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  • 2.6.2025
Aktenzeichen Vorsicht Betrug 28. Mai 2025

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Transkript
00:00:00Untertitelung des ZDF für funk, 2017
00:00:30Guten Abend und herzlich willkommen zu Aktenzeichen XY, Vorsicht, Betrug.
00:00:37Keine Sorge, bei uns hier brennt es nicht, aber dafür lodert es an anderer Stelle und zwar ganz gewaltig.
00:00:43Nämlich, wenn es um Betrug im Internet geht.
00:00:46So ein nagelneuer Feuerwehrwagen, vielmehr gleich zwei davon, sind jüngst zum Gegenstand einer hinterlistigen Cyberattacke geworden.
00:00:53Die Stadt Dülmen in Nordrhein-Westfalen wollte zwei solcher Löschfahrzeuge ganz neu anschaffen.
00:00:58Gesamtwert rund 400.000 Euro. Doch dann ein verhängnisvoller Irrtum.
00:01:04Denn die Stadtverwaltung überwies die Kaufsumme nicht an den Fahrzeughersteller, sondern an abgezockte Betrüger.
00:01:10Für ihre Attacke nutzten die Angreifer eine Betrugsmasche, die immer mehr Unternehmen hierzulande gefährlich wird.
00:01:17Wie diese Masche funktioniert und wie Sie sich davor schützen können, dazu später mehr in der Sendung.
00:01:22Und so fangen wir jetzt an.
00:01:23Herzlich Willkommen zu unserem Live-Coaching.
00:01:30Durchstarten mit Online-Coaches.
00:01:33Schnelles Geld, ohne viel Arbeit und sofort.
00:01:36Voll geil, ich werde bald richtig Kohle machen.
00:01:41Vorsorgevollmachten im Alter.
00:01:43Ihr sollt einfach wissen, wo alle wichtigen Sachen sind.
00:01:45Doch wer profitiert am Ende wirklich?
00:01:51So, jetzt erstmal rein ins Studio.
00:01:54Coaching, das bedeutet Hilfe in allen Lebenslagen.
00:01:57Ein sogenannter Life-Coach berät und begleitet seine Klienten dabei, bestimmte Ziele zu erreichen.
00:02:03Und die können sehr vielfältig sein.
00:02:04Beruflich, sozial, finanziell und so weiter.
00:02:07Das Problem ist nur, jeder kann sich Coach nennen und seine Lebensweisheiten anbieten.
00:02:13Muss ich eben nur jemand finden, der dafür zahlt.
00:02:15So wie der junge Mann in unserem ersten Fall.
00:02:26Paul Stramm, hallo.
00:02:27Hallo.
00:02:37Guten Tag.
00:02:46Hey, willst doch du deinen Erfolg skalieren?
00:02:51Ich zeige dir, wie du mit meiner Technik und nur einer Stunde Zeitaufwand pro Tag
00:02:56ein fünfstelliges passives Einkommen generierst.
00:03:00Ohne Vorkenntnisse und ohne besonderes Talent.
00:03:03Alles, was du dafür können musst, ist Copy and Paste.
00:03:06Es ist wirklich kinderleicht.
00:03:08Buche einfach dein kostenfreies Erstgespräch.
00:03:11Schicke mir einfach eine PN mit Mentor.
00:03:18Herbst 2022 in der Nähe von Landshut.
00:03:22Fabian ist 24 Jahre alt und gelernter Kfz-Mechatroniker.
00:03:27Servus.
00:03:28Schön, dich zu sehen.
00:03:30Hey, Sip.
00:03:30Servus.
00:03:33Was darfst du uns sein für Sie?
00:03:34Für mich erstmal nichts, danke.
00:03:37Was ist denn los?
00:03:39Ich bin völlig pleite.
00:03:42Der Job in der Autofertigung hat nicht geklappt.
00:03:44Echt?
00:03:45Den bist du schon wieder los?
00:03:47Shit.
00:03:51Entschuldigung.
00:03:52Bringen Sie dem jungen Mann bitte auch ein helles her.
00:03:54Fabian lebt noch bei seinen Eltern und hält sich mit gelegentlichen Leiharbeiterjobs über Wasser.
00:04:04Na?
00:04:05Findest du was?
00:04:08Ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich mich noch bewerben soll.
00:04:13Ohne Führerschein ist das echt schwierig.
00:04:15Und ohne Kohle kein Führerschein.
00:04:16Das ist ein Teufelskreis.
00:04:17Ich weiß.
00:04:19Aber irgendwas ist bestimmt bald dabei.
00:04:22Meinst du nicht?
00:04:24Auch einen Kaffee?
00:04:28Nee, danke.
00:04:31Ich brauch mal Pause.
00:04:32Ich bin kein Superheld.
00:04:51Ich hab auch ganz klein angefangen.
00:04:53Genau wie du.
00:04:55Mittlerweile mach ich mit meinem Mentoring knapp 30 Millionen Euro Umsatz.
00:04:58Rund 4000 Teilnehmer nutzen meine Methode.
00:05:02Aber entscheide selbst.
00:05:03Wo willst du deine Energiemünzen reinstecken?
00:05:06In ewigem Rumjammern oder in dein erfolgreiches zukünftiges Business?
00:05:13Entscheide dich jetzt.
00:05:15Die sogenannten Business- oder Life-Coaches im Internet wirken smart und attraktiv.
00:05:20Ihre Sprüche sind kurz und prägnant.
00:05:22Die Männer treten machohaft auf.
00:05:25Die Frauen als edle Business-Ladies.
00:05:27Sie präsentieren natürlich einen Lifestyle, der vor allem junge Leute anspricht.
00:05:37Ich zeige dir, wie du zum Creator wirst.
00:05:40Wie du die absolute Abundance-Fülle genießen kannst.
00:05:44Du musst nur dein Mindset shiften.
00:05:47Buche jetzt dein kostenfreies Erstgespräch und schreibe mir eine PN mit Mentor.
00:05:54See you.
00:05:57Die Masche zielt tatsächlich auf Menschen ab, die sich gerade in einer schwierigen Lebenssituation befinden.
00:06:09Entweder sind sie in einer finanziellen Schieflage oder sie haben berufliche Probleme oder vielleicht auch partnerschaftliche Schwierigkeiten.
00:06:17Und dann wird man emotional sehr angesprochen.
00:06:19Das heißt, mit Intelligenz hat das in dem Moment gar nichts zu tun und die Sachebene wird komplett ausgeschaltet.
00:06:26Fabian gibt sofort seine Daten ein.
00:06:29Um was genau es hier eigentlich geht, ist ihm zu diesem Zeitpunkt nicht klar.
00:06:33Erst viel später wird er das ganze Ausmaß begreifen.
00:06:36Adressaten sind vor allem Studierende, Alleinerziehende, Menschen in Elternzeit oder Personen, die sich nebenbei ein Einkommen aufbauen möchten.
00:06:46Von den Coaches angesprochen werden natürlich auch Personen in schwierigen Lebenssituationen,
00:06:52denen ein vermeintlich einfacher und risikolöser Weg aus ihrer Situation aufgezeigt wird.
00:06:57Hallo Fabian, hier ist deine Terminbestätigung zu unserem Telefonat am Sonntag, den 6. November.
00:07:08Wir freuen uns auf dich. Liebe Grüße, Paul Stramm.
00:07:11Hey Tom, ich muss dir was erzählen, das glaubst du nicht.
00:07:30Voll geil, ich werde bald richtig Kohle machen.
00:07:37Verarschst du mich gerade?
00:07:38Nein, im Ernst. Ich hab da so ein Coaching-Programm entdeckt.
00:07:47Alter, das ist doch bestimmt ein Scam.
00:07:51Ey, wenn du mir nicht glaubst, dann komm halt her und schaust dir mit eigenen Augen an.
00:07:54Davor hab ich halt damals gemeint, er hat irgendwie so Internet-Online-Coaching gefunden.
00:07:58Und man verdient da anscheinend ganz viel Kohle auf einen Schlag.
00:08:04Und hat mir das halt so präsentiert.
00:08:06Also ich war eher nicht so da vor Ort und der Fabian hat, wie gesagt, war im siebten Himmel und hat halt gedacht,
00:08:14im Monat eine Million so ungefähr.
00:08:15Das war das, was er die ganze Zeit geschrieben hat und gemeint hat.
00:08:22Sonntag, kurz vor 16 Uhr.
00:08:25Fabian bereitet sich auf sein Erstgespräch vor.
00:08:27Dieses Erstgespräch ist wirklich der Knackpunkt.
00:08:31Es ist von vorne bis zum Schluss durchchoreografiert.
00:08:35Es gibt für alle Probleme eine Lösung und die werden auch meistens sehr niederschwellig angeboten.
00:08:41Also es wird einem auch sehr einfach gemacht, dass man für seine Probleme dann eine Lösung findet.
00:08:46Und das ist natürlich sehr euphorisierend und sehr motivierend und ansteckend.
00:08:50Die Anruferin arbeitet als sogenannter Closer für den Coach.
00:08:57Sie hat die Aufgabe, potenzielle Opfer zum Vertragsabschluss zu bewegen.
00:09:01Für erfolgreiche Abschlüsse erhalten die Closer eine Provision.
00:09:04Ja?
00:09:19Hallo, hier ist Nathleen von der Paul-Stramm-Holding.
00:09:23Wie geht's dir? Wie war deine Woche?
00:09:25Ähm, ja, ganz gut eigentlich. Danke.
00:09:29Wow, du hast eine wirklich tolle Stimme. Dafür bist du für den Job genau richtig.
00:09:33Das kann ich dir jetzt schon sagen. Du brauchst auch wirklich nicht nervös sein.
00:09:39Okay, cool. Danke.
00:09:41Super, dann frag ich dich mal ein paar Informationen ab.
00:09:46Wie alt bist du? Was machst du beruflich? Wie hoch ist dein monatliches Einkommen?
00:09:51Es wird einem oftmals vermittelt, dass man etwas ganz Besonderes ist, dass man auserwählt ist.
00:09:56Also, dass man Glück hatte, dieses Angebot überhaupt nutzen zu dürfen.
00:10:00Und das hat etwas sehr selbstwerterhöhendes.
00:10:03Also, man fühlt sich dann sozusagen beschenkt, dieses Angebot nutzen zu dürfen.
00:10:08Ich erkläre dir jetzt im Detail, wie unser Mentoring funktioniert.
00:10:11Danach können drei Dinge passieren.
00:10:14Erstens, du bist begeistert und wir können starten.
00:10:16Zweitens, du sagst, das ist nichts für mich. Aus welchem Grund auch immer.
00:10:22Drittens, du sagst sowas wie, ich muss noch überlegen, eine Nacht drüber schlafen, den Heiligen Geist, die Zahnfee oder sonst wen befragen.
00:10:31Lass uns bitte darauf einigen, dass Punkt drei nicht passieren wird. In Ordnung?
00:10:35Denn rein objektiv gesehen wird sich über Nacht nichts ändern. Und du wirst nicht erfolgreich, wenn du keine Entscheidung treffen kannst.
00:10:44Was ist?
00:10:49Achso, nix. Sorry.
00:10:52Fabian, ich habe gerade eben nochmal nachgesehen. Wir haben aktuell nur noch vier offene Plätze.
00:10:57Was bei sehr vielen unseriösen Coaching-Angeboten ähnlich ist, ist, es wird Druck aufgebaut, es gibt vorgetäuschte Rabattaktionen, angeblich limitierte Anzahl von Plätzen.
00:11:11Und so gelangt man dann recht schnell vom vermeintlich unverbindlichen Erstgespräch zum knallharten Vertragsabschluss.
00:11:18Fabian, du hast eine tolle Persönlichkeit und deswegen möchte ich dir hier und jetzt in unserem Mentoring einen Platz anbieten.
00:11:27Ja, geil.
00:11:30Echt?
00:11:33Hammer!
00:11:35Wunderbar. Deine Investition beträgt 4820 Euro.
00:11:43Was? Also wie viel waren das jetzt noch gleich?
00:11:484000, 4000 irgendwas Euro?
00:11:51Also das tut mir jetzt leid, aber das kann ich mir im Moment leider nicht leisten.
00:11:59Fabian, ganz ehrlich, was du dir gerade nicht leisten kannst, ist so weiterzumachen wie bisher, oder?
00:12:05Alle wollen in den Himmel, aber keiner will sterben.
00:12:09Also, was ist für dich machbar so als Commitment?
00:12:12Ja, so 200 bis 300 Euro pro Monat.
00:12:18Fabian, das ist super. Du investierst in dich, in deine Zukunft.
00:12:23Ich will, dass du glücklich und erfolgreich wirst.
00:12:26Also bist du dabei?
00:12:27Ja, da kann ja eigentlich nichts schief gehen, oder?
00:12:36Ja, jetzt hast du's kapiert. Herzlichen Glückwunsch und willkommen bei uns im Mentoring.
00:12:42Hab ich deinen Handschlag, dass du Gas geben wirst und unsere nächste Erfolgsgeschichte wirst.
00:12:47Also, Fabian, machst du mit?
00:12:50Ja, okay, ich mach's.
00:12:52Schließlich stimmt Fabian zu.
