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  • 13.5.2025
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Transkript
00:00La la la la la la la la la la la la la la la la la la la la la la
00:12Dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm.
00:22Dumm, bumm, bumm von dir bin doch im Traum bei dir und red mit dir.
00:34Wenn ich erwachen tu, wenn ich erwachen tu, bin ich allein.
01:04Ich bin allein.
01:34Vielen Dank.
02:04Das war's.
02:34Sollte
03:04Ich habe keine Geheimnisse.
03:24Ich habe doch alles erlebt, was eine Frau Schönes erleben kann.
03:29Ich möchte nur jedem wünschen, dass er so ein wundervolles Leben hat.
03:34Die zwei Schicksalsschläge habe ich auch kurz gekriegt.
03:37Da sehen Sie mir an, ich habe gelernt, alles zu nehmen, wie es kommt.
03:45Ich habe richtig gute Freunde gehabt, mein Kind.
03:49Richtige, gute Freunde.
03:52Ich hatte 17 Mitschülerinnen.
03:55Nun stellen Sie sich vor, die sind nur alle tot.
03:58Ich bin die Letzte.
03:58Meine Mitschülerin Käthe, mit der ich vom 12. Lebensjahr bis zu ihrer Todesstunde verbunden war,
04:08die habe ich alles durchgemacht.
04:12Die hat ein Kind gekriegt.
04:13Das hat sie im Locus beseitigt.
04:15Ich habe auch das miterlebt.
04:18Jetzt habe ich keinen Menschen mehr, der mir sehr nahe steht.
04:22Es ist alles nicht mehr, wie es war.
04:24Chancen bei Männern, die habe ich immer.
04:32Einen bestimmten Typ, wenn Sie so fragen, habe ich eigentlich keinen.
04:37Sehen Sie mir an.
04:39Alfred war ein ganz anderer Charakter als Willi.
04:42Alfred war ein schlanker, eleganter Mann mit Augen.
04:46Da war man gleich weg.
04:47Und der war künstlerisch, kolossal veranlagt, wie mein Vater.
04:52Willi, trocken, gesund.
04:54Aber mit beiden war ich sehr glücklich.
04:57Nur das Sexualleben in der ersten Ehe war verflucht schlecht.
05:00Und das ging bei uns nicht zusammen.
05:04Aber wir haben trotzdem die ganzen zwölf Jahre, die wir verheiratet waren, nur in einem Bett geschlafen.
05:09Beim zweiten Ehe brauchte ich schon mein Bett für mich.
05:14Aber dafür klappte die Sache kolossal gut.
05:17Und das macht doch viel aus, finden Sie nicht?
05:22Na, sieh mal, hier.
05:23Das ist Großvater beim Morgencafé, hinten in seinem Garten Friedrichstraße.
05:32Daneben Großmutter.
05:34Und auf ihrem Schoß sitzt meine Mutter, da war sie ein Jahr alt.
05:37Drumherum die Tanten, Elspeth, Hedwig und die ganzen Söhne.
05:42Großvater war Makler.
05:44Der vermittelte das erste deutsche Kriegsschiff nach England.
05:48Ach, ich weiß noch, in seinem Zimmer hing eine große Fotografie von dem Ding.
05:52Ich könnte dir alles aufzeigen, wie ich am Klavier stehe als Sechsjährige.
05:58Ich sehe meinen Klavierlehrer noch, der bekam seinen Kaffee auf dem silbernen Tablett serviert,
06:03mit einem beschmierten Knüppel drauf.
06:05Das war so ein blonder Jüngling, langes Haar, schon damals.
06:10Ja, erster Geiger an der Staatsoper, verlobt mit einer Dame aus Brandenburg.
06:14Und ich klimperte da vorne und er trank seinen Kaffee im Salon auf dem Sofa.
06:19Und dann bekam er sein Geld, das war ja das Wichtigste, und verschwand wieder.
06:25Herr Bruno Siegel.
06:27Ich weiß noch alle Namen.
06:30Als ich geboren wurde, war Vater 44 und Mutter 22.
06:35Ich blieb ihr einziges Kind.
06:37Mein Vater hatte ein Atelier in der Kurfürstenstraße.
06:42Auch früher hat er nur so illustriert.
06:45Kalender, Märchenbücher, ist alles noch da.
