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  • 25.5.2025
Der erste Mordkommissar Deutschlands, Ernst Gennat, ermittelt im Berlin der 20er-Jahre in spektakulären Fällen und revolutioniert die Kriminalistik – mit heute noch bewährten Methoden.
Dezember 1927: Kurz vor Weihnachten macht sich die gut situierte 21-jährige Fleischerstocher Dora Perske auf den Weg zu Verwandten. Als der Zug pünktlich eine Stunde später Friedrichshagen erreicht, findet man sie schwer verletzt in einer Blutlache liegend. Ein Krankenwagen bringt sie in die Charité, doch sie stirbt wenig später.
Ernst Gennat (gespielt von Stephan Grossmann), der erste Mordkommissar Deutschlands, nimmt die Ermittlungen auf – immer an seiner Seite: Sekretärin Trudchen Steiner (gespielt von Marina Lötschert). Den Täter wird der geniale Ermittler später durch seine besondere Form der Vernehmung überführen.
Gennat gilt bis heute als Koryphäe in der deutschen Kriminalgeschichte. Bis in die 20er-Jahre gab es in der Polizeiarbeit kein Morddezernat, keine Verhörprotokolle und keine Obduktionsberichte. Als Kommissar straffte und strukturierte der sogenannte Buddha vom Alex, der nicht nur in seinem Metier ein echtes Schwergewicht war, die Ermittlungsmethoden und erreichte eine überdurchschnittlich hohe Aufklärungsquote. (Text: ZDF)

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Transkript
00:00Da kann sich aber einer freuen.
00:20Und ob.
00:21Aber dazu muss ich das erstmal alles heil ans Ziel bringen.
00:25Vielen Dank, sehr zuvorkommend.
00:29Ich hoffe, Onkel Ottos Zigaretten riechen später nicht nach Mettwurst.
00:43Das nenne ich meine Reaktion.
00:46Sie haben mir das Leben gerettet.
00:54Sie haben mir das Leben gerettet.
01:07Gib mir die Tasche!
01:08Was soll das denn?
01:09Lass los!
01:10Hört sie auf!
01:11Ja!
01:24Ich kann dir nicht jedes Mal das Händchen halten, meine Liebe.
01:46Nur weil du nicht allein hier reingehen willst.
01:55Tu mal nicht so.
01:57Gib's ruhig zu.
01:59Dir ist es hier drin auch unheimlich.
02:01Es gefriert einem direkt.
02:03Das Blut in den Adern.
02:04So, jetzt aber raus hier sofort!
02:07Sie sind weit über Ihre Zeit.
02:14Upsala.
02:15Und morgen, die Dame.
02:16Ich wünsche Ihnen allseits einen angenehmen Tag.
02:20Morgen.
02:21Morgen.
02:24Morgen.
02:31Trotchen.
02:33Perfekt, wie immer.
02:36Schauen wir mal, was unsere Nachtschattenfreunde alle so angestellt haben.
02:40Er war der erste Mordkommissar Deutschlands.
02:43Ernst Gennert, genannt der Dicke oder auch der Buddha vom Alex.
02:481926 gründete er in Berlin seine legendäre Mordinspektion
02:53und erreichte Aufklärungsquoten von über 90 Prozent.
02:57Ob Einzeltat oder Serienmord, er revolutionierte die Kriminalistik.
03:02Nicht nur in seinem Team genoss er Kultstatus.
03:06Wir zeigen Ihnen anhand von Originalaufnahmen und filmischen Rekonstruktionen echter Mordfälle
03:11die Ermittlungsmethoden von damals im Vergleich zu heute.
03:15Unser erster Fall.
03:19Dora Persky, gerade 21 Jahre alt.
03:22Ist am 21. Dezember relativ früh schon von zu Hause weggegangen.
03:27Sie kam aus gutem Hause.
03:29Ihre Eltern waren Geschäftsleute.
03:31Sie hatten eine gutgehende Fleischerei in Schöneberg.
03:33Sie zog sich gerne schick an und kaufte sich auch gerne schöne Sachen.
03:37Sie wollte ihre Verwandten besuchen.
03:40Vorher hat sie aber auch noch Geschenke gekauft.
03:42Eine teure Vase und noch viele andere Sachen.
03:53Besonders in den 20er Jahren waren die Züge nicht besonders sicher.
03:58Es gab sehr viele Überfälle, Raubüberfälle
04:02und natürlich auch die Belästigung von Frauen,
04:04auch Sexualdelikte und wirklich Vergewaltigungen.
04:07Also davon hat es sehr, sehr viele gegeben.
04:23In Friedrichshagen liegt eine Frau mit eingeschlagenem Schädel in der Bahn.
04:27Muss ein richtiges Dutbad sein.
04:30Schicken wir jemanden hin.
04:32Ja, es sind alle im Einsatz oder krank.
04:36Oder im Weihnachtsurlaub. Nur Pippo ist da.
04:39Na, mach ich selber.
04:41Sagt Pippo, er soll den Mottwagen fertig machen.
04:43Schreibkauf, Spurensicherungsgansprogramm mit allem Pipapo.
04:47Und die sollen dann hochklingeln, wenn sie fertig sind.
04:49Längst geordert. Sind die im Moment da.
04:51Die Bahn weiß nicht, wohin mit dem Waggon.
04:55Sofort versiegeln, dass mir da niemand reingeht.
04:58Und dann sagen sie denen, ab damit aufs nächste Abstellgleis.
05:01Und keiner rührt die Leiche ab.
05:09Die Ermittlungsarbeit steckte vor 100 Jahren noch in den Kinderschuhen.
05:13Manchmal wurden die Tatorte erst einmal aufgeräumt
05:16oder die Leichen vom kalten Fußboden aufs Sofa gehievt.
05:19Aus Pietätsgründen.
05:22Bis Ernst Gennert die Spurensicherung professionalisierte.
05:27Er entwarf das sogenannte Mordauto.
05:30Ausgestattet mit der neuesten Kriminaltechnik.