00:12:54Noch während des Telefonats bekommt er einen Link zu einem Bestellformular zugeschickt.
00:13:00Die Verbraucher schließen häufig unwissentlich den Vertrag mit einer sogenannten Reseller-Plattform ab.
00:13:06Das sind Unternehmen, die die Programme für die Coaches weiterverkaufen, also resellen.
00:13:11Wenn sich die Betroffenen dann bei dem Coach über die minderwertigen Inhalte beschweren möchten,
00:13:16dann verweist der Coach häufig auf die Reseller-Plattform, die ja Vertragspartnerin geworden ist.
00:13:23Und damit ist der Coach fein raus.
00:13:26Hier bei der Checkbox weiter unten musst du noch das Häkchen setzen, sonst geht's nicht weiter.
00:13:32Unseriöse Coaching-Anbieter versuchen im weiteren Schritt, das Widerrufsrecht der Verbraucher auszuschließen.
00:13:38Generell gilt jedoch bei Verträgen über das Telefon oder im Internet ein 14-täges Verbraucher-Widerrufsrecht.
00:13:44Bei Coaching-Dienstleistungen ist es rechtlich unzulässig, bereits mit Beginn der Vertragsausführung auf das Widerrufsrecht zu verzichten.
00:13:52Ein paar Tage später. Fabian erhält Zugang zu einem Mitgliederbereich, indem er sich durch die angebotenen Inhalte klickt.
00:14:00Doch statt eine Anleitung zum Reichwerden zu bekommen, wird er unwissentlich Teil eines sogenannten Schneeballsystems.
00:14:06So, herzlich willkommen zu unserem Live-Coaching. Wir steigen gleich richtig deep in die Materie ein.
00:14:14Also, wenn ihr mein Coaching verkaufen wollt, müsst ihr als erstes einen Insta-Account anlegen.
00:14:20Dort postet ihr dann alle meine Videos und Fotos. Generiert so viele Follower wie möglich.
00:14:24Die Coaching-Programme bestehen häufig aus voraufgezeichneten, billig gemachten Videokursen mit begleitenden Gruppen-Live-Calls.
00:14:32Ein YouTube-Video oder ein Buch zu dem Thema liefert meist mehr wissenswerte Inhalte.
00:14:38Irgendwann kommt dann euer Gewinner-Moment. Und zwar dann, wenn jemand mein Coaching bei euch buchen will.
00:14:45Den Preis dafür könnt ihr selbst gestalten. Aber ich empfehle bei ca. 3000 Euro netto einzusteigen.
00:14:52Aber jetzt reden wir mal Tacheles.
00:14:5450% gehen an mich und 50% wandern in eure eigene Tasche.
00:14:59Also, ihr braucht nur zwei Kunden und schon habt ihr den gesamten Invest wieder drin.
00:15:03Und mit weiteren zwei bis drei Kunden im Monat macht ihr schon über 3000 Euro Gewinn.
00:15:08Bei null Einsatz. Alter, das ist doch der geile Scheiß, oder?
00:15:11Ja, der Fabi war total euphorisch und dachte, er verdient richtig Kohle jetzt dann damit und wird Millionär.
00:15:19Und ich saß eher schon immer so ein bisschen skeptisch.
00:15:23Wir haben uns auch wegen den Schmarrn richtig gestritten.
00:15:26Und ja, das muss man sich mal vorstellen, dass sowas halt fast eine Freundschaft zerstört hätte.
00:15:31Einige Monate später. Bei Fabian tritt langsam Ernüchterung ein.
00:15:37Fast 2000 Euro hat er schon für sein Coaching bezahlt. Ohne Ergebnis.
00:15:433000 Euro stehen noch aus.
00:15:45Er musste eine Fünf-Sterne-Bewertung für seinen Coach im Internet abgeben.
00:15:49Seitdem hört er nichts mehr von ihm.
00:15:52Fabian gerät immer weiter in die Miesen.
00:15:55Tut mir leid, aber mit der Karte scheint irgendwas nicht zu stimmen. Hast du es auch bar?
00:15:59Nee. Tut mir leid.
00:16:05Er hat halt irgendwie gesehen, dass er am Ende von den Coachings nicht auf sei, dass die Rechnung irgendwie nicht aufgeht.
00:16:13Und das hat einem anscheinend die Augen geöffnet.
00:16:16Dass man da doch nicht so viel verdient, wie die gesagt haben.
00:16:19Auf die Freundschaft von Fabian von mir hat das auf jeden Fall schon ein bisschen Auswirkungen gehabt.
00:16:22Am Ende hat es die Freundschaft dann doch überlebt auf jeden Fall.
00:16:27Aber ja, ich denke halt, dass wenn man so viel Geld versprochen wird und so, dann verblendet das halt einfach manchmal den Kopf oder den Blick.
00:16:39Fabian sieht wieder klar. Er denkt viel nach und erkennt, dass sein Freund Tom recht hatte.
00:16:46Er will raus aus dem Vertrag und erklärt seinen Widerruf.
00:16:49Verdammte Scheiße!
00:16:51Doch der wird postwendend abgeschmettert.
00:16:54Schließlich habe er mit dem Hakensetzen in der Checkbox sein Widerrufsrecht verloren.
00:16:58Noch im September 2023 verständigt Fabian einen Rechtsanwalt.
00:17:05Er verklagt den Coach und bekommt Recht.
00:17:07Das Oberlandesgericht München weist die Berufung des Coaches ab.
00:17:11Fabian hat nochmal Glück gehabt. Er bekommt sein Geld zurück.
00:17:15Die Betroffenen werden hier oft sehr stark eingeschüchtert.
00:17:18Man lässt sie glauben, sie hätten keinerlei Rechte, kämen aus dem Vertrag nicht raus und hätten damit keine Chance, von den noch ausstehenden Zahlungen loszukommen.
00:17:29Das stimmt aber so nicht.
00:17:30Ich alleine habe bisher in etwa 500 Fällen betroffene Käufer von Online-Coaching-Verträgen vertreten.
00:17:37Da sprechen wir von einer Schadenshöhe von etwa 4,5 Millionen Euro.
00:17:41In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind wir da bei einem dreistelligen Millionenbetrag, würde ich schätzen.
00:17:47Du kannst alles schaffen, was du willst. Mit dem richtigen Mindset.
00:17:51Stoppe das Overthinking und manifestiere.
00:17:58So Leute, das war's. Wir müssen los. Wir haben den Sportwagen nur für eine Stunde. Auf geht's.
00:18:06Ein ziemlich abgezocktes Team und wir können sagen, gerade nochmal gut gegangen für den jungen Mann in diesem Fall, anders als bei vielen anderen.
00:18:21Coaching-Betrug. Darüber möchte ich reden mit unseren ersten beiden Gästen im Studio.
00:18:26Ich begrüße Bianca Liebrandt. Sie ist Psychologin, die Opfer von Coaching-Betrug berät.
00:18:32Und Reinhold Schranz, Jurist vom Europäischen Verbraucherzentrum in Wien, der ebenfalls viel mit Geschädigten, mit Opfern zu tun hat.
00:18:39Herr Schranz, welche Erfahrungen haben Sie als Jurist gemacht? Worüber können Sie berichten?
00:18:44Aktuell explodiert die Anzahl der Online-Coaches und mit Ihnen auch die Anzahl der Beschwerden im Europäischen Verbraucherzentrum.
00:18:52Allein seit der Corona-Pandemie haben wir über 2000 Fälle erhalten. Tendenz steigend.
00:18:59Besonders perfide. Frauen werden zunehmend zur Zielgruppe und die Höhe der Kurskosten.
00:19:04Wir erhalten Beschwerden mit 20.000, 50.000, ja sogar 100.000 Euro. Und Sie sehen, das sind sehr hohe Kosten. Die Schäden sind enorm, finanziell und psychisch.
00:19:17Und das Problem ist ja auch, Coach ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Wir haben das schon erwähnt.
00:19:23Jeder kann sich so nennen, ohne jegliche Qualifikation. Nicht jedes Coaching ist deshalb per se unseriös, aber sicher gibt es auch Warnsignale, auf die man achten sollte.
00:19:33Welche können Sie nennen?
00:19:34Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen und hören Sie nicht auf Limitierungen. Oft fallen Sätze wie, es ist nur mehr ein Platz frei, du musst dich jetzt rasch entscheiden.
00:19:44Das sind alles Floskeln, die vorgespielt werden, damit Konsumenten rasch die Verträge schließen.
00:19:50Ein weiteres Warnsignal vorgespielter Reichtum. Es gibt mittlerweile eigene Agenturen, zum Beispiel in Dubai, die darauf spezialisiert sind, Coaches als Millionäre darzustellen.
00:20:00Lassen Sie sich daher nicht blenden von vorgespieltem Reichtum. Und ein drittes Warnsignal, viele Teilnehmer sollen selber zu Coaches ausgebildet werden und dann exakt das gleiche Coaching-Programm wieder verkaufen.
00:20:16Man ist aber hier sehr schnell im strafrechtlich verbotenen Pyramiden- oder Schneeballsystem.
00:20:19Genau. Es wird also nur dann Gewinn gemacht, wenn man neue Teilnehmer findet, die wiederum selbst Geld einzahlen und die Maschinerie auf diese Art und Weise am Laufen halten.
00:20:29Sie haben noch andere Warnsignale.
00:20:31Genau. Ein weiteres Warnsignal ist der Inhalt der Verträge. Dieser ist oft schwammig oder inhaltlich intransparent.
00:20:40Ein weiteres Warnsignal ist unrealistische Ziele. Es werden sehr hohe Einkommen versprochen, tausende von Euro, ohne Vorkenntnisse, ohne Aufwand.
00:20:50Dies ist unrealistisch und funktioniert nicht.
00:20:52Und wir sehen auch immer wieder kostenlose Erstseminare und im Anschluss folgen aber sehr teure weitere Anschluss-Coachings.
00:21:01Und wenn sie schon mal in einem Coaching quasi gefangen sind, ist es sehr schwer auszusteigen.
00:21:06Also wenn man drin ist, dann muss man zahlen, richtig blechen.
00:21:10Viele Betroffene nehmen sogar Kredite auf, um sich die teuren Coachings überhaupt leisten zu können.
00:21:14Aber bei den meisten Opfern ist der finanzielle Schaden oft noch das kleinere Übel.
00:21:19Auf den finanziellen Ruinen folgt für viele dann ein psychischer Zusammenbruch, Burnout, schwere Depressionen, ja sogar bis hin zu Suizidgedanken kann das gehen.
00:21:29Und damit kommen wir zu Ihnen, Frau Liebrandt. Sie sind Psychologin.
00:21:33Was ist aus Ihrer Sicht das Gefährliche an dieser Masche?
00:21:36Das Gefährliche ist, dass Menschen in schwierigen Lebenssituationen ausgenutzt werden.
00:21:41Oftmals wird ihnen die Lösung aller Probleme versprochen und hinterher geht es ihnen schlechter als zuvor.
00:21:46Zuweilen ist es auch so, dass Coaches selbstgebastelte psychologische Mechanismen oder Methoden anbieten, die aber dann mit echter wirksamer Psychotherapie wenig zu tun haben.
00:22:00Sie kommen von der Sekteninfo Nordrhein-Westfalen. Was haben jetzt Sekten mit unseriösen Coaching-Anbietern zu tun? Gibt es da Zusammenhänge, Parallelen?
00:22:08Die Strukturen sind tatsächlich vergleichbar. Wir sehen, dass manche Coaches sich als Guru erheben und dann eine Machtposition innehaben.
00:22:18Also auf den Punkt gebracht, es geht um Kontrolle, um Macht und sicherlich auch um sehr viel Geld.
00:22:24Ja und oft gelingt es den Betroffenen auch nicht mehr, sich dieser Sache zu entziehen. Sie kommen aus diesem Sog einfach nicht mehr heraus. Woran liegt das?
00:22:31Da wird dann zum Teil, also es gibt verschiedene psychologische Effekte, aber zum Teil wird halt auch kognitive Dissonanz ausgelöst.
00:22:38Das heißt, die Menschen nehmen dann Kritik gar nicht mehr wahr, sondern sie haben sich schon so mit den Inhalten identifiziert, dass sie die Kritik als Kritik an ihrer Person verstehen.
00:22:48Dann ist auch häufig eine Schuldumkehr. Da haben wir dann den Effekt, dass Coaches sagen, wenn du nichts erreichst, dann liegt das an dir und nicht am Coaching-Programm, sondern du hast dich einfach nicht genug angestrengt.
00:22:59Das ist wirklich unglaublich, was Sie da schildern. Und die Betroffenen stehen am Ende oft ganz alleine da und das ist ja auch Teil der Masche.
00:23:07Darauf bauen diese unseriösen Anbieter. Was steckt dahinter?
00:23:11Dahinter steckt, dass sehr oft der Kontakt eigentlich abgebrochen wird zu den Familienmitgliedern.
00:23:18Es wird empfohlen, weil es wird gesagt, die sind nur neidisch auf dich oder die gönnen dir deinen Erfolg nicht.
00:23:25Zum Teil wird auch gesagt, dass Energie entzogen wird oder dass man halt an der Weiterentwicklung dann gehindert wird.