06:49Und später bekam er dann die Anstellung am Theater als Kostümier.
06:53War ich doch gestern in der Zauberflöte.
06:56Also nie wieder.
06:58Ich hab doch alle Aufführungen gesehen.
07:02In der Staatsoper und dem Opernhaus Berlin, die mein Vater kostümiert hatte.
07:06Aber diese gestalten gestern?
07:10In ihren weißen Nachthänden?
07:14Also, der Tamino war ja stimmlich sehr gut.
07:18Die Tamina ganz reizend.
07:20Der Papageno wunderbar, aber alles andere Mist.
07:22Und dann haben sie noch vergessen, einen Baum rauszuschieben.
07:26Der fiel dann plötzlich auf die Bühne.
07:35Meine Kindheit und meine Jugend, die waren, wie soll ich sagen, voller Nimbos.
07:46Ich hatte für jede Puppe ein Bettchen.
07:49Und für meine Eva, mit so langen, blonden Locken, eine handgeschnitzte Wiege aus Tirol.
07:56Alles von Bettebott und Lachmann.
07:57Kennst du nicht?
07:59Und den hellblauen Puppenwagen von Jordan.
08:03Sagt hier auch nichts.
08:06Ja, ich habe kolossal lange gepuppt.
08:10Noch mit 16 Jahren, ellenlang und dürr, habe ich meine Puppen spazieren geführt.
08:14Da hatte ich noch meinen Männer an der Leine, so einen braunen Dackel.
08:17Und links, ja, links, ging mein Tanzstunden her.
08:21Kannst du ruhig lachen?
08:24Diese Tanzstunden, sage ich dir, ganz entzückend.
08:29Ich war ja puppig eingekleidet.
08:31Mein Vater kaufte die Stoffe bei Gerson.
08:34Teuerstes Geschäft von Berlin.
08:35Wenn ich mit meiner Mutter dort aufkreuzte, da stand immer einer an der Tür mit einer Uniform und so Klinkergeschichten dran.
08:43Das hat mir ja mächtig imponiert.
08:45Ach.
08:48Und wie die Teppiche alle aus den Fenstern hingen.
08:51Ich glaube, das war bei der Grundsteinlegung der Klosterkirche.
09:01Da haben alle Leute ihre Teppiche rausgehängt und Kerzen in die Fenster gestellt.
09:07Es war wunderbar.
09:09Ich glaube, es war unter Willern den Ersten.
09:12Oh Gott, was für Herrschaft ich alles erlebt habe.
09:14Willern den Ersten, Friedrichen III., Willern II., in Hindenburg und den Hitler, den Größten von allem.
09:36Ich will mal sagen, wirtschaftlich wird sich das ausgewirkt haben.
09:39Der Willi war nicht in der NSDAP und das bedeutet, dass sein Gehalt um 100 Mark gekürzt wurde.
09:45Aber, ich will mal sagen, so nebensächliche Dinge, die registriere ich kaum noch.
09:52Und auch Einzelheiten aus den letzten Jahren, also es verwischt sich mir.
09:57Während so Eindrücke aus der Kindheit, also da könnte ich dir die Weihnachtsfeiern aufmachen.
10:05Ach, so ein harmonisches Familienleben wie bei uns.
10:09Das ist etwas, was ich im Alter sehr, sehr vermisse.
10:13Es gibt heute kein Familienleben mehr.
10:15Am Sonntag ist große Wäsche.
10:19Keiner, der sich nett zu dir hinsetzt, mit dir plaudert.
10:23Die Kinder haben keine Kindheit mehr.
10:26Die gehen in den Hort und um fünf kommen die Eltern angeklappert.
10:29Störe mich nicht, ich habe keine Zeit.
10:31Da werden sie abgefüttert, fliegen in die Betten.
10:34Das ist ihr Zuhause.
10:35Aber selbstständig sind sie.
10:39Die nehmen sich alles, was sie brauchen.
10:44Eine eigene Meinung, die durften wir als Kinder gar nicht haben.
10:47Kinder bei Tische sind stumm wie die Fische.
10:51Da hättest du mal unsere Enkelkinder sehen sollen.
10:54Wie die ihren ersten Pups machten, da herrschten sie schon die ganze Tafel.
10:57Da musste ich aufpassen, dass ich auch mal zu Worte kam.