05:33Es hatte eine bauliche Verstärkung hinten,
05:36damit es das Schwergewicht Gennert nicht aus der Kurve trug.
05:41Das war ein Maybach, ein schulter schwarzer Kastenwagen,
05:44der auch besonders stabil war.
05:46Da war alles drin, was am Tatwort notwendig war.
05:49Das reichte von der Schreibmaschine zum Klapptisch und zum Klappstuhl
05:53für die Sekretärin, die gleich das Protokoll aufnahm.
05:56Zu diesen berühmten Fähnchen mit den Nummern,
05:59die an jedem Beweisstück schon mal aufgestellt wurden.
06:03Besondere Behältnisse für Flüssigkeiten, Fotos.
06:08Mensch, Pepo, kannst du nicht aufpassen?
06:11Entschuldigung, Chef.
06:13Und, läuft alles nach Plan?
06:15Schön immer von außen nach innen.
06:17Spuren gesichert und markiert.
06:19Jetzt sind die Fingerabdrücke dran.
06:21Wo ist denn nun die Leiche?
06:23Die Frau ist schon weggebracht worden.
06:26Wie bitte?
06:28Habe ich nicht jeder Erbser in dieser Stadt?
06:31Ich habe nicht jeder Erbser in dieser Stadt.
06:34Habe ich nicht jeder Erbser in dieser Stadt 100 Mal gesagt,
06:38dass keine Leiche niemals auch nur berührt,
06:41geschweige denn, irgendwo hingebracht wird,
06:44bevor wir nicht einen Tatort ersucht haben?
06:47Was ist an diesem, meine Ausführung, für die Wunderkerzen?
06:51Nicht zu verstehen.
06:53Sie ist wohl noch am Leben.
06:55Man hielt sie für tot.
06:57Als man den Fehler merkte,
06:59fuhr man sie in die Klinik, in die Charité.
07:03Na ja.
07:05Riecht aber gut.
07:10Haben Sie das schon hier?
07:12Ja.
07:22Na ja, Bargeld fehlt.
07:25So, Fräulein Elli, dann schreiben Sie mal auf.
07:28Das Opfer heißt Dura Perske.
07:3121 Jahre jung.
07:33Wohnt auf Berlin-Wilmersdorf, Bayerische Straße 33.
07:37Zur Art der Verletzung und der Mordwaffe
07:40liegen keine Erkenntnisse vor.
07:42Opfer liegt im Krankenhaus.
07:44Apipo!
07:46Sagen Sie doch mal dem Trudschow Bescheid,
07:49die soll einen Gerichtsarzt in die Charité schicken.
07:52Ach, und dann Schupos,
07:54auf alle Bahnhöfe entlang der Bahnstrecke.
07:57Der Kerl, der muss ja voller Blut gewesen sein.
08:00Das muss doch jemandem aufgefallen sein.
08:04Also dann.
08:07Dura Perske stieg am Bahnhof Zonen ein vor Zug.
08:11Unterwegs gesellte sich ein junger Mann zu ihr.
08:16Der dachte, diese gut angezogene, adrette junge Dame,
08:20das ist mein Opfer, die hat bestimmt Geld mit.
08:23Und er schlug sie mit einem 35 cm langen Stahlkantel,
08:28was noch angespitzt war, auf Dreiecken über den Kopf.
08:32Sodass sie also besinnungslos zusammenbrach.
08:35Sie versuchte noch, die Notbremse zu ziehen.
08:38Das gelang ihr dann aber nicht mehr.
08:42Die Kriminalfälle von Ernst Gennert scheinen weit entfernt.
08:46Doch in Berlin-Lankwitz
08:48finden sich noch wahre Schmuckstücke der vergangenen 100 Jahre.
08:52Hier sammelt die Polizei ihre Einsatzfahrzeuge.
08:55In der Polizeiarbeit wird das Rad nicht dauernd neu erfunden.
08:59Wissenschaft und Erfahrung bringen die Technik voran.
09:03Doch am Ende kommt es v.a. auf diejenigen an,
09:06die täglich damit im Einsatz waren und noch sind.
09:11Ernst Gennert, bei allem, was man über ihn weiß,
09:15hatte er aber auch die Durchsetzungskraft,
09:18um zu sagen, ich will das haben.
09:20Und das will ich in meinem Auto.
09:22Dann wurde das auch so gemacht.
09:24Ein guter Polizist, der in der Verantwortung ist,
09:29der braucht ein Durchsetzungsvermögen.
09:33Das hatte er.
09:35Das haben auch die Mitarbeiter akzeptiert,
09:38weil er immer Recht hatte.
09:40Dieses Recht hat er ausgenutzt.
09:43Die Sachen wurden so gebaut, wie er das wollte.
09:48Alle Fahrzeuge hier sind Spezialanfertigungen,
09:51extra für die Polizei.
09:53Nicht nur mit 4 Rädern.
09:57Herr Maas, mir wurde eine Probefahrt versprochen
10:00mit einem Fahrzeug aus den 20er-Jahren.
10:02Ist es das?
10:04Ja, das ist eine BMW-Maschine mit Seitenwagen.
10:08Und zwar ein 5-Sitzer-Motorrad.
10:11Genauer gesagt ein Überfallkommando.
10:14Ich kann aber trotzdem mitfahren?
10:16Aber natürlich.
10:18Ausnahmsweise ohne Helm, auf Polizeigelände.
10:21Das sog. Überfallkommando
10:23ist eine kleine, motorisierte Einheit der Schutzpolizei
10:27für den Einsatz bei Raub- oder Banküberfällen,
10:30Schlägereien und vergleichbaren Straftaten.
10:33Berlin ist damals ein unsicheres Pflaster.
10:364,5 Mio. Menschen leben in den 20er-Jahren in der Stadt.
10:40Berlin zieht ganz viele Menschen an,
10:43die nur unter menschenunwürdigen Bedingungen unterkommen.
10:47Es gibt unglaubliche Arbeitslosigkeit.