00:23:32Und das ist natürlich dann auch gefährlich.
00:23:35Sie haben noch eine Empfehlung, man soll sich an Beratungsstellen wenden. Ist das korrekt?
00:23:39Genau. Also gerade auch Angehörige von Betroffenen oder auch Selbstbetroffene sollten sich an eine Beratungsstelle wenden,
00:23:47sollten Scham und Schuldgefühle wirklich überwinden.
00:23:50Es gibt sehr niedrigschwellige Angebote, die kostenfrei und anonym sind.
00:23:56Außerdem haben wir eine Checkliste auf der Internetseite von der Sekteninfo Nordrhein-Westfalen,
00:24:01wo man dann auch mal schauen kann, ist der Coach seriös oder ist es doch eher ein unseriöser Anbieter.
00:24:06Also Beratungsstelle, dort mal nachschauen ist sicherlich eine gute Empfehlung.
00:24:10Und man kann sich auch oder sollte sich auch dann mit einem Anwalt in Verbindung setzen.
00:24:13Korrekt, unbedingt Rechtsberatung einholen.
00:24:17Mein Appell an Betrugsopfer, Zahlungen stoppen, auf keinen Fall mehr Zahlungen leisten,
00:24:23den Vertrag widerrufen und Strafanzeige erstatten bei der Staatsanwaltschaft oder bei der Polizei.
00:24:30Die europäischen Verbraucherzentren sind speziell auf Coachingbetrug spezialisiert und helfen kostenlos weiter.
00:24:38Kostenlos. Gut, dass Sie das auch noch gesagt haben.
00:24:40Das war Reinhold Schranz, Jurist vom Europäischen Verbraucherzentrum
00:24:44und Bianca Liebrandt, Psychologin von der Sekteninfo Nordrhein-Westfalen.
00:24:49Danke Ihnen für den Besuch.
00:24:49Vielen Dank.
00:24:52Sämtliche Warnsignale, Tipps, noch mehr Infos und Anlaufstellen für Beratungen rund um das Thema Coachingbetrug
00:24:58finden Sie auch auf unserer Website fälle-aktenzeichen-xy.de.
00:25:07So, und jetzt geht es um Erbschaftsbetrug.
00:25:10Das hier sind Vordrucke für sogenannte Vorsorge- bzw. Generalvollmachten.
00:25:17Unterschrift, Datum, fertig.
00:25:19Haben Sie schon dran gedacht, eine solche Vollmacht auszustellen?
00:25:22Macht ja Sinn, seine Angelegenheiten zu regeln, bevor es zu spät ist.
00:25:27Eine solche Vollmacht nimmt den Angehörigen im Fall der Fälle schwierige Entscheidungen ab.
00:25:32Vorausgesetzt, es geht alles mit rechten Dingen zu.
00:25:34Denn sie kann auch der Schlüssel zu gefährlichem Missbrauch sein.
00:25:38Und hier, das war bei meinem Bruder.
00:25:45Kannst du dich noch erinnern?
00:25:48Ja, ja.
00:25:49Die Kinder.
00:25:52Sie beide haben noch gar keine Kinder.
00:25:56Das sind Reza und Thomas.
00:25:59Unsere Nicht und unser Neffe.
00:26:00Wer ist das?
00:26:02Kenne ich nicht.
00:26:05Gustav Lehmann ist Mitte 70.
00:26:08Seine Frau Ruth wohnt wegen ihrer voranschreitenden Demenz seit kurzem im Pflegeheim.
00:26:15Ach gut, mein Schatz.
00:26:16Wie soll ich nur ohne dich zurechtkommen?
00:26:25Mein Onkel und meine Tante hatten ein ganz tolles, zauberhaftes Verhältnis.
00:26:30Sie waren knapp 50 Jahre verheiratet, haben nie Kinder gehabt, sind durch dick und dünn gegangen.
00:26:37Und das war natürlich für ihn ganz schwer, sie in das Pflegeheim zu geben.
00:26:42Man hat aber gemerkt, dass er dadurch die Zeit mit ihr zusammen, wenn er sie besucht hat, genießen konnte.
00:26:52Ah, Herr Lehmann.
00:26:55Wie geht's Ihnen?
00:26:59Wer waren Sie nochmal?
00:27:00Ich bitte, ich betreibe diese Einrichtung.
00:27:03Freut mich.
00:27:04Wegen Ihrer Frau, machen Sie sich bitte keine Sorgen.
00:27:06Wir kümmern uns bestens um Sie.
00:27:08Und wenn Sie Hilfe brauchen, dann rufen Sie mich einfach an.
00:27:12Wir haben einen mobilen Pflegeservice.
00:27:14Da komme ich gern zu Ihnen nach Hause.
00:27:15Ich komme schon alleine, klar. Danke.
00:27:18Ich gebe Ihnen trotzdem meine Karte.
00:27:21Steht auch meine Handynummer drauf.
00:27:24Vielen Dank.
00:27:25Gerne.
00:27:28Beim umgangssprachlich als Erbschleicherei bekannten Phänomen erleben wir häufig,
00:27:33dass die Täter sich ausgesprochen gut in den rechtlichen Grauzonen bewegen.
00:27:38Sie wissen genau, wie sie ungünstige Situationen umschiffen,
00:27:42wie sie Leute abhängig machen können.
00:27:45Und sie wissen vor allem auch, wie sie sich gegenüber den Betroffenen und deren Angehörigen zu verhalten haben.
00:27:50Anfangs ist mir die Pflegerin aufgefallen dadurch, dass sie mit einem sehr hochpreisigen, großen Luxusauto vorgefahren ist,
00:28:02was in dieser Branche eher nicht zumindest ich erwartet hätte.
00:28:08Die Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen dürfen sich finanziell nicht von ihren Pflegebefohlenen begünstigen lassen.
00:28:14Deshalb wechseln die Täter häufig ihre Rollen, je nachdem, wie es für sie passt.
00:28:22Manchmal geben sie die berufliche Beziehung scheinbar auch auf und führen das Verhältnis privat fort.
00:28:33Ja, danke, dass ihr gekommen seid. Ich wollte euch das schon längst mal zeigen.
00:28:40Hier geht's lang.
00:28:41Das Verhältnis zu meinem Schwager war sehr gut.
00:28:44Wir haben uns zu sämtlichen familiären Anlässen getroffen,
00:28:49uns gegenseitig besucht und sind auch ab und zu mal außer der Reihe essen oder auch mal was trinken gegangen.
00:28:57Oben gibt's noch einen anderen Tresor.
00:28:59Den zeige ich euch gleich.
00:29:02Aber jetzt erst mal diesen hier.
00:29:06Hier, meine Briefmarkensammlung, Bargeld, gut Schmuck.
00:29:09Ihr sollt einfach wissen, wo alle wichtigen Sachen sind für den Fall der Fälle.
00:29:14Das kann gut und gerne eine Viertelmillion gewesen sein.
00:29:18So, jetzt möchte ich aber mal wissen, wo du Ruth untergebracht hast.
00:29:22Wir wollen sie wirklich gerne besuchen.
00:29:24So oft ist Reza nun auch nicht hier.
00:29:26Das kann ich dir nicht sagen.
00:29:28Wieso denn nicht?
00:29:30Evi möchte das nicht.
00:29:32Evi? Welche Evi? Du meinst diese Pflegerin?
00:29:35Ja.
00:29:35Warum denn nicht?
00:29:37Sie sagt, Ruth soll keinen Besuch bekommen, weil sie sich in der Einrichtung erst eingewöhnen muss.
00:29:43Kann ich vielleicht mal selber mit dieser Evi sprechen? Hast du ihre Nummer?
00:29:46Die darf ich keinem geben.
00:29:48Also ich bitte dich.
00:29:49Wir sind deine Familie. Wir halten zusammen.
00:29:53Na gut.
00:29:55Hier, du lässt ja doch nicht locker.
00:29:57Ja.
00:29:57Ja, hallo.
00:30:06Jutta Lehmann hier. Ich würde gerne Ruth Lehmann besuchen.
00:30:09Also meine Schwägerin haben wir von dem Moment an nicht mehr persönlich gesehen, nachdem sie im Pflegeheim untergebracht war.
00:30:16Wir haben später noch versucht herauszubekommen, wo meine Schwägerin untergebracht war.
00:30:25Aber bis zum Schluss ist uns die Auskunft darüber verwehrt worden.
00:30:28Mir kam das gleich sehr komisch vor, weil das ist, glaube ich, kein normaler Weg, dass man Familienmitgliedern den Zugang zu ihren Angehörigen verwehrt bzw. verbietet.
00:30:39Da kam eine sehr emotionale Wut in mir hoch, weil das ist, glaube ich, nicht der normale Weg.
00:30:47Etwa ein Jahr, nachdem sie ins Pflegeheim gezogen ist, stirbt Ruth Lehmann.
00:30:51Wir haben meinem Onkel natürlich angeboten, dass wir ihn an diesem Tag in allem begleiten, dass wir ihn abholen, dass wir auch nach der Beerdigung natürlich noch bei ihm sind, solange er das möchte.
00:31:14Das hat er aber abgelehnt. Er sagte, die Pflegerin würde sich um alles kümmern. Wir standen da als Familienmitglieder so ein bisschen am Rand und er wirkte nahezu besessen, was die Pflegerin betraf.
00:31:27Die kümmert sich um alles, die Pflegerin, die macht alles, die Pflegerin, die Pflegerin fährt mich. Ja, wir fühlten uns so ein bisschen verloren als Familienmitglieder.
00:31:35Gleich hast du es geschafft. Du machst das schon. Komm, halt dich an mir fest. Ich stütze dich, ja?
00:31:45Warte.
00:32:05Mein aufrichtiges Beileid, Frau Lehmann.
00:32:08Danke, Herr Ziegler. Das ist nett, dass Sie auch hier sind.
00:32:11Das ist doch selbstverständlich.
00:32:14Der arme Mann, der ist ja völlig durcheinander. Aber wer hat denn ahnen können, dass es so schnell geht mit Ruth?
00:32:23So, wir haben ja heute mehrere Dinge zu regeln. Herr Lehmann, Sie wollen Ihr Testament hinterlegen.
00:32:30Ja, genau. Ich möchte meine Nichts und meinen Neffen als Alleinerben einsetzen.
00:32:34Jeder zur Hälfte.
00:32:36Ja, wie im Vorgespräch besprochen. Ich habe das auch schon vorbereitet.
00:32:39Und Sie sagten mir am Telefon auch, dass Sie eine Vorsorgevollmacht bzw. eine Generalvollmacht ausstellen wollen.
00:32:47Ja, habe ich das richtig verstanden?
00:32:48Genau. Wunderbar, dann.
00:32:50Eine Generalvollmacht deckt alles ab, was es zu entscheiden gibt.
00:32:54Sie soll diejenigen unterstützen, die sich um die Pflege einer Person kümmern, wenn diese nicht mehr selbst entscheiden kann.
00:33:04Inzwischen geht Evi Böttcher ganz selbstverständlich in Gustav Lehmanns Haus ein und aus.
00:33:16Hallo, Gustavchen.
00:33:24Na, wie geht's uns heute?
00:33:27Hier, deine Post.
00:33:30Mach auf.
00:33:31Mach später.
00:33:33Jetzt schau doch rein.
00:33:35Vielleicht ist irgendwas dabei, wobei ich dir helfen kann.
00:33:37Typisch für die Erbschleicherei bzw. den finanziellen Missbrauch ist, dass die Opfer fortwährend von den Tätern bedrängt werden und so ein Druck aufgebaut wird.
00:33:52Es wird permanent auf sie eingeredet, bis sie das Gesagte irgendwann selbst glauben und in das Gewünschte einwilligen.
00:33:59Oder sie willigen ein, weil sie einfach nur noch ihre Ruhe haben wollen.
00:34:02Am Ende besteht kein Korrektiv mehr für die Betroffenen, sodass sie der Manipulation des Täters ausgesetzt sind und dessen Strategie schließlich aufgeht.
00:34:13Hallo, Herr Lehmann.
00:34:15Rund ein Jahr nach dem Tod seiner Frau.
00:34:18Gustav Lehmann feiert seinen 75. Geburtstag.
00:34:22Eigentlich will er seine Schwägerin und seinen Bruder mit dem Auto zum Essen abholen.
00:34:27Doch es kommt anders.
00:34:32Niemand? Sind Sie verletzt?
00:34:47Nee. Unglaublich.
00:34:50Können Sie aussteigen?
00:34:53Ja, ja.
00:34:56Geht schon.
00:34:56Wie könnte das passieren?
00:35:03Ja, was war denn los? Können Sie sich erinnern?
00:35:07Nee.
00:35:09Weiß nicht.
00:35:10Mein Nachbar habe ich zum Zeitpunkt des Unfalls als desorientiert und völlig verwirrt wahrgenommen.
00:35:18Und meine Befürchtung war zuerst, dass er möglicherweise einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt hätte.
00:35:23Im Nachhinein könnte ich mir vorstellen, dass es auch schon Demenz gewesen ist.
00:35:28Ich habe Ihnen jetzt einen Zugang gelegt. Verstehen Sie mich?