11:00Heute ist alles anders.
11:07Wenn wir Gesellschaft hatten, da musste ich in die Küche verschwinden, zu unserem Mädchen.
11:12Und halb acht ins Bett, ohne Pardon.
11:14Und ein Doktorspiel.
11:19Da hätten wir den Räustock gespürt.
11:22Ich habe nie im Leben einen Jungen nackt gesehen.
11:25Von der ganzen Pracht kein Schimmer.
11:27Meine Eltern habe ich auch nie nackt gesehen.
11:29Wäre mir ja eklig gewesen.
11:32Aufgeklärt haben mich meine Mitschülerinnen.
11:34Aber das war mir schnurzpippe.
11:36Ich habe ihnen kein Wort geglaubt.
11:38Wie alles zusammenhängt.
11:40Also, das habe ich noch in der Hochzeitsnacht nicht begriffen.
11:47Mit meinem Vater bedeutete ich mehr als meiner Mutter.
11:50Später hat sie sich an mich gewöhnt.
11:53Wie ich Keuchwusten hatte.
11:54Ich weiß noch, wie sie mich auf den Arm genommen hat und stundenlang Busche, Busche, Beichen gemacht hat.
12:01Sein Märchen hat mir keiner erzählt.
12:04Sie hat überhaupt nichts gemacht.
12:07Als nur Handarbeiten, also Porzellan malen.
12:10Und Kaffee trinken und abends ins Theater laufen.
12:15Mein Vater war zufrieden, wenn er mal nicht ins Theater musste.
12:18Aber meine Mutter, die rannte unentwegt hin.
12:20Carmen hat die 60 Mal gesehen.
12:23Wie ich nur heiratete.
12:25Da war meine Mutter noch jung.
12:28Da ist ihr mit dem alten Mann die Decke auf den Kopf gefallen.
12:30Ich habe nichts gelernt.
12:35Nur Klavier spielen.
12:37Wir hatten da eine Musikschule in Steglitz.
12:41Da sollte ich Konzertbegleiterin werden.
12:43Aber ich bin dann zu einem Max Garrison gegangen und habe seine Schüler begleitet, die bei ihm gesangststudiert haben.
12:49Das habe ich gemacht, bis ich heiratete.
12:53Bei Mutter D. hinten.
12:54Da hatten wir eine wunderbare Terrasse.
12:56Mit Blick in den Garten.
12:59Und am ersten Tag ist meinem Vater was hinuntergefallen.
13:02Das musste ich heraufholen.
13:03Und wie ich unten ankomme, steht da ein junger Mann.
13:05Einer von den Söhnen der Mutter D.
13:09Blauer Anzug.
13:11Blaue Mütze.
13:12Braun gebrannt.
13:14Ein paar wundervolle blaue Augen.
13:17Er gleich verschossen in mich.
13:19Ich gleich verschossen in ihn.
13:21Er spielte Gitarre.
13:23Und sein Bruder Mandolin und meine Eltern waren ja so für Hausmusik.
13:27Nun musizierten wir zu dritt.
13:30Und ich lernte in meinem Zimmer Gitarre.
13:32Aber natürlich, die Türen weit offen, wenn Alfred da war.
13:38Und die Leute fegten eh gar rum.
13:41Wenn ich unten im Garten ankam, da quiekte meine Mutter schon vom Balkon.
13:46Jürgen, wo bist du?
13:49So ging die Sache vor sich.
13:52Nun, Tuchfühlung war vorhanden, aber sonst hat sich natürlich nichts abgespielt.
13:58Die jungen Leute heute, denen fehlt ein gewisser Nimbus.
14:07Ich meine, wir waren ja vorher auch nicht einwandfrei.
14:11Aber das Letzte fehlte, das schwebte immer noch vor uns.
14:16Wie ich mich verlobte, musste ich meinem Vater ankündigen,
14:19Herr D. möchte dich am Sonntag sprechen.
14:21Ich bin nicht zu sprechen, schrie er.
14:24Na, meine Mutter, die ahnte das ja längst.
14:26Die war neiderfüllt.
14:30Und dann haben wir geheiratet.
14:33Großes Essen in der Loge.
14:34Der verkehrte ganz Steglitz.
14:37Mein Vater hat mir ein Kleid an Pferdchen lassen.