10:50Das ist eine ganz harte Lebenswirklichkeit,
10:53die da in Berlin in den 20er-Jahren herrscht.
10:56Sie waren gewalttätiger, als es heute ist.
10:59Teilweise waren sie verroht vom 1. Weltkrieg,
11:02insbesondere die Männer.
11:04Es kamen auch viele Verstümmelte zurück,
11:07die Arme amputierte, Beine amputierte.
11:10Und sie wurden dann auch abhängig vom Amphetamin.
11:14Dann hatten sie natürlich auch Beschaffungskriminalität.
11:18Musik
11:38Der Chef sollte längst wieder da sein.
11:41Er muss ja sterben vor Hunger.
11:44Ich habe Pippo gebeten, eine Torte für ihn zu besorgen.
11:48Wo der nun wieder bleibt, immer das Gleiche mit diesen Männern.
11:52Alles muss man selber machen.
11:55Etwas Tempo, die Damen! Er kann im Moment kommen.
11:59Musik
12:08Haben Sie die selber gebacken, oder warum hat das so lange gedauert?
12:12Stachelbeere war aus.
12:14Also musste ich mit dem Kondito erst etwas anderes finden.
12:17Sie haben doch hoffentlich gesagt, für wen sie ist.
12:20Na klar, für den Buddha.
12:22Äh, die Mordkommission natürlich.
12:25Musik
12:28Schwarzwälder Kirsch.
12:31Na gut. Danke, Kommissar Pippo.
12:35Jeder kennt meinen Chef.
12:37Er wird ja auch dauernd fotografiert.
12:40Da, das ist er. In seinem Büro am Alexanderplatz.
12:44Und hier steht die ganze Truppe.
12:47Unsere Mordkommission.
12:49Kriminalrat Ernst Gennert natürlich in der Mitte.
12:52Und ich, seine Sekretärin Gertrude Steiner in vorderster Reihe links.
12:57Er nennt mich immer Trudchen.
12:59Wir beide sind ein gutes Gespann.
13:02Und so berühmt, dass es sogar Postkarten von uns gibt.
13:06Da ja Mord immer interessant ist für die Bevölkerung,
13:10aber auch für ausländische Gäste,
13:12und diese Mordinspektion bahnbrechende Leistungen brachte,
13:16hat man natürlich Gennerts Inspektion A da noch immer vorgeführt.
13:22Der Bekanntheitsgrad Gennerts,
13:24der reichte bis über die Grenzen Deutschlands sogar hinaus.
13:28Also Charlie Chaplin, als er nach Berlin kam,
13:31besuchte das Polizeipräsidium,
13:33und er wollte auch Ernst Gennert kennenlernen.
13:36Der britische Schriftsteller Edgar Wallace
13:39schaute sich auch im Polizeipräsidium um
13:42und sammelte da auch Stoff für seine Romane.
13:47Gennerts sog. Sieben-Punkte-Plan
13:49standardisierte die Spurensicherung
13:51für alle Ermittler der Mordkommission und gilt bis heute.
13:56Der Gennert von heute ist Dezernatsleiter Sebastian Kraus.
14:04Hallo, Herr Kraus. Ich habe Ihnen was mitgebracht.
14:07Eine Sahnetorte. Wie zu Gennerts Zeiten.
14:10Da hätte hier aber auch noch ein Plüschsofa gestanden.
14:13Die Sekretärin hätte noch einen Schnitzel gebracht zur Mittagszeit.
14:17Die Gedanken, die Innovationen von Ernst Gennert,
14:20wie fließen die heute noch in Ihre Arbeit ein?
14:23Im Wesentlichen geht es darum, wie man sich am Tatort verhält.
14:27Von dem ersten Moment, wo man am Tatort eintrifft,
14:30was passiert, in welcher Reihenfolge Maßnahmeschritte abgehandelt werden,
14:34bis zur Berichtschreibung ganz am Ende.
14:36Wenn man diesen Ablauf betrachtet, ist der nahezu unverändert bis heute.
14:40Wir haben einzelne Punkte geändert,
14:42weil das mit der wissenschaftlichen Entwicklung standhalten musste.
14:46Vielleicht den Gerichtsmediziner weiter vor
14:48und dafür andere Sachen weiter zurück.
14:50Wenn Sie in die Zeit reisen könnten, was würden Sie ihn fragen?
14:54Ich glaube, ich würde ihn fragen, wie er die ganze Energie und Kraft
14:58aufgebracht hat, die Mordkommission von Grund auf neu zu strukturieren.
15:02Es muss ein Mammutprojekt gewesen sein, wenn man seine Zeit sieht.
15:06Vorher alles durcheinander und dann da Struktur reinzubringen.
15:14Das war der Gerichtsarzt.
15:17Das arme Mädchen ist vor einer halben Stunde
15:20in seinen Kopfverletzungen verstorben.
15:22Er schließt Sexualverbrechen aus.
15:24Tatwaffe vermutlich ein schwerer, harter Gegenstand mit scharfer Kante.
15:28Achs oder Hackebeil. Sowas in der Art.
15:30Hackebeil. Vater ist Metzger. Richtig?
15:35BIPO soll sofort eine Verhandlungsmeldung an Rundfunk und Presse rausgeben.
15:39Wer hat das Opfer heute Morgen und eine verdächtige Person
15:43im Zug oder im Bahnhof etc. gesehen?
15:46Dazu Foto des Opfers. Ich will das noch heute in der Amtausgabe haben.
15:51Das Erste war, dass er die Presse informierte.
15:54Der Berliner Rundfunk sendete einen Verhandlungsaufruf.
15:57Wer hat einen solchen Mann gesehen? Das und das ist passiert.
16:00Wir brauchen die Hilfe der Bevölkerung.
16:02In den Zeitungen wurden auch eventuelle Zeugen aufgerufen.
16:06Wenn in einer Zeitung von einem Fall berichtet wurde,
16:10hieß es gleich, Ernst Gennert übernimmt die Ermittlung
16:13oder Ernst Gennert erschien am Tatort.