00:35:30Ja.
00:35:32Sie bekommen eine Infusion. Das wäre Ihnen guttun.
00:35:34Jetzt wird es ein bisschen kalt. Spüren Sie das?
00:35:36Eine Infusion.
00:35:37Ja.
00:35:37Machen Sie mal bitte eine feste Faust.
00:35:39Machen Sie einmal so.
00:35:40Hallo?
00:35:41Das können Sie.
00:35:42Ich war beim Unkraut-Jäten und dann habe ich den Knall gehört.
00:35:45Und dann habe ich die Mischierung gesehen mit den ungestürzten Mülltonnen.
00:35:48Kurz darauf zieht Gustav Lehmann in eine von Efi Böttchers Pflegeeinrichtungen.
00:35:56Gustav, das wäre jetzt dann dein Zimmer.
00:36:00Keiner von Gustav Lehmanns Angehörigen wird darüber informiert.
00:36:03Schön, oder?
00:36:09Hier musst du dich um nichts kümmern.
00:36:12Deine Wäsche wird gewaschen.
00:36:14Du bekommst zu essen.
00:36:17Wir überwachen deine Medikamente.
00:36:21Und das hier ist der Vertrag zum Probewohnen.
00:36:26Den unterschreibe ich jetzt für dich, Gustav, weil du hast mir ja die Vollmacht gegeben.
00:36:30Dass mein Onkel eine neue Vorsorgevollmacht aufgesetzt hat, haben wir tatsächlich erst wesentlich später erfahren.
00:36:37Wir wollten einige Sachen bei den Ämtern für ihn regeln, haben dort dann keinerlei Auskünfte bekommen.
00:36:43Wir waren sprachlos, dass man uns als Familienangehörigen jegliche Hilfe verweigerte.
00:36:49Die Krux bei den privaten Vorsorgevollmachten ist, dass es eben keine Vorschriften gibt.
00:36:54Sie können jederzeit und überall erstellt werden.
00:36:57Sie sind an keine Formvorschriften gebunden.
00:36:59Man muss sie nirgends hinterlegen.
00:37:01Es gibt sozusagen keine zentrale Kontrollstelle.
00:37:04Du kommst jetzt erst mal an, packst aus.
00:37:09Und dann bringe ich dir später noch einen Tee vorbei, ja?
00:37:13Gut.
00:37:18Wer häufig mit an demenzerkrankten Personen zu tun hat, der weiß in der Regel,
00:37:23wie leicht man sie beeinflussen und manipulieren kann.
00:37:26Und für Personen mit unlauteren Absichten öffnet das Türntor.
00:37:29Etwa vier Wochen später.
00:37:34Hallo, Frau Böttcher.
00:37:48Wohnt Herr Lehmann jetzt nicht mehr hier?
00:37:50Nein, der könnte hier leider nicht mehr alleine wohnen bleiben.
00:37:54Ach.
00:37:55Ich habe mich gewundert, weil ich nicht gehört hatte, dass mein Nachbar dauerhaft im Pflegeheim bleiben sollte.
00:38:02Und habe daraus geschlossen, dass jetzt dieses Haus als solches in irgendeiner Form ausgeräumt wird.
00:38:09Es wurde mit der Zeit zunehmend schwieriger, meinen Schwager überhaupt zu erreichen.
00:38:17Weder übers Festnetz noch über das Handy.
00:38:21Und als es dann völlig unmöglich war, blieb mir nichts weiter übrig, als die Pflegerin zu kontaktieren.
00:38:28Und auf die Art und Weise habe ich dann erfahren, dass er in einer Pflegeeinrichtung lebt.
00:38:34Sieht schäbig aus.
00:38:37Dabei handelt es sich nicht um eine Pflegeeinrichtung im klassischen Sinne,
00:38:41sondern um ein zweckentfremdetes Einfamilienhaus, in dem alte Menschen untergebracht sind.
00:38:46Man kann sich natürlich die Frage stellen, warum sich die alten Leute so in die Abhängigkeit von Fremden begeben.
00:38:55Aber oftmals ist es so, dass sie niemandem zur Last fallen wollen oder dass es ihnen unangenehm ist
00:38:59oder dass sie zu stolz sind, ihre Angehörigen um Hilfe zu bitten.
00:39:03Und je nach Fortschreiten ihrer Erkrankung merken sie entweder gar nicht selbst,
00:39:07dass sie sich in einer Abhängigkeit befinden und wenn doch, dann kommen sie in der Regel da allein nicht mehr heraus.
00:39:11Wir sind hier, um Gustav Lehmann zu besuchen. Wir sind angemeldet.
00:39:20Entschuldigung, das Gate-Liter nicht.
00:39:22Wie bitte?
00:39:24Das Gate-Liter nicht.
00:39:29Schließlich einigt sich die Familie mit dem Pfleger darauf, mit dem Onkel im Park spazieren zu gehen.
00:39:34Der Zustand des Onkels war, dass die Demenz schon fortgeschritten war, weil er uns eben nicht alle erkannt hat.
00:39:43Mich hat er erkannt und die anderen beiden, die mit waren, hat er nicht erkannt.
00:39:46Er wirkte verunsichert und hat sich, glaube ich, nicht wirklich wohl gefühlt.
00:39:55Sie sind das netteste Fräulein, das ich jemals hatte.
00:40:00Fräulein?
00:40:01Ich mache mir Vorwürfe im Nachhinein, weil wir spätestens bei der Beerdigung seiner Frau hätten erkennen müssen,
00:40:10dass er mit seiner Trauer nie fertig geworden ist.
00:40:12Da hätten wir ihn noch mehr unterstützen müssen.
00:40:15Und ich mache mir Vorwürfe, weil ich habe, glaube ich, schon so eine Ahnung gehabt,
00:40:20dass diese Frau nicht koscher ist, weil sie ihn halt uns gegenüber mehr und mehr abgeschirmt hat.
00:40:25Etwa sechs Monate später erreicht Jutta Lehmann ein Anruf von Evi Böttcher.
00:40:31Lehmann?
00:40:33Gustav Lehmann ist tags zuvor gestorben.
00:40:36Was?
00:40:38Wie?
00:40:39Wie?
00:40:39Wie?
00:40:39Wie?
00:40:39Wie?
00:40:39Wie?
00:40:41Es war eine ganz furchtbare Beerdigung.
00:41:03Die Beerdigung wurde von der Pflegerin organisiert.
00:41:06Es war sehr lieblos, es gab keine Trauerrede.
00:41:09Die Pflegerin stand dort und hat einen auf trauernde Witwe mit Taschentuch gemacht.
00:41:14Es hat mir so leid getan, dass mein Onkel so einen unwürdigen Abschied erhalten hat.
00:41:22Nur wenige Tage nach der Beerdigung erhält die Familie des Verstorbenen einen Brief seiner Pflegerin.
00:41:28Darin erklärt sie, dass sie laut eines nachträglich aufgesetzten Testaments als Alleinerbin eingesetzt ist.
00:41:40Ein wirklich trauriges Ende und das in mehrfacher Hinsicht.
00:41:44Ein klassischer Fall von Erbschleicherei.
00:41:46Und das Traurige daran ist, das kommt leider immer häufiger vor.
00:41:50Alleine in Berlin wurde mit dieser Masche in den letzten zehn Monaten ein Schaden von insgesamt 33 Millionen Euro verursacht.
00:41:57Und dabei bleiben die allermeisten Taten unentdeckt.
00:42:01Ich begrüße jetzt dazu hier im Studio Antje Walosek, Kriminalhauptkommissarin vom LKA Berlin.
00:42:08Sie ermittelt in vielen Fällen.
00:42:11Können Sie uns zunächst einmal nochmal das Grundgerüst dieser Betrugsmasche kurz vorstellen?
00:42:16Wie läuft das ab? Wie fängt das an?
00:42:19Ja, zunächst einmal haben wir einen älteren Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen.
00:42:24Also zum Beispiel mit einer beginnenden Demenz.
00:42:26Und dieser Mensch braucht Hilfe.
00:42:29Nun wohnt er aber allein.
00:42:30Und Angehörige und Freunde wohnen ebenfalls außerhalb, sodass sie nicht regelmäßig vorbeischauen können.
00:42:35Und dann kommt plötzlich eine Person auf den Plan und führt diese Lücke.
00:42:40Sie unterstützt bei Einkäufen, bei Arztbesuchen und so weiter.
00:42:42Ja, und dann kommt der entscheidende Wendepunkt, nämlich die Abschottung der Opfer von ihrem bisherigen vertrauten Umfeld.
00:42:49Die Täter wimmeln die Angehörigen, wir haben das gesehen, dann regelrecht immer wieder ab.
00:42:54Welche Ausreden gibt es da so?
00:42:55Na ja, zum Beispiel, wenn die Angehörigen nachfragen, dann wird einfach gesagt, der Opa schläft gerade, der kann nicht ans Telefon kommen.
00:43:03Oder dem geht es gerade nicht gut.
00:43:04Besuche sind generell ungünstig.
00:43:07Oder es wird eben die Post abgefangen von den Angehörigen, wenn sie versuchen zu schreiben.
00:43:12Und wir haben auch Fälle, wo Hörgeräte und Rollatoren versteckt wurden,
00:43:15damit die alten Leute ihr eigenes Telefon nicht mehr hören und nicht selbstständig zur Tür kommen.
00:43:20Das ist wirklich unfassbar, was Sie uns hier schildern.
00:43:22Knackpunkt ist also dann, wenn es weitergeht, wenn zum Beispiel das Ausstellen einer Generalvollmacht gefordert wird,
00:43:28dann sollten die Alarmglocken schrillen, glaube ich.
00:43:31Genau. Und wichtig ist, dass es einem auch nicht hilft, wenn ich vorher zum Beispiel meinen Kindern schon eine Vollmacht ausgestellt habe.
00:43:37Denn ich kann jederzeit neue Vollmachten ausstellen und die haben nebeneinander Bestand.
00:43:42Und zwar so lange, bis sie widerrufen werden vom Vollmachtgeber.
00:43:46Und den Senioren ist dann unter Umständen die Tragweite gar nicht bereit?
00:43:50Denen ist die Tragweite nicht bewusst und schon gar nicht, wenn sie bereits kognitive Einschränkungen haben.
00:43:56Und wichtig ist, dass man eben mit so einer Vollmacht über fast alle Lebensbereiche einer Person bestimmen kann.
00:44:02Ich kann einen neuen Mietvertrag schließen, ohne die Angehörigen darüber zu informieren,
00:44:07wo die Person jetzt wohnt. Und ich kann über das komplette Vermögen verfügen und es mir einverleiben.
00:44:12Und das ohne jegliche offizielle Kontrolle.
00:44:14Also einverleiben heißt, man kann das Konto leer räumen.
00:44:17Genau.
00:44:18Damit ist also diese Person total in den Fängen der Person, die über diese Vollmacht verfügt.
00:44:23Wenn man nun als Angehöriger den Verdacht hat, dass ein solcher Fall vorliegt, was sollte man unternehmen?
00:44:28Na, die meisten erstatten richtigerweise eine Anzeige.
00:44:30Das Problem besteht nur darin, dass man mit so einer Vollmacht im Grunde vorab in sämtliche zukünftigen Handlungen des Täters einwilligt.
00:44:40Es steht in den Vollmachten ja in der Regel nicht drin, was man nicht möchte.
00:44:44Und wir haben dann das Problem, dass wenn es zur Anzeige kommt, sind die Betroffenen meistens schon so dement oder vielleicht sogar gestorben,
00:44:50dass wir sie nicht mehr dazu befragen können, was sie denn wirklich wollten.
00:44:54Was mir aufgefallen ist, und wenn man redet im Bekanntenkreis, jeder hat im Prinzip ein Beispiel parat, wenn es um so eine Erbschleicherei geht oder eine falsche Vollmacht ausgestellt wurde.
00:45:05Logisch nicht jeder, der sich um einen alten Menschen kümmert, hat schlechte Absichten von vornherein und steht unter Generalverdacht.
00:45:12Trotzdem sollte man ein paar Dinge berücksichtigen. Welche?
00:45:14Das ist richtig. Erstens sollte man unbedingt versuchen, den Kontakt zu halten. Man sollte sich auf keinen Fall abwimmeln lassen.
00:45:21Man sollte regelmäßig vorbeischauen, bestenfalls sogar mit Zeugen, um eben so den Druck auf den Täter zu erhöhen und ihm klarzumachen,
00:45:28pass auf, wir beobachten, was du tust. Zweitens sollte man regelmäßig Transparenz einfordern.
00:45:34Man sollte immer nachfragen, was, warum gemacht wird. Und man sollte Einsicht in die dazugehörigen Unterlagen fordern.
00:45:40Und drittens, wenn ein konkreter Verdacht sich herausstellt, bitte die zuständigen Behörden informieren, Polizei, Staatsanwaltschaft oder vielleicht auch die Betreuungsgerichte.
00:45:51Antje Wallosik war das Kriminalhauptkommissarin vom LKA Berlin. Ich habe das Gefühl, Sie haben viel zu tun.
00:45:56Die Gesellschaft wird immer älter und damit steigt auch die Zahl der potenziellen Opfer. Danke für Ihren Besuch hier bei uns.
