:23Dann klingelt beim Hersteller das Telefon.
02:26Im Forschungszentrum schreiben sie den Firmen und bekommen oft Antworten, um recycelbare Alternativen zu finden.
02:33Denn, wenn Müll ein Fehler ist, kann man ihn auch korrigieren.
02:38Das sind 107 Produkte, von denen wir sagen, sie lassen sich entweder gut recyceln, sind teilweise recycelbar oder können sinnvoll wiederverwendet werden.
02:48So sollte es sein.
02:5046.000 Menschen leben in Capanuri.
02:55Jede Familie stellt ihre durchsichtigen Tüten getrennt vor die Tür.
02:59So kontrolliert auch die Müllabfuhr, ob gut getrennt wird.
03:02In einem Lagerhaus am Stadtrand wird sichtbar, was Zero-Waste im Alltag bedeutet.
03:07Sechs davon gibt es im gesamten Gemeindegebiet, direkt neben dem Recyclinghof.
03:11Aber anstatt entsorgt zu werden, bekommen hier Kleider, Möbel und vieles mehr eine zweite Chance bei Annalisa Pace von Da Capo.
03:19Was wie Müll aussieht, ist in Wirklichkeit eine wertvolle Ressource.
03:26Die Leute bringen uns die Sachen direkt. Sie werden gespendet.
03:30Etwa 10 Prozent müssen leider doch auf die Deponie. Aber der Rest, 90 Prozent, bekommt ein neues Leben.
03:36Entweder über unsere kostenlose Weitergabe oder im Sozialkaufhaus.
03:40Was aussieht wie ein Lagerhaus, ist eine Schatzkammer für Second-Hand-Helden.
03:49Hier bekommen Dinge ein zweites Leben und Menschen eine echte Chance.
03:53Mittlerweile arbeiten hier 30 Angestellte und über 100 Familien profitieren jedes Jahr direkt davon.
04:01Menschen mit geringem Einkommen können hier kostenlos Dinge mitnehmen, die sie brauchen können, wenn sie unsere Kriterien erfüllen.
04:07Eine soziale Dimension, aber auch ein ganz konkreter Schritt gegen den Klimawandel, denn
04:15Wenn ich etwas repariere, muss man dafür keine neuen Rohstoffe abbauen. Und es fällt auch keine Verschmutzung durch die Herstellung an.
04:25Um fast 100 Prozent müllfrei zu werden, hat Rossano Ercolini klare Vorstellungen.
04:29Der nächste große Plan, eine Anlage, die sogar Windeln recyceln kann, mit Fördergeld aus Brüssel.
04:35So soll der Müllberg immer kleiner werden, denn das ist auch gut fürs Portemonnaie, weil weniger Abfall eben auch weniger kostet.
04:44Die Abfallgebühren von Capanori sind die niedrigsten der mittelgroßen Gemeinden der ganzen Toskana.
04:52Mehr als 300 Städte in Europa folgen inzwischen seinem Vorbild.
04:59Capanori war die erste und soll nicht die letzte Zero-Waste-Stadt bleiben.