16:15Das Interesse an Kriminalfällen war phänomenal.
16:19Wir müssen uns eine Presselandschaft vorstellen,
16:21die nicht so ist wie heute mit dutzenden von Tageszeitungen,
16:25die zwei oder drei Auskammen am Tag haben.
16:27Die berichten en masse über diese Verbrechen.
16:30Das heißt, es gibt viele Verbrechen
16:32und es wird unglaublich viel über diese Verbrechen berichtet.
16:40Ich mache mir Sorgen, Trotin.
16:48Wenn die ganze Stadt in Aufrufe setzt,
16:51sind unsere Freunde aus der Unterwelt
16:56Kind und Kegel suchen nach dem Bahnmörder.
17:01Die haben ja halb erliebt in uns hier.
17:05Und, gefunden?
17:08Man ist keine brauchbare Spur.
17:13Da steht doch was nicht.
17:15Das ist doch wohl nicht.
17:17Irgendwann kommt jeder Fuchs aus dem Bau
17:19und dann stehen wir parat.
17:22Wenn es um Mord geht, können unsere Leute
17:25mit der Unterstützung der großen Ganoben
17:27der Berliner Unterwelt rechnen.
17:29Denn wenn in ihren Etablissements die Polizei rumschnüffelt,
17:34ist das schlecht für das Geschäft.
17:36Die Leute sollen sich dort amüsieren.
17:39Sie machen ihr Geld mit Shampoos, Drogen und Prostitution.
17:43Aber Mord ist tabu.
17:46Und der Herr Kriminalrat hat eine hohe Belohnung ausgesetzt.
17:50Prompt kam der Tipp aus ihren Kreisen.
17:53Es gab da einen anonymen Hinweis.
17:56Denn der Täter hatte wohl mit seiner Tat geprahlt.
18:00Er kaufte sich erst mal ein neues Hemd.
18:03Er ging dann zum Friseur.
18:06Die Nacht verbrachte er noch mit einer Prostituierten.
18:09Ob seiner Verlobten das gefallen hätte, weiß ich nicht.
18:12Ich warte nicht.
18:17Ich warte nicht!
18:19Mensch, jetzt lass doch sofort diesen Mann los.
18:21Ich dulde keine Misshandlung in diesem Haus.
18:23Hände weg!
18:24Einfach Ja sagen und mitspielen.
18:27Verzeihen Sie, Herr Kommissar.
18:29Das hier ist dem Verdächtigen aus der Tasche gefallen.
18:32Ja, raus mit euch jetzt.
18:38Herr Drudchen, mach doch dem jungen Mann mal einen Pflaster.
18:41Und bring mal einen Kaffee.
18:42Aber im Eiltempo.
18:52Nun setzen Sie sich erst mal dahin, Herr...
18:54Wie war der Name noch mal?
18:56Giebach.
18:57Giebach, genau so hieß der, Giebach.
19:05So, Herr Giebach.
19:07Und jetzt sagen Sie mir erst mal, was Sie nicht getan haben wollen.
19:10Ich hab ja nichts gemacht.
19:12Sehen Sie.
19:13Und genau das werfe ich Ihnen vor.
19:16Nichts.
19:17Ja, nichts.
19:21Käffchen.
19:26Als er dann den Namen hörte, Horst Kiebach,
19:29da klingelte es gleich bei ihm,
19:31denn der Name war ihm schon einmal begegnet.
19:33Dieser Kiebach war vor Bestraf wegen Sittlichkeitsverbrechen.
19:38Heute würde man sagen wegen sexueller Belästigung.
19:41Und auch als sogenannter Eisenbahndieb.
19:45Also er hatte schon Eisenbahnen, hatte er Koffer gestohlen
19:48und verschiedene andere Sachen.
19:50Also er war kein unbeschriebenes Blatt.
19:53Das ist ungünstig für Horst Kiebach.
19:55Bei seiner Festnahme fiel ihm diese Stahlkantel aus der Jacke.
19:59Solch ein Objekt ist natürlich der Traum jeder Spurensicherung,
20:03auch 100 Jahre später.
20:06Wenn die Berliner Kriminalpolizei heute mit ihrem Mordauto anrückt,
20:10hat sie es meist nicht so leicht.
20:13Dieses Auto fährt zu jedem Tatort.
20:15Hier sitzt der Tatortmann drin,
20:17der praktisch die ganze Tatortarbeit dirigiert.
20:19Selbst der Dezernatsleiter, wenn er zu Tatorten mit rausfährt,
20:22befindet sich hier oder in der Nähe von dem Auto.
20:24Stichwort Kommunikation. Eine Schreibmaschine gibt es nicht mehr.
20:27Aber ich sehe da hinten Anschlüsse fürs Ladenkabel.
20:30Wenn wir dann sehen, dass wir eine Spurensuche brauchen,
20:32dann würden wir immer extra die Spezialisten der Spurensuche
20:35vom Kriminaltechnischen Institut beauftragen.
20:37So, das ist also der Große. Und da ist Frau Krüger.
20:40Frau Krüger, jetzt habe ich schon viel gehört
20:42über diesen großen Kriminaltechnik-Bus.
20:44Was kann der, was der da drüben nicht kann?
20:47Einiges. Wo wollen wir anfangen, wo wollen wir aufhören?
20:50Lass mal hier drinnen anfangen.
20:52Ich sehe da ein paar Sachen hier unten.
20:54Einweg-Overalls, das sind diese weißen wahrscheinlich.
20:57Ansonsten aber auch viel Technisches hier wahrscheinlich.
21:00Auch wenn die Spurensicherung inzwischen mit 2 Fahrzeugen anrückt,
21:04manches könnte Gennart noch bekannt vorkommen.
21:07Und die neuere Ausrüstung würde ihn sicher begeistern.
21:11Wir haben hier neben einem großen Werkzeugkoffer
21:14die verschiedenen Brillen in den verschiedenen Farben.
