Das Actionspiel MindsEye ist gerade erst erschienen und sorgt ordentlich für Schlagzeilen, wenn auch nicht ganz für die, die sich Entwickler Build A Rocket Boy wünschen würde. Was ist Mindseye? Wer steckt dahinter? Wie kam es dazu? Wir verraten es euch im Test !
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VideospieleTranskript
00:00Erst vor wenigen Tagen ist das Actionspiel Mind's Eye erschienen und sorgt schon ordentlich für
00:14Schlagzeilen. Wenn auch nicht für die, die das Studio gerne hätte. Was genau ist Mind's Eye?
00:19Wer steckt dahinter? Wie kam es dazu? Und warum liegt hier eigentlich Stroh herum? Das verraten
00:23wir euch im Test. Von Rockstar Games als angeblicher Leute-Schinder geschasst,
00:33gründete der langjährige GTA-Produzent Leslie Benzies 2018 sein eigenes Studio namens Royal
00:39Circus Games mit einem komplett neuen Team. Zwischenzeitlich wurde die Firma in Build
00:43a Rocket Boy umbenannt. Unter diesem Banner soll ein MMO namens Everywhere entstehen,
00:48das als Hub für andere Spieler der Firma fungieren soll. Außerdem sollen Spieler und Spielerinnen
00:52auf dieser Plattform selbst Spiele entwickeln und teilen können. Also ein bisschen wie Roblox,
00:57aber wohl mit schickerer Grafik und einer übergreifenden Story in verschiedenen Modulen.
01:01Zumindest in der Theorie. Denn aktuell scheint das Projekt erstmal auf Eis zu liegen,
01:05es soll aber irgendwann wirklich noch das Licht der Welt erblicken. Parallel arbeitete das neu
01:11geformte Studio aber auch an Mind's Eye, einem Third-Person-Shooter, der im Vorfeld aufgrund
01:16von Lesleys ehemaliger Arbeitsstätte als Konkurrenz oder zumindest Alternative zu Rockstars mächtiger
01:21GTA-Reihe verstanden wurde. Erstmals in der Rolle des Publishers fungiert dabei IO Interactive,
01:26das Studio hinter der Hitman-Reihe. Der erste Trailer auf der State of Play 2025 weckte Neugier,
01:32aber auch viel Skepsis. Die Szenen sahen zwar recht schick aus, aber auch arggenerisch hinsichtlich
01:37Gameplay und Artdesign. Außerdem wirkte das Material noch nicht besonders aussagekräftig,
01:41was Technik und Umfang des Spiels angeht. Und als der Release naht, verlassen nicht nur zwei
01:46Führungskräfte das Studio, sondern es gibt auch keinerlei Testmuster für die Spielepresse,
01:50was bei neuen Titeln immer eher ein schlechtes Zeichen ist. Wenig überraschend sind die ersten
01:56Stimmen zum Spiel alles andere als positiv. Es finden sich kurz nach Release am 10.06. bereits
02:00zahlreiche Zusammenschnitte von Bugs und Fehlern im Netz und vom Nimbus eines GTA-Killers spricht auch
02:06wirklich niemand mehr. Aber hey, probieren geht bekanntlich vor Studieren. Also haben wir in
02:10das Actionspiel reingespielt und wollen euch unsere Eindrücke natürlich nicht vorenthalten.
02:14Mind's Eye spielt in einer fiktiven, futuristischen Stadt namens Red Rock,
02:18die an Las Vegas angelehnt ist. Wir spielen Jacob Diaz, einen Ex-Soldaten,
02:22der einen neuen Job beim Sicherheitsdienst des Hightech-Konzerns Silver Industries antritt.
02:26Dort wird die ganze Palette an Zutaten hergestellt, die man für einen Sci-Fi-Action-Thriller ebenso
02:31braucht. KI, Roboter, Autos, Waffen, Mikrochips und so weiter und so fort. Die neue Stelle bekam,
02:36die es übrigens durch seinen alten Schulfreund Sepp vermittelt, der uns auf den ersten paar
02:40Missionen begleitet und in die Welt einführt. Unser Held hat nämlich, wie könnte es anders sein,
02:44nach dem Dienst in der Armee sein Gedächtnis verloren und muss sich erst einmal wieder mit
02:48seiner Umgebung akklimatisieren. Ob seine Erinnerungslücken zufällig mit dem Mind's Eye
02:52genannten Chip zu tun haben, der ihm unerklärlicherweise hinter dem Ohr aus dem Kopf kommt?
02:57Hm, vielleicht. Red Rock City ist zwar genau genommen der Open World, sprich,
03:03wir können theoretisch überall hin, wo wir wollen, abseits der Hauptquest passiert da aber nichts.