00:46:01So, Sie haben Fragen zum Thema. Dann rufen Sie uns jetzt hier im Studio gerne an.
00:46:09Übrigens an dieser Stelle der Hinweis auch dazu. Anzeigen können im Studio leider nicht aufgenommen werden.
00:46:15Dafür wenden Sie sich bitte direkt an Ihre nächste Polizeidienststelle. Und so geht es jetzt weiter bei uns.
00:46:20Der Genossenschaftsbetrug.
00:46:27Die haben immer noch nicht überwiesen.
00:46:29Wenn Anlagebetrug in die Pleite führt.
00:46:33Der unsichtbare Dritte.
00:46:38Mit einer neuen Internetmasche plündern Gauner Unternehmen aus.
00:46:42Reagieren Sie nicht weiter auf Nachrichten dieser Firma, ja?
00:46:45Wie wir Ihnen jetzt zeigen, ist ein regelrechter Wirtschaftskrimi.
00:46:51Im Mittelpunkt Genossenschaften.
00:46:52Die kennt man meist als Anbieter von zum Beispiel günstigem Wohnraum.
00:46:57Da kauft man sich mit einem bestimmten Betrag ein und bekommt dafür relativ günstig eine Wohnung mit bezahlbarer Miete.
00:47:03Im Vordergrund steht der klar definierte gemeinsame Förderzweck und ausdrücklich nicht, hohe Gewinne zu erzielen.
00:47:11Eigentlich.
00:47:11Denn Betrüger nutzen den guten Ruf von Genossenschaften für ihre kriminellen Machenschaften und legen neue interessierte Mitglieder gnadenlos rein.
00:47:24Thomas Wegner ist Maurer.
00:47:26Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.
00:47:30Michael, nimm's nächstes Mal weniger Wasser für die Suppe.
00:47:33Dann klebt die Pampe besser.
00:47:34Soll ich noch mehr Mörtel machen?
00:47:36Nee, nee, lass mal.
00:47:37Der reicht bis zum Feierabend.
00:47:38Okay.
00:47:39Mit seinem Einkommen und dem seiner Frau kommt die Familie gerade so über die Runden.
00:47:44Fürs Alter vorzusorgen ist schwierig.
00:47:47Naja, jedenfalls habe ich überlegt, die Lebensversicherung zu kündigen, sobald wir woanders mehr Zinsen bekommen.
00:47:53Ja, aber die Zinsen sind doch im Moment überall eine Katastrophe.
00:47:56Ja, die für meine Lebensversicherung sind von 8% auf 1% gesunken. Das ist lächerlich.
00:48:01Aufgrund der Finanzkrise von 2007 brachten Ersparnisse auch Jahre später keine Zinsen ein.
00:48:09Meine Frau und ich, wir hatten eine Lebensversicherung. Wir wollten mit dem Geld und mit den Zinsen bis zur Rente dann das Haus tilgen.
00:48:17Aber leider hat uns dann die Zinsen einen Strich durch die Rechnung gemacht.
00:48:22Thomas Wegners Söhne sind selbst schon berufstätig und aus dem Haus.
00:48:26Bis morgen.
00:48:27Bis morgen.
00:48:30Doch die Familie hält zusammen, wann immer Not am Mann ist.
00:48:35Hey Leon, ist der Wagen schon wieder kaputt? Muss in die Werkstatt?
00:48:38Nee, ist nur der Luftfilter. Ich tauch schon schnell aus, ja?
00:48:41Ich dachte schon. Ich brauch den gleich noch.
00:48:44Ist gleich fertig.
00:48:44Danke.
00:48:51Thomas?
00:48:52Ja?
00:48:53Die Schuhe bleiben aber draußen. Schlepp bloß nicht wieder den Dreck mit rein.
00:49:07Waschmaschine?
00:49:07Nicola Wegner arbeitet halbtags im Einzelhandel. Zusammen verfügt das Paar über rund 4000 Euro Nettoeinkommen.
00:49:201000 Euro gehen davon monatlich allein für die Tilgung ihres Eigenheims weg.
00:49:24Hebe mir bitte was auf.
00:49:27Was? Wo willst du denn hin?
00:49:29Äh, hatte ich dir noch erzählt. Treffen mit Manuel.
00:49:32Ach, dein alter Schulfreund.
00:49:33Ja, wegen unserer Geldsachen.
00:49:36So, eure Karre ist fertig.
00:49:38Danke, bis später.
00:49:41Aber unterschreib nichts.
00:49:42Nein, mach ich nicht.
00:49:45Das riecht aber gut.
00:49:46Dieser Schulfreund war selbstständig und sehr erfolgreich und er kannte sich mit Geldgeschäften aus.
00:49:54Und auf diesem Grund habe ich ihn gefragt, ob er mir nicht mal ein paar Tipps geben könnte.
00:49:58Also, keine Aktien und dafür mehr Sicherheit.
00:50:03Okay.
00:50:04Dann kriegst du jetzt meinen besten Tipp unter Freunden.
00:50:07Da bin ich aber gespannt.
00:50:10Genossenschaftsanteile.
00:50:12Super Rendite und wohl das Sicherste, was du machen kannst.
00:50:15Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was eine Genossenschaft wirklich macht.
00:50:20Mir erkläre ich das jetzt.
00:50:25Stell dir vor, du suchst eine bezahlbare Wohnung.
00:50:27Du kannst dich auf dem Wohnungsmarkt umsehen.
00:50:30Oder aber, du erwirbst Anteile an einer Wohngenossenschaft.
00:50:33Dort triffst du auf Gleichgesinnte, die dasselbe Ziel verfolgen.
00:50:36Zum eigenen Nutzen.
00:50:38Die Genossenschaft kauft oder baut dann als eigenständiges Unternehmen Wohnraum für ihre Mitglieder.
00:50:43Und die profitieren anschließend von einer günstigen Miete und einem lebenslangen Wohnrecht.
00:50:48Ich brauche aber keine Wohnung mehr. Wir haben doch ein Haus.
00:50:51Ja schon, aber die wird ja dann auch vermietet.
00:50:54Du weißt doch, Immobilien sind Betongold. Deren Wert steigt immer.
00:50:58Darum gibt es da auch ordentliche Dividenden.
00:51:00Warte, ich suche mal was raus.
00:51:04Anders als es Thomas Wegeners Freund darstellt, dient eine Genossenschaft nicht dazu, Gewinne zu erwirtschaften.
00:51:10Ihre Mitglieder haben ein gemeinsames Ziel, zum Beispiel günstigen Wohnraum, das sie gemeinsam leichter erreichen möchten.
00:51:17Jedes Mitglied ist gleichberechtigt und hat nur eine Stimme.
00:51:20Egal wie viele Anteile es besitzt.
00:51:23Das soll zu große Einflussnahme Einzelner verhindern.
00:51:25Also grundsätzlich kann man sagen, dass der weit überwiegende Teil von Genossenschaften seriös sind.
00:51:32Es gibt aber immer wieder Betrüger, die sich den guten Ruf von Genossenschaften zunutze machen.
00:51:38Sie ködern dann unter dem Genossenschaftslabel immer neue Anleger und am Ende landet das Geld aber bei den Betrügern.
00:51:46Thomas Wegener will ganz sicher gehen und informiert sich im Internet.
00:51:52Er kann aber keine negativen Einträge zu der Genossenschaft finden.
00:51:56Was jetzt da mal nach der Hand recherchierst?
00:51:59Ja klar. Ich will doch wissen, woran wir sind, wenn wir da einsteigen sollten.
00:52:03Und?
00:52:04Die Genossenschaft hat nur gute Bewertungen.
00:52:08Na schau mal.
00:52:09Läuft alles perfekt. Seit Jahren enorm hohe Renditen.
00:52:19Toll. Bin sehr zufrieden.
00:52:21Weiter so.
00:52:22Habe meine Ersparnisse bei der Genowin.
00:52:25Besser als irgendwo auf einer Bank.
00:52:28Weißt du, wenn wir uns dafür entscheiden, dann möchte ich, dass auch du hundertprozentig dahinter stehst.
00:52:36Bist du dir bei der Sache wirklich sicher?
00:52:38Ziemlich sicher.
00:52:40Mir war es wichtig, dass meine Frau auch mit einverstanden war.
00:52:43Aus diesem Zweck haben wir beide beschlossen, die Lebensverzicherung zu kündigen und somit die 17.000 Euro uns ausbezahlen lassen.
00:52:51Die Wegners sind davon überzeugt, eine seriöse Geldanlage gefunden zu haben und lassen sich Vertragsunterlagen zusenden.
00:52:59Schau mal, wie viel wir bekommen würden, wenn wir 10.000 Euro für 30 Jahre anlegen.
00:53:03Das ist ja viel mehr als mit der On-Lebensversicherung. Wow.
00:53:10Du, ich, ich ruf mal bei denen an. Ich hab noch ein paar Fragen.
00:53:13Peter Nowak, Genowin EG.
00:53:29Ja, ähm, Thomas Wegner hier.
00:53:32Ich hab Ihre Vertragsunterlagen bekommen.
00:53:34Ich hatte mit einem Büroleiter telefoniert und er hat mir erklärt, was die Firma so alles macht und dass sie auch viele Millionen in Immobilien investieren.
00:53:42Die Geschäfte laufen so gut, dass wir in diesem Jahr wieder eine Rendite im zweistelligen Bereich ausschütten werden.
00:53:47In diesen Zeiten? Wow. Sagen Sie, ähm, wie lange muss ich denn bei Ihnen Geld anlegen?
00:53:54Die Mendes-Laufzeit für die einmalige Einlage beträgt fünf Jahre. Wenn Sie monatlich sparen, können Sie zwischen verschiedenen Laufzeiten wählen.
00:54:03Ah ja, hier steht's. Ich hab's.
00:54:04Ja.
00:54:05Und sind diese Spareinlagen denn auch abgesichert, so wie bei den Banken?
00:54:10Besser.
00:54:11Unser Kapital ist gegen Verluste in voller Höhe versichert.
00:54:14Und deswegen vertrauen uns auch immer mehr Menschen ihre Ersparnisse an.
00:54:18Mich hat vor allem überzeugt, dass das gesamte Genossenschaftskapital versichert sein sollte, falls der Vorstand mal missbaut.
00:54:26Deswegen haben wir uns letztendlich entschieden, die 17.000 Euro in eine Einmaleinlage zu investieren.
00:54:33Zusätzlich leisten sie noch eine Einmalzahlung von 5.600 Euro und verpflichten sich zu einer Sparrate von 200 Euro monatlich.
00:54:41Beides mit 15 Jahren Laufzeit. Insgesamt überweisen sie im ersten Jahr rund 22.000 Euro.
00:54:48Alles, was sie fürs Alter sparen wollten.
00:54:52Ja, wir hatten eigentlich beide ein sehr gutes Gefühl und aus diesem Grund haben wir das auch abgeschlossen.
00:54:58Einige Monate später warnen Verbraucherschützer vor der Geldanlage.
00:55:02Sie fanden heraus, dass die von der Genossenschaft beworbene Versicherung gegen einen Totalverlust des Kapitals nicht existiert.
00:55:10Auch die Garantie von Gewinn und die Versprechung von Zinsen, festen Zinsen über 30 Jahre, ist schlichtweg unseriös.
00:55:20Die Genossenschaft ist ein Wirtschaftsunternehmen und kann die Erträge über einen solchen langen Zeitraum überhaupt nicht vorhersehen.
00:55:27Familie Wegner ist nach wie vor davon überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
00:55:34Wir waren mit der Entwicklung zunächst sehr zufrieden. Jedes Jahr gab es diese 10 Prozent auf unsere Genossenschaftskunden. Also kein Grund misstrauisch zu sein.
00:55:44Ich denke, da haben wir mal was richtig gut gemacht.
00:55:50Ich hatte sogar meinen beiden Söhnen zu der Geldanlage geraten. Die wollten aber damals nicht. Zum Glück.
00:55:572019 wollen sich die Wegners dann zum ersten Mal einen Teil ihres Geldes auszahlen lassen. Damit beginnen die Schwierigkeiten.
00:56:05Thomas, wann soll das Geld denn kommen?
00:56:12Die haben immer noch nicht überwiesen. Die haben doch gesagt, es sei kein Problem. Es sind schon Wochen um.
00:56:17Stimmt. Das Geld hätte längst auf unserem Konto sein müssen. Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich drum.
00:56:23Na, kümmere dich aber bitte gleich darum.
00:56:25Also im Grunde haben wir es da mit einem klassischen Schneeballsystem zu tun.
00:56:31Sobald keine neuen Anleger mehr gefunden werden und kein neues Kapital mehr in das System eingebracht werden kann, bricht alles zusammen.
00:56:41Erst recht, wenn die Forderungen der Mitglieder auf Auszahlungen immer mehr werden.
00:56:45Die versprochenen Zahlungen bleiben aus. Aber nicht nur bei Familie Wegner, sondern auch bei zahlreichen anderen Genossenschaftsmitgliedern.
00:56:53Parallel dazu mehren sich die negativen Bewertungen im Internet.
