Nach seinem Freispruch in der Falschaussage-Causa ist der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag vor die Medien getreten. Gleich zu Beginn der Pressekonferenz meinte er, alle enttäuschen zu müssen, die nun eine "Abrechnung" erwarteten. Nichtsdestoweniger kritisierte er die "politische Kultur" und die Justiz. Einer Rückkehr in die Politik erteilte er abermals eine Absage.
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00:00Einen Tag nach seinem Freispruch in der Falschaussage-Causa ist der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag für eine Stellungnahme vor die Medien getreten.
00:10Für alle, die sich jetzt eine Abrechnung erwarten, die muss ich leider gleich vorweg enttäuschen.
00:18Es ist nicht mein Ziel, heute mit irgendjemandem abzurechnen, sondern es ist mir einfach ein Anliegen,
00:24nach vier Jahren der strafrechtlichen Verfolgung einige Gedanken mit Ihnen zu teilen.
00:31Und ich sehe es ein Stück weit auch als meine Verantwortung, die gewonnenen Erkenntnisse aus den letzten Jahren mit Ihnen zu besprechen.
00:41Ich gebe zu, dass die letzten vier Jahre eine belastende Zeit waren und dass so ein Strafverfahren eine belastende Situation ist.
00:51Es ist gar nicht so sehr das Delikt selbst oder auch die Strafdrohung, die in dem Fall ja keineswegs lebensverändernd wäre.
01:02Es ist vielmehr der unglaubliche Aufwand, der hier betrieben wird.
01:07Es ist das Vorgeführtwerden.
01:10Es waren die zwölf Verhandlungstage im großen Schwurgerichtssaal, wo sonst Mörder und Schwerverbrecher sich verantworten müssen.
01:19Und ich bin ehrlicherweise sehr, sehr dankbar dafür, dass ich diese gesamte Phase in einer sehr privilegierten Situation erleben durfte.
01:29Kurz bemängelte, dass sein Verfahren nicht verhältnismäßig gewesen sei.
01:34Nicht jede Anzeige und nicht jede politisch motivierte Anschuldigung sollte wie ein Heißluftballon aufgeblasen werden,
01:43zu einem gigantischen Verfahren, dass man am Ende den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
01:50In meinem Fall, und da ging es jetzt um die Frage einer mutmaßlichen Falschaussage im Untersuchungsausschuss,
01:57sprechen wir hier von tausenden Seiten, 30 Zeugen, zwölf Verhandlungstagen im großen Schwurgerichtssaal
02:07und national und international fast 10.000 Berichte in den Medien auf der ganzen Welt.
02:16Da wird so ein Druck aufgebaut, auch die Ermittlungsbehörde für sich selbst baut einen solchen Druck auf,
02:26dass am Ende ja irgendwas rauskommen muss, sonst ist ja all dieser Aufwand auch gar nicht zu rechtfertigen.
02:34Außerdem kritisierte der Ex-Kanzler, es sei eine Schieflage bei der politischen Kultur eingetreten.
02:39Wir erleben mittlerweile in Österreich mehr und mehr eine politische Kultur,
02:45wo es nicht mehr um den Wettbewerb der besten Ideen geht,
02:49sondern wo es um den nächsten Skandal und die nächste Anzeige geht.
02:54Es ist mehr und mehr Teil unserer Kultur geworden,
02:58den politischen Gegner nicht mit besseren Ideen zu schlagen,
03:03sondern den politischen Gegner mit Anzeigen zu schlagen.
03:06Das führt zu einer Verarmung der politischen Debatte.
03:12Es führt zu einem unangenehmen Klima in der Politik
03:16und es zerstört zu guter Letzt das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik.
03:23Und ich glaube, das darf nicht in unserem Interesse sein.
03:27Dass auch Kurz und sein Team in seiner Zeit als Politiker zu dieser Situation beigetragen hätten,
03:33verneinte er auf Nachfrage.
03:34Ich glaube, ich habe in meiner Zeit versucht, es immer positiv anzulegen und andere nicht anzugreifen.
03:42Wir haben lange ja immer betont, dass wir einen neuen Stil wählen
03:46und haben eigentlich stets versucht, dem treu zu bleiben
03:51und haben eigentlich den politischen Mitbewerb so gut es ging, glaube ich.
03:58Und wenn Sie mich fragen, kann ich mich an keine Situation erinnern,
04:01wo wir irgendjemanden untergriffig attackiert hätten.
04:05Also weder ich noch mein Umfeld haben andere beschimpft, herabgewürdigt
04:11oder sonst irgendwie persönlich angegriffen.
04:14Ein Comeback in die Politik schloss Kurz mit Verweis auf seine unternehmerischen Tätigkeiten
04:19und seinen vergangene Woche geborenen zweiten Sohn erneut aus.
04:23Dennoch werde er seine Meinung auch in Zukunft kundtun
04:26und sich in Debatten einbringen, so der Ex-Kanzler.