03:07Alle wichtigen NPCs treffen wir nur innerhalb der Story und die findet in und um das Gelände der Filmzentrale
03:12Stadt, die wir anfangs besuchen. Innerhalb der Mission bereisen wir zwar auch andere Orte an,
03:17denen dann schon Dinge passieren, aber eben nicht dazwischen. Bisschen wie im ersten Mafia also.
03:21Klassische Nebenmissionen oder zufällige Begegnungen gibt es im freien Spiel ebenso
03:25wenig wie begehbare Geschäfte, Clubs oder andere Aktivitäten. Die NPCs sind außerdem nur Deko
03:30und gehen nicht etwa irgendwelchen Beschäftigungen nach. Sie laufen wirklich nur auf dem Bürgersteig
03:34hin und her oder sorgen für Verkehr auf den Straßen. Wir können also auch nicht wirklich mit ihnen
03:38interagieren, außer wir schießen sie über den Haufen. Anders als in GTA oder Saints Row scheint
03:43das in Mainz ein nicht einmal eine Ordnungswürdigkeit darzustellen. Eine Polizei oder andere Gruppen,
03:47mit denen wir uns Gefechte liefern können, gibt es ebenfalls nicht. Red Rock besteht lediglich aus
03:52Zivilisten, die bei Problemen wegrennen oder in manchen seltenen Fällen sogar zurückschießen.
03:56Aber da die Bevölkerung schon bei der leichtesten Berührung dahin stirbt, ist Gegenwehr eigentlich nicht
04:01zu erwarten. Eine Schneise der Verwüstung können wir durch Red Rock aber ebenfalls nicht ziehen. Schon nach
04:05einem kleintödlichen Ausrutscher ermahnt uns das Spiel sofort dazu, uns ein wenig zusammenzureißen.
04:09Fordert unser Durchqueren der Spielwelt zu viele zivile Opfer in kurzer Zeit, endet das Spiel mit
04:14einem Game Over. Das bedeutet aber auch nur, dass kurz ein Menü erscheint, nachdem wir dann ganz
04:19normal weiterspielen können, ohne irgendwas zu verlieren. Geld oder Items trägt Jacob ja sowieso
04:23keine bei sich. Immerhin gibt's ja noch die Roboter. Wer Frust ablassen möchte, kann auf Wunsch sämtliche
04:28Automaten unseres Arbeitgebers zerballern, ohne dass sich jemand daran stört. Dass die NPCs wirklich auf gar nichts
04:33reagieren, ist zwar nicht besonders glaubwürdig, aber zumindest irgendwie lustig. Und in Mainzei
04:38nehmen wir lieber jeden Spaß mit, den wir kriegen können. Anders als bei GTA, Yakuza, Just Cause oder
04:43Saints Row, die vor Blödsinn und so strotzen, werden Story und Spielwett in Mainzei Bier ernst
04:48präsentiert. Was wohlgemerkt keine Kritik sein soll. Grundsätzlich ist so ein geerdeter Verschwörungsthriller
04:53der Marke Jason Bourne durchaus was Feines. Wenn wir dann aber mit unserem Kumpel im Schlepptau bei
04:57einer Mission nebenbei ein paar NPCs überfahren, ohne dass der sich davon in irgendeiner Weise
05:02beirren lässt, wirkt das durch den ernsten Tonfall umso komischer. Warum das komplett lineare Spiel
05:07überhaupt in der Open World stattfindet, ist schleierhaft. Vielleicht waren an irgendeinem
05:11Punkt in der Entwicklung mal Nebenaufgaben geplant, in der Release-Version ergibt es aber keinen Sinn,
05:15von der Hauptquest abzuweichen. Optionale Quests gibt es zwar diese, finden wir aber ebenfalls nur im Rahmen
05:21der Hauptmission. Vom Menü aus können diese jederzeit nachträglich absolviert werden.
05:25Und Stichwort Hauptmissionen? In der Kampagne erfahren wir nach und nach mehr über den Silver-Konzern
05:30und dessen CEO Marco Silva, einen Tech-Milliardär mit Ambitionen, den Weltraum zu besiedeln. Anscheinend
05:36spioniert dessen Konzern mit seinen diversen Drohnen und Chips bereits so ziemlich alles aus,
05:40was einen Puls hat. Außerdem strebt er an, die Grenze zwischen Person und KI einzureißen und die
05:44Menschheit damit auf die nächste Entwicklungsstufe zu heben. Ein richtig bodenständiger Typ also. Auf der
05:49anderen Seite geraten wir auch mit Shiva Vega, der Bürgermeisterin von Red Rocks aneinander,
05:53die sich Zugang zu Silvers Überwachungstechnologien verschaffen möchte. In der gesamten Kampagne
05:58steht der Konflikt zwischen den beiden Figuren im Vordergrund, ist aber nach knapp 10 Stunden auch
06:02schon wieder vorbei. Als Aufhänger für einen futuristischen Militär-Shooter geht die Geschichte
06:06absolut klar, kinoreife Dialoge oder nuancierte Charaktere sollte man aber nicht erwarten.