00:56:58Unseriös und betrügerisch. Mir wurde eine sichere Geldanlage versprochen, aber seit der Einzahlung habe ich nur Probleme und es ist absolut undurchsichtig.
00:57:08Finger weg von Geno, bin ich gehe.
00:57:10Als über Monate nichts passierte, bin ich schließlich zum Anwalt gegangen. Er hat dann gleich sämtliche Verträge für uns gekündigt.
00:57:22Also wir haben für den Mandanten inklusive der aufgelaufenen Zinsen rund 48.000 Euro geltend gemacht.
00:57:29Vor Gericht haben wir dann einen Vergleich mit der Genossenschaft geschlossen, in der sich die Genossenschaft verpflichtet hat, 31.700 Euro an unseren Mandanten zu zahlen.
00:57:40Komm Schatz, sei doch nicht so niedergeschrieben. Wir bekommen doch unser Pisse eingezahltes Geld zurück. Immerhin 31.700 Euro.
00:57:48Damit stehen wir wieder am Anfang. Und die versprochenen Zinsen?
00:57:52Frau Wegner, einfach gesagt, Sie beide waren Gesellschafter eines Unternehmens und damit bei der Abrechnung auch an deren Verlusten beteiligt.
00:58:00Deswegen wurde nur ein Ausscheidungsguthaben errechnet.
00:58:03Komm Schatz, vergessen wir es.
00:58:07Ganz ehrlich, seien Sie froh, dass Sie aus dem Vertrag raus sind.
00:58:13Wir dachten, das Kapitel wäre für uns damit endgültig abgeschlossen und wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.
00:58:20Aber leider war das nicht so.
00:58:21Papa? Was machst du denn da?
00:58:34Oh, Leon. Die Karre läuft mal wieder nicht richtig.
00:58:37Schon wieder? Dann kauft euch doch endlich mal ein neues Auto.
00:58:41Das geht gerade nicht. Ich muss da selbst ran.
00:58:43Na dann, viel Glück.
00:58:54Hey.
00:58:59Mama?
00:59:03Was ist denn?
00:59:05Ich habe gar nicht mit dir gerechnet.
00:59:08Hey, was ist denn los?
00:59:10Sorgen wegen Papa?
00:59:11Nein, nicht wegen ihm.
00:59:13Es geht ums Geld.
00:59:18Wir wissen nicht, ob wir das Haus weiter bezahlen können.
00:59:23Ich hoffe, das ganze Ende ist nicht in der Katastrophe.
00:59:27Ja, aber ich dachte, ihr bekommt euer Geld zurück.
00:59:28Ja, das dachten wir auch, aber die weigern sich zu bezahlen und es läuft alles nur noch über einen Anwalt.
00:59:38Die Kosten wachsen es einfach komplett über den Kopf.
00:59:41Trotz der Einigung vor dem Gericht hat sich die Genossenschaft geweigert, das Geld auszubezahlen.
00:59:48Deren Anwalt hat alles abgewickelt.
00:59:51Mit dem Beschluss des Gerichtes haben wir die Konten der Genossenschaft gefändet und mussten dann aber feststellen, dass diese bereits leergeräumt waren.
00:59:58Inklusive der Anwaltskosten von 9.000 Euro haben wir bisher rund 40.000 Euro verloren.
01:00:04Keine Ahnung, ob wir unser Geld überhaupt jemals wieder sehen.
01:00:08Die gute Absicht der Familie endete in einer finanziellen Katastrophe.
01:00:22Machen wir weiter mit unseren nächsten Gästen.
01:00:24Renate Daum ist hier, Finanzexpertin und Verbraucherschützerin.
01:00:28Und dazu Dr. Johannes Bender.
01:00:30Er ist Fachanwalt für Kapitalmarktrecht.
01:00:32Rund 8.000 Genossenschaften gibt es in Deutschland mit rund 23 Millionen Mitgliedern.
01:00:39Das heißt, beinahe jeder Vierte ist hierzulande Mitglied in einer Genossenschaft.
01:00:43Herr Bender, wie groß ist das Problem mit unseriösen Machenschaften?
01:00:48Also das Problem ist größer als erwartet.
01:00:50Die Anzahl der Genossenschaften mit betrügerischen Absichten hat sich in den letzten fünf Jahren stark vergrößert.
01:00:56Und aktuell vertritt unsere Kanzlei rund 5.000 geschädigte Kapitalanleger, die gegen ihre Genossenschaft vorgehen und diese verklagen.
01:01:06Inzwischen gibt es auch mehr als zehn Ermittlungsverfahren wegen Betrugs- und Untreue und Schadenssummen von bis zu 200 Millionen Euro.
01:01:16Das muss man sich mal vor Augen führen.
01:01:19Das sind keine Kavaliersdelikte und dabei muss man ja auch die unterschiedlichen Genossenschaftsmodelle berücksichtigen.
01:01:24Welche sind denn besonders anfällig für derartige Tricksereien?
01:01:29Also nicht betroffen sind die Genossenschaftsbanken, das muss man klarstellen.
01:01:33Das Problem liegt bei den sogenannten Kapitalanlagegenossenschaften.
01:01:38Sie bieten ihren Mitgliedern reine Kapitalanlagen mit hoher Rendite an, ohne aber ein konkretes Geschäftsmodell darzustellen.
01:01:47Sie bewerben das dann relativ pauschal mit einer Investition in Immobilien oder neue Energien.
01:01:55Und soll das Kapital nur angelegt werden und Profit erzeugt werden, bleibt für den Genossenschaftsgedanken und den gemeinsamen Förderzweck schon gar kein Raum mehr.
01:02:06Und der Gedanke ist ja durchaus gut.
01:02:08Genossenschaften bündeln ja die Kräfte der Mitglieder, um gemeinsam ein unternehmerisches Ziel zu erreichen, das sie halt alleine nicht bewältigen würden.
01:02:15Wir haben das am Anfang des Films dargestellt.
01:02:18Schnelle Profite sind nicht das Ziel.
01:02:21Wie genau gehen die Schwindler denn da vor?
01:02:24Also sie locken die Anleger mit hohen Renditeversprechungen in langfristige Verträge.
01:02:31Zum Beispiel Ratenzahlungsverträge mit 20 oder 30 Jahren Laufzeit.
01:02:36Das wird dann auch beworben wie ein Sparbrief oder eine Lebensversicherung für die Altersvorsorge.
01:02:43Tatsächlich fließt das Geld dann aber nicht in die Investitionen, sondern soll in Tochtergesellschaften im Ausland investiert werden.
01:02:52Und es handelt sich, das passiert aber nicht, sondern es handelt sich dann um ein kriminelles Schneeballsystem, was über einen möglichst langen Zeitraum aufrechterhalten werden soll.
01:03:03Und um dem einen seriösen Anstrich zu geben, werden immer wieder Mitglieder auch ausgezahlt, insbesondere in den ersten Jahren.
01:03:12Genau, am Anfang gelingt das, das haben wir gesehen.
01:03:14Und so entsteht ja dann auch der Eindruck, kein Problem, das funktioniert ja.
01:03:18Und so werden dadurch weitere Mitglieder angeworben.
01:03:22Irgendwann kippt das natürlich.
01:03:23Ganz genau.
01:03:24Also das Geld kommt aber nicht aus einem funktionierenden Geschäftsbetrieb, aus einem profitablen Betrieb,
01:03:30sondern aus den frischen Einzahlungen der neuen Anleger oder aus den abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarungen.
01:03:36Und die Gelder der Genossenschaft werden tatsächlich dann währenddessen ins Ausland ausgezahlt.
01:03:44Und dort sollten sie eigentlich von den Tochtergesellschaften in Immobilien angelegt werden.
01:03:49Tatsächlich versickern sie aber dort.
01:03:51Ja, wenn ich als Quintessenz jetzt anmerken würde, Genossenschaften sind als reine Geldanlageobjekte nicht so wirklich geeignet.
01:03:59Was würden Sie dazu sagen?
01:04:01Das ist korrekt.
01:04:02Okay.
01:04:03Stichwort Kapitananlage bei Genossenschaften.
01:04:05Frau Daum, Sie als Verbraucherschützerin, wie sind da Ihre Erfahrungen, wie ist Ihre Einschätzung?
01:04:11Also es gab schon einige Betrugsfälle und es ist auch mit weiteren Skandalfällen zu rechnen.
01:04:17Und die Abzocker, die nutzen unter anderem Ausnahmeregelungen, die für Genossenschaften gelten.
01:04:23Denn bei Geldanlageangeboten ist es normalerweise vorgeschrieben, dass es einen ausführlichen Verkaufsprospekt gibt,
01:04:29in dem auch die Risiken ausführlich geschildert werden.
01:04:32Aber bei Genossenschaften ist es nicht der Fall, wenn Sie Mitglieder anwerben.
01:04:37Und deshalb besteht die Gefahr, dass viele Neumitglieder gar nicht wissen, auf welche Risiken sie sich eigentlich einlassen.
01:04:43Wie kann man die schwarzen Schafe frühzeitig erkennen?
01:04:46Also gefährlich sind solche Ratenzahlpläne, denn die kommen daher wie ein Sparplan.
01:04:52Und die werden dann manchmal angeboten, wenn Neumitglieder sich die Anlagesumme eigentlich gar nicht leisten können,
01:04:58auf einmal diese einbringen wollen.
01:05:01Das Problem ist aber, dass sie sich damit verpflichten, die gesamte Summe zu zahlen.
01:05:05Und das gilt auch dann, wenn die Genossenschaft schon längst geplatzt ist.
01:05:08Was auch unvorteilhaft ist, ist, wenn man nur investierendes Mitglied ist.
01:05:14Denn die haben weniger Rechte als ordentliche Mitglieder.
01:05:17Und dann ist es auch so, manche Genossenschaften bieten an, dass man vermögenswirksame Leistungen über sie anlegen kann
01:05:24oder dass man staatliche Förderungen bekommt.
01:05:26Aber man muss wissen, das ist keine Garantie dafür, dass es eine seriöse Genossenschaft ist.
01:05:32Und ganz wichtig, immer Vorsicht, wenn hohe Renditen in Aussicht gestellt werden.
01:05:37Alles sehr komplex und diffizil, muss man sagen.
01:05:39Nochmal konkret zu dem Fall des Familienvaters, den Sie ja vertreten.
01:05:43Er ist Ihr Mandant. Wie ist das ausgegangen?
01:05:45Ja, wir haben mit etwas Glück nachher noch rund ein Drittel der Anlagesumme herausbekommen.
01:05:50Das waren circa 10.000 Euro.
01:05:5240.000 hat er eingezahlt, 10.000 Euro rausgekriegt und der Rest ist weg.
01:05:57Aber immerhin 10.000 Euro.
01:05:58Danke Ihnen für den Besuch.
01:05:59Renate Daum war das, Finanzexpertin und Verbraucherschützerin und Dr. Johannes Bender, Fachanwalt für Kapitalmarktrecht.
01:06:07Danke Ihnen.
01:06:11Der Mann in der Mitte, the man in the middle, das ist der Name für eine besonders heimtückische Betrugsmasche aus dem Internet.
01:06:18Betrüger überwachen unbemerkt den E-Mail-Verkehr zweier Geschäftspartner und leiten schließlich Geldzahlungen aufs eigene Konto um.
01:06:28So ist es auch der Stadt Dülmen bei der Bezahlung der Feuerwehrautos ergangen.
01:06:31Ich hatte Ihnen das ja am Anfang der Sendung schon erzählt.
01:06:34400.000 Euro weg.
01:06:36Wenn so etwas passiert, ist es ein finanzielles Desaster, bei dem das Schicksal eines ganzen Unternehmens am seidenen Fagen hängen könnte.
01:06:44Ein mittelständischer Betrieb in Bayern.
01:06:53Die Firma Egon Rispi stellt hochwertige Badtextilien her, die sie weltweit vertreibt.
01:06:59Zum Jahresabschluss müssen die letzten Bestellungen bearbeitet und verschickt werden.
01:07:04Frau Lechner, ich bräuchte bitte einen Überblick über die Bestellungen, die dieses Jahr noch in die USA gehen sollen.
01:07:09Bis wann?
01:07:10So schnell wie möglich, leider.
01:07:11Ja klar, mache ich fertig.
01:07:13Dankeschön.
01:07:16Vroni, auch ein Cappuccino?
01:07:18Ja bitte, danke.
01:07:20Ich arbeite seit mehr als zehn Jahren in der Exportabteilung.
01:07:23Als Exportleiter kümmere ich mich um die strategische Entwicklung der Auslandsmärkte für unser Unternehmen.
01:07:30Bitte füllen Sie Kaffeebohnen nach.
01:07:33Hm, hat es mal wie ein anderes erwischt als mich.
01:07:36Allerdings.
01:07:38Das will ich jeden Mal treffen.
01:07:39Und, wie läuft es gerade so?
01:07:44Ja, Jahresabschluss halt.
01:07:45Ja?
01:07:46Wahnsinnig viel zu tun.
01:07:47Du, aber das kriegen wir jetzt auch noch hin, oder?
01:07:49Na klar.