14:40Wiedermeier.
14:41Also die Seite hat Alfred bezahlt.
14:43Für seine Mutter Bordeaux-Rote und für mich Weiße.
14:47Schleppe zwei Meter lang.
14:49So wie er entzückend ausgesehen haben.
14:52Damals hat der Kronprinz geheiratet.
14:55Und den Brotkranz von der Kronprinzessin, den haben sie für mich kopiert.
15:02Weiße Nelken.
15:03Ganz entzückend.
15:05Das war bei Dietzis.
15:06Die wohnen jetzt noch in Steglitz.
15:13Ich habe so ein wundervolles Leben gehabt.
15:34Dadurch bin ich auch so vielseitig geworden.
15:36Und das vermisse ich jetzt so.
15:39Heute gibt es doch nur Politik.
15:41Und damit ist es aus.
15:43Also mich hat kein Mensch mit Politik gepiesackt.
15:47Ich musste nichts.
15:48Ja, ich musste Klavier spielen, tanzen, fröhlich sein, sonst nichts.
15:53Sehen Sie mal.
15:55Hier diese Zeitschrift.
15:57Da können Sie das Leben im Künstlerverein verfolgen.
16:04Sehen Sie mal.
16:06Hier.
16:08Das ist die Isadora Duncan.
16:10Das war die erste Barfuß-Tänzerin der Welt.
16:15Bitte.
16:16Und dann nehme ich es auf diese Hohen.
16:18Nein, nein.
16:34An Sex dachte damals keiner.
16:38Ich weiß noch, einmal hat ein Gast einer Dame unter den Rock gefasst.
16:42Das wurde gemeldet.
16:44Da ist er sofort rausgeflogen.
16:46Für denjenigen, der den eingeführt hatte, war das sehr peinlich.
16:51Ja, später wurde es anders.
16:54Als die Bälle in der Krolloberstadt fanden, da konnte man schon mal hinter die Kulissen gehen.
16:59Ich habe da erst gar nicht das alles mitgekriegt.
17:02Das Männer anders, das Frauen.
17:04Tja, ja, mein Kind.
17:15Das habe ich alles sich entblättern gesehen.
17:18Jetzt stell dir vor, Alfred und ich in der Hochzeitsnacht.
17:27Als Alfred sich auszog, habe ich zu heulen angefangen.
17:31Da war ich so was von ernüchtert.
17:33Da hat er mich in den Arm genommen und wir haben beide ganz still im Bett gelegen.
17:42Sonst wäre ja alles kaputt gegangen, wenn der da irgendwelche Manipulationen an mir vorgenommen hätte.
17:49Am nächsten Morgen sank er schallend, ach Laura, ach Laura, kauf mir doch ein Auto und hoppst du ums Bett rum.
17:56Ich sehe ihn auch.
17:57Ja, ich hatte 100 Mark Wirtschaftsgeld, weiß ich noch.
18:03Dafür gab es aber Schnitzel mit Spargel und Erdbeeren mit Schlagsahne.
18:07Oh, prophezeite meine Mutter, das machst du nicht lange.
18:12Wir hatten doch so ein kleines Gehalt.
18:15200 Mark nur.
18:16Die Wohnung kostete allein 50, drei Zimmer mit Zentralheizung und da gab ich Klavierunterricht.
18:27Vom Krieg, da habe ich nicht Peel mitbekommen.
18:361915, wir waren zehn Jahre verheiratet.
18:40Da habe ich eine Annonce im Lokalanzeiger gelesen.
18:44Eine Frau will ihr neugeborenes Kind abgeben.
18:47Bei uns klappte doch das nicht.
18:50Sagst mein Alfred, also da brauchst du gar nicht das hinzugehen, das ist bestimmt nur das Kind von einem Dienstmädchen.
18:55Ich sag, du kannst doch nicht so urteilen.
18:58Siehst dir an, wir gehen sowieso spazieren.
19:01War das Monika-Stift.
19:04Meine kleine Elisabeth lag in ihrem Bettchen, zückend.
19:08Dann war ein Arzt gefunden, der das Kind untersucht hat und waren auf dem Gericht.
19:12Und die Frau musste mir versprechen, sich nie wieder zu melden.
19:15War eine Lehrerin, aus Danzig.