21:17Denn die verschiedenen Brillen geben uns Möglichkeiten,
21:20im Zusammenhang mit UV-Licht,
21:22also mit verschiedenen Wellenlängen der extra UV-Lampe,
21:26dann Spuren sichtbar zu machen.
21:29Oh ja.
21:31Da ist die Kamera.
21:34Also hier, ne?
21:36Genau, das sind 2 verschiedene Systeme.
21:38Das eine ist eine Infrarot-Kamera,
21:40die einfach Infrarotstrahlen schießt und dafür da sein soll,
21:43um eine Farbumkehr hervorzubringen.
21:45Schwarz ist, soll weiß werden.
21:47So kann man Blut besser sichtbar machen z.B., aber auch andere Dinge.
21:50Und dann haben wir hier die verschiedenen Aufsätze
21:52für unsere ultraviolettes Lichtstrahlende Lampe.
21:55Das Gute ist, man musste dafür nicht anfassen.
21:57Genau, ganz genau.
21:59Kontamination ist ja unser größtes Thema,
22:01dass wir gar nicht erst irgendwas verschleppen, irgendwas projizieren.
22:04Dass man wirklich sagen kann, kontaktlos haben wir etwas sichtbar gemacht.
22:07Toll, die nehmen wir auch gleich mit, ne?
22:09Genau.
22:10Wie man heutzutage Spuren sichert,
22:13Vor 100 Jahren war schon das Nachweisen von Blut
22:16ein langwieriger Prozess.
22:20Warum laufen Sie am helllichsten Tage
22:22mit so einer langen Eisenstange mitten durch die Stadt?
22:27Das ist ehrlich gesagt eine dumme Jungengeschichte.
22:30Ich hab mich früher einfach immer aufgeregt über den Eisenkönig.
22:33Den was?
22:34Eisenkönig, der Sigmund Breitbart.
22:37Kennt ja wohl nur jeder, Trotchen.
22:39Der bobt so eine Stange im Zirkusbusch wie andere Leute im Hofstock.
22:45Und kam damit auch noch immer in die Zeitung.
22:50Genau die Stange sollte er immer biegen.
22:52Damit das nicht so einfach hat beim Biegen,
22:54da haben Sie die Kanten wohl ein wenig angeschliffen, Herr Giebach.
22:59Geben Sie das mal in die Tatort-Sicherung.
23:01Die Kollegen sollen sich mal die Spuren auf der Stange angucken.
23:04Das war ein Rostruf, sonst nichts.
23:07Ich denke, wir haben uns ein kleines Brötchen verdient.
23:13Haben es doch bald, nicht?
23:16Giebach?
23:17Dieses Verhör mit Giebach dauerte die ganze Nacht.
23:20Gennert redete über alles Mögliche mit ihm.
23:23Und immer wieder fragte Gennert,
23:25er stellte ihm immer wieder die gleiche Frage.
23:27Wollen Sie mir was erzählen?
23:29Haben Sie mir irgendetwas zu sagen?
23:31Haben Sie irgendwas auf dem Herzen, was Sie loswerden wollen?
23:34Er war also auch den Tätern zugewandt.
23:38Das hat er wahrscheinlich schon in der Kindheit gelernt.
23:41Sein Vater war der Leiter der Vollzugsanstalt Plötzensee.
23:47Sodass er mit Straftätern schon in seiner Kindheit in Berührung kam.
23:52Sein Bruder war Staatsanwalt.
23:54Er selber hatte, bevor er 1904 zur Polizei ging,
23:59ein Semester Jura studiert.
24:01Und er sagte, die Straftäter bleiben alle bei uns in der Familie.
24:19Das ist ja wieder Herr Giebach.
24:21Kommen Sie hin, kommen Sie hin.
24:24Nehmen Sie Platz.
24:31Die ganze Mannschaft hat zusammengelegt.
24:37Haben Sie eigentlich schon alle Geschenke für Ihr Leben zusammen?
24:42Ja, wie denn? Das wollte ich doch heute erledigen.
24:45Ja, Kollege, da sind ja auch Verlobten gesprochen.
24:48Ach, die freut sich ja wie Bolle auf den überquellenden Gabendisch,
24:51den Sie hier versprochen haben.
24:53Weisst du, Junge,
24:57meine Kolleginnen, die gucken immer nur aufs Gesicht.
25:03Auf die Augen.
25:07Um zu erkennen, was los ist.
25:10Aber das ist Quatsch.
25:15Auf die Hände musst du gucken.
25:17Nur auf die Hände.
25:20Was wollen Sie denn von mir hören? Na herr...
25:22Ich sag Ihnen jetzt mal, wie es war.
25:24Die Martha, die ist so anspruchsvoll.
25:26Wenn sie nicht kriegt, was sie will, dann geht sie mit Stiften.
25:29Was soll ich denn machen ohne Ehenpfennig?
25:31Und da stoktiert diese Frau an mir vorbei,
25:33und ich kann nicht mehr.
25:35Ich kann nicht mehr.
25:37Ich kann nicht mehr.
25:39Ich kann nicht mehr.
25:41Ich kann nicht mehr.
25:43Ich kann nicht mehr.
25:45Ich kann nicht mehr.
25:47Und da stoktiert diese Frau an mir vorbei,
25:49vollbepackt, dass sie kommen laufen kann.
26:02Ich wollte ja nur einer überziehen,
26:04dass der Zipfel im Moment weg ist.
26:07Aber ich hab sie nicht richtig getroffen.
26:10Dann hat sie mich geschlagen und gekratzt und geschrien.
26:14Was soll ich denn machen?
26:18Dann hab ich auch sie eingeschlagen.
26:25Das weiss ich doch, Junge, das weiss ich doch.
26:35Aber jetzt geht's besser.
26:37Pipo!
26:39Kommen Sie mal!
26:42Abführen.
26:48Glückwunsch.
26:50Das haben wir richtig gut gemacht, wir beide.