06:11Das größte Problem der Kampagne ist nicht der B-Movie-taugliche Plot, sondern eher die Parts dazwischen,
06:16sprich das Gameplay. Wie von der leeren Open World vielleicht schon angedeutet,
06:19wirkt Mind's Eye als Gesamtpaket einfach unfertig. Die Unreal Engine 5, mit der das Spiel gebaut wurde,
06:25sorgt in Nahaufnahmen für eine schicke Optik und ansehnliche Charaktermodelle. Wenn man sich aber
06:29mal die Gameplay-Mechaniken anschaut, bietet das Spiel wirklich nur die Grundfunktion,
06:33die man von so einem Deckungsshooter erwarten würde. Man kann, naja, in Deckung gehen. Man kann schießen,
06:39nachladen und sprinten. Es gibt menschliche Gegner und ein paar verschiedene Roboter,
06:43die dann einfach mehr Schüsse aushalten. Die Steuerung zu Fuß oder am Steuer der diversen
06:48Fahr- und Flugzeuge, die Animationen der NPCs, die beschränkten Interaktionsmöglichkeiten – all
06:53das wiegt eher wie ein Basisgerüst der Engine als wie ein ausgeklügeltes Netzwerk an Spielsystemen.
06:58Es funktioniert schon alles, aber es fehlt einfach Persönlichkeit. Erschwerend hinzu kommt,
07:03dass ein Großteil der Missionen zu großen Teilen aus Fahren von A nach B besteht. Klar,
07:08das gilt so auch für viele Aufträge in den Spielen von Rockstar Games. Auch darin fahren wir zu
07:12einem NPC, startende Cutscene fahren zu einem bestimmten Ort, erschießen dort ein paar NPCs
07:16und fahren wieder zurück. Der Unterschied liegt dabei in der Inszenierung und dem Flair. Wo Rockstar
07:21uns mit spaßigen Dialogen, schmissiger Musik, cineastischen Cutscenes und vor allem außergewöhnlichen
07:26Locations und Situationen davon ablenkt, wirkt MindsEye schon nach zwei, drei Missionen ziemlich
07:32repetitiv. In der leblosen Open-World-Herumfahren macht auch nicht mehr Spaß, nur weil uns in den beiden
07:37NPCs am Telefon die belanglose Handlung erklärt. Den Tiefpunkt erreicht MindsEye bei den Drohnen-Missionen,
07:43in denen wir als fliegende Wanze Gegner beschatten müssen. Wir fliegen darin einfach einem Ziel
07:47hinterher und müssen Abstand zu diesem bewahren, um nicht entdeckt zu werden. Wenig anspruchsvoll,
07:51wenn es dafür der gesamte Himmel zur Verfügung steht. Wäre MindsEye in irgendeinem Punkt,
07:56seien es Gameplay, Story, Inszenierung, Welt- oder Artdesign herausragend, wäre die Mittelmäßigkeit des
08:01Gesamtpakets nicht so erdrückend. In der jetzigen Form hätte das Spiel aber gut und gerne auch in der
08:06letzten oder vorletzten Konsolengeneration erscheinen können und hätte mit seinen Ideen
08:09auch damals niemanden vom Hocker gehauen. Die Vertonung von MindsEye ist übrigens ausschließlich
08:13Englisch, es gibt jedoch immerhin deutsche Bildschirmtexte. Die wurden allerdings offensichtlich,
08:19zumindest zum Teil, maschinell übersetzt, was dazu führt, dass zum Beispiel Space, also die Leertaste,
08:23in MindsEye einfach Weltraumtaste heißt. Ist schon fast irgendwie drollig. Weniger amüsant ist
08:30hingegen die Technik. MindsEye läuft nämlich ganz schön unsauber. Das Spiel leitet unter
08:34häufigen Framerate-Drops, Tearing, verschwommenen oder pixeligen Texturen, Pop-Ups und unschönen
08:39Bildfehlern in Cutscenes. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Bugs, die wir überall im Netz
08:43gefunden haben. Und auch die KI ist nicht grad die hellste. MindsEye hat zwar auffällige
08:48technische Schwächen, weshalb wir grundsätzlich erst einmal von einem Kauf abraten würden. Aber selbst
08:52wenn diese in Zukunft durch Patches und Hotfixes verschwinden würden, bleibt die größte Schwäche
08:56bestehen. Also das belanglose Gameplay, die öden Missionen und die leblose Open World.
09:01Ein Totalausfall legendären Ausmaßes, wie das bereits in der Bibel prophezeite Right to Hell
09:06Retribution oder auch ein historischer Fehlschlag wie Concord ist es deswegen aber nicht. Was es
09:11traurigerweise aber auch irgendwie noch langweiliger macht, darüber zu reden. Und das ist ja das
09:15bitterste für so ein Spiel.