19:17Und der Mann ein Rittergutsbesitzer.
19:21Da war sie als Erzieherin.
19:22Das war eine furchtbare Schande.
19:23Wenn du mich fragst, was mich beeinflusst hat, dann muss ich dir sagen, bei mir war es der Tod.
19:37Ich war bis 30 eine ganz dämliche Pute gewesen, die gedacht hat, das Leben besteht aus Kaffeekränzchen, Nähen und Tanzen.
19:47Mein Alfred brauchte nicht einzurücken.
19:48Und wie es dann so, Ende ging, hat mir ihn auf Kur geschickt.
19:54Ich habe ihn bis Erfurt gebracht.
19:57Ach, die Elisabeth brauchte ich dringender als ich, sagte, du siehst doch, ich bin putzmunter.
20:02Ich fahre nach Hause.
20:04Wie ich zu Hause ankomme, liegt da ein Telegramm.
20:07Gatte verstorben.
20:12Tja, er hat also seine Sachen im Sanatorium abgegeben, hat zu Mittag gegessen.
20:17Es war ein wunderbarer kalter Wintertag.
20:19Ich gehe spazieren, hat er zu den Schwestern gesagt.
20:23Der Milchjunge hat ihn am Chausseegraben gefunden.
20:26Ich bin nicht hingefahren.
20:27Ich bin zwei Jahre nicht richtig bei mir gewesen.
20:33Das war ein Gefühl.
20:37Auf dem Anhalter Bahnhof den Zug ankommen sehen.
20:41Und in einem Güterwagen mein Alfred.
20:45Dann haben sie den Waggon umgeleitet nach Stieglitz.
20:48Und ich bin vom Güterbahnhof bis zum Friedhof hinter dem Sarg hergegangen.
20:55Dann habe ich den Deckel abgeschraubt und habe mir meinen Alfred angeguckt.
21:08Da saß ich nur mit der Vierzimmerwohnung, einem Dienstmädchen und dem kleinen Kind und hatte 80 Mark im Monat Pension.
21:14Tja, komm mit dem Kind zu uns, sagten meine Eltern.
21:20Gib alles auf.
21:23Da wurde ich hellhörig.
21:25Ich gebe doch meine Selbstständigkeit nicht auf.
21:28Ich habe mich hingesetzt zum Grauen meiner Eltern und habe an die Bank um Arbeit geschrieben.
21:35Das Kind gab ich zu meinen Eltern.
21:39Das Dienstmädchen schickte ich weg.
21:40Und zwei Zimmer habe ich vermietet.
21:42Ach, mit den Untermietern.
21:43Da habe ich was erlebt.
21:46War grausam.
21:48Bis ich dann Herrn Z. ergattert hatte.
21:51Wie ich zum zweiten Mal heiratete, war Herr Z. immer noch da.
21:55Auch bei der Bank hat es mir gefallen.
21:57Da hatte ich zuerst mit den Karten zu tun, die die Soldaten aus dem Felde schickten, wo sie ihr Gehalt drauf bestätigten.
22:04Und da saß ich an so einem hohen Schreibpult mit dem Drehsessel und dauerte nicht lange, hatte ich die Kratze, die mit den Karten aus dem Feld reingekommen war.
22:16Also dann war ich verlobt mit einem diplomatischen Kurier vom Auswärtigen Amt.
22:24Er verdiente 900 Mark und wollte mich heiraten, weil ich schwanger von ihm war.
22:29Der sagte, ich zahle alles für Elisabeth, aber ich übernehme sie nicht.
22:36Die kommt in eine Pension.
22:37Ich sage, das ist das Stichwort.
22:42Wo ich bin, ist auch Elisabeth.
22:45Julia, sagt er, denk an Hans-Joachim.
22:48Der hatte schon einen Namen für das Wurm.
22:50Der dachte, nur muss er.
22:52Ich sage, hast du falsch gedacht.
22:55Das Wurm musst du wegbringen lassen.
22:58Das hat ihm 1000 Mark gekostet.
23:03Danach konnte ich ihn nicht mehr sehen.
23:05Ich habe nur geholfen.
23:07Ach, wie das dann weiterlief.
23:23Komisch.
23:24Das habe ich vergessen.
23:27Ach ja, da hatte ich noch einen wunderbaren Freund.