27:00Der Mordfall Dora Perske
27:02kommt jetzt in unsere berühmte Zentralkartei für Mordsachen.
27:05Dort sammeln wir das gesamte Berliner Grauen.
27:09Seine genialste Erfindung
27:11ist diese Zentralkartei für Mord- und Todesermittlungssachen.
27:15Dort hat er alles gesammelt,
27:17was ihm unter die Finger kam.
27:19Fahndungsbriefe, Akten, Zeitungsartikel,
27:22vieles andere mehr.
27:24Und er hatte ein ganz genau differenziertes Bild
27:28vom Tatort, vom Opfer, vom Täter, mit Querverweisen.
27:33Und sie waren auch systematisch geordnet.
27:36Also nach Sittlichkeitsverbrechen, nach Lustmorden,
27:39nach Raubmorden, nach Verbrechen,
27:42oder Mord aus Eifersucht.
27:492 Jahre ist es nun her,
27:51dass wir den Fall Dora Perske lösen konnten.
27:54Und heute kommt der Chef samt Sofa aus Düsseldorf zurück.
27:59Er war dort, weil eine Serie brutaler Morde
28:02die ganze Stadt in Panik versetzt hat.
28:05Und die hält auch.
28:07Da können Sie eine ganze Herde Elefanten brauchen.
28:11Brötchen!
28:19Herr Kühnert, bitte.
28:21Was sollen die Kollegen?
28:23Das muss jetzt mal sein.
28:25Ich bin so froh, dass es Ihnen gut geht.
28:28Es war das Grauen.
28:30Pipo, in mein Büro!
28:34Das nenne ich Heimat.
28:36Ich muss gleich heulen.
28:40Die haben wir in Düsseldorf Muscheln gegeben zum Essen.
28:44Kannst du dir das vorstellen?
28:46Muscheln!
28:52Das ist schlimm in Düsseldorf.
28:54So viele Morde.
28:58Gennart war in jenen Jahren hauptsächlich auf Zeugen angewiesen.
29:02Erst heute kann die Kriminalpolizei eine Fülle von Spuren sichern.
29:07Keine scheint unsichtbar genug, um nicht entdeckt zu werden.
29:11In der Berliner Mordkommission übe ich Tatort-Arbeit.
29:18Wir machen es nur halbrichtig.
29:20In Wirklichkeit müssten wir Mundschutz anziehen.
29:23Wir unterhalten uns miteinander.
29:25Beim Sprechen kontaminieren wir den Tatort.
29:28Selbstverständlich lässt man mich nicht an eine echte Leiche heran.
29:32Geübt wird immer an Puppen.
29:34Gehen wir am besten hier rum.
29:36Das ist mein 1. Mal an einem Tatort.
29:39Hier ist es auch wieder so, dass Sie zuerst da wären.
29:43Und würden uns dann einen Überblick geben.
29:46Wir wären als Erste von der Mordkommission da.
29:49Und würden die Kollegen von der Kriminaltechnik einweisen.
29:53Das ist völlig klar.
29:55Der Mensch, der dort liegt, wurde erschossen.
29:58Die Uhr liegt noch da. Er wurde nicht beklaut.
30:02Was könnte sonst dahinter liegen?
30:04Auch das ist wichtig für uns herauszufinden.
30:07Es geht nicht nur darum, den Täter zu ermitteln.
30:10Es geht auch darum, Hintergründe der Tat sichtbar zu machen.
30:14Alles, was am Tatort erklärt werden kann,
30:17müssen wir erklären, wenn es geht.
30:19Hier haben wir die Forensischen Leuchten.
30:22Die würden wir anmachen.
30:24Wichtig ist der Schutz für mich.
30:26Wenn ich damit gucke, was ich sehe, muss ich meine Augen schützen.
30:30Das ist das gelbe Filter-Medium.
30:32Nur dadurch, in Kombination mit dem Aufsatz,
30:35kann ich Sekretspuren sichtbar machen.
30:38Darf ich mal gucken, ob ich was finde?
30:41Es geht um Flüssigkeiten, die man mit bloßem Auge nicht sieht.
30:46Speichel, Sperma, Vaginalsekret.
30:49Jetzt ist sie an hier.
30:51Jetzt leuchte ich da drauf und gucke, ob ich was finde.
30:56Hier am Hosenbund sehe ich was.
30:59Ja.
31:01Fast wie zu Gennarts Zeiten.
31:04Erst mal Überblick verschaffen
31:06und dann jede einzelne Spur sorgfältig nummerieren und beschriften.
31:11Jetzt verschaffen wir uns erst mal Platz.
31:14Genau, damit wir hier gleich ordentlich arbeiten können,
31:18räumen wir das, was unmittelbar im Weg liegt, ein.
31:23Warum denn nicht in so Plastiktüten?
31:26Plastiktüte hat den Nachteil,
31:28dass alles, was Feuchtigkeit absondern würde,
31:31in dieser Plastiktüte schimmeln würde.
31:34Deswegen ist die Papiertüte immer der bessere Weg,
31:38um diesen Schimmel zu vermeiden.
31:40Schimmel würde immer dazu führen,
31:42dass unsere DNA-Spur sich selbst zersetzt.
31:45Die Ermittlungen am Tatort hat wenig mit Action zu tun.
31:49Wie gesagt, ist es eher mühsame Kleinarbeit.
31:52Z.B. kommt am ganzen Körper Klebeband zum Einsatz,
31:55um mögliche Spuren zu sichern.
31:57Wo sich weitere Spuren innerhalb des Raumes befinden,
32:01zeichnen diese Kameras auf.
32:03Wir müssen nicht mehr mit Zollstock und Reißbrett
32:06durch den Tatort gehen.
32:08Wir haben gerade den 3D-Laserscanner gesehen,
32:11der in den modernen Zeiten auch durch Vermesser bedient wird,
32:15nicht durch Polizeibeamte.
32:17Das sind Ingenieure oder Vermessungstechniker.
32:20Die liefern uns in allererster Linie diese 3D-Punktwolke.