01:07:50Obwohl ich nicht mit allen Details eines jeden Auftrages zu tun habe, werde ich von meinen Export-Sachbearbeiterkollegen in CC genommen, in E-Mails eingebunden, einfach zur Sicherheit, falls jemand ausfällt.
01:08:04Bitte schön.
01:08:06Danke.
01:08:07Ohne Zucker war doch wichtig, oder?
01:08:08Ja, danke.
01:08:10Emanuel Bauers Kollegin Sandra Schmidt ist für den Export zuständig und betreut vor allem die Kunden im asiatischen Raum.
01:08:16Sorry, but has the usual discount already been taken into account?
01:08:21The usual discount.
01:08:24Froni?
01:08:24Entschuldige.
01:08:26Da ist der Kunde aus Japan.
01:08:27Er will das Konto auf seine Rechnung.
01:08:29Wer ist es denn?
01:08:30Herr Tanaka von Asai Mori.
01:08:32Ach, Herr Tanaka, ja, das bekommt ihr immer.
01:08:34Okay, danke schön.
01:08:38Die Firma Asai Mori hat ihren Sitz rund 9000 Kilometer entfernt, in Japan.
01:08:44Firmeninhaber Haruto Tanaka bezieht regelmäßig Waren von dem deutschen Hersteller.
01:08:49Bei dem japanischen Kunden handelt es sich um einen Einzelunternehmer, der unsere Ware im asiatisch-pazifischen Raum vertreibt, bis nach Hawaii.
01:09:13Er hat uns am Ende des Jahres einen Auftrag in Höhe von 130.000 Euro erteilt.
01:09:18Gemessen an seinen vorherigen Bestellungen war dieser Auftrag für den Kunden schon recht ordentlich.
01:09:25Was damals keiner ahnte, die komplette Kommunikation zwischen Japan und Deutschland wurde zu diesem Zeitpunkt bereits von Kriminellen mitgelesen.
01:09:33Vermutlich hatte der japanische Unternehmer irgendwann bei einer Geschäftsreise seinen Computer mit einem ungesicherten Internetzugang verbunden.
01:09:47Hacker bauen dazu eine Datenfalle auf.
01:09:50Im Bereich von unverdächtigen Plätzen senden sie mit simplen Apparaturen ein Free-Wi-Fi-Signal aus.
01:09:55Während gesicherte WLAN-Zugänge mit einem Schloss versehen sind und ein Passwort benötigen, reicht bei freien WLAN-Zugängen ein einfacher Klick.
01:10:05Die Hacker erhalten dadurch sofortigen Zugriff auf das Gerät, können die E-Mail-Konten knacken und die Kommunikation einsehen.
01:10:14Der Geschäftsmann bekommt davon nichts mit. Sein Computer zeigt auch keine Warnung vor einem Virenangriff an.
01:10:25So erhalten die Datendiebe zum Beispiel Zugriff auf Anmeldeinformationen.
01:10:29In unserem Fall gehen wir davon aus, dass die Diebe die eingesammelten Informationen später an andere Kriminelle weitergegeben haben.
01:10:38Über den illegalen Datenhandel gelangen die Informationen an eine Gruppe krimineller Computerspezialisten irgendwo im Ausland.
01:10:47Einer der IT-Profis leitet unbemerkt alle ein- und ausgehenden E-Mails über seinen Computer.
01:10:55Mit den erbeuteten Daten können die Kriminellen dann dauerhaft den E-Mail-Verkehr des japanischen Unternehmens unbemerkt mitlesen, bevor die E-Mail ihren Empfänger erreicht.
01:11:08Diese Betrugsmasche heißt Man in the Middle, zu Deutsch Mann in der Mitte.
01:11:12Der Betrüger sitzt also zwischen dem Absender und dem Empfänger der Nachricht.
01:11:17Er selbst bleibt für die beiden Seiten unsichtbar.
01:11:19In unserem Fall wurden die Geschäfts-E-Mails des Opfers eine lange Zeit, vielleicht schon über Monate, heimlich beobachtet und mitgelesen.
01:11:27Die Betrüger erlangen so auch Kenntnis von der Bestellung beim deutschen Textilhersteller.
01:11:33Im Dezember 2023 schlagen sie zu.
01:11:37Hast du kurz eine Sekunde für mich?
01:11:39Herr Tanaka fragt, ob seine Ware schon nach Japan verschifft wurde.
01:11:43Also die Ware geht nächste Woche raus, vorausgesetzt die Zahlung geht vorher ein.
01:11:46Ha, danke schön. Ich erinnere ihn einfach nochmal dran.
01:11:49Okay.
01:11:49Dear Haruto, it is possible to send your order to Japan in mid-December.
01:11:59Unfortunately, we have not received any payment yet.
01:12:05Please transfer the invoice amount of 133,627.34 to our account within the next few days.
01:12:16Wie üblich setzt Sandra ihre Kollegin und den Leiter der Exportabteilung in Kenntnis.
01:12:29Ja, genau, richtig. Ja, mit der Produktanpassung.
01:12:32Die Zahlungsabwicklung betrifft eigentlich nur die Export-Sachbearbeiter und unser Rechnungswesen.
01:12:38Diese E-Mails verschiebe ich eigentlich immer in einen separaten Ordner und archiviere sie.
01:12:42Die E-Mail aus Deutschland wird von den Internetbetrügern abgefangen und kommt zunächst nicht bei Haruto Tanaka in Japan an.
01:12:50Vielmehr werden die Adressen der deutschen Firma und die des japanischen Geschäftsmannes als Vorlage für Manipulationen genutzt.
01:12:58So fügt der Hacker hinzu, dass sich die Bankverbindung der deutschen Firma geändert habe.
01:13:03Die Betrüger schicken Haruto Tanaka die IBAN-Nummer und den Bankcode eines unbeteiligten renommierten deutschen Unternehmens ohne dessen Wissen.
01:13:13Sobald die Überweisung erfolgt ist, melden sich die Kriminellen bei dem unbescholtenen Unternehmen und geben vor, das Geld irrtümlich überwiesen zu haben.
01:13:22Sie bitten dann um die Rückerstattung der Summe auf ein Konto im Ausland.
01:13:25Und schließlich verändert der Hacker in einem weiteren Schritt im Absenderfeld die E-Mail-Adresse.
01:13:33Er vertauscht zwei Buchstaben. Aus Egon wird Ignorispi.
01:13:38So wird die Antwort von Herrn Tanaka direkt zu den Hackern geleitet.
01:13:46Haruto Tanaka schöpft keinen Verdacht.
01:13:48Der Geschäftsmann lässt rund 130.000 Euro auf das fremde Konto überweisen.
01:14:04Mit der Beweisung auf das fremde Konto waren die Betrüger eigentlich schon fast an ihrem Ziel angelangt.
01:14:27Wir gehen aber davon aus, dass die Betrüger auch noch das deutsche Textilunternehmen schädigen wollten um die gleiche Summe.
01:14:34Tanakas Mail erreicht zunächst wieder die Hacker, da sie die E-Mail-Adresse zu Ignorispi manipuliert haben.
01:14:41Dieser Schritt wird nun wieder rückgängig gemacht.
01:14:44Dafür wird aber der Absender von Azai in Asia geändert, damit wiederum die Antwort von Egon Rispi zunächst auch wieder bei den Hackern landet.
01:14:53Patents für den US-Market.
01:14:57Ja, und wir müssen auch ein anderes...
01:15:00Ich bin sorry, könntest du auf einen Moment aufhören?
01:15:05Azai Mori?
01:15:07AsiaMori.com?
01:15:10Online Division Banking.
01:15:13Dear Egon?
01:15:14I'm sorry. I'm sorry. I have to call you back.
01:15:20Yeah. Bye. Bye-bye.
01:15:23Dear Egon.
01:15:25Die Anrede hörte sich tatsächlich für mich komisch an.
01:15:27Mir war zwar bewusst, dass Online-Banken durchaus den Vornamen verwenden bei ihren E-Mails,
01:15:35ab dennoch bin ich darüber gestolpert.
01:15:36Als ich mir dann die E-Mail daraufhin näher angeschaut habe, schrillte bei mir sofort sämtliche Alarmglocken.
01:15:42Frau Schmidt, haben Sie die E-Mail der Firma Azai Mori erhalten?
01:15:46Ja, gerade eben.
01:15:48Wer hier hat noch die E-Mail erhalten?
01:15:52Ja, wir. Wieso?
01:15:54Okay, tun Sie mir bitte einen Gefallen. Reagieren Sie nicht weiter auf Nachrichten dieser Firma, ja?
01:15:59Was ist denn passiert?
01:16:01Schauen Sie mal bitte alle.
01:16:03Der richtige Firmenname lautet Azai Mori.
01:16:05Der Absender hier lautet aber Azai Mori.com.
01:16:09Diese beiden Buchstaben sind vertauscht. Also, da stimmt was nicht.
01:16:13Und die Kontonummer, auf die der Kunde das Geld überwiesen hat, das ist keins unserer Konten.
01:16:19Gut. Sie machen jetzt bitte erstmal gar nichts mehr.
01:16:23Ich kümmere mich darum.
01:16:29Das Konto gehört einem angesehenen und seriösen Unternehmen.
01:16:33Da kann ich leider nichts für Sie tun.
01:16:35Der Mann verliert 130.000 Euro, wenn Sie jetzt nichts machen.
01:16:40Danach habe ich dann versucht, immer wieder den japanischen Kunden telefonisch zu erreichen.
01:16:45Ihm eine E-Mail zu schreiben, schien mir in der damaligen Situation einfach zu gefährlich.
01:16:49Please, you have to do something.
01:16:52It's all my money.
01:16:53Mr. Tanaka, I promise you, I'll do my very best.
01:16:57If I don't get the money back, I'll go bankrupt.
01:17:02I'll lose my business.
01:17:04I promise you, I'll do my best.
01:17:06But banks here are closed now.
01:17:08There's nothing more I can do today.
01:17:10I'll get back to you tomorrow.
01:17:12Be sure.
01:17:13Okay.
01:17:16Goodbye.
01:17:17Bye.
01:17:23Ich war aufgewühlt, weil ich wusste, dass es um die finanzielle Existenz unseres Kunden ging.
01:17:28Einen Schaden in dieser Höhe, den hätte er einfach nicht verkraftet.
01:17:31Außerdem wussten wir damals nicht, was von den Hackern sonst noch geplant war.
01:17:34Emanuel Bauer erstattet am nächsten Tag Anzeige wegen Betrugs.
01:17:40Die meisten Polizeidienststellen verfügen mittlerweile über eine sogenannte schnelle Eingreiftruppe.
01:17:46Die IT-Spezialisten sind dafür ausgebildet, betroffene Unternehmen bei Cyberangriffen zu schützen.
01:17:51Es ist gut, dass die Verbindung zu den Betrüger nicht unterbrochen worden ist.
01:17:55Konnten Sie feststellen, ob das Firmennetzwerk kompromittiert wurde?
01:17:58Es deutet nichts darauf hin, dass unsere Firewall gehackt wurde.
01:18:02Der Angriff ist ja auch nur auf Seiten des Kunden erfolgt.
01:18:04Ich würde Sie trotzdem bitten, dass Sie vorerst hierbleiben. Wir wollen auf Nummer sicher gehen.
01:18:08Gut, ich bin dann in meinem Büro, wenn Sie mich brauchen, ja?
01:18:11Im Anschluss daran haben wir natürlich die japanische Polizei informiert.
01:18:17Zunächst prüfen die Experten der Polizei, ob die Betrüger auch Spionagesoftware in das Netzwerk des Unternehmens geschleust haben.
01:18:26Dann versuchen sie, den Standort der Kriminellen über deren Internetsignatur zu lokalisieren.
01:18:34Mach dir doch keine Vorwürfe, hm?
01:18:48Das kann immer mal passieren.
01:18:49What the hell, what the hell, what the hell, what the hell, what the hell, what the hell?
01:19:03Oh, they try to locate me, man.
01:19:06All the fucking work was in vain, oh my God.
01:19:09Die haben offenbar was gemerkt.
01:19:11Die Datenspur ist abgerissen.
01:19:13Und jetzt?
01:19:14Ich glaube nicht, dass wir die Hacker noch finden.
01:19:17Aber ihre Firewall ist stabil.
01:19:19Immerhin, etwas.
01:19:22Und das Geld konnten wir über die Bank einfehlen lassen.
01:19:26Das sind mal gute Nachrichten. Danke.
01:19:29Herr Bauer?
01:19:30Nur was haben wir gefunden?
01:19:32Die bestellte Ware steht doch schon längst zur Abholung durch eine Spedition bereit.
01:19:36Ich weiß, wo die dann hingeht.
01:19:37Sie müssen die Auslieferung stoppen. Los.
01:19:40Okay, ich probiere es.
01:19:41Tatsächlich schien von den Hackern noch ein weiterer Coup geplant gewesen zu sein.
01:19:45Sie wollten sich neben dem Geld des Kunden auch noch unsere Ware unter den Nagel reißen.
01:19:51Das hätte ihnen zusätzliches Geld gebracht.
01:19:54Glücklicherweise konnten wir das noch einmal verhindern.
01:20:05Tanaka.
01:20:07Mr. Tanaka?
01:20:07Das ist Emanuel Bauer.