23:32Die zwei Jahre mit ihm, das war das Schönste in meinem ganzen Leben.
23:34Später kam mir eine andere Frau dazwischen.
23:40Aber als er schon verheiratet war, hat er mich auch ewig besucht.
23:44Bis zu seiner Todesstunde.
23:47Danach, im Herbst, am 21. September 24, da lernte ich Willi kennen.
23:56Das ist Schicksal.
23:57Du musst du wissen, im Mai 24 sind wir Frauen von der Bank gekündigt worden, weil die Männer inzwischen aus der Gefangenschaft zurückgekehrt sind.
24:06Da saß ich ohne Verdienst in meiner Albrechtsstraße, auf dem Balkon, sonntags.
24:17Und wenn ich die Pärchen vorbeiziehen sah, da dachte ich, ist doch eigentlich grauser.
24:25Keine Familie, nichts.
24:28Sitzt hier oben mit dem Kind.
24:31Dazu bist du zu jung.
24:34Bin aufs Rathaus Steglitz.
24:36Da kannte ich die Dame vom Arbeitsamt.
24:39Nee, sagt sie, ist nichts.
24:41Nur eine kleine Vertretung von 14 Tagen beim Juden.
24:45Ich weiß ja nicht, ob sie das mögen.
24:47Ach so, das ist mir furchtbar egal.
24:49Also, bei Dr. Frenkel wird eine Empfangsdame gesucht mit etwas Bürohilfe.
24:57Das ist eigentlich eine geschlossene Anstalt für Verrückte.
25:03Aus den 14 Tagen sind zwei Jahre geworden.
25:07Eines Tages läutet das Telefon.
25:09Das Telefon hatte ich immer.
25:11Ruft ein früherer Kollege aus der Bank an.
25:14Ich bin Strohwitfer, können wir uns nicht treffen, Julchen.
25:17Also, sonntags.
25:20Mein Badeofen war gerade wieder aus.
25:23Elisabeth abgeliefert.
25:24Bei meiner Mutter fuhr ich nach Bahnhof Wannsee.
25:27Treppe runter.
25:28Stehen da zwei Herren.
25:30Mein früherer Kollege und ein Herr Tee.
25:35Wir gingen in 6 Hälsion.
25:37Und Herr Tee war Uffchenzoren wie sonst was.
25:41Ein Eis.
25:43Und Schokolade.
25:45Und ein Käffchen.
25:47Musste wissen, der hatte ein Verhältnis mit einer Putzmacherin von Wertheim.
25:51Und sein guter Freund hat zu ihm gesagt, das ist kein Umgang für dich.
25:55Du lässt es sausen.
25:56Also, nur war ich an der Reihe.
25:58Am nächsten Morgen trafen wir uns.
26:00Imperator Diele Friedrichstraße.
26:04Und es war sehr, sehr nett.
26:11Und dann nach Hause.
26:14Und ich musste so dringend auf den Top.
26:16Also, weißt du, man war ja so albern.
26:18Und wie ich Bahnhof Wannsee ankomme, kann ich nicht mehr.
26:22Ich piep so einen Augenblick, mein Herr, und der sagt, endlich.
26:25Der hat gemerkt, was mit mir los war.
26:27Aber zu sagen hat er sich auch nichts getraut.
26:31Geheiratet haben wir 1927.
26:33Denn Willi hat sich das verflucht überlegt.
26:38Eine Witwe?
26:39Fünf Jahre älter als er mit dem Kind zu nehmen.
26:46Gestorben ist er 1945.
26:51Da war er nach Frankfurt-Oderkommandier zum Schippen.
26:55Und von Kostrien haben sie rübergeschossen mit Kanonen.
26:57Und ein verirrter Granatspilter hat ihn am Kopf getroffen.
27:01Ich hab ihn nicht mehr gesehen.
27:04Gefühlt hab ich damals ohnehin nichts mehr.
27:06Es war alles zu verrückt.
27:09Dann hatten wir noch Katharina.
27:13Ach, die hab ich mit Willi aus Versehen gemacht.
27:16Da waren wir zum Kostümfest.
27:19Und am nächsten Morgen, gerade bei der schönsten Beschäftigung,
27:21erscheint unser Untermieter Herr Zettel in der Tür.
27:24Da ist die Sache passiert.