32:24Da haben wir einen dreidimensionalen Raum.
32:27Da können wir dann auch reinzoomen.
32:30Wir bekommen dann einen Eindruck von unserem Tatort.
32:35Wir können uns hier auch ein bisschen bewegen.
32:39Welchen Vorteil gegenüber dieser Skizze von damals?
32:43Sehr viel mehr Informationen
32:45und auch sehr genaue Maße.
32:48Zurück ins Jahr 1929.
32:51In Düsseldorf tappen die Ermittler im Dunkeln.
32:55Auch nach Gennarts Rückkehr gehen die Mordversuche weiter.
32:59Der Fall lässt den Buddha vom Alex nicht los.
33:04Hier.
33:1315 Morde in 11 Monaten.
33:17Einer grausamer als der andere.
33:22Passen Sie mal auf.
33:28Eine Hausfrau in ihrer Küche.
33:3118 Stiche in die Schläfe.
33:33Tot.
33:35Ein leerer Mädchen wird an einer Schlinge
33:38um den Hals auf dem Feld gezerrt.
33:40Es wehrt sich, Gott sei Dank.
33:42Und überlebt.
33:44Aber der Täter flieht.
33:46Es kommen zu weiteren Überfällen.
33:48Dann 2 junge Mädchen.
33:50Brutale Stochen.
33:52Die waren auf einer Kirmes.
33:54Wie auch 4 weitere Opfer.
33:56Und dann wieder in einer einzigen Nacht 3 Tote.
34:00Mit brutalsten Messerstichen.
34:02Ermordet.
34:04Und so weiter.
34:08Totchen.
34:12Wir haben es hier mit etwas ganz Neuem zu tun.
34:16Etwas Großem.
34:18Etwas ganz Schrecklichem.
34:21Ich wollte einfach mal mit Ihnen darüber sprechen.
34:26Es sind harte Zeiten.
34:29Die Leute wollen leben.
34:31Aber sie haben Hunger und kein Geld.
34:33Und Angst.
34:35Nein, nein, nein.
34:37Hinter diesen ganzen Grausamkeiten versteckt sich etwas anderes.
34:41Das wirklich Böse.
34:43Jemand, der vielleicht gar keine Not leidet,
34:46wie wir sie kennen.
34:48Dem man nicht unbedingt ansieht,
34:50was für eine Höllenglut in ihm steckt.
34:53Der das Morden braucht,
34:55wie andere Menschen die Luft zum Atmen.
34:58Der immer weiter morden wird.
35:00Bis wir ihn stoppen.
35:02Ja, das ist...
35:04Wie soll man sagen?
35:06Ja, das ist ein Serienmörder.
35:09Serienmörder?
35:11Wie soll man denn so jemanden fassen?
35:16Ich brauche einen Nervenarzt.
35:18Ach, Unsinn.
35:20Reden Sie mit mir.
35:22Das hat doch immer geholfen.
35:24Nein, nein, Rotchen.
35:26Für Köpfe mit wirren Vorstellungen.
35:28So was brauche ich.
35:30Versuchen Sie es doch gleich mal in der Charité.
35:35In den 20er Jahren war es besonders der Fall Peter Kürten,
35:39der die Deutschen in Atem hielt.
35:41Der große Serienmörder aus Düsseldorf.
35:44Den Begriff Serienmörder, den gab es damals noch gar nicht.
35:48Den hat eigentlich Gennert erst mal eingeführt.
35:51Heute sagt man tatsächlich,
35:53Gennert war der 1. Profiler, den es gegeben hat,
35:56ohne dass er es selber wusste.
35:58Er hat tatsächlich erst einmal überlegt,
36:00wer ist zu einer solchen Tat fähig?
36:02Wie muss sein Umfeld sein?
36:04Wo könnte er arbeiten?
36:06Was können seine Hobbys sein?
36:08Er schaute nach Periodizität.
36:10Welches Jahr?
36:12Welche Woche?
36:14Welcher Tag?
36:16Welcher Ort?
36:18Am Wasser?
36:20Im Wald?
36:22Wie hatte der Täter benutzt?
36:24Kürten erstarrt ja viele.
36:26Gennert ahnte vermutlich,
36:28dass er an einem der spektakulärsten Kriminalfälle
36:31der Weimarer Republik arbeitet.
36:33Der Serienmörder Peter Kürten
36:35ging in die deutsche Kriminalgeschichte ein.
36:38Hier im Landesarchiv NRW in Duisburg
36:41liegen Hunderte Fotos, Akten und Asservate.
36:44Erst vor Kurzem sind weitere Unterlagen aufgetaucht.
36:49Die Fotos von Kürtens Opfern, Tatwaffen und Tatorten
36:52lagern alle tief unten im Keller des Archives.
36:55Wohltemperiert bei 15°.
36:58Archivarin Dr. Sabine Eibel hütet sie wie einen Schatz.
37:03Jede Archivalien-Gattung hat ihre eigenen Bedürfnisse.
37:06Papier mag es anders als Fotos.
37:08Fotos mögen es anders als Nitrofilme.
37:10Deswegen haben wir verschiedene Magazine
37:13mit unterschiedlichem Klima.
37:15Das muss alles genau angepasst sein.
37:17Deswegen müssen wir sicherstellen,
37:19dass die Fotos, die es gerne bei 15° mögen,
37:22dass die, wenn wir oben in den Lesesaal gehen,
37:25auch mit 22° klarkommen.
37:27Deswegen werden die langsam akklimatisiert.
37:31Alle Asservate, Dokumente und Fotos im Fall Kürten
37:34verlassen nur selten das Archiv.
37:36Um sie zu schützen, wurden sie nahezu komplett digitalisiert.
37:41Fangen wir mit den Fotos an.
37:43Was haben wir hier?
37:45Das sind Gegenstände, die aufgefunden wurden.
37:48Die hat man auffotografiert.
37:50Wie heutzutage hat man Asservate nicht nur auf Seite gelegt,
37:55sondern auch fotografiert.