01:20:10Das ist Emanuel Bauer.
01:20:11Good News.
01:20:11Good News.
01:20:11The German police was able to secure your money.
01:20:15Really?
01:20:16Really?
01:20:16Really?
01:20:16Really?
01:20:16All of it?
01:20:20Yes.
01:20:22The entire sun.
01:20:27I don't know how to thank you.
01:20:30You saved me.
01:20:31You saved my existence.
01:20:32I'm glad I could be of help.
01:20:35I promised you that I would take care of it.
01:20:38I'm eternally grateful.
01:20:41Thank you.
01:20:41I was about to hear from you.
01:20:42I was about to hear from our Japanese customers.
01:20:44I was about to hear from you.
01:20:45I was about to hear from you.
01:20:46I was about to hear from you.
01:20:47I was about to hear from you.
01:20:49I was about to hear from you.
01:20:50I was about to hear from you.
01:20:51And I was about to hear from you.
01:20:53I was about to hear from you.
01:20:54I was about to hear from you.
01:20:55I was about to hear from you.
01:20:56Durchatmen.
01:20:57Rettung in letzter Sekunde, aber dennoch keine Entwarnung.
01:21:01Cyberkriminalität ist weiter auf dem Vormarsch.
01:21:03Der letzte Bericht zur Wirtschaftskriminalität wies für deutsche Unternehmen über 160.000 registrierte
01:21:10Angriffe aus dem Internet aus.
01:21:12Mit einem Schaden von geschätzten 176 Milliarden, nicht Millionen, Milliarden Euro.
01:21:18Dafür vor allem verantwortlich organisierte Banden aus China und Russland.
01:21:23Machen wir weiter mit zwei Gästen.
01:21:26Dennis Sisei ist hier, Kriminaloberkommissar von der Kripo in Amberg.
01:21:31Und Emanuel Bauer.
01:21:33Beide Herren haben wir schon im Film gesehen.
01:21:35Herr Bauer.
01:21:37Also ich muss erst mal sagen, es ist wirklich bemerkenswert, wie cool und überlegt Sie da reagiert haben in dieser absoluten Ausnahmesituation.
01:21:44Was hat Sie an der kriminellen Attacke der Täter besonders überrascht?
01:21:49Besonders überrascht war ich, wie glaubwürdig alles wirkte.
01:21:52Die Kommunikation war vollkommen unauffällig.
01:21:55Es handelte sich nicht um standardisierte, anonyme E-Mails, sondern die Täter hatten absolutes Insiderwissen.
01:22:01Sie wussten, wer ist die Kontaktperson.
01:22:04Sie kannten die Produktnamen, die Designnamen, die Artikelnummern, die Lieferbedingungen.
01:22:08Selbst den Schreibstil des asiatischen Kunden haben Sie perfekt kopiert, damit nichts auffiel.
01:22:13Wie unruhigend war, wie geduldig die Täter waren und über Wochen gewartet haben, bis sie den richtigen Moment erwischt haben, um dann das Geld abzugreifen.
01:22:22Also richtig abgezockt, durch und durch.
01:22:25Die Mails, die Sie bekommen haben, haben ja auch andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Firma gelesen, erhalten und gelesen.
01:22:32Und diesen Buchstabendreher nicht gemerkt.
01:22:34Ich kann mir vorstellen, der ein oder andere macht sich vielleicht Vorwürfe.
01:22:36Ja, tatsächlich, aber wir haben das im Team im Nachgang ganz ruhig und sachlich besprochen.
01:22:41Niemandem trifft hier irgendeine Schuld, vor allem die Angreifer sind ja kundenseitig in die E-Mail-Kommunikation getreten.
01:22:48Nichtsdestotrotz achten wir jetzt immer besonders auf die Richtigkeit der E-Mail-Adresse, damit sowas nicht nochmal passiert.
01:22:53Und das kann ich nur jedem anderen raten.
01:22:56Ja, genau. Sie haben Ihren Geschäftspartner aus Japan da wirklich vor der Pleite, vor dem Ruin gerettet und bewahrt.
01:23:02Wie hat er das später aufgenommen überhaupt? Also wir haben das Telefonat ja gesehen in etwa.
01:23:07Er war unheimlich dankbar und er war wie das gesamte Team unheimlich froh, dass wir diese Katastrophe gerade nochmal abwenden konnten.
01:23:14Aufgrund der sprachlichen Barriere und auch der Zeitverschiebung wäre es ihm gar nicht möglich gewesen, hier noch einzugreifen.
01:23:19Ich konnte aber sehr gut mit dem Kunden mitfühlen, so einen Geldbetrag von einer Sekunde auf die andere zu verlieren.
01:23:24Das ist der absolute Horror.
01:23:27Es hat sich eine Freundschaft entwickelt. Inwiefern? Also Sie sind dann mal nach Japan rüber?
01:23:32Ja, tatsächlich. Erst kürzlich war ich in Asien und aus dem reinen Geschäftskontakt, ich habe den Herrn ja auch vorher nicht gekannt, haben wir uns das erste Mal gesehen.
01:23:41Sowas schweißt natürlich zusammen, sowas verbindet und ja, es ist eine wirkliche Freundschaft entstanden.
01:23:46Prima. Also wir sind froh, dass das alles so glimpflich und gut ausgegangen ist.
01:23:49Herr Sissay, Sie ermitteln ja jetzt in diesem Fall sehr intensiv, wir haben Sie in Ihrem Statement auch gesehen in dem Film.
01:23:55Wissen Sie inzwischen, wo die Täter sind und wer die Täter sind?
01:23:58Leider nicht. Die weiteren Ermittlungen haben aber ergeben, dass es sich um eine Tätergruppierung aus dem Ausland gehandelt hat.
01:24:05Wie groß ist denn die, jetzt mal unterm Strich, die reelle Bedrohung für deutsche Unternehmen?
01:24:10In der Zwischenzeit hat ja die Anzahl an betroffenen Unternehmen extrem zugenommen. Wovon können Sie berichten?
01:24:16Ja, das stimmt. Im vergangenen Jahr waren 81 Prozent aller Firmen von solchen oder so ähnlichen Attacken betroffen.
01:24:23Es sind immerhin acht von zehn Unternehmen. Wir befürchten, dass durch den massiven Einsatz von künstlicher Intelligenz, speziell die Zahl der Cyberangriffe, noch weiter ansteigen wird.
01:24:32Darauf müssen wir uns wohl alle gefasst machen. Welche Bedrohung stellt die Man-in-the-Middle, die Mann-in-der-Mitte-Masche in diesem Zusammenhang für Deutschland dar?
01:24:40Ja, die Mann-in-the-Middle-Attacke ist zweifelsfrei eine der gefährlichsten Betrugsmaschen, weil sie ebenso lang unentdeckt bleibt.
01:24:48Das besonders Tückische daran ist, dass die Täter hier nicht direkt auf die Computer ihrer Opfer zugreifen, sondern eigentlich nur unbemerkt die Kommunikation abfangen.
01:24:56Und erst in einem weiteren Schritt verschicken die Täter dann eine oder mehrere E-Mails, bei denen die Absendetaten geschickt und natürlich möglichst unauffällig verfälscht wurden.
01:25:05Solche Nachrichten enthalten in der Regel dann auch keine Viren- oder Schadsoftware.
01:25:09Das macht es der eigenen IT-Sicherheit oder zum Beispiel ein Virenschutzprogramm oder einer Firewall eigentlich unmöglich, solche Nachrichten als betrügerisch zu erkennen.
01:25:18Also manchmal reicht dann der Zahlen- oder Buchstabendreher, um diesen Schlamassel anzurichten.
01:25:24Genau.
01:25:25Wie können sich Unternehmen schützen, damit sowas nicht passiert?
01:25:28Da gibt es drei Punkte, die im Zusammenspiel einen wirksamen Schutz bilden.
01:25:32Das ist erstens E-Mail-Kommunikation absichern.
01:25:35Eine Verschlüsselung oder eine Zwei-Faktor-Authentifizierung und natürlich sichere Passwörter erschweren den Tätern den Zugang.
01:25:42Zweitens, und das ist sehr wichtig, Zahlungen verifizieren.
01:25:45Besonders wenn es um hohe Beträge geht oder wenn zu einem bestehenden Kundenauftrag spontan bisher verwendete Rahmendaten verändert werden sollen.
01:25:53Solche Änderungen sollte man sich immer über ein zweites Kommunikationsmittel am besten persönlich, telefonisch vom Geschäftspartner bestätigen lassen.
01:26:02Und drittens, Mitarbeiter sensibilisieren.
01:26:06Die Männende Mittelattacke zieht ja daraufhin ab, dass ein Mitarbeiter eine betrügerische E-Mail nicht als solche erkennt.
01:26:12Regelmäßige Schulungen helfen dabei, dass Mitarbeiter verdächtige E-Mails erkennen und andere Auffälligkeiten.
01:26:17Also, Sie und Ihr Team, Sie sind sensibilisiert, sind Schulungen geplant in Zukunft?
01:26:23Ja, Sie laufen schon und Sie tragen Früchte.
01:26:27Okay, super. Dann danke ich für Ihren Besuch. Gut, dass Sie diese Hinweise nochmal gegeben haben.
01:26:31Kriminaloberkommissar Dennis Sissey, Ermittler für Wirtschaftskriminalität bei der Kripo Amberg und Emanuel Bauer,
01:26:37der einen Internetbetrug innerhalb seiner Firma verhindern konnte. Vielen, vielen Dank.
01:26:41Vielen Dank.
01:26:42Und auch in unserer Sonderausgabe, in der es ausschließlich um Betrugs, um perfide Betrugsfälle geht,
01:26:52darf die Schlussabfrage, die Bilanz mit Fabian Puchelt nicht fehlen, Kriminaloberkommissar hier beim LKA Bayern.
01:26:58Ich habe gehört, da war eine Menge los heute. Was hat sich getan?
01:27:02Ja, heute war wirklich richtig viel los. Also die Telefone, die laufen bei uns heute heiß.
01:27:06Ich kann auch keine klassischen Ermittlungsergebnisse präsentieren, sondern mein Team und ich waren heute wirklich viel mehr damit beschäftigt,
01:27:11die Leute zu beraten, zu informieren und vor allem aufzuklären, was es überhaupt für Maschen gibt.
01:27:16Und leider sind sehr, sehr viele unserer Anrufer wirklich genau auf dieselben Tricks der Betrüger drauf reingefallen.
01:27:22Und wir konnten heute versuchen, noch etwas Schadensbegrenzung zu betreiben.
01:27:25Auf welche Betrugsmasche haben sich die Anrufer am meisten konzentriert?
01:27:30Am meisten war tatsächlich zum Thema Erbschleicherei. Also ich muss ehrlich gestehen, auch ich habe das komplett überschätzt.
01:27:35Und das, was heute reingekommen ist, was uns die Anrufer wieder gespiegelt haben, das war leider erschreckend.
01:27:40Und gerade in diesem Bereich, was Erbschleicherei angeht, waren heute die meisten Anrufer da.
01:27:44Das war ja dieser Mann, ein Senior, demenzkrank, der am Ende gestorben ist.
01:27:49Und dann ist das gesamte Erde an die Betreuerin gegangen, die nämlich die Vollmacht besaß und die Familie ist leer ausgegangen.
01:27:56Ganz genau. Und das war leider auch kein Einzelfall.
01:27:58Kein Einzelfall. Das haben viele angerufen und dazu Informationen oder Reaktionen gegeben?
01:28:02Ja, also die meisten Anrufer sind wirklich genau zu diesem Fall gekommen.
01:28:05Aktuell sind ungefähr 100 Anrufe bei uns eingegangen. Die Telefone laufen aber weiterhin.
01:28:09Und ich gehe davon aus, dass auch heute im Laufe des Abends noch wesentlich mehr Anrufe dazu eingehen.
01:28:13Du bist wie lange noch da?
01:28:14Bis 0.45 Uhr sind wir noch hier erreichbar.
01:28:17Und wenn Fragen sein sollten, wenn jemand noch Bedarf hat, jederzeit gerne. Wir beraten gerne weiter.
01:28:22An jede beliebige Polizeidienststelle kann man sich wenden.
01:28:25Das sowieso. Da sind die Kollegen jederzeit bereit.
01:28:27Dein Freund und Helfer. Dankeschön.
01:28:29So ist es ganz genau.
01:28:29Fabian Puchelt, LKA Bayern.
01:28:31Infos zu allen aktuellen Maschen aus der heutigen Sendung können Sie auf fälle-aktenzeichen-xy.de nachlesen.
01:28:38Ja, das war Aktenzeichen XY. Vorsicht, Betrug.
01:28:41Wir sehen uns, wenn Sie mögen, in vier Wochen wieder.
01:28:44Das ist dann am Mittwoch, dem 25. Juni.
01:28:48Dann wieder zu einer regulären Ausgabe von Aktenzeichen XY ungelöst.
01:28:52Wie immer hier im ZDF 20.15 Uhr.
01:28:54Bis dahin eine gute Zeit und bleiben Sie sicher.
01:28:57Musik
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01:29:19Musik
01:29:19Musik
01:29:22Untertitelung des ZDF, 2020

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