27:25Als Katharina ankam, war ich 43.
27:34Vom Krieg.
27:36Was soll ich dir da erzählen?
27:38Zu essen hatten wir nichts.
27:40In der Volksküche gab's heißes Wasser.
27:43Da schwammt ein toter Hering drin.
27:45Und Kohlrühmen in jeder Form.
27:47Als Eintopf, als Torte.
27:49Als Gemüse mit Wasser und Salz.
27:52Durch den Sardiner Wald bin ich übers Eis geschleddert.
27:55Ach, vorne Kanne Milch.
27:59Hinten Ziegenfleisch und ein paar Kartoffeln.
28:02In Zucht kam ich oft nicht mehr mit rein.
28:05Aber ich hab auch das durchgestanden.
28:06Das zweite Krimper.
28:15Kindchen, das weiß ich nicht mehr.
28:18Na, warte mal.
28:21Die Fischsuppe in Steglitz, die holte unsere Augustin.
28:25Und Augustin war 14.
28:2618.
28:32Na lass mal, ist alles vergessen.
28:36Ich hab so ein reiches Leben gehabt, dass ich jetzt ruhig einschlafen könnte.
28:41Jetzt im Winter dachte ich, es geht zu Ende.
28:43Das hat mich überhaupt nicht irritiert.
28:44Ich bin so kolossal dankbar, dass ich die Gnade habe, dass mein Geist noch so lebendig ist.
28:51Denn dies Gequatsche von den alten Frauen, die alles durcheinander bringen, das ist ja furchtbar.
28:57Und ich hab nur einen Wunsch.
28:58Keinem zur Last zu fallen.
29:04Gläubig war ich eigentlich nie.
29:09Die Natur war für mich kolossal wichtig.
29:12Ich weiß noch, in Südende bei diesem verheirateten Freund.
29:17Die Frau war gerade auf Rügen.
29:19Der hat einen wundervollen Garten.
29:21Und es war Mai und der Mond schien.
29:27Und da deklamierte er Goethe.
29:29Nun fahr ich jedes Jahr nach Weimar, denkt ihr an.
29:33Zu Goethes 226. Geburtstag war eine Atmosphäre.
29:38Ganz unvorstellbar.
29:40Und dieses aufregende Gefühl, du bist bei Goethe zu Gast.
29:44Atmest dieselbe Luft.
29:46Bekommst Wein und Essen bei ihm.
29:51Das ganze Haus voller Lichter.
29:54Lauter Kandelaber mit vielen Kerzen.
30:03Oh nein, mein Kind.
30:05Im Buchenwald war ich nie.
30:08Das will ich nicht.
30:10Weißt du, die Überschrift meines Lebens ist, dass ich immer zufrieden war.
30:15Zufrieden mit einer trockenen Schrippe.
30:18Und zufrieden mit einem Lachsbrötchen.
30:19Ein gesunder Egoismus und ein gesunder Schlaf.
30:22Ich habe in meinem Leben noch keine Schlaftablette genommen.
30:26Und dann viel, viel reisen.
30:29Und dann Menschen kommen.
30:30Immer beschäftigt sein.
30:33Das viele Reisen kann ich mir genehmigen, weil ich gute Kinder habe.
30:36Für mich ist alles bezahlt.
30:38Das Essen.
30:40Die Wohnung.
30:40Die Wärme.
30:41Das Licht.
30:41Und ich mache Handarbeit, die ich verkaufe.
30:46Und wenn ich reise, da frage ich nicht, ob das Zimmer 10 Mark kostet oder 20 Mark.
30:52Auf meinen Reisen begleitet mich eine alte Dame aus unserem Veteranenklub.
30:58Ach, von unserem Klub könnte ich dir viel Schönes erzählen.
31:02Ich kann mich immer freuen, wenn ich sehe, mit welcher Andacht die Alten alles aufnehmen.
31:07Aber die sind überhaupt nicht alt.
31:10Die sind jünger als manche Junge.
31:11Die Jugend ist so ausgerichtet auf ein Ziel.
31:19Nein, die verstehen nicht mehr zu leben.
31:24Was ist?
31:25Bist du schon müde?
31:29Machen wir Schluss, mein Kind.
31:41Fünf Waagerecht Gründer eines alten Indianerreiches in Südamerika.
32:11Bist du schon müde?