37:57Um sie schnell verfügbar für die Akten zu haben.
38:00Hier steht drüber, Mordsache Maria Hahn, 27.11.1929, Kleid.
38:05Ja.
38:07Man sieht ganz in klein eine Person nachgezeichnet.
38:10Auch mit Rot die Stiche des Messers.
38:13Das ist die Kleidung, die sie, als die Tat begangen wurde,
38:17angehabt hat.
38:19Hier haben wir einen Teil eines Kleidungsstücks,
38:22das ein Opfer getragen hat.
38:24Zur Tatzeit ist das schon sehr eindrücklich.
38:27Das sind Originalstoffreste von einem Kleid,
38:30das ein Opfer getragen hat?
38:32Genau, vielleicht können wir das reinschicken.
38:35Heutzutage könnte man gucken, ob man da DNA-Reste findet.
38:40Von Möglichkeiten wie der Sicherung von DNA-Spuren
38:43war Mordkommissar Ernst Gennert 1930 noch weit entfernt.
38:50Na, kommen Sie.
38:52Rotschek!
38:54Ich bedanke mich herzlich, Herr Professor.
38:56Herr Gennert, das war ...
38:58Es ist, wie ich vermutet habe, das Böse in Reinfurt.
39:01Ja, genau, das war gerade Düsseldorf.
39:03Blut, was alle Fälle verbindet, ist Blut.
39:06Es hat immer in einem fürchterlichen Blutbad geendet.
39:09Der Doktor sagt, dass es unserem Vampir
39:11nicht um das Töten an sich geht, sondern ums Leiden und ums Blut.
39:15Das muss fließen.
39:17Der Doktor vermutet, das berauscht unseren Täter,
39:20es erregt ihn sexuell.
39:22Er ist ein Sadist, er quält andere und weidet sich daran.
39:25Damit könnte er schon vorher aufgefallen sein.
39:28So einer quält auch Tiere, Kinder, Frauen, bis aufs Blut.
39:32Nach so einem Täter suchen wir also.
39:34Ja, nein, Herr Gennert, das war Düsseldorf.
39:37Hören Sie doch auf mit diesen Leuten in Düsseldorf.
39:40Die haben doch gar keinen Plan.
39:42Ich bin kurz drauf, wieder hinzufahren.
39:44Die Düsseldorfer haben ihn.
39:47Was?
39:49Oh Gott, es tut mir so leid.
39:52Ich verstehe die ganze Arbeit hier und dann einfach ein blöder Zufall.
39:56Was für ein Irrsinn.
39:58Es ist doch völlig egal, wie wir ihn aus dem Verkehr gezogen haben.
40:01Hauptsache, wir haben ihn.
40:04Könnten Sie bitte schnell zurückrufen.
40:09Ich muss alles über diesen Mann wissen, alles.
40:12Ich wette, ich lag richtig.
40:19Ein Opfer, das überlebt hatte,
40:21führte die Polizei schließlich zu Peter Kürtens Wohnadresse.
40:25Seine Frau Auguste half bei der Festnahme
40:28und kassierte dafür einen Teil der hohen Belohnung.
40:31Nicht Gennart löste den Fall, sondern wie so oft Kommissar Zufall.
40:36So, was haben wir denn hier?
40:38Das sind alle Verfahrensakten
40:40von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf im Fall Peter Kürten.
40:44Das sieht viel aus.
40:46Ist es viel im Verhältnis zu anderen Prozessen?
40:49Absolut, das kann man sagen.
40:51Das sind viele Taten gewesen, ein großer Prozess.
40:54Das ist im Vergleich zu den meisten Verfahren,
40:57die viel weniger Wände haben, eine ganze Menge.
41:00223 Autos.
41:02Und eine Akte kam 2023 neu dazu,
41:05die Handakte des Ermittlungsrichters im Fall Kürten.
41:09Er hatte die Unterlagen damals mit nach Hause genommen.
41:13Das sind die kleinen Asservate, die in den Akten gefunden wurden.
41:18Das hier ist wahrscheinlich ein Kalender.
41:21Notizkalender 1916.
41:25Ganz vorsichtig.
41:28Steht auch in leserlicher Schrift, scheinen Abfahrtszeiten zu sein.
41:33Leipzig, 5.58 Uhr, Halle, 7.55 Uhr.
41:37Das ist auch Kürtens Schrift.
41:39Nun bin ich gespannt,
41:41was die Briefe aus der Handakte über Kürten offenbaren.
41:46Wir können mal ein bisschen in die Akte reinsehen.
41:50Man erkennt seine Schrift immer relativ schnell,
41:54weil er sehr sauber schreibt.
41:56Und eher ein bisschen kindlich.
41:58Aus diesen neuen Materialien geht hervor,
42:01dass er immer wieder nachgefragt hat.
42:04Wo ist meine Frau? Wie geht es ihr?
42:06Warum schreibt sie mir nicht?
42:08Sie wollte wohl keinen Kontakt, überhaupt keinen mehr.
42:11Sie hat auch Pseudonyme angenommen, andere Namen angenommen.
42:14Wusste sie was?
42:15Wusste sie vielleicht mehr, als sie zugegeben hat?
42:18Wird in den Briefen da was deutlich?
42:20Was sie die ganze Zeit über wusste, das ist wirklich die Frage.
42:24Sie wusste das jahrelang.
42:26Bei so vielen und so grausamen Taten,
42:28dass sie da nichts mitbekommen hat.
42:30Gennart lag richtig. Kürten war ein Serienmörder.
42:33Der sog. Vampir von Düsseldorf ging mit 9 nachgewiesenen Morden
42:37und 7 Mordversuchen in die Kriminalgeschichte ein.
42:411931 wird er hingerichtet.
42:49Ernst Gennart, er war der 1. Mordkommissar Deutschlands.
42:53Was er vor rund 100 Jahren entwickelt hat,
42:56ist bis heute Standard bei der Ermittlungsarbeit.
42:59Das war XY